OLG München, Beschl. v. 16.03.2015 – 34 Wx 430/14
Übertragung von Miteigentumsanteilen
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 05.12.2012 verstorbenen Dr. Joachim H., der im Grundbuch als Miteigentümer zu 55/100 eines Grundstücks eingetragen ist. Die Beteiligten zu 2, 5 und 8 sind Kinder des Erblassers und nach dessen privatschriftlichem Testament v. 20.09.2000 (Ziff. I.) als – nicht befreite – Vorerben zu gleichen Teilen eingesetzt, als Nacherben für jedes Kind sind dessen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen, also die Enkelkinder des Erblassers berufen. Vermächtnisse sind zugewandt.
Mit notarieller Urkunde v. 22.07.2013 („Vermächtniserfüllung und Auseinandersetzung”) übertrug der Beteiligte zu 1 in Erfüllung der Vermächtnisse Miteigentumsanteile an die Enkel – die Beteiligten zu 3, 4, 7 und 9 –, unter Berücksichtigung bereits erfolgter Übertragungen in verschiedener Höhe (7,5/100 bzw. 15/100); außerdem setzte er den im ungeteilten Nachlass verbliebenen Anteil zu 1/10 an der Liegenschaft so auseinander, dass die Beteiligten zu 2, 5 und 8 jeweils einen Miteigentumsanteil v. 1/30 erhalten. Alle Beteiligten gingen davon aus, dass der erworbene Bruchteil als Surrogat weiterhin der nacherbenrechtlichen Bindung unterliegt und noch eingetragene Eigentümergrundschulden in die Erbmasse fallen. Die Beteiligten bewilligten und beantragten, die Vorerben als Berechtigte der Eigentümergrundschulden zu gleichen Teilen in das Grundbuch einzutragen.
Schließlich wurden Nießbrauchsrechte für den jeweiligen Elternteil an den vermächtnisweise aufgelassenen Bruchteilen sowie Vorkaufsrechte bestellt, Verfügungsbeschränkungen und Rückübertragungsrechte eingeräumt und dafür jeweils eine Vormerkung bewilligt.
Unter dem 11.11.2013 beantragte der Notar gem. § 15 GBO die Eintragung der Auflassung auf die Beteiligten zu 3, 4, 7 und 9 (Enkelkinder) sowie auf die Beteiligten zu 2, 5 und 8 (Kinder), ferner der Nießbrauchs- und Vorkaufsrechte, schließlich die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks.
Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich setzte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung v. 09.04.2014 (Ziff. 2 und 3) Frist zur Beseitigung folgender Hindernisse:
Ziff. 2: Es fehle ein Erbschein zum Nachweis der Erbfolge, da die Verfügung von Todes wegen nicht in einer öffentlichen Urkunde enthalten sei. Die Nacherbenstellung müsse gem. § 35 GBO nachgewiesen werden. Des Weiteren handle der Testamentsvollstrecker auf Veräußererseite im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Zur Frage der Entgeltlichkeit der Verfügung bzw. der Zustimmungsbefugnis der Erben und Nacherben bei Unentgeltlichkeit sei ebenfalls ein Erbnachweis vorzulegen.
Ziff. 3: Er sei nicht befreite Vorerbschaft angeordnet, die Erbfolge und somit auch der Nacherbenvermerk seien im Grundbuch bisher nicht eingetragen. Der nicht befreite Vorerbe bedürfe zur Wirksamkeit einer Verfügung über das Grundstück der Zustimmung des Nacherben. Eine Teilungsanordnung sei im Testament nicht enthalten. Es könne nicht beurteilt werden, ob die Verfügung das Recht der Nacherben vereitle oder beeinträchtige, auch wenn sodann ein Nacherbenvermerk am Surrogat eingetragen werde. Es kämen daher folgende Möglichkeiten in Betracht:
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 6 und 8 bis 10. Sie meinen, ein Nachweis der Erbfolge sei entbehrlich, wenn der durch ein Zeugnis ausgewiesene Testamentsvollstrecker handle. Bei der Vermächtniserfüllung bewege sich der Testamentsvollstrecker ausschließlich im Rahmen der letztwilligen Verfügung. Als Nachweis für konformes Handeln sei lediglich das Testament vorzulegen, ohne dass die Form des § 29 GBO einzuhalten sei.
