AG Rosenheim, 24.07.2012 – 3 F 2289/11

Juni 24, 2018

AG Rosenheim, 24.07.2012 – 3 F 2289/11

In der Familiensache
K.
– Antragstellerin –
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt R.
gegen
H.
– Antragsgegner –
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. H.
wegen Sonstige Familiensache nach 266 FamFG
ergeht durch das Amtsgericht Rosenheim durch den Richter am Amtsgericht Baumann am 24.07.2012 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß §§ 113 FamFG, 128 Abs. 2 ZPO folgender
Endbeschluss

Tenor:

  1. 1.

Der Antrag wird abgewiesen.

  1. 2.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  1. 3.

Die sofortige Wirksamkeit von Ziffer 2. wird angeordnet.

Der Verfahrenswert wird auf 90.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Verfahren betrifft die Rückforderung behaupteter Zuwendungen der ehemaligen Schwiegermutter an den Schwiegersohn nach Scheitern der Ehe.

Der Antragsgegner war mit der Tochter der Antragstellerin, der Zeugin A. H., verheiratet. Die am 18.4.1995 geschlossene Ehe wurde mit Endbeschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 8.12.2011 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die drei Kinder P., M. und F. hervorgegangen.

Im August 1997 erwarben der Antragsgegner und die Tochter der Antragstellerin ein Einfamilienhaus in R. An dem Haus wurden in der Folge umfangreiche Renovierungen durchgeführt. Das Haus wurde fortan bis zur Trennung der Eheleute H. Ende des Jahres 2007 von diesen und ihren Kindern bewohnt. Im Zuge der Trennung der Ehegatten wurde das Anwesen im Sommer 2008 veräußert.

Die Antragstellerin behauptet, sie habe ihrer Tochter und dem Antragsgegner für den Erwerb und die Renovierung des Hauses im Januar 1997 einen Betrag von 56.000 DM, im August 1997 einen Betrag von 300.000 DM und Anfang Januar 1998 einen Betrag von 90.000 DM geschenkt. Schließlich habe sie den Eheleuten im Frühjahr 1998 einen weiteren Betrag von 30.000 DM zum Kauf einer neuen Kücheneinrichtung geschenkt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, sie sei aufgrund des endgültigen Scheiterns der Ehe berechtigt, die Schenkungsbeträge (teilweise) zurückzufordern. Die Höhe des Anspruchs betrage 75 % des auf den Antragsgegner entfallenden hälftigen Anteils der Schenkungen in Höhe von 238.000 DM (= 121,687,47 €), sodass sich ein Rückforderungsanspruch von rund 90.000 € ergebe. Die Eheleute hätten etwa 10 Jahre in dem Haus gelebt, sodass bei einer Lebenserwartung des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Schenkung von 40 Jahren der Schenkungszweck für 25 % der anzunehmenden Zeitspanne erreicht und für 75 % der Zeitspanne nicht erreicht worden sei. Die Antragstellerin trägt schließlich vor, der jedem Ehegatten aus der Veräußerung des Hauses verbleibende Verkaufserlös nach Abzug der Verbindlichkeiten habe 104.000 € betragen.

Die Antragstellerin beantragt, zu erkennen:

Der Antragsgegner ist verpflichtet, der Antragstellerin 90.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Antragsgegner stellt

Antrag auf Klageabweisung.

