OLG Frankfurt am Main, 08.11.2018 – 20 U 8/15

März 15, 2019

OLG Frankfurt am Main, 08.11.2018 – 20 U 8/15
Orientierungssatz:

Eine Gemeinde kann willkürfrei den Abschluss eines Pachtvertrages mit einem Landwirt ablehnen, wenn dieser – anders als die anderen ortsansässigen Landwirte – eine ganzjährige Beweidung der Pachtflächen mit winterharten Rindern ohne Stallhaltung betreibt und von seinen sehr verstreut gelegenen Weiden immer wieder Rinder ausbrechen.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 27. November 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dillenburg/Zweigstelle Herborn – Landwirtschaftsgericht – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Nutzung landwirtschaftlicher Grundstücke mit einer Gesamtfläche von ca. 15,4 Hektar gelegen in den Gemarkungen 1, 2 und 3, die im Eigentum der klagenden Gemeinde stehen.

Der Beklagte ist ein ortsansässiger Landwirt, der Rinderzucht ohne Stallhaltung mit ganzjähriger Beweidung betreibt. Er hat die streitgegenständlichen Grundstücke in der Vergangenheit im Rahmen seiner Landwirtschaft benutzt.

Für die Flächen existierten keine schriftlichen Pachtverträge.

Die Klägerin hatte 2010 begonnen, ihre Pachtflächen zu digitalisieren und die Pachtverhältnisse mit den derzeitigen Nutzern zu ermitteln und neu zu ordnen. Sie räumte in diesem Zusammenhang den betroffenen Landwirten und damit auch dem Beklagten die Möglichkeit ein, die vorhandenen Pachtverträge vorzulegen und Pachtinteresse zu bekunden.

Im Jahr 2011 forderte die Klägerin den Beklagten mit mehreren Schreiben auf, die streitgegenständlichen Grundstücke nicht mehr zu nutzen. Erstmals im Jahre 2011 leistete der Beklagte für die Grundstücke an die Klägerin Pachtzinszahlungen, welche jedoch von dort zurücküberwiesen wurden.

Die mit Anwaltsschriftsatz vom 30. Juli 2013 von der Klägerin geforderte Abgabe einer Unterlassungserklärung wies der Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 19. August 2013 zurück und machte geltend, es bestehe seit längerer Zeit ein mündlich bzw. konkludent abgeschlossenes Pachtverhältnis mit der klagenden Gemeinde.

Mit der am 6. Februar 2014 zugestellten Klage nahm die Klägerin den Beklagten auf Unterlassung der landwirtschaftlichen oder sonstigen Nutzung der näher bezeichneten streitgegenständlichen Grundstücke in Anspruch. Sie machte im Wesentlichen geltend, der Beklagte sei zur Nutzung der Grundstücke nicht berechtigt, weil hierfür keine formwirksamen Pachtverträge existierten.

Der Beklagte trat der Klage entgegen und erwiderte im Wesentlichen, es bestünden sehr wohl wirksame Landpachtverträge für die Flächen, welche konkludent abgeschlossen worden seien. Für die Zeit vor dem Jahr 2011 seien die Pachtzahlungen ersetzt worden durch wirtschaftliche Nutzung der Grundstücke zum Wohl der Gemeinde, da die Beweidung, Düngung und Bewirtschaftung unter Aufwendung von Arbeitskraft des Beklagten der KIägerin als Eigentümerin zugute gekommen sei, worin ein Erfüllungssurrogat für den ansonsten erforderlichen Pachtzins zu sehen sei.

Das Amtsgericht hat den Beklagten mit dem am 27. November 2015 verkündeten Urteil zur Unterlassung der landwirtschaftlichen und der sonstigen Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke verurteilt. Zur Begründung wurde im Urteil, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe kein Recht zur Nutzung der Grundstücke, welche die Klägerin ausdrücklich nicht toleriert habe. Für die Grundstücke bestünden weder schriftliche noch konkludent geschlossene Pachtverträge. Es könne dahinstehen, ob die Nutzung der streitgegenständlichen Flächen durch den Beklagten vor dem Jahr 2011 durch die damaligen Bürgermeister geduldet worden und in deren Kenntnis erfolgt sei, da es sich jedenfalls dann dabei um eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung gehandelt habe, die spätestens durch den 2011 amtierenden Bürgermeister beendet worden sei, letztlich endgültig mit Schreiben vom 30. Juli 2013. Da kein Landpachtvertrag bestehe, habe der Beklagte auch keinen Anspruch auf Fortsetzung des Pachtverhältnisses gem. § 595 BGB.

Gegen das seinem Verfahrensbevollmächtigten am 1. Dezember 2015 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit welcher er die Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht, hilfsweise die Abweisung der Klage erstrebt.

