OLG Frankfurt am Main, 17.09.2018 – 8 U 181/16

März 15, 2019

OLG Frankfurt am Main, 17.09.2018 – 8 U 181/16
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 3) sowie auf die Anschlussberufung der Kläger zu 1) und 2) wird das Schlussurteil der 07. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 05. August 2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger EUR 118.878,67

nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2001 sowie über dem Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2002, der Beklagte zu 1) seit dem 13. November 2000 und der Beklagte zu 3) seit dem 11. November 2000 aus einem Betrag in Höhe von EUR 138.728,12 bis zum 10. Dezember 2014, aus einem weiteren Betrag in Höhe von EUR 110.478,12 vom 11. Dezember 2014 bis zum 17. Dezember 2014 und aus einem Betrag in Höhe von 104.751,55 seit dem 18. Dezember 2014

sowie

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2001 sowie über dem Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2002, der Beklagte zu 1) seit dem 13. November 2000 und der Beklagte zu 3) seit dem 11. November 2000 aus einem Betrag in Höhe von EUR 16.354,31 bis zum 17. Dezember 2014 und aus einem Betrag in Höhe von EUR 14.127,12 seit dem 18. Dezember 2014 abzüglich eines auf die Zinsen zu verrechnenden Betrages in Höhe von EUR 20.296,24 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich eines Betrages in Höhe von EUR 36.203,76 erledigt ist.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Kläger haben die Kläger 66 % und die Beklagten zu 1) und 3) 34 % zu tragen. Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) haben die Kläger 32 % zu tragen. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 4) haben die Kläger insgesamt zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Von den zweitinstanzlichen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten haben die Kläger 41 % und die Beklagten zu 1) und 3) 59 % zu tragen.

Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 37.493,59 festgesetzt.
Gründe

I.

Die Kläger machen gegenüber den Beklagten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Behandlungsfehlern im Rahmen einer Schwangerschaftsbetreuung geltend. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch Ansprüche gegen die Beklagten zu 1) und 3) bezüglich seitens der Kläger geltend gemachter Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 nebst Zinsen sowie eine seitens Kläger im wesentlichen wegen Zinsen erhobene Anschlussberufung.

Das Landgericht hat hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) mit Grund- und Teilendurteil vom 25. Juli 2014 festgestellt, dass die Kläger gegen die Beklagten zu 1) und 3) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der fehlerhaften Schwangerschaftsbetreuung in den Jahren 19XX und 19XX anlässlich der Geburt ihrer Tochter X haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die Entscheidungsgründe des Grund- und Teilendurteils vom 25. Juli 2014 Bezug genommen (Bl. 1241 ff. d. A.). Eine Berufung gegen dieses Grund- und Teilendurteil ist nicht erfolgt.

Der Beklagte zu 1) betreute die Klägerin zu 1) während dieser Schwangerschaft als niedergelassener Gynäkologe. Am XX.XX.19XX überwies der Beklagte zu 1) die Klägerin zu 1) zu einer ambulanten Missbildungsuntersuchung an den Beklagten zu 3). Dieser ist Beruf1 der Frauenklinik der erstinstanzlichen Beklagten zu 2). Am XX.XX.19XX , in der 22+2 Schwangerschaftswoche, wurde in der Ambulanz des Beklagten zu 3) durch den für diesen tätigen Beklagten zu 4) die Ultraschallkontrolle zur gezielten Missbildungsdiagnostik bei Verdacht auf Cytomeglieinfektion durchgeführt. Weitere Untersuchungen zur Ursache für die Wachstumsretardierung unterblieben.