Der Antragsgegner behauptet, der Betrag von 300.000 DM sei ihm zwar seinerzeit von der Antragstellerin in bar übergegen worden. In Höhe von 200.000 DM habe es sich aber nicht um eine Schenkung der Antragstellerin, sondern des verstorbenen M. B. gehandelt. Die Antragstellerin sei insoweit nur Geldbotin gewesen. Die weiteren 100.000 DM der 300.000 DM seien Eigenkapital seiner damaligen Ehefrau, der Tochter der Antragstellerin, gewesen. Der Antragsgegner trägt weiter vor, den Betrag von 90.000 DM hätten er und seine Ex-Frau im Januar 1998 erhalten. Hierbei habe es sich aber nicht um eine Schenkung gehandelt. Als Gegenleistung sei die im Eigentum der Zeugin A. H. stehende Wohnung im 1. Obergeschoss des Anwesens […] an die Antragstellerin privatschriftlich „abgetreten“ worden. Damit sei gemeint gewesen, dass der Antragstellerin die Mieteinnahmen aus der Wohnung zustehen sollten. Der Antragsgegner behauptet ferner, bei den 30.000 DM für die Küche habe es sich wiederum um ein Geschenk des Herrn B. und nicht der Antragstellerin gehandelt. Schließlich trägt der Antragsgegner vor, der bereinigte Verkaufserlös aus der Veräußerung des Hauses nach der Trennung habe lediglich 99.479,16 € pro Ehegatte betragen. Der auf ihn entfallende Betrag sei dabei zur Gänze an seine Tante, die Zeugin B. H., die dem Antragsgegner 250.000 DM zum Erwerb des Hauses geliehen habe, ausbezahlt worden.

Die Antragstellerin behauptet, den oben genannten Betrag von 200.000 DM habe sie zwar vom verstorbenen M. B. erhalten und gemeinsam mit diesem von dessen Konto abgehoben. Er habe dabei aber gesagt, er schenke das Geld ihr und was sie damit mache, müsse sie selbst entscheiden.

Das Gericht hat am 24.5.2012 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeuginnen B. H., A. H. und S. S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bl. 43/54 d. A. verwiesen.

Mit Beschluss vom 31.05.2012 hat das Gericht angeordnet, dass mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 13.7.2012 bestimmt.

Mit Schriftsatz vom 19.7.2012, eingegangen am selben Tag, auf welchen Bezug genommen wird, hat die Antragstellerin hinsichtlich der angeblichen Schenkung von 200.000 DM des M. B. an sie weitere Behauptungen vorgebracht und den Zeugen A. B. als Beweis angeboten.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

  1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das Familiengericht gemäß § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GVG sachlich zuständig, da es sich bei Rückforderungsansprüchen auf Grund von Zuwendungen der Schwiegereltern nach Scheitern der Ehe um sonstige Familiensachen im Sinne von §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handelt (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, 33. Aufl., § 266 FamFG Rn. 7).
  2. Der Antrag ist unbegründet. Ein Rückforderungsanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner besteht nicht.
  3. a) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ( 313 BGB). Zwar käme ein solcher Rückzahlungsanspruch nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2010, 958; FamRZ 2010, 1626) grundsätzlich in Betracht. Die Voraussetzungen hierfür wurden aber nicht nachgewiesen bzw. liegen nicht vor.
  4. aa) Es können bereits die behaupteten Schenkungen der Antragstellerin an den Antragsgegner nicht festgestellt werden.

Hinsichtlich der Schenkung eines Betrags in Höhe von 56.000 DM handelte es sich nach dem eigenen Sachvortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2012 um das Geld ihres 1999 verstorbenen Ehemanns, der das Geld zu Lebzeiten der gemeinsamen Tochter A. gegeben habe. Im Widerspruch hierzu führte die Antragstellerin weiter aus, eigentlich habe er das Geld ihr, der Antragstellerin, gegeben und sie habe dann gesagt, sie gebe es der A. Die Zeugin A. H. hat hingegen angegeben, bei den 56.000 DM habe es sich um Geld von ihrem Vater gehandelt. Somit steht bereits nicht fest, dass insoweit eine Schenkung der Antragstellerin und nicht ihres verstorbenen Ehemanns vorlag. Dass die Antragstellerin Alleinerbin ihres Mannes wäre und den Anspruch als Rechtsnachfolgerin geltend macht, wurde nicht vorgetragen. Abgesehen davon handelte es sich bei dem Betrag von 56.000 DM nach dem eigenen Sachvortrag der Antragstellerin im Termin nicht um eine Schenkung an den Antragsgegner, sondern ausschließlich an die Zeugin A. H. Die Antragstellerin hat angegeben, sie habe damals gesagt, sie gebe das Geld „der A.“ und sie habe gefunden, „die A.“ solle das Geld bekommen. Zudem hat die Antragstellerin vorgetragen, sie habe mit dem Antragsgegner nicht über das Geld gesprochen, sodass es an einer Schenkungsabrede zwischen den Beteiligten fehlt. Allein dadurch, dass das Geld auf das Konto des Antragsgegners geflossen ist, ist noch kein Schenkungsvertrag zwischen den Beteiligten zustande gekommen. Dies gilt selbst dann, wenn der Antragsgegner das Geld ganz oder teilweise für sich verwendet haben sollte.