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, der erstinstanzliche Berufsrichter sei befangen gewesen, was sich darin dokumentiere, dass der Beklagte im Tenor des Urteils als „Angeklagter“ bezeichnet werde und hauptsächlich, weil die sehr knappe, lediglich eine Seite füllende Urteilsbegründung widersprüchlich sei.

Das erstinstanzliche Gericht habe das Spannungsverhältnis zwischen dem Bürgermeister, welches der Beklagte als Mobbing-Situation einordne, nicht berücksichtigt und auch völlig außer Acht gelassen, dass der Beklagte die Flächen jahrelang wie ein Pächter genutzt habe und auch habe nutzen dürfen, was den Grundsätzen des Gewohnheitsrechts – im Gemeindewesen bezeichnet als Observanz – entspreche. Das Amtsgericht habe die Aktivlegitimation der Klägerin durch den früheren Bürgermeister A nicht anerkennen dürfen, weil bereits erstinstanzlich gerügt worden sei, dass prozessführungsbefugtes Organ der Klägerin für einen Rechtsstreit von größerer Bedeutung einzig die Gemeindevertretung sei. Auch habe das Amtsgericht den Beklagten zu Unrecht zur Nutzungsunterlassung verurteilt, weil entgegen dessen Auffassung zwischen den Parteien für die streitgegenständlichen Flächen ein konkludent zustande gekommener Pachtvertrag vorliege. Der Beklagte habe jahrelang die Flächen bewirtschaftet und teilweise auch Pachtzins gezahlt, hierin liege sein Angebot durch schlüssiges Verhalten, welches die klagende Gemeinde als Verpächterin auch akzeptiert habe. Es sei erstinstanzlich bereits ausführlich geschildert worden, dass es jahrelang Usus gewesen sei, den Landwirten Gemeindeflächen ohne Vertrag zur Verfügung zu stellen. Auch habe die Klägerin es oft versäumt, Pachtzahlungen einzufordern und jahrelang, wie bei anderen örtlichen Landwirten auch, die Nutzung dieser Flächen teilweise ohne Entgegennahme von Pachtzins geduldet. Da die Klägerin bis zum Amtsantritt des Bürgermeisters A der Bewirtschaftung durch den Beklagten nicht widersprochen habe, könne von einem mündlichen Pachtvertrag, zustande gekommen durch schlüssiges Handeln, ausgegangen werden. Eine Leihe sei nicht gegeben, weil der Beklagte durch Bewirtschaftung und Melden der Fläche beim Landwirtschaftsamt deren Förderfähigkeit für die Klägerin sichergestellt habe. Außerdem habe der Beklagte auf den Flächen Erträge erwirtschaftet, für die er gemeindliche Steuern und Abgaben zahle. Es werde der Sachlage nicht gerecht, den beschriebenen Sachverhalt als bewusst hingenommenen Zustand der Vertragslosigkeit, Duldung oder gar Leihe zu bezeichnen. Für den Landpachtvertrag gelte eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren, wobei unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes in der Landwirtschaft die Kündigung einer plausiblen Begründung bedürfe, an der es hier fehle. Darüber hinaus stelle die Kündigung für den Beklagten auch eine unbillige Härte dar, weshalb bereits mit außergerichtlichen Schreiben im Jahr 2013 die Mobbing-Situation klar angesprochen und das Fortsetzungsverlangen erklärt worden sei. Die amtsgerichtliche Entscheidung verkenne auch, dass die Klägerin nach §§ 595, 242 i. V. m. 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet sei, weil der Beklagte wie alle anderen Landwirte auch seit Jahren gemeindliche Flächen zur Weidehaltung für seine Biorinderherden nutze. Hierdurch sei seit 1986 zu seinen Gunsten ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Nutzungsrecht entstanden, welches ihm erlaube, gemeindliche Grundstücke wie ein Pächter zu nutzen. Im Lichte der unbestimmten Rechtsbegriffe der unbilligen Härte i. S. d. § 595 Abs. 1 BGB und von Treu und Glauben nach § 242 BGB, welche als Einfallstore für die Anwendung und Auslegung von Grundrechten im Sinne der sog. Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechts heranzuziehen sei, seien Art. 2 Abs. 1, Art. 3 und Art. 12 GG sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Da der Beklagte im Unterschied zu anderen herkömmlichen Rinderzüchtern nicht auf Stallungen angewiesen sei, müsse er die streitgegenständlichen Flächen zur Aufrechterhaltung seines Biorinderzuchtbetriebes nutzen, weil er in erhöhtem Maße auf genug Auslauffläche für seine Herden angewiesen sei. Eine Nutzungsunterlassung und Beendigung des Pachtverhältnisses bedeute für den Beklagten eine Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Klägerin nicht zu rechtfertigen sei. Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheine es angemessen, die Fortsetzung des bestehenden Landpachtvertrages bezüglich aller streitgegenständlichen Flächen zu verlangen. Als Gegenleistung habe der Beklagte u. a. auch Schotter auf dem Teilstück eines Feldweges von etwa 200 m verteilt. Im Hinblick auf die seit 30 Jahren bestehende Nutzung der Flächen sei die Ausübung des Kündigungsrechtes rechtsmissbräuchlich, weil es allein dem Umstand entspringe, dass zwischen dem Bürgermeister A und dem Beklagten eine persönliche Fehde bestehe. Der vorsorgliche Antrag auf Zulassung der Revision sei begründet, weil es von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob ein gewohnheitsrechtlich entstandenes und nur konkludent abgeschlossenes Pachtverhältnis zur Anwendung der Härteklausel des § 595 BGB führe. Zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei auch zu klären, ob ein Pachtverhältnis angenommen werden könne, bei dem der Pächter durch Erfüllungssurrogate in Form wirtschaftlicher Nutzung und Förderanmeldung eine Gegenleistung erbringe. Die Klägerin habe im September 2010 ihre Flächen digitalisiert und durch eine neue Katalogisierung ihrer Flächen zwischen den örtlichen Landwirten diese umverteilt und teilweise neu verpachtet. Die damalige Absicht sei gewesen, jedem Landwirt durch Abschluss neuer Pachtverträge die Möglichkeit einzuräumen, bisher nur gewohnheitsrechtlich oder durch mündliche Absprache zugeteilte Flächen durch einen schriftlichen Pachtvertrag nutzen zu können. Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang entgegen der Behauptung der Klägerin wiederholt Anfragen gestellt und beantragt, neue bzw. alte Flächen schriftlich zu pachten. Es sei nötig, dass die Klägerin ihre Haltung gegenüber dem Beklagten überdenke und vor allem die Grundsätze der ganzjährig zu betreibenden ökologischen Rinderzucht endlich akzeptiere. Das Fortsetzungsverlangen sei vor dem Hintergrund der sozialpolitischen Schutznorm zur Sicherung der Existenzgrundlage landwirtschaftlicher Pächter aus § 595 BGB zu deuten. Dabei stehe dem nicht näher begründeten Kündigungsinteresse der Klägerin das Interesse des Beklagten an einer weiteren Bewirtschaftung gegenüber, wobei der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Härte als Einfallstor für die sog. mittelbare Drittwirkung von Grundrechten im Privatrecht gelte. Die Kündigungen seien auch treuwidrig, weil die Klägerin durch Erklärungen und ihr langjähriges Verhalten gegenüber dem Beklagten bewusst oder unbewusst eine Sach- und Rechtslage geschaffen habe, auf die sich der Beklagte verlassen habe und verlassen durfte. Der Beklagte hat weiterhin geltend gemacht, soweit die Klägerin zuletzt eine unberechtigte Waldbeweidung gerügt habe, sei diese durch Manipulationen an seinen Weideeinzäunungen verursacht worden, auf die er nur mit der Aufstellung eines Elektrozauns um das betreffende Areal habe reagieren können. Seit Frühjahr 2016 sehe er sich gezielt von den örtlichen Behörden ins Visier genommen, was auch durch das Protokoll der gemeinsamen Behördenbesprechung vom 13. September 2018, die wohl als einmaliger Vorgang zu werten sei, bestätigt werde und von ihm zum Anlass für eine Strafanzeige genommen worden sei. Er werde mit einer Vielzahl von Bußgeldverfahren, Zivilverfahren, Strafverfahren und ordnungsbehördlichen Verfahren überzogen, was ihn Zeit und Geld koste und im Ergebnis eher zu einer Verschlechterung seiner Rinderzuchtbedingungen führe. Er sehe sich auch mit einer fortlaufenden negativen Berichterstattung in der örtlichen Presse konfrontiert, gegen die er sich durch die Einschaltung des Presserates zur Wehr setzen wolle. Die von ihm betriebene Ganzjahresweidehaltung stoße offenbar bei vielen Personen auf Ablehnung, es müsse jedoch hervorgehoben werden, dass er auch viele Fürsprecher und zufriedene Kunden habe.