Die Kläger sind Eltern der am XX.XX.19XX geborenen X, die mit schweren körperlichen Fehlbildungen aufgrund einer Trisomie 18 zur Welt kam. Sie verstarb am XX.XX.20XX an ihren Grunderkrankungen. Es wurden bei X Trisomie 18, ein kleiner muskulärer VSD, Vintrikelseptumdefekt vom Inlettyp, druckangleichend persistierender Ductus arteriosus, Foramen ovale Aneurysma mit Links-/Rechts-Shunt auf Vorhofebene diagnostiziert. X hatte einen komplexen Herzfehler, eine Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung, Hornhauttrübung, einen pathologischen Hörbefund, Missbildungen des Schädels, der Hände, der Ohren und schwerste geistige und psychomotorische Entwicklungsrückständen. X konnte den Kopf und Oberkörper nicht eigenständig halten, nicht eigenständig bewusst Arme und Beine bewegen, nicht krabbeln, sitzen, laufen und Nahrung aufnehmen. Es bestand keine Sprachentwicklung. Es traten Hospitalismus, Autismus, schwere Schlafstörungen und häufiges Erbrechen auf. Auf eine weitergehende Therapie wurde wegen der geringen Überlebenschancen des Kindes verzichtet. X bedurfte vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis zu ihrem Tod einer Rund-um-die-Uhr Pflege und Betreuung. Bis Mai 1998 bestand eine Einstufung in die Pflegestufe I, ab Juni 1998 in die Pflegestufe II und ab April 2000 in die Pflegestufe III.

Die Kläger waren Eigentümer einer Eigentumswohnung. Der Zugang zu dieser Wohnung lag im Hochparterre und war über zwei Podesttreppenanlagen im Hauseingangsbereich und Treppenhausbereich zu erreichen. X musste mit einem speziellen behindertengerechten Kinderwagen transportiert werden. Die Überwindung der Treppenstufen bis zum Eingang der Wohnung war nur mit Unterstützung einer weiteren Person möglich. Der Pkw der Kläger musste auf einem Tiefgaragenplatz im Nachbarhaus mit Doppelparkanlage, welche nur über eine sehr steile Auf- und Abfahrt erreichbar war, abgestellt werden. Das Halten und Parken vor dem Haus war wegen privater Stellplätze und Fahrbahnverengung problematisch. In der Wohnung wiesen die Zimmertüren die Normbreite von 80 cm und geringer auf. Ein behindertengerechter Umbau war aufgrund der Innenplatzverhältnisse im Flur der Wohnung sowie im Treppenhaus und im Eingangsbereich des Hauses nicht möglich. X verfiel während der Nachtzeit in Unruhezustände mit Weinen und Schreien, die auch mit medikamentöser Behandlung in grenzwertiger Dosierung nur leicht verbessert werden konnten. Mit zunehmendem Alter und steigender Infektanfälligkeit stiegen die nächtlichen Unruhezustände. Die Kläger entschlossen sich deshalb im Jahr 1999 zum Bau eines Einfamilienhauses in der Nachbarschaft. Insgesamt wendeten die Kläger hierfür einen Betrag in Höhe von DM 464.236,79 auf. Das Haus hat eine Nutzfläche von 92,86 m² und eine Wohnfläche von 99,91 m². Die Kläger richteten ein Zimmer im Erdgeschoss für X in behindertengerechter Weise her. Dieses Zimmer wies eine Fläche von 11,93 m² auf. Hierin enthalten war eine Fläche von 1 m² für den Einbau einer behindertengerechten Dusche. Die Türbreite zu diesem Zimmer wurde mit 1 Meter hergestellt.

Die Kläger finanzierten den Hauserwerb mit Bankdarlehen. Auch die Eigentumswohnung war mit einem Bankdarlehen finanziert. Die Kläger erhielten einen Zuschuss der …kasse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds für X in Höhe von DM 5.000,-. Die Eigentumswohnung konnte durch die Kläger im Jahr 2002 veräußert werden. Hierbei entstand ein Verlust im Vergleich zu den Anschaffungskosten in Höhe von EUR 35.096,-.

Eine zweite Tochter der Kläger wurde noch zu Lebezeiten von X im Jahr 19XX geboren, eine dritte Tochter kam im Jahr 20XX zur Welt.