Hinsichtlich der weiteren behaupteten Schenkung in Höhe von 300.000 DM konnte die Antragstellerin den Vortrag der Gegenseite, in Höhe eines Betrags von 200.000 DM sei Schenker nicht die Antragstellerin, sondern der verstorbene M. B. gewesen, nicht widerlegen. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass 200.000 DM des Geldes von Herrn B. stammten und sie das Geld gemeinsam mit diesem bei der Bank von dessen Konto abgehoben hat. Allerderdings habe Herr B. gesagt, er schenke ihr das Geld und was sie damit mache, müsse sie selbst entscheiden. Der Antragsgegner bestreitet dies und trägt vor, die Antragstellerin habe lediglich als Übergabebotin fungiert. Letzteres wurde von der beweisbelasteten Antragstellerin nicht zur Überzeugung des Gerichts widerlegt. Zwar hat die Zeugin A. H. angegeben, das Geld sei von ihrer Mutter gekommen. Die Zeugin konnte allerdings keinerlei Details nennen, woher sie diese Kenntnis bezieht. Vielmehr hat die Zeugin angegeben, es sei von 300.000 DM die Rede gewesen, aber da sei sie nicht dabei gewesen. Ebenso sei sie bei der Geldübergabe nicht anwesend gewesen. Die Zeugin konnte daher letztlich keine verlässlichen Angaben über die Herkunft des Geldes machen. Vor allem aber konnte die Zeugin H. die von der Antragstellerin behauptete mündliche Schenkungsvereinbarung mit dem verstorbenen M. B. und damit einen rechtlichen Zwischenerwerb des Geldes durch die Antragstellerin nicht bestätigen. Auch ansonsten wurde hierfür kein Beweis erbracht, was aber erforderlich gewesen wäre, um den Vortrag des Antragsgegners, die Antragstellerin sei nur Geldbotin gewesen, zu widerlegen. Der weitere Sachvortrag und das Beweisangebot im Schriftsatz vom 19.7.2012 konnten gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 296a ZPO nicht berücksichtigt werden, da der Schriftsatz erst nach dem gemäß § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmten Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, eingegangen ist. Schließlich spricht die glaubhafte Aussage der Zeugin B. H., Herr B. habe ihr gegenüber einmal geäußert, eigentlich hätten sie beide in das Haus einziehen müssen, weil sie die großen Geldgeber gewesen seien, eher für die Richtigkeit des Sachvortrags des Antragsgegners.

Hinsichtlich der übrigen 100.000 DM des – unstreitig – in bar übergegebenen Betrags von 300.000 DM konnte die Antragstellerin ebenfalls nicht nachweisen, dass das Geld von ihr stammte. Die Antragstellerin konnte bereits den Sachvortrag des Antragsgegners, es habe sich insoweit um das Eigenkapital seiner Ehefrau gehandelt, nicht widerlegen. Zwar hat die Zeugin A. H. angegeben, von den 300.000 DM für den Hauskauf seien keine 100.000 DM von ihr gewesen. An anderer Stelle ihrer Vernehmung hat die Zeugin H. hingegen ausgesagt, sie habe eigenes Geld von ihrem Sparbuch zum Hauskauf beigesteuert, wobei sie nicht mehr wisse, wie viel. Als Größenordnung gebe sie vielleicht 20.000 DM an, aber sie wisse es nicht mehr. Es kann mithin nicht ausgeschlossen werden, dass das Eigenkapital der Zeugin H. weitaus mehr als 20.000 DM – also möglicherweise auch 100.000 DM – betrug. Doch selbst wenn man den Vortrag des Antragsgegners als widerlegt betrachtet, fehlt es an einem positiven Beweis der Antragstellerin, dass die 100.000 DM aus ihrem Vermögen stammten. Die Zeugin H. konnte dies nicht verlässlich bestätigen, sondern hat angegeben, sie „nehme an“, dass das Geld von ihrer Mutter, der Antragstellerin, gekommen ist. Um das Gericht von einer Schenkung der Antragstellerin zu überzeugen, hätte es daher weiteren Beweisantritts bedurft. Insbesondere ist für das Gericht nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin keine Bankunterlagen oder -bestätigungen vorlegen konnte, die ihr damaliges Vermögen bzw. dessen Abfluss belegen.