Der Beklagte beantragt,

die Sache unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen,

hilfsweise,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das amtsgerichtliche Urteil und macht geltend, das Amtsgericht habe zu Recht entschieden, dass ein Pachtverhältnis bereits an der fehlenden, aber zwingenden Voraussetzung einer entsprechenden Entgeltabsprache scheitere. Wenn der Beklagte über die ihm schriftlich verpachteten Grundstücke hinaus weitere Grundstücke genutzt habe, sei dies ohne konkretes Wissen der vertretungsberechtigten Organe der Klägerin geschehen und könne allenfalls als unwissentliche Duldung oder Hinnahme gewertet werden. Dies begründe jedoch kein allgemeines Gewohnheitsrecht der Rechtsbeteiligten, zumal ja auch in früheren Jahren unstreitig ständig und auch mit dem Beklagten schriftliche Pachtverträge abgeschlossen worden seien. Die behauptete Mobbing-Situation werde bestritten, vielmehr sei es der Kläger gewesen, der in unsachlicher Weise gegen den früheren Bürgermeister agiert habe. Die Ausführungen zur fehlenden Klagebefugnis des Bürgermeisters seien nicht nachvollziehbar und unbegründet. Es bleibe dabei, dass jedenfalls kein Pachtzins gezahlt worden sei und deshalb auch keine Pachtverträge vorlägen, so dass die Klägerin berechtigt sei, die Nutzungen zu unterbinden, um diese Grundstücke einer geordneten Verpachtung zuzuführen. Es entspreche ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass auch langjährige Duldungen von Nutzungen durch den Eigentümer widerrufen werden könnten. Für eine Revisionszulassung werde kein Ansatz gesehen. Im Rahmen ihrer fiskalischen Tätigkeit sei eine Duldungspflicht oder eine Verpflichtung zur Verpachtung der hier streitgegenständlichen Flächen an den Beklagten auch unter Berücksichtigung des Willkürverbotes und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gegeben, zumal es bei ihr üblich sei, nach 10 Jahren mit den einzelnen Pächtern neu zu verhandeln. Bei der Entscheidung über die Verpachtung an die ortsansässigen Landwirte werde jeweils auch deren Eigenlandanteil berücksichtigt, was sich insbesondere im Falle des über kein Eigenland verfügenden Hofgutes 4 auswirke. Jedenfalls gebe es erhebliche sachliche Gründe für den im Januar 2018 gefassten Gemeindevertreterbeschluss, wonach dem Beklagten keine Pachtflächen mehr zur Verfügung zu stellen seien. Denn durch die Art der Viehhaltung des Beklagten sei es insbesondere in den letzten 2-3 Jahren und vor allem auch während des Güteverfahrens zu massiven Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch immer wieder von den völlig unzureichend eingefriedeten Koppeln ausbrechenden Rindern des Beklagten mit gefährlichen Verkehrssituationen und Personengefährdungen auf Sportplätzen, Wegen und Spielplätzen gekommen. Zu verweisen sei auch auf wiederholte unzulässige Einzäunungen von Waldflächen. Es sei deshalb gegen den Beklagten zwischenzeitlich eine Ordnungsverfügung vom 02.08.2018 mit der Aufforderung zur ordnungsgemäßen Einzäunung und Führung eines Weidetagebuches erlassen worden, auf deren Inhalt Bezug genommen werde. Die Polizeistation 5 habe eine Vielzahl von diesbezüglichen Vorfällen aufgelistet, zudem komme es immer wieder zu Beschwerden von Bürgern und privaten Grundstückseigentümern. Gegenstand von Beschwerden seien auch Ablagerungen im Wald und auf privaten Flächen. Letztlich sehe die Klägerin sich – ob zuständig oder nicht – verstärkt mit Beschwerden aus der Bevölkerung konfrontiert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf sämtliche von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen einschließlich des zuletzt dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2018 nachgelassenen Schriftsatzes vom 25. Oktober 2018.

II.

Die von dem Beklagten eingelegte Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 1 LwVG, 517, 519, 520 ZPO eingelegt und innerhalb der gerichtlich gewährten Fristverlängerung begründet.

In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Nutzung der hier streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen in jeglicher dort näher beschriebenen Weise zu unterlassen, da diese im Eigentum der Klägerin stehen und der Beklagte sich nicht auf ein Recht zum Besitz und zur Nutzung stützen kann.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das angefochtene Urteil entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deswegen fehlerhaft ist, weil nicht der gesetzliche Richter entschieden hat. Dabei kann dahin stehen, ob die erst in der Berufungsbegründung geäußerte Besorgnis des Beklagten über die fehlende Unvoreingenommenheit des erstinstanzlichen Richters ein förmliches und ohnehin nicht durch den Senat, sondern durch das Amtsgericht zu bescheidendes Ablehnungsgesuch darstellt. Denn nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens kann die Befangenheit eines in erster Instanz entscheidenden Richters prozessuale Bedeutung nur noch dann erlangen, wenn dieser Umstand zur Zurückverweisung des Verfahrens nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO führt (vgl. BGH NJW 2008, 1672; OLG München Beschluss vom 10. Juni 2010 – 1 U 2664/10 – und KG Beschluss vom 25. Juli 2011 – 8 U 170/10 – jeweils dok. bei juris). § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO lässt im Falle eines in der ersten Instanz unterlaufenen Verfahrensfehlers – wozu auch die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erstinstanzlichen Gerichts gehören kann (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Auflage, § 538 ZPO, Rn. 15) – eine Zurückverweisung als Ausnahme nur dann zu, wenn auf Grund des Verfahrensmangels außerdem eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Senat ist deshalb als Berufungsgericht nach § 538 Abs. 1 ZPO gehalten, selbst eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Das Berufungsgericht ist dann gesetzlicher Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG (BGH NJW 2008, 1672; OLG Frankfurt BeckRS 2010, 28151).

