OLG Frankfurt am Main, 19.11.2018 – 18 W 196/18

März 15, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.11.2018 – 18 W 196/18
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 24.08.2018 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 06.08.2018 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Kläger aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.07.2018 an Kosten € 13.036,05 nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.07.2018 an die Beklagte zu erstatten hat. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 17.07.2018 wird abgelehnt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt € 1.303,61.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe

I.

Mit Versäumnisurteil vom 11.07.2018 (Bl. 226, 227 d. A.) hat das Landgericht die Klage des Klägers vom 29.12.2016 (Bl. 1a bis 17 d. A.) abgewiesen, mit der der Kläger begehrt hatte, die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.122.703,44 nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 08.11.2016 zu zahlen. In dem Urteil hat das Landgericht weiter bestimmt, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 12.07.2018 (Bl. 233, 234 d. A.) hat das Landgericht mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.08.2018 (Bl. 241 d. A.) aufgrund dieses Urteils des Landgerichts Kosten in Höhe von € 13.036,05 nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.07.2018 zugunsten der Beklagten gegen den Kläger festgesetzt.

Gegen diesen, seiner Verfahrensbevollmächtigten am 13.08.2018 zugegangenen (Bl. 247 d. A.) Beschluss hat der Kläger mit am 24.08.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage (Bl. 251 bis 253 d. A.) sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Kläger behauptet, er habe mit Schriftsatz vom 24.08.2018 dem Insolvenzgericht angezeigt, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 05.09.2018 (Bl. 257 bis 259 d. A.) zur sofortigen Beschwerde des Klägers Stellung genommen und die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Kläger mit Nichtwissen bestritten. Da ihr die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht gemäß § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO zugestellt worden sei, könne diese auf den ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss keinen Einfluss haben.

Sodann hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.09.2018 (Bl. 262, 263 d. A.) den Text der am 28.08.2018 vom Amtsgericht Kaiserlautern vorgenommenen Veröffentlichung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu den Akten gereicht.

II.

1. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte, innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.

Insbesondere fehlt dem Kläger nicht das Rechtsschutzinteresse, weil er nicht die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, sondern lediglich dessen Abänderung in einen Feststellungstitel begeht. Dies gilt auch in Anbetracht des § 210 InsO, der den Kläger schon nach seinem eigenen Vortrag vor einer Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss schützt. Bereits die Existenz eines Leistungstitels beschwert ihn, weshalb er ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Abänderung hat.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Beschluss ist von einem Zahlungstitel in einen Feststellungstitel abzuändern, weil infolge der Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 Abs. 1 InsO) durch den Kläger ein Rechtsschutzinteresse der Beklagten an einem Zahlungstitel nicht mehr gegeben ist. Dieses geht vielmehr nur noch dahin, dem vom Kläger an sie zu erstattenden Betrag festzustellen.

a) Der Kläger hat seine Anzeige der Masseunzulänglichkeit beim Insolvenzgericht durch Vorlage des Texts der Veröffentlichung dieser Anzeige gemäß §§ 104 Abs. 2 Satz 1, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

b) Der Umstand, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses erfolgte und infolgedessen erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden ist, steht ihrer Berücksichtigung im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Da die Beschränkungen des § 529 Abs. 1 ZPO im Beschwerdeverfahren nicht gelten, ist hier auch neues tatsächliches Vorbringen zu berücksichtigen (Heßler in Zöller, Rndr. 2 zu § 571 ZPO)

c) Soweit die Beklgte meint, da ihr die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht gemäß § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO zugestellt worden sei, sei diese für den angefochtenen Beschluss ohne Belang, verkennt sie, dass sowohl die öffentliche Bekanntmachung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 2 Satz 1 InsO, als auch deren Zustellung an die Altmassegläubiger nach § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO keine eigenständige, sondern nur deklaratorische Bedeutung haben (vgl. Windel in Jaeger, Insolvenzordnung, Rdnr. 39 zu § 208 InsO).

d) Infolge der Anzeige der Masseunzulänglichkeit fehlt es der Beklagten am Rechtsschutzinteresse an einem Zahlungstitel. Dies folgt aus § 210 InsO. Nach dieser Regelung besteht infolge der Anzeige der Masseunzulänglichkeit ein Vollstreckungsverbot für Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Da auch der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten, der der mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommenen Kostenfestsetzung zugrunde liegt, zu diesen Altmasseverbindlichkeiten zählt, kann sie aus dem diese Kosten betreffenden Zahlungstitel nicht vollstrecken. Das Interesse, einen Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu erlangen, der von Gesetzes wegen nicht durchsetzbar ist, ist indes nicht schutzwürdig.

Dies gilt auch im Kostenfestsetzungsverfahren. Insoweit verhält es sich nicht anders als im Klageverfahren. Dort ist anerkannt, dass Forderungen im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden können. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist lediglich ein im Vergleich zu einem klageweisen Vorgehen regelmäßig weniger aufwendiges Verfahren. Das Ziel, in beiden Fällen einen zur Vollstreckung geeigneten Titel zu schaffen, ist jedoch dasselbe. Deswegen müssen die Verfahren auch in dem hier gegebenen Zusammenhang gleich behandelt werden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. März 2005 – IX ZB 247/03 -, Rn. 6 – 8, juris).

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen, weil sie in diesem unterlegen ist, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Begehr des Klägers zu bestimmende Beschwerdewert bemisst sich nach dem Betrag der Kosten, die dem Kläger entstanden wären, wenn er die Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss durch Sicherheitsleistung hätte abwenden müssen. Diese sind auf 10 Prozent der festgesetzten Kosten zu schätzen.

5. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil – soweit ersichtlich – eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zum nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit bestehenden Rechtsschutzinteresse des Insolvenzverwalters an der Abänderung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses in einen Kostenfeststellungsbeschluss noch nicht existiert.

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