OLG Düsseldorf, 22.12.2015 – I-3 Wx 279/15

September 3, 2018

OLG Düsseldorf, 22.12.2015 – I-3 Wx 279/15

Tenor:

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beseitigung des Eintragungshindernisses auch durch die Vorlage der beglaubigten Abschrift des mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Beschlusses des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 28.10.2014 – 71 VI 138/90 – nachgewiesen werden kann. Insoweit wird eine weitere Frist von einem Monat gesetzt.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren ist abzusehen.

Gründe

I.

Eingetragene Eigentümer des vorgenannten Grundbesitzes sind zu je 1/2 Anteil zwei Erbengemeinschaften. Die eine setzt sich aus den Beteiligten zu 1) – 11) zusammen, die andere aus den Beteiligten zu 1), 2), 5), 6), 7), 9) und 10).

In Abteilung II laufende Nr. 2 ist seit dem 23.03.1992 ein Testamentsvollstreckervermerk hinsichtlich der Anteile der Beteiligten zu 3) (= 3.14), zu 4) (= 3.13), zu 11) (= 3.12) und zu 8) (= 3.17) eingetragen.

In dem der Eintragung zugrundeliegenden notariellen Testament vom 04.07.1988 (UR.NR. 1114 für 1988, Notar Dr. L. aus Bad Kreuznach) hatte die Erblasserin einen – am 21.04.2012 verstorbenen – Testamentsvollstrecker mit der Aufgabe der Verwertung des Nachlasses bestimmt und die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das zuständige Nachlassgericht angeordnet.

Durch notariellen Vertrag vom 16.04.2015 (UR.-NR. 233/2015, Notar Dr. S., Düsseldorf) veräußerten die Beteiligten zu 1) – 11) den Grundbesitz an die Beteiligten zu 12) und 13).

In Ziffer I. des Vertrages wird der Testamentsvollstreckervermerk als Belastung erwähnt und anschließend darauf hingewiesen, dass ausweislich des Beschlusses des AG Bad Kreuznach vom 28.10.2014 zum Aktenzeichen 71 VI 138/90 der Nachlass von diesem als abgewickelt angesehen werde.

Am 27.07.2015 hat der beurkundende Notar die Eintragung der Auflassungsvormerkung für die Beteiligten zu 12) und 13) beantragt.

Dem Antrag ist unter anderem beigefügt eine Kopie der beglaubigten Abschrift des Beschlusses des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 28.12.2014.

Durch Zwischenverfügung vom 26.08.2015 hat das Grundbuchamt das Fehlen der „Genehmigung oder Freigabeerklärung des Testamentsvollstreckers nebst Nachweis der Testamentsvollstreckereigenschaft in der Form des § 29 GBO“ beanstandet. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Nachlass sei – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Bad Kreuznach im Beschluss vom 28.10.2014 – nicht beendet, da das vorliegende Grundstück noch nicht verwertet sei.

Gegen den Beschluss vom 26.08.2015 wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 30.09.2015, mit der sie weiterhin die Beendigung der Abwicklungsvollstreckung geltend machen. Am 05.10.2015 haben sie ergänzend auch die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks Abt. II Nr. 2 beantragt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 28.10.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, die nunmehr beantragte Löschung des Testamentsvollstreckervermerks sei nicht möglich, da weder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 GBO) noch die Beendigung der Testamentsvollstreckung offenkundig (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO) sei. Soweit das Nachlassgericht Bad Kreuznach durch Beschluss vom 28.10.2014 festgestellt habe, dass ein Bedürfnis für die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers nicht bestehe, da der Nachlass als abgewickelt angesehen werde, sei der Beschluss deshalb nicht zu berücksichtigen, weil nicht der gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 RPflG zuständige Richter, sondern der Rechtspfleger entschieden habe.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 71 Abs. 1, 72, 73 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als dass die angefochtene Zwischenverfügung um ein weiteres Beseitigungsmittel zu ergänzen ist.

1.

Die mit der angefochtenen Zwischenverfügung ausgesprochene Beanstandung – Fehlen der Genehmigung oder Freigabeerklärung des Testamentsvollstreckers nebst Nachweis der Testamentsvollstreckereigenschaft in der Form des § 29 GBO – beruht auf der zutreffenden Erwägung, dass den eingetragenen Erben die Verfügungsbefugnis fehlt, solange der Nachlassgegenstand – hier die Anteile der Beteiligten zu 3), 4), 8) und 11) – der Testamentsvollstreckung unterliegt, § 2211 BGB.