Die Kläger haben behauptet, sie hätten sich aus Not und Dringlichkeit heraus zum Hausbau und Verkauf ihrer Eigentumswohnung entscheiden. Der Verbleib in der Eigentumswohnung sei nicht mehr hinnehmbar gewesen. Die nächtlichen Unruhestände von X seien auf ein Maß angestiegen, das zu erheblichen Störungen der Nachbarn geführt habe. Der Transport von X zu Arztterminen mit dem Pkw sei unzumutbar gewesen, weil das Fahrzeug in der benachbarten Tiefgarage habe geparkt werden müssen und auch ein kurzes Abstellen vor dem Anwesen nicht möglich gewesen sei. Auch die Beförderung von X nebst des behindertengerechten Kinderwagens über mehrere Treppen hinweg bis zum Wohnungseingang sei höchst beschwerlich und insbesondere mit steigendem Alter des Kindes nicht mehr zumutbar gewesen. Das Einfamilienhaus hätten die Kläger ausschließlich deshalb angeschafft, weil für X ein behindertengerechtes Umfeld habe geschaffen werden müssen. Allein deshalb sei auch der Einbau einer Dusche in Xs Zimmer im Erdgeschoss erforderlich gewesen. Sie habe sich – unstreitig – beim Füttern in erheblichem Maße mit Nahrung bekleckert und sich auch sehr häufig erbrochen. Es sei deshalb erforderlich und auch praktikabel gewesen, das Kind im Erdgeschoss duschen zu können ohne dass es in das im Obergeschoss liegende Bad habe transportiert werden müssen. Ein Mehrwert durch das für X eingerichtete Zimmer sei nicht entstanden. Insbesondere sei den Klägerin nach Xs Tod hier kein Mehrwert verblieben. Das Zimmer werde lediglich als Gästezimmer genutzt.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Beklagten zu 1) und 3) schuldeten die anteiligen Herstellungskosten für den behindertengerechten Wohnraum nebst Dusche. Hinzuzurechnen seien die Kosten der Zwischenfinanzierung. In der Bauphase und bis zur Veräußerung der Eigentumswohnung seien die Klägerin – unstreitig – gezwungen gewesen, den Hausbau mit einer Zwischenfinanzierung durchzuführen. Hierzu sei – unstreitig – ein Darlehen in Höhe von DM 160.000,- für den Grundstückserwerb und ein weiteres über DM 295.000,- für die Errichtung des Gebäudes abgeschlossen worden. Insgesamt seien Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 angefallen (zu Einzelheiten vgl. Bl. 1443 f. A.). Die Kläger haben weiter die Auffassung vertreten die Beklagten zu 1) und 3) schuldeten ihnen den Veräußerungsverlust für die Eigentumswohnung. Des Weiteren stünden ihnen Schadensersatzansprüche für die Fahren von X zur ärztlichen Versorgung sowie den Pflegeaufwand zu.

Die Beklagten zu 1) und 3) haben mit Eingang am 10. Dezember 2014 einen Betrag in Höhe von EUR 28.250,- und am 17. Dezember 2014 einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 28.250,- unter Verweis auf die mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2014 erfolgte Tilgungsbestimmung (Bl. 1293 d. A.) gezahlt. Die Kläger haben daraufhin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 (Bl. 1311 d. A.) den Rechtsstreit in Höhe von EUR 56.500,- für erledigt erklärt. Dieser Erledigungserklärung haben sich die Beklagten zu 1) und 3) nicht angeschlossen.

Die Parteien haben die in dem Schlussurteil des Landgerichts wiedergebenden Anträge gestellt (Bl. 1517 d. A.).