Hinsichtlich der unstreitig geflossenen 90.000 DM fehlt es in rechtlicher Hinsicht an einer Schenkung, da die Beteiligten als – nicht gänzlich unerhebliche – Gegenleistung vereinbart haben, dass die Wohnung im 1. Obergeschoss des Anwesens […] an die Antragstellerin „abgetreten“ wird. Die Vereinbarung ist nach dem Vortrag beider Beteiligten dahingehend auszulegen, dass der Antragsgegnerin das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung eingeräumt werden sollte. Es handelt sich hierbei um einen schuldrechtlich wirksamen Vertrag. Darauf, ob die Antragsgegnerin entsprechend der Vereinbarung in der Folge tatsächlich Nutzungen aus der Wohnung gezogen hat, kommt es für die Qualifizierung des Vertrages nicht an.

Schließlich konnte die Antragstellerin den Sachvortrag des Antragsgegners, bei den 30.000 DM habe es sich ebenfalls um eine Schenkung des verstorbenen M. B. und nicht der Antragsgegnerin gehandelt, nicht widerlegen. Zwar hat die Zeugin H. ausgesagt, das Geld für die Küche sei von ihrer Mutter gekommen. Die Zeugin konnte aber keinerlei Anknüpfungstatsachen benennen, woher sie diese Kenntnis bezieht. Die Zeugin konnte noch nicht einmal angeben, ob sie und der Antragsgegner das Geld in bar oder per Überweisung erhalten haben. Unter diesen Umständen ist das Gericht allein aufgrund der Aussage der Zeugin A. H. nicht zweifelsfrei davon überzeugt, dass es sich um eine Schenkung der Antragstellerin handelte. Dies auch deshalb, weil die Zeugin B. H. angegeben hat, der verstorbene M. B. habe einmal in einem Gespräch ihre Frage, ob er bei der Küche auch wieder die Spendierhosen angehabt habe, bejaht. Ein weiterer Beweisantritt, insbesondere die Vorlage von Unterlagen oder Bestätigungen einer Bank, ist nicht erfolgt. Die Antragstellerin trifft daher die Beweislast.

Somit kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass sich keine der behaupteten Schenkungen der Antragstellerin an den Antragsgegner feststellen lässt und ein Rückforderungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits aus diesem Grund nicht besteht.

  1. bb) Zudem scheitert ein Anspruch aus 313 BGB jedenfalls daran, dass die Zuwendungen im Vermögen des Antragsgegners nicht mehr vorhanden sind.