Auch bei der Auseinandersetzung unter den Erben folge der Testamentsvollstrecker seinen ihm im Testament auferlegten Aufgaben. Die Art der Auseinandersetzung sei durch das Gesetz vorgegeben. Die Gesamthand sei in ideelle Bruchteile umzuwandeln, deren Quoten den Erbquoten entsprächen. Dies sei geschehen. Die Übertragung von Bruchteilen auf die Nacherben als Vermächtnisnehmer sowie auf die Vorerben seien somit wirksam. Dieselben Überlegungen hätten für die Eigentümergrundschulden zu gelten, die den Nacherben nicht vermacht seien und folglich den Vorerben zustünden.
Fraglich könne nur sein, ob die Eintragung des Nacherbenvermerks bei den Bruchteilen der Vorerben am Grundstück bzw. an deren Anteilen an den Eigentümergrundschulden einen öffentlichen Erbnachweis erfordere. Indessen seien hier die Personen der Nacherben nicht nachzuweisen. Dadurch, dass die Auseinandersetzung den Nacherben gegenüber wirksam sei, würde ein dennoch eingetragener Nacherbenvermerk, der global sämtliche Nacherben benenne, sachlich unrichtig. Richtig wäre nur eine Beschränkung zugunsten der jeweils eigenen Abkömmlinge, wobei der jeweils zugeteilte Bruchteil bzw. Anteil ein Surrogat der zuvor gesamthänderischen Beteiligung wäre. Eine Bewilligung des Testamentsvollstreckers solle deshalb ausreichen.
Falls aber ein öffentlicher Erbnachweis erforderlich wäre, sei zu prüfen, wer die Nacherben sind. Im Allgemeinen werde angenommen, das bei Einsetzung von Enkeln als Nacherben des zum Vorerben berufenen Kindes alle im Zeitpunkt des Nacherbfalls vorhandenen Enkel, also auch die nach dem Erbfall hinzutretenden, zu Nacherben berufen seien. Das sei aber ein Erfahrungssatz, der nur bei Zweifeln über die Auslegung des Erblasserwillens anzuwenden sei. Hier habe der Erblasser diesen Fall nicht ausdrücklich geregelt, das Problem aber erkannt und anders gelöst, nämlich indem später hinzutretende Enkel im Weg bedingter Vermächtnisse durch Übertragung von Anteilen am Grundbesitz gleichzustellen seien.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Mit der Beschwerdebegründung wurde noch klargestellt, dass der Nacherbenvermerk zum einen an den auseinandergesetzten Erbteilen und zum anderen an den real zugeteilten Eigentümergrundschulden zum Eintrag zu bringen sei.
Das Grundbuchamt hat eigenständig und sorgfältig zu prüfen, ob sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis hält, dabei aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung keine eigenen Nachforschungen und Ermittlungen anzustellen. Der Nachweis der Entgeltlichkeit als Eintragungsvoraussetzung kann regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden. Es gilt aber der allgemeine Erfahrungssatz, dass eine Verfügung entgeltlich ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen sowie begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind (BayObLG a.a.O.; KG, Rpfleger 1968, 189; FGPrax 2009, 56 (57)). Nur bei begründeten Zweifeln an der Entgeltlichkeit der Verfügung hat das Grundbuchamt die Vorlage geeigneter Nachweise aufzugeben, auch wenn diese nicht in grundbuchmäßiger Form erbracht werden können (vgl. Demharter, § 52 Rn. 23 und 24; KG a.a.O.).
Diese Beweiserleichterung greift auch hier Platz. Der mit Zeugnis ausgewiesene Testamentsvollstrecker hat unter Hinweis auf die im privatschriftlichen Testament v. 20.09.2000 ausgesetzten Vermächtnisse der Höhe nach bezeichnete Miteigentumsanteile an dem Grundbesitz auf die Beteiligten zu 3, 4, 7 und 9 übertragen. Die Erfüllung ausgesetzter Vermächtnisse gehört zum Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers (Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 2203 Rn. 3). Ein Erbschein könnte die Verpflichtung der beschwerten Erben nach § 2174 BGB auch nicht belegen, weil er Vermächtnisse nicht bezeugt. Formgerecht nachgewiesen werden (§ 29 GBO) muss die Erbfolge in diesem Fall nicht (vgl. KG, FGPrax 2009, 56/57 [KG Berlin 09.12.2008 – 1 W 417/07]).