Die Beklagten zu 1) und 3) haben die Ansicht vertreten, dass im Hinblick auf den Hausbau den Klägern kein behinderungsbedingter Schaden entstanden sei. Sie behaupten, dass es nicht erforderlich gewesen sei, die Eigentumswohnung aufzugeben und ein Einfamilienhaus anzuschaffen. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger sei konstruiert, auch ein gesundes Kind müsse transportiert werden. Ein behindertengerechter Ausbau des Wohnumfeldes von X sei nicht erforderlich gewesen. X hätte zum Versorgen in jedem Fall ins Bad getragen werden müssen, so dass die Einrichtung einer eigenen Duschgelegenheit nicht von Nöten gewesen sei. Ein Kind im Alter bis drei Jahre müsse, auch wenn es nicht behindert sei, ohnehin im Bad ständig gehoben werden. Ein Kind bis zum Alter von drei Jahren könne ohne Weiteres auch über zwei Podesttreppenanlagen getragen werden. Es sei den Klägern auch zumutbar gewesen, X nach dem Verbringen aus dem Haus mit dem Kinderwagen zum Tiefgaragenstellplatz ins Nachbarhaus zu fahren. Die nächtlichen Unruhezustände in Form von Weinen und Schreien von X seien nicht wesentlich über das hinausgegangen, was auch sonst bei Neugeborenen und Kleinkindern auftrete. Durch Kinder verursachte Geräusche führten auch nicht zu irgendwelchen Untersagungsansprüchen von Nachbarn und Mitbewohnern. Das Einfamilienhaus hätten die Kläger nur im Hinblick auf ihre zwei weiteren später geborenen Töchter benötigt. Durch den für X geschaffenen Raum habe sich der Wert des Hauses erheblich gesteigert, die Kläger hätten einen Vermögenszuwachs erzielt und keinen Schaden erlitten.

Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 05. August 2016 die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger EUR 140.763,16 nebst 4 % Zinsen zu zahlen abzüglich eines auf die Zinsen gezahlten Betrages in Höhe von EUR 20.296,74 sowie festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich eines Betrages in Höhe von EUR 36.203,26 erledigt ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zunächst wird wegen der Gründe auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 05. August 2016 verwiesen (Bl. 1518 ff. d. A.). Das Landgericht hat ausgeführt, dass der zuletzt mit einem Betrag in Höhe von EUR 125.982,31 bezifferte Pflegeaufwand den Klägerin in voller Höhe zugestanden habe, jedoch in Höhe eines Betrages von EUR 33.000,- durch Zahlung Erledigung eingetreten ist, sodass den Klägern im Hinblick auf den Pflegeaufwand noch ein Betrag von EUR 92.982,31 zustünde. Neben dem geltend gemachten Pflegeaufwand stünde den Kläger der zur Deckung des Barbedarfs von X erforderliche Betrag zu, der mit 135% des Regelunterhaltsatzes zu bemessen sei. Hierauf müssen sich die Kläger jedoch das Kindergeld anrechnen lassen, sodass der Unterhaltsanspruch der Kläger EUR 4.378,46 betrage. An Fahrkosten seien den Klägerin EUR 4.458,16 zuzusprechen. Beerdigungskosten sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Sachverständigenkosten könnten die Kläger nicht mehr verlangen, da die Beklagten insoweit eine Zahlung vorgenommen hätten. Die seitens der Kläger geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 seien begründet. Diese seien den Klägern unstreitig nur deshalb entstanden, weil sie für einen gewissen Zeitraum gleichzeitig die in ihrem Eigentum stehende Wohnung durch ein Darlehen finanziert und mit der Errichtung eines Einfamilienhauses begonnen hatten. Die Kläger hätten zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass es ihnen nicht möglich gewesen sei, weiterhin in der Eigentumswohnung mit X zu leben. Es sei unstreitig, dass sowohl im Eingangsbereich als auch im innenliegenden Zugangsbereich Treppenpodeste zu überwinden gewesen seien. Da X Zeit ihres Lebens nicht in der Lage gewesen sei, sich selbständig fortzubewegen, sei sie mittels eines speziellen Behindertenkinderwagens zu transportieren gewesen. Hinzu komme, dass die Kläger keine Möglichkeit gehabt hätten, ihren Pkw in unmittelbarer Nähe der Wohnung abzustellen. Des Weiteren habe X vor allem nachts unter Unruhezuständen, die mit erheblichen Geräuschentwicklungen durch Weinen und Schreien einhergingen, gelitten. Hierdurch hätten sich die Nachbarn der Kläger gestört gefühlt. Dass die Kläger auch hierdurch erheblichen (psychischem) Druck ausgesetzt gewesen seien, sei der Kammer nachvollziehbar. Es komme nicht darauf an, ob die Nachbarn einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Kläger hätten durchsetzen können. Maßgeblich sei vielmehr, dass die Kläger als Bewohner als Mehrfamilienhauses und Mitglieder einer WEG – die die ganz überwiegende Mehrzahl von Menschen in vergleichbarer Wohnsituation – auf gegenseitige Rücksichtnahme bedacht waren und Störungen und Beeinträchtigungen ihrer Nachbarn vermeiden wollten. Ein behindertengerechter Ausbau der Wohnung sei aufgrund der beengten Raumverhältnisse nicht möglich gewesen. Bei dieser Sachlage seien die Kläger gehalten gewesen, behindertengerechten Wohnraum zu beschaffen. Dass sie dies dadurch taten, dass sie in der Nähe ein räumlich bescheidenes Einfamilienhaus errichten ließen, sei nicht zu beanstanden. Auch bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es den Kläger ausschließlich darum gegangen sei, Wohnraum für ihre nachfolgend geborenen Kinder zu beschaffen. Dies folge schon aus der behindertengerechten Herrichtung des Zimmers im Erdgeschoss. Aufgrund der ebenerdigen Gestaltung des für X vorgesehen Bereich des Hauses und der Möglichkeit, den für die Beförderung von X vorgesehenen Pkw unmittelbar vor dem Haus zu parken, hätten die Kläger den erforderlichen behindertengerechten Wohnraum herstellt. Die hierfür angefallenen Zwischenfinanzierungskosten seien damit kausal auf die Geburt des schwerstbehinderten Kindes und deshalb auch kausal auf die Verletzung der ärztlichen Pflichten der Beklagten zu 1) und 3) zurückzuführen. Dass den Kläger Zwischenfinanzierungskosten in der geltend gemachten Höhe entstanden seien, hätten sie substantiiert mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 vorgetragen und durch Vorlage der Darlehensverträge und Jahreskontoauszüge für die Jahre 1999 bis 2002 belegt. Der hierfür geltend gemachte Gesamtbetrag in Höhe von EUR 37.493,59 sei daher von den Beklagten zu 1) und 3) zu erstatten. Die Beklagten zu 1) und 3) schuldeten den Kläger weiter den für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.450,64 geltend gemachten Betrag. Abzuweisen sei die Kläger, soweit die Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 27.607,93 für die Herstellung des behindertengerechten Wohnraums und dessen besonderer Ausstattung (Dusche) verlangten. Zwar sei diese Position dem Grunde nach erstattungsfähig. Die Abgrenzung zwischen beschädigungsbedingten Baukosten zum Ausgleich behinderungsbedingten Wohnungsmehrbedarfs und Vermögensmehrung sei im Rahmen des § 287 ZPO zu schätzen. Vorliegend verbleibe nach erfolgter Schätzung der Kammer kein ausgleichspflichtiger Betrag. Bei der Schätzung seien die voraussichtliche Lebenserwartung von X, die Gesamtnutzungsdauer des neu errichteten Gebäudes sowie der Anteil des behindertengerecht hergerichteten Bereichs an der Gesamt Wohn- bzw. Wohn- und Nutzfläche zugrunde zu legen. Abzusetzen sei hiervon der bei Beträgen übersteigende Zuschuss der Krankasse in Höhe von DM 5.000,-, der ausschließlich zweckbestimmt für die Herstellung eines behindertengerechten Wohnumfelds gedacht gewesen sei. Prozesszinsen stünden den Klägern in Höhe von 4 % gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. Artikel 229 Abs. 1 EGBGB zu.

Das Landgericht hat mit Beschlüssen vom 27. Juli 2017 (Bl. 1494 a) ff. d. A.) und und 29. Mai 2018 (Bl. 1821 d. A.) über Tatbestandsberichtigungsanträge der Parteien entschieden, wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der beiden Beschlüsse Bezug genommen wird.