Die von dem Beklagten als fehlend gerügte Aktivlegitimation der Klägerin ist gegeben. Gemäß § 71 Abs. 2 HGO wird die Gemeinde gerichtlich und außergerichtlich durch den Gemeindevorstand vertreten, welcher hier ausweislich des Eingangs der Klageschrift die Klage erhoben hat. Soweit der Beklagte die Vertretungsbefugnis des für den Gemeindevorstand handelnden Bürgermeisters aus § 51 Nr. 18 HGO in Zweifel ziehen will, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Prozessvertretung unabhängig vom Verfahrensgegenstand stets durch das Vertretungsorgan der Gemeinde zu erfolgen hat. Zudem ergibt sich zwischenzeitlich aus dem eigenen Sachvortrag des Beklagten, dass der Gemeinderat der Klägerin sich in seiner Sitzung vom 30. Januar 2018 mit der Angelegenheit befasst und letztlich beschlossen hat, das vom Senat angeregte Mediationsverfahren zu beenden und somit das Klageverfahren fortzusetzen.

Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Nutzung der hier streitgegenständlichen Grundstücke aufgrund eines Landpachtvertrages nach §§ 585, 581 Abs. 1 BGB nicht zu. Ein schriftlicher Pachtvertrag über die hier streitgegenständlichen Flächen existiert unstreitig nicht. Auch vom Vorliegen eines konkludent abgeschlossenen Pachtvertrages kann entgegen der Argumentation des Beklagten nicht ausgegangen werden. Unabhängig davon, ob die frühere tatsächliche Nutzung der Grundstücke durch den Beklagten – wie dieser selbst behauptet – von den früheren jeweiligen Bürgermeistern der Klägerin geduldet worden war, oder ob dies – wie von der Klägerin dargestellt – im Wesentlichen von ihr unbemerkt erfolgte, war unstreitig jedenfalls bis zum Jahre 2011 hierfür die Zahlung einer Gegenleistung weder vereinbart noch erfolgt. Hierin hat sich auch in der Folgezeit nichts geändert, da die von dem Beklagten erstmals im Jahre 2011 durch Überweisung getätigten Zahlungen von der Gemeinde zurücküberwiesen wurden. Nach §§ 581 Abs. 1 S. 2, 585 Abs. 2, 587 BGB gehört es jedoch zum Wesen eines jeden Pachtvertrages und damit auch des Landpachtvertrages, dass vom Pächter als Gegenleistung ein Entgelt in Gestalt der Pachtzinszahlung erbracht wird. Hieran vermag auch die rechtliche Argumentation des Beklagten nichts zu ändern, aus der durch ihn erfolgten Bewirtschaftung der Flächen Erfüllungssurrogate ableiten zu wollen, da die Beweidung und sonstige Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen primär ersichtlich im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Beklagten erfolgte und nicht zum Zwecke der Erbringung einer Gegenleistung an die Klägerin als Grundstückseigentümerin.

Da es somit an einem Landpachtvertrag fehlt, scheidet auch ein Anspruch auf Landpachtfortsetzung nach § 595 BGB aus, ohne dass es darauf ankommt, ob die hierfür in der Vorschrift vorgesehenen förmlichen und zeitlichen Voraussetzungen erfüllt wären. Auch auf die Frage einer unzumutbaren Härte im Sinne dieser Vorschrift kann es deshalb nicht ankommen. Zudem erfordert § 595 Abs. 6 und 7 BGB die Einleitung eines diesbezüglichen förmlichen gerichtlichen Verfahrens durch den Pächter und § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB sieht für landwirtschaftliche Grundstücke eine Höchstpachtdauer von 12 Jahren vor, die auch nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten jedenfalls für die überwiegende Anzahl der hier streitgegenständlichen Grundstücke bereits ausgeschöpft wäre.