Obwohl Nacherbschaft angeordnet ist und am Vertrag nicht beteiligte Nacherben noch hinzutreten können, bedarf es zur Eintragung der Vermächtnisnehmer ohne Nacherbenvermerk nicht der Zustimmung eines für noch unbekannte Nacherben zu bestellenden Pflegers. Das Recht des Nacherben wird nicht beeinträchtigt, wenn der befreite Vorerbe entgeltlich und der nicht befreite Vorerbe mit Zustimmung des Nacherben verfügt. Dasselbe gilt, wenn der Vorerbe mit der Verfügung eine Verbindlichkeit erfüllt, die ihm durch die letztwillige Verfügung auferlegt ist (s.o.). Zwar ergibt sich dies hier nur aus einem privatschriftlichen Testament, also nicht aus einer Urkunde, die in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO genügt. Mit Rücksicht darauf, dass die Beteiligten durch öffentliche Urkunde das Bestehen des Vermächtnisanspruchs nicht nachweisen können, reicht aber auch insoweit die privatschriftliche Verfügung (§ 2247 BGB) zum Nachweis aus (vgl. OLG Düsseldorf, ZEV 2003, 296 mit Anm. Ivo; OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1230 (1231); Meikel/Böhringer, GBO, 11. Aufl., § 52 Rn. 54).
Die Zwischenverfügung ist in diesem Punkt dennoch nicht aufzuheben, weil wegen der zugleich vorgenommenen Erbauseinandersetzung verbundene Anträge (vgl. § 16 Abs. 2 GBO) vorliegen, welche innerlich zusammenhängen und die Einheitlichkeit ihrer Erledigung somit als gewollt zu vermuten ist (BayObLG, Rpfleger 1988, 244).
Dem Testament kann nicht entnommen werden, dass die Vorerben genau diese Anteile an Miteigentum des Erblassers erhalten sollen. Die vom Vertreter der Beteiligten angesprochene Fundstelle (Palandt/Bassenge, § 2205 Rn. 31) beurteilt dies für den Nachweis der Erbenstellung unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des BayObLG (NJW-RR 1989, 587) im Übrigen nicht anders. Soweit die Entscheidung des Senats v. 18.02.2010 (34 Wx 9/10 = RNotZ 2010, 397 [= ErbR 2010, 203]) dahin zu verstehen sein sollte, dass der Testamentsvollstrecker bei Verfügungen zugunsten von Erben ebenfalls vom formgerechten Nachweis der Erbenstellung (einschließlich der Quote) befreit wäre, wenn das Testament keine entsprechende Teilungsanordnung oder kein Vorausvermächtnis enthält, wird hieran nicht festgehalten.
Nach h.M. ist zwar der Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks durch den Nacherben möglich (vgl. Demharter, § 51 Rn. 26), andererseits darf sich für die Eintragung des Nacherbenvermerks das Grundbuchamt aber nicht mit der bloßen Erklärung der Beteiligten begnügen (vgl. Demharter, § 51 Rn. 8). Vielmehr muss das Nacherbenrecht gem. § 29 GBO nachgewiesen und kann nicht schon aufgrund Bewilligung des Testamentsvollstreckers und/oder von Vor- und Nacherben eingetragen werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 i.V.m. § 84 FamFG sowie §§ 22, 25 Abs. 1 GNotKG. Es erscheint angemessen, dass die Beteiligten, die das Rechtsmittel eingelegt haben, die (gerichtlichen) Kosten tragen, (nur) soweit die Beschwerde erfolglos ist. Den Geschäftswert – soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde – bemisst der Senat mangels sonstiger genügender Anhaltspunkte mit dem Regelwert (§ 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 3 GNotKG). Im Übrigen bedarf es keiner Geschäftswertfestsetzung.
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