Grundsätzlich hat auch das Grundbuchamt gemäß § 891 BGB solange die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks zu beachten, bis ihm Tatsachen bekannt werden, die ihre Unrichtigkeit ergeben (Demharter, § 52 Rn. 17 und Anhang zu § 13 Rn. 17).

Die Zwischenverfügung wäre aber gegenstandslos, wenn der Testamentsvollstreckervermerk zu löschen wäre. Davon geht auch das Amtsgericht aus, das sich in der Nichtabhilfeverfügung ausschließlich mit den Voraussetzungen der Löschung auseinandersetzt.

Es führt zutreffend aus, dass die Testamentsvollstreckung als solche nicht schon durch den Tod des ursprünglich von der Erblasserin in ihrem Testament vom 04.07.1988 berufenen Testamentsvollstreckers nach § 2225 BGB beendet worden ist, weil die Erblasserin die Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht angeordnet hatte (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. 2016, § 2225 Rn. 1 m.w.N.), so dass grundsätzlich die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht zu erwägen gewesen wäre, § 2200 BGB. Insoweit hat das Nachlassgericht – auf Anregung des beurkundenden Notars im Zuge der Vorbereitung des Kaufvertrages – durch Beschluss vom 28.10.2014 jedoch festgestellt, dass ein Bedürfnis für die Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers nicht bestehe.

Dieser Beschluss ist – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – nicht wegen funktioneller Unzuständigkeit des entscheidenden Rechtspflegers unwirksam, sondern vielmehr als rechtlich wirksam anzusehen.

Nimmt ein Rechtspfleger ein ihm nicht übertragenes und auch nicht übertragbares Geschäft wahr, so ist seine Entscheidung nach § 8 Abs. 4 RPflG unwirksam (OLG Hamm, 25.04.2013, 15 W 398/12, […]). Grundsätzlich bleibt gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 RPflG in Nachlass- und Teilungssachen dem Richter die Ernennung von Testamentsvollstreckern nach § 2200 BGB vorbehalten.

Allerdings hat das Land Rheinland-Pfalz von der den Landesregierungen nach § 19 Abs. 1 RPflG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Richtervorbehalt des § 16 Abs. 1 Nr. 2 RPflG aufzuheben, und zwar durch § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Landesverordnung zur Übertragung von Aufgaben auf den Rechtspfleger und den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15.08.2008.

Unerheblich ist hier, ob das Nachlassgericht Bad Kreuznach in seinem vorgenannten Beschluss die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers zu Recht für nicht erforderlich gehalten hat, obwohl das hier streitgegenständliche Grundstück zum Nachlass gehört und der Nachlass (deshalb) noch nicht vollständig abgewickelt ist. Denn aus der funktionellen Zuständigkeitsverteilung zwischen Grundbuchamt und Nachlassgericht folgt, dass letzterem die vorrangige Kompetenz in der Beurteilung zukommt, ob eine Testamentsvollstreckung noch besteht (KG Berlin, 09.12.2014, 1 W 266 – 269/14, […] w.w.N.).

Der Beschluss des Nachlassgerichts ist daher grundsätzlich zum Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung geeignet.

Er kann im Grundbuchverfahren allerdings erst dann verwendet werden, wenn der Beschluss in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form zur Akte gereicht wird. Eine Verweisung auf die Akten genügt nur dann, wenn die Urkunde in der erforderlichen Form in den Akten desselben Amtsgerichts enthalten ist (Demharter, GBO, § 29 Rn. 57).

Ferner ist nachzuweisen, dass der Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist, was durch entsprechendes Zeugnis belegt werden kann (§ 46 FamFG). Mit dem Rechtskraftvermerk wird ausgeschlossen, dass es eine andere Interpretation durch das für das Nachlassgericht zuständige Beschwerdegericht gibt (KG Berlin, a.a.O.).

Das Amtsgericht hat zwar zu erkennen gegeben, dass die Beanstandung der angefochtenen Zwischenverfügung gegenstandslos ist, wenn die Beendigung der Testamentsvollstreckung nachgewiesen ist, indem es sich in der Nichtabhilfeentscheidung mit den Löschungsvoraussetzungen auseinandergesetzt hat.

Da es aber den Beschluss des Amtsgericht Bad Kreuznach irrig wegen fehlender funktioneller Zuständigkeit des entscheidenden Rechtspflegers für unbeachtlich gehalten hat, war die Zwischenverfügung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu ergänzen.

2.

Von der Erhebung von Gerichtskosten ist abzusehen.

Denn bei richtiger Behandlung der Beschwerde hätte das Amtsgericht ihr – in der aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Form durch Ergänzung der Zwischenfügung – abhelfen müssen.

 

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