Ein Rückforderungsanspruch setzt grundsätzlich eine beim Wegfall der Geschäftsgrundlage noch vorhandene, messbare Vermögensmehrung voraus, die zugleich den Anspruch nach oben begrenzt (BGH FamRZ 2012, 273 Rn. 31). Zwar könnte man nach der vom BGH gewählten Formulierung meinen, es komme nur auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage an, hier also auf den Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe. Nach Auffassung des Gerichts ist jedoch auch eine erst danach eintretende Entreicherung grundsätzlich im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung zu berücksichtigen. Ansonsten entstünde ein gesetzlicher Wertungswiderspruch zum Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nach § 530 BGB. Hierbei handelt es sich um einen speziell geregelten Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 2010, 958 Rn. 27). Wenn sich aber sogar der grob undankbare Beschenkte wegen Vermögensminderungen bis zum Zugang der Widerrufserklärung auf eine Entreicherung nach §§ 531 Abs. 2, 818 Abs. 3 BGB berufen kann (BGH NJW 1999, 1626 [BGH 19.01.1999 – X ZR 42/97]), muss dies dem Beschenkten erst Recht in der vorliegenden Konstellation, in welcher ihm keine schwere Verfehlung gegen den Schenker zu Last fällt, möglich sein. Eine Rückgewähr des Geschenks ist dem Beschenkten im Rahmen von § 313 BGB daher regelmäßig nicht zumutbar, wenn zum Zeitpunkt des ersten Rückforderungsverlangens die Zuwendung nicht mehr messbar in seinem Vermögen vorhanden ist.

So verhält es sich hier. Der Antragsgegner hat dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der bereinigte Verkaufserlös aus der Veräußerung des Hauses 99.479,16 € pro Ehegatte betragen hat und dass dieser Betrag zur Gänze an die Zeugin B. H. ausbezahlt wurde. Ersteres ergibt sich aus der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 3.2.2012 als Anlage Agg. 7 vorgelegten Abrechnung, die von der Antragstellerin in der Folge nicht substantiiert bestritten wurde. Letzteres – die vollständige Auszahlung des Betrags an die Zeugin H. – ergibt sich aus deren Aussage, die nach Ansicht des Gerichts – jedenfalls in diesem Punkt – uneingeschränkt glaubhaft ist. Die Zeugin hat bestätigt, sie habe Ende Dezember 2008, kurz vor Silvester, einen Betrag von „99.000 € und ein paar Zerquetschte“ zurückerhalten. Dies belegen zudem die genannte Abrechnung (Anlage Agg. 7) und vor allem der mit Schriftsatz vom 16.4.2012 als Anlage Agg. 11 vorgelegte Kontoauszug, aus welchem hervorgeht, dass am 29.12.2008 der Betrag von 99479,16 € auf dem Konto der Zeugin B. H. gutgeschrieben wurde. Die Angaben der Zeugin H. zu dem Erhalt des Geldes sind auch nicht deshalb unglaubhaft, weil ihre Aussage bezüglich anderer Punkte unglaubhaft wäre. Soweit die Antragstellerin (wohl) bestreitet, dass die Zeugin H. dem Antragsgegner überhaupt Geld zum Erwerb bzw. für die Renovierung des Hauses zur Verfügung gestellt hat, ist anzumerken, dass auch die Zeugin A. H. angegeben hat, dass „von der Tante des Antragsgegners auch was gekommen ist.“ Aus den vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 15.5.2012 als Anlage Agg. 12 und Agg. 13 in Ablichtung vorgelegten Bestätigungen vom 20.9.1997 lassen sich aus Sicht des Gerichts ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Falschaussage der Zeugin H. herleiten. Die „falsche“ Anschrift des Antragsgegners lässt sich plausibel dadurch erklären, dass es sich um die Anschrift seiner Eltern gehandelt hat. Ebenso teilt das Gericht die Auffassung des Antragsgegners, dass es keinen Widerspruch darstellt, dass die Zeugin H. im Präsens „ich … leihe“ und der Antragsgegner im Perfekt „ich … habe erhalten“ formuliert hat. Schließlich lässt sich der Umstand, dass beide Bestätigungen nahezu wortgleich sind, einfach dadurch erklären, dass die Bestätigungen möglicherweise – und nach der allgemeinen Lebenserfahrung sogar naheliegend – gemeinsam verfasst wurden. Letztlich kommt es aber nicht darauf an, wann die Bestätigungen tatsächlich gefertigt wurden. Denn selbst wenn die Zeugin H. insoweit die Unwahrheit gesagt haben sollte, ist das Gericht aufgrund der vorgelegten weiteren Beweismittel (Anlage Agg. 7 und Agg. 11) davon überzeugt, dass die Angaben hinsichtlich des Erhalts der Summe von 99.479,16 € Ende des Jahres 2008 der Wahrheit entsprechen. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin H. ändert auch nichts, dass diese sich nicht mehr an Details der Geldübergabe erinnert hat. Auch wenn es sich dabei sicherlich nicht um einen alltäglichen Vorgang gehandelt hat, ist es aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar, dass die Zeugin infolge des erheblichen Zeitablaufs und auch aufgrund ihres Alters hierzu keine genauen Angaben mehr machen konnte. Es sei insoweit angemerkt, dass sich die Antragstellerin ebenfalls nicht mehr daran erinnern konnte, ob sie den Geldbetrag von 200.000 DM gemeinsam mit Herrn B. in Ü. oder in S. auf der Bank abgehoben hat. Zweifel an der Glaubwürdigkeit haben sich auch in keiner Weise aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Zeugin H. ergeben. Aus diesem Grund – und weil die Aussage der Zeugin H. ferner nicht im Widerspruch mit der eines anderen Zeugen steht – hat das Gericht auch von der beantragten Beeidigung der Zeugin gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 391 ZPO abgesehen (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, § 391 Rn. 5).