Im Übrigen können nicht schriftlich abgeschlossene Landpachtverträge nach §§ 594, 594a BGB mit 2-jähriger Kündigungsfrist beendet werden, welche hier ausgehend von einer Kündigung, die jedenfalls in dem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 30. Juli 2013 mit der Aufforderung zur Abgabe der Unterlassungserklärung erfolgt ist, ebenfalls verstrichen wäre.

Ein weiteres Nutzungsrecht des Beklagten an den streitgegenständlichen Flächen kann auch nicht aus einer Leihe gemäß §§ 598 ff. BGB abgeleitet werden. Dabei kann wiederum dahinstehen, ob überhaupt in der Vergangenheit eine vertragliche Vereinbarung existiert hat, da mangels Festlegung einer konkreten Nutzungsdauer jedenfalls gemäß § 604 Abs. 3 BGB die Möglichkeit der jederzeitigen Rückforderung bestand.

Ein Nutzungsrecht des Beklagten lässt sich zur Überzeugung des Senates im vorliegenden Fall auch nicht aus einer Observanz ableiten. Unter Observanz wird ein Gewohnheitsrecht mit örtlich begrenztem Geltungsbereich verstanden, welches auf einer langdauernden und allgemeinen Übung beruht, die durch die Rechtsüberzeugung der beteiligten Rechtsgenossen von deren allgemeiner Verbindlichkeit getragen wird (vgl. etwa Staudinger/Honsell, BGB, Neubearbeitung 2018, Einleitung zum BGB Rn. 233; Ruffert in Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. I Rn. 111; Ossenbühl in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl., § 6 Rn. 72; Creifelds, Rechtswörterbuch, 22. Aufl. S. 747; HessVGH, Urteil vom 06.09.1988 – 2 UE 1126/86 – dok. bei juris). Unabhängig von der umstrittenen Rechtsfrage der dogmatischen Begründbarkeit der Fortgeltung einer derartigen Rechtsquelle im Hinblick auf die vorhandenen gesetzlichen Vorschriften über die Landpacht in §§ 585 ff. BGB (vgl. hierzu Ruffert, a.a.O., Rn. 111) kann hier bereits die Entwicklung einer Observanz mit dem von dem Beklagten in Anspruch genommenen Inhalt der gewohnheitsrechtlichen Überlassung landwirtschaftlicher Grundstücke durch die klagende Gemeinde an die ortsansässigen Landwirte nicht festgestellt werden. Zwar deuten die Umstände des vorliegenden Falles für den Senat darauf hin, dass bei der klagenden Gemeinde in der Vergangenheit vor dem Jahr 2010 bezüglich der eigenen landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücke im Außenbereich teilweise ziemlich ungeordnete Verhältnisse herrschten und man sich nicht in der gebotenen Weise konsequent um deren ordnungsgemäße Verwaltung, Bewirtschaftung und Verpachtung gekümmert hatte. Eine langandauernde und allseits als rechtsverbindlich angesehene Übung, die gemeindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke systematisch ohne schriftlichen Vertragsabschluss einzelnen ortsansässigen Landwirten mit Rechtsbindungswillen zur dauerhaften Nutzung zu überlassen, lässt sich jedoch nicht feststellen. Es bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin insoweit durch ein unterlassenes Einschreiten oder eine etwaige Duldung rechtliche Verpflichtungen zur weiteren Nutzungsüberlassung eingehen wollte. Zudem steht der Annahme einer diesbezüglichen Observanz der Umstand entgegen, dass auch der Beklagte zeitlich parallel zu den hier streitgegenständlichen Grundstücken über schriftliche Pachtverträge mit der Klägerin über die Nutzung anderer landwirtschaftlicher Flächen verfügte. Abgesehen davon wird für die Annahme einer Observanz in der Regel eine zeitliche Geltungsdauer von mindestens 30 Jahren gefordert (vgl. hierzu Deutsches Rechtslexikon, 3. Aufl., Band 2, S. 3149), die nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten schon bezüglich der Mehrzahl der hier streitgegenständlichen Grundstücke nicht erfüllt ist.

Letztlich kann ein fortdauerndes Nutzungsrecht des Beklagten auch nicht aus den allgemeinen Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten für das Handeln von staatlichen Organen abgeleitet werden. Allerdings ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs davon auszugehen, dass eine grundsätzliche Bindung des Staates an die Grundrechte und das aus Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG folgende Willkürverbot auch dann besteht, wenn ein Träger hoheitlicher Gewalt im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts handelt oder fiskalisch tätig wird (vgl. BVerfG NJW 2016, 3153 [BVerfG 19.07.2016 – 2 BvR 470/08], und BGH NJW 2015, 2892 [BGH 26.06.2015 – V ZR 227/14], jeweils m.w.N.).

Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot kann jedoch im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zur Bereinigung der zuvor teilweise ungeordneten Verhältnisse bezüglich der Benutzung ihrer landwirtschaftlichen Grundstücke 2010 mit einer systematischen Erfassung ihrer Außenbereichsflächen und der hierfür existierenden Pachtverträge begonnen hat und dabei Kontakt mit den ortsansässigen Landwirten aufnahm, um diesen Gelegenheit zu geben, bereits existierende schriftliche Pachtverträge vorzulegen und weiteres Pachtinteresse anzumelden. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass hierbei im Ansatz eine Verpflichtung der Klägerin bestand, keine willkürliche Verteilung vorzunehmen, sondern im Grundsatz eine Gleichbehandlung der vorhandenen Interessenten sicherzustellen, lässt sich ein diesbezüglicher Gesetzesverstoß zu Lasten des Beklagten nicht feststellen.

Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass es nicht als willkürlich angesehen werden kann, dass die klagende Gemeinde zunächst von dem Beklagten verlangte, dass er die Beendigung der bisher ungeordneten Nutzungsverhältnisse bezüglich der hier konkret betroffenen Grundstücke akzeptierte, zu deren Fortführung eine rechtliche Verpflichtung jedenfalls nicht bestand. Solange es nicht zum Abschluss ordnungsgemäßer Landpachtverträge gekommen war, bestand keine Berechtigung des Beklagten, die hier streitgegenständlichen Flächen weiter zu nutzen, nachdem die klagende Gemeinde spätestens und jedenfalls mit dem Anwaltsschriftsatz vom 30.07.2013 unmissverständlich zu erkennen gegeben hatte, dass sie mit einer weiteren Nutzung dieser Grundstücke durch den Beklagten nicht einverstanden war. Ein Kontrahierungszwang konkret bezogen auf die hier streitgegenständlichen und von dem Beklagten in der Vergangenheit tatsächlich genutzten Flächen lässt sich insoweit nicht feststellen. Gleiches gilt für eine von dem Beklagten geforderte Duldung der Fortsetzung der tatsächlichen Nutzung.

Darüber hinaus besteht keine Verpflichtung der klagenden Gemeinde, dem Beklagten landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke im Unterschied zu den anderen ortsansässigen Landwirten als Pachtinteressenten zur ganzjährigen Beweidung zu überlassen. Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagte sich – wie von ihm im Einzelnen erläutert – für ein besonderes Betriebskonzept entschieden hat, bei dem auf eine Stallunterbringung der Rinder vollständig verzichtet wird, indem er nur solche Rinderrassen hält, die sich für einen ganzjährigen Verbleib auf den Weideflächen eignen. Andererseits liegt es auf der Hand, dass die Beweidung derartiger Flächen ganzjährig auch während der Winterperiode insbesondere unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse auf dem Westerwald zu einer besonderen und ununterbrochenen Beanspruchung der Grasnarbe führt und es an der ansonsten während der Unterbringung der Rinder während der Wintermonate im Stall periodisch gewährleisteten mehrmonatigen Erholungsphase für den Boden fehlt. Aus diesem Betriebskonzept des Beklagten kann jedoch kein Anspruch darauf abgeleitet werden, dass etwaige Verpächter jedenfalls die hiermit verbundene intensivere Beanspruchung ihrer Grundstücksflächen hinzunehmen haben. Vielmehr bleibt es dem jeweiligen Grundstückseigentümer vorbehalten, selbst zu entscheiden, ob er bereit ist, eine derartige Bewirtschaftung seines Grundstückseigentums zu gestatten oder aber entsprechende Einschränkungen in den Pachtvertrag aufzunehmen und sodann auch auf deren Einhaltung zu bestehen. Hieran vermag auch der Hinweis des Beklagten in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts zu ändern, dass er auf die weitere Nutzung insbesondere von vier einzelnen der hier streitgegenständlichen Grundstücke wegen der dort vorhandenen Wasserversorgung bzw. der Arrondierung mit angrenzenden Flächen für seine ökologische Rinderzucht besonders angewiesen sei.

Ein sachlicher Grund für die Ablehnung einer Verpachtung von Flächen und der Nutzungsuntersagung ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Beklagte wiederholt angrenzende Waldflächen mit eingezäunt hat. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob der Beklagte dieses Vorgehen aus den von ihm genannten Gründen für zweckmäßig hält, da jedenfalls die Eigentümer der Waldflächen, die Forstbehörden und die Jagdpächter nicht verpflichtet sind, den hiermit verbundenen Eingriff in ihre eigenen Rechte zur Erleichterung der Weidebewirtschaftung des Beklagten hinzunehmen.