Gegen das Schlussurteil wenden sich die Beklagten zu 1) und 3) mit der Berufung, soweit er zur Zahlung der Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 nebst Zinsen verurteilt worden ist. Das Landgericht habe fehlerhaft die seitens der Kläger geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten zugesprochen. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei es nicht unstreitig gewesen, dass ein Halten und Parken vor der alten Wohnung nicht möglich gewesen wäre. Dass X als Kleinkind und Säugling die Treppe heruntergetragen werden müsse und gleichzeitig ein Kinderwagen auch heruntergetragen werden müsse, sei keinesfalls ungewöhnlich und wäre auch bei einem gesunden Kind der Fall gewesen. Auch das Gewicht eines normalen Kinderwagens liege im Bereich zwischen 8 und 10 Kg. Das Landgericht hätte daher bei Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit nicht die Stockwerke und das Gewicht des Kinderwagens als Argument dafür heranziehen dürfen, dass der Bau eines Hauses erforderlich gewesen sei. Schadensmindernd hätten sich die Kläger auch einen zweiten Kinderwagen anschaffen können, so dass einer davon in der Garage bzw. im Fahrzeug auf Dauer hätte gelagert werden können, der andere in der Wohnung. Auch sei es nicht nachvollziehbar, wieso es gerade den Klägern nicht zumutbar gewesen sein solle, auch wenn tatsächlich einmal kein Stellplatz unmittelbar vor der Wohnung zur Verfügung gestanden hätte, das Kind einige Meter zur Garage im Kinderwagen oder einer Tragschale oder auf dem Arm zu bringen, wie dies Millionen von Menschen und Eltern in Deutschland und auf der Welt tagtäglich täten. Es bestehe nämlich kein Anspruch darauf, nur weil ein Kind (behindert) geboren sei, ab dann nur noch wenige Schritte von der Haustür zum Auto laufen zu müssen. Tatsächlich sei aufgrund der gesamten Umstände davon auszugehen, dass der Hausbau unabhängig von der gesundheitlichen Situation von X erfolgt sei. Es keineswegs ungewöhnlich, dass eine Familie sich entscheide, wenn sie sich dazu entschlossen habe, zwei oder mehr Kinder zu bekommen, auch ein Haus zu bauen und aus einer vorhandenen Eigentumswohnung auszuziehen. Es komme vorliegend nicht darauf an, ob das von den Klägern erworbenen Haus unangemessen sei, sondern darauf, ob es aufgrund der Geburt von X zwingend erforderlich gewesen wäre, die Wohnung zu verlassen und ein eigenes Haus zu bauen. Selbst wenn X nicht geboren worden wäre, hätten die Kläger in Hinblick auf ihre Familienplanung, wonach sie in jedem Falle beabsichtigt hätten, zumindest zwei Kinder großzuziehen, das Haus gebaut. Auch die Errichtung der Dusche im Erdgeschoss sei nicht wegen der Behinderung von X notwendig gewesen, Es sei keineswegs unüblich oder ungewöhnlich, dass in einem Einfamilienhaus, welches von einer Familie mit zwei Kinder bewohnt werde, zwei Duschgelegenheiten in zwei verschiedene Bäder eingebaut würden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Grund für den Hausbau die anstehende Geburt des zweiten Kindes gewesen sei und die alte Wohnung für zwei Kinder nicht ausreichend groß gewesen sei. Wäre alleine die Lage der Wohnung entscheidend gewesen, wäre es ausreichend gewesen, eine andere Erdgeschosswohnung zu mieten, in der ein größeres Bad vorhanden gewesen sei. Die Kläger hätten auch eine andere ebenerdige (Eigentums-) Wohnung oder ein Haus zur Miete beziehen können. Weiterhin sei die Annahme, X habe unstreitig unter Unruhezuständen gelitten, welche zu erheblichen Störungen der Nachbarn der Kläger geführt hätten, falsch. Dass Kleinkinder weinen und schreien und dies auch nachts sei keinesfalls ungewöhnlich. Auch handele es sich bei dem später gebauten Haus um eine Doppelhaushälfte. Es sei des Weiteren nicht unstreitig, dass für die Außenanlage bestehend aus einer Terrasse, Gartenanlage mit Hangbefestigung sowie Pflasterarbeiten für Stellplätze die Kläger einen Betrag in Höhe von DM 9.500,-, teilweise in Eigenleistung erbracht, aufgewandt hätten. Selbst wenn dem Grunde nach ein Anspruch auf Finanzierungskosten bestünde, könnten diese überwiegend wegen eingetretener Verjährung nicht geltend gemacht werden. Soweit ein Zinsschaden nach August 20XX geltend gemacht werde, sei bereits in erster Instanz die Einrede der Verjährung erhoben worden. In der Klageschrift seien nur Zinsen bis August 20XX geltend gemacht worden. In dem Grund- und Teilurteil vom 25. Juli 2014 sei der Feststellungsantrag im Übrigen – rechtskräftig – abgewiesen worden. Finanzierungskosten nach August 20XX und Zinsen hierauf hätte das Landgericht nicht zusprechen dürfen. Noch nicht verjährt wären – wenn überhaupt dem Grunde nach ein Anspruch bestünde – allenfalls gemäß Schriftsatz der Kläger vom 22. Februar 2016 geltend gemachte Kosten in Höhe von EUR 14.964,51. Hiervon seien die Eigenheimzulage in Höhe von DM 4.500,-, die die Kläger für X erhalten haben dürften ebenso abzuziehen wie steuerliche Entlastungen, die die Kläger dadurch erhalten hätten, dass sie offensichtlich im Hinblick auf das Fahrzeug und die Baufinanzierungskosten diese als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht hätten. Auch müssten sie sich die Kläger die für X erhaltenen Freibeträge anrechnen lassen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das Schlussurteil des Landgerichts Wiesbaden vom 05. August 2016, zugestellt am 10. August 2016 insoweit aufzuheben, als der Beklagte zu 1) verurteilt worden ist, an die Kläger mehr als einen Betrag in Höhe von EUR 101.042,71 zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit 13. November 2000.