Das Gericht ist mithin ohne vernünftigen Zweifel davon überzeugt, dass der gesamte auf den Antragsgegner entfallene Verkaufserlös an die Zeugin H. ausbezahlt wurde und somit die – etwaigen – Schenkungen der Antragstellerin nicht mehr messbar in seinem Vermögen vorhanden sind.

Die Entreicherung ist dabei vor dem ersten Rückforderungsverlangen eingetreten. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz vom 30.12.2011 vorgetragen, der Antragsgegner sei „mit gleicher Post“ zur Rückzahlung aufgefordert worden. Die Auskehrung des Verkaufserlöses an die Zeugin H. durch den Antragsgegner erfolgte aber bereits Ende 2008.

Es kann ferner dahinstehen, ob eine rechtliche Rückzahlungspflicht gegenüber der Zeugin H. bestand. Denn darauf kommt es im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung nach § 313 BGB nicht an. Das Risiko, dass die Zuwendung zum Zeitpunkt der Rückforderung – aus welchen Gründen auch immer – im Vermögen des Beschenkten nicht mehr vorhanden ist, trägt grundsätzlich der Schenker. Etwas anderes ergäbe sich nach Treu und Glauben nur dann, wenn der Antragsgegner das Vermögen bewusst gemindert hätte, um die Antragstellerin zu benachteiligen. Dies ist aber nicht ersichtlich.

Ebenso kann dahinstehen, ob der Antragsgegner insgesamt noch leistungsfähig ist und – aus anderer Herkunft – über ein Immobilienvermögen im Wert von 500.000 € verfügt. Dann auch darauf kommt es vorliegend entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtlich nicht an.

Ein Anspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist daher nicht gegeben.

  1. b) Es besteht ebenfalls kein Anpruch aus 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (Zweckverfehlung).

Auch ein solcher scheidet bereits wegen der fehlenden Feststellbarkeit der behaupteten Schenkungen der Antragstellerin an den Antragsgegner aus (vgl. hierzu oben Ziffer 2.a)aa)).

Überdies fehlt ein schlüssiger Vortrag der Antragstellerin zu einer Zweckvereinbarung. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass die Beteiligten zum Zeitpunkt der behaupteten Schenkungen die Möglichkeit eines späteren Scheiterns der Ehe in ihre Überlegungen aufgenommen haben. Eine Zweckvereinbarung kommt unter diesen Umständen von vornherein nicht in Betracht (vgl. BGH FamRZ 2010, 958 Rn. 51).

Schließlich ist der Antragsgegner aus den unter Ziffer 2.a)bb) genannten Gründen entreichert im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB. Auf die Gründe der Entreicherung kommt es auch insoweit nicht an (vgl. Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 818 Rn. 30).

Nach alledem war der Antrag abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit hinsichtlich des Kostenausspruchs beruht auf § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 35 FamGKG.

 

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