Des Weiteren stellen auch die wiederholten und gerade in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Entweichungen der Rinder des Beklagten von den von ihm genutzten Weideflächen einen sachlichen Grund dar, den die Gemeindevertretung der Klägerin letztlich in ihrer Sitzung vom Januar 2018 zum Anlass genommen hat, von einer Neuverpachtung von Flächen an den Beklagten insgesamt Abstand zu nehmen. Es liegt auf der Hand, dass derartige Ausbrüche von Weidetieren mit erheblichen Gefahren sowohl für den Straßenverkehr als auch für Fußgänger und spielende Kinder verbunden sind. Hinzu kommen Beeinträchtigungen für die den Weideflächen benachbarten Grundstücke durch dortige Abweidung und sonstige Beschädigungen durch die entwichenen Tiere. An diesen Gefahren, die von solchen entwichenen Rindern zwangsläufig ausgehen, vermag auch der Hinweis des Beklagten auf eine aus seiner Sicht tendenziöse Berichterstattung in der Presse nichts zu ändern. Gleiches gilt für die von dem Beklagten beanstandete Kommunikation zwischen den verschiedenen Behörden insbesondere durch deren gemeinsame Besprechung vom 13. September 2018. Dabei kommt es letztlich nicht entscheidend darauf an, ob den Beklagten an dem Entweichen der Tiere im jeweiligen Einzelfall ein Verschulden im Rechtssinne aufgrund einer von vornherein unzureichenden Einkoppelung der Rinder trifft, wie dies von der Klägerin behauptet wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte als Tierhalter und Pächter für den Zustand seiner Weidehaltung verantwortlich ist und durch geeignete Maßnahmen und eine fortlaufende Kontrolle sicherstellen muss, dass die Tiere die eingezäunten Weideflächen nicht verlassen können und damit von vornherein die mit einem Ausbruch der Rinder typischerweise verbundenen Gefahren vermieden werden. Dass dies in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Weidehaltung des Beklagten nicht gelungen ist, wird durch die Vielzahl der von der klagenden Gemeinde dokumentierten Vorfälle und die zahlreichen Anzeigen und Beschwerden bei der zuständigen Polizeistation 5 belegt, die letztlich auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wurden. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass er in der mündlichen Verhandlung insbesondere durch Einsichtnahme in die in dem Güterichterverfahren eingereichte Übersichtskarte der gesamten von dem Beklagten genutzten landwirtschaftlichen Flächen – von diesem selbst durchaus anschaulich als „Flickenteppich“ bezeichnet – und unter Heranziehung des landwirtschaftlichen Sachverstandes der ehrenamtlichen Richter den Eindruck gewonnen hat, dass eine ordnungsgemäße und sichere Einzäunung der sehr verstreut gelegenen und jeweils wechselnd beweideten Flächen einen ganz erheblichen Zeitaufwand erfordert, jedenfalls mit der geringen personellen Ausstattung des Beklagten auf Dauer nicht gewährleistet werden kann. Hieraus kann der Beklagte aber gegenüber der Klägerin keinen Anspruch darauf ableiten, ihm die Nutzung bestimmter gemeindeeigener Grundstücke zu gestatten, um so die für sein Betriebskonzept notwendigen größeren zusammenhängenden Weideflächen zu erhalten.

Außerdem ist es nachvollziehbar, dass unabhängig von der jeweiligen Verantwortlichkeit für das Entweichen der Rinder im Einzelfall die Gemeinde durch betroffene Bürger und benachbarte Grundstückseigentümer mit Beschwerden überzogen und verantwortlich gemacht wird und auch aus diesem Grund von einer weiteren Überlassung von landwirtschaftlichen Flächen an den Beklagten Abstand nehmen will.

Diese Gesamtumstände führen nach der Einschätzung des Senates dazu, dass es sachliche Gründe gibt und somit nicht als willkürlich angesehen werden kann, dass die klagende Gemeinde von einer Verpachtung an den Beklagten Abstand nehmen und an der Nutzungsuntersagung festhalten will.

Auf die von dem Beklagten in dem nachgelassenen Schriftsatz weiter aufgeführten Größenordnungen der Tierbestände und gemeindeeigenen Pachtflächen anderer ortsansässiger Landwirte und die länger zurückliegenden Streitigkeiten des Beklagten mit dem früheren Bürgermeister A kommt es demnach nicht an.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 Nr. 1a, 48 Abs. 1 LwVG, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 1 Nr. 1a, 48 Abs. 1 LwVG, 708 Nr. 10, 711, ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht erfordern, §§ 1 Abs. 1 Nr. 1a, 48 Abs. 1 LwVG, 543 Abs. 2 ZPO.

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