OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.07.2013 – I-7 U 170/12
Beurkundung eines Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzichts
Die Klägerin ist die Halbschwester des Beklagten, der Erblasser der gemeinsame Vater. Am 30.12.1980 errichteten der Erblasser und seine Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich wechselseitig zu alleinigen Erben einsetzten und den Beklagten zum „Nacherben des Längstlebenden”. Der Klägerin wurde ein Vermächtnis ausgesetzt. Beurkundet wurde das Testament von dem Notar S 1, dem Schwiegervater des Beklagten. Die Mutter des Beklagten verstarb im Jahr 1984 und wurde von dem Erblasser beerbt. Am 19.12.1988 schlossen der Erblasser und die Klägerin vor dem Notar S 2, dem Schwager des Beklagten, einen Erbverzichtsvertrag, in dem die Klägerin sich gegen Zahlung von 190.000 DM wegen ihrer möglichen künftigen Erbteils- und Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater für abgefunden erklärte und ausdrücklich und unwiderruflich gegenüber dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht und auf jegliche Zuwendungen, die der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung zu ihren Gunsten getroffen hat, insbesondere auf das Vermächtnis aus dem gemeinschaftlichen Testament v. 30.12.1980 verzichtete. Die Klägerin hält das Testament v. 30.12.1980 und den Verzichtsvertrag v. 19.12.1988 für unwirksam, begehrt die Feststellung ihrer Miterbenstellung und macht sich aus dieser ergebende Ansprüche geltend. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Sie ist an ihrer Geltendmachung durch den mit notarieller Urkunde v. 19.12.1988 erklärten Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzicht gehindert. Die nach §§ 2348, 2352 BGB notwendige Beurkundung der entsprechenden Erklärungen ist nicht nach §§ 7, 27 BeurkG unwirksam.
Der Beklagte ist der Schwager des beurkundenden Notars und gehört damit dem in § 7 Nr. 3 BeurkG genannten Personenkreis an.
Rechtlicher Vorteil i.S.v. § 7 BeurkG ist jede Verbesserung der Rechtsposition durch die Einräumung vorher nicht bestehender Rechte oder die Verminderung bestehender Verpflichtungen. Der rechtliche Vorteil muss sich unmittelbar aus der in der Urkunde niedergelegten Willenserklärung ergeben und nicht erst als deren Folge eintreten oder gar erst eintreten können. Nicht erforderlich ist demgegenüber eine auf Zuwendung des Vorteils gerichtete Absicht der Beteiligten. Vielmehr genügt es, dass nach der objektiven Rechtslage aus dem Rechtsgeschäft unmittelbar ein rechtlicher Vorteil erwächst (BGH, NJW 2013, 52 = ZEV 2012, 657 [BGH 10.10.2012 – IV ZB 14/12] m.w.N.; vgl. auch RGZ 88, 147, 150).
Der beurkundete Erb- und Pflichtteilsverzicht der Klägerin und die Annahme durch den Erblasser waren nicht darauf gerichtet, dem Beklagten einen unmittelbaren rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Die Verbesserung der Erb- und Pflichtteilsquote stellt lediglich eine mittelbare, von weiteren Voraussetzungen abhängige Folge des in der notariellen Urkunde erklärten Verzichts dar. Der Ursprung und die rechtliche Qualität des Erb- und Pflichtteilsrechts des Beklagten bleiben durch den Verzicht unverändert. Der Wegfall eines eventuellen Miterben und Pflichtteilsberechtigten bedingt lediglich einen möglichen zukünftigen wirtschaftlichen Vorteil, der zum Zeitpunkt der Urkundenerrichtung zudem ungewiss ist, weil die gesetzliche oder gewillkürte Erbenstellung kein gesichertes Anwartschaftsrecht bedingt. Es liegt kein Verzicht „zu Gunsten des Beklagten” vor, sondern allenfalls ein Verzicht zu Gunsten der zukünftigen Erben des Erblassers (vgl. Huhn/von Schuckmann/Armbrüster, BeurkG, 4. Aufl., § 7 Rn. 4; Winkler, BeurkG, 16. Aufl., § 7 Rn. 7).
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