Der Beklagte zu 3) beantragt,

das Schlussurteil des Landgerichts Wiesbaden mit dem Aktenzeichen 7 O 217/00 vom 05. August 2016, zugestellt am 08. August 2016 insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als der Beklagte zu 3) verurteilt wurde, an die Kläger mehr als einen Betrag in Höhe von EUR 101.042,71 zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit 11. November 2000.

Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen;

sowie im Wege der Anschlussberufung,

unter Abänderung des am 05. August 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Wiesbaden, Az.: 7 O 217/00,

die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie EUR 140.763,16 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2001 sowie über dem Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2002, der Beklagte zu 3) seit dem 11. November 2000 und der Beklagte zu 1) seit dem 13. November 2000 aus einem Betrag in Höhe von EUR 176.966,92 bis zum 10 Dezember 2014, aus einem weiteren Betrag in Höhe von EUR 148.716,92 vom 11. Dezember 2014 bis zum 17. Dezember 2014 und aus einem Betrag in Höhe von EUR 140.763,16 seit dem 18. Dezember 2014 abzüglich eines auf die Zinsen zu verrechnenden Betrages in Höhe von EUR 20.296,24 zu zahlen;

festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich eines Betrages in Höhe von EUR 36.203,76 erledigt ist.

Die Beklagten zu 1) und zu 3) beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die Beklagten zu 1) und zu 3) zur Zahlung verurteilt hat. Es habe in der alten Wohnung ein nichtbehindertengerechtes Umfeld vorgelegen. Trotz Vorliegen eines Behindertenausweises mit dem Merkzeichen „aG“ für X hätten sie mit ihrem Fahrzeug nicht vor der Wohnung parken dürfen. Insoweit werde auf einen Bußgeldbescheid der Stadt A vom 28. Oktober 1999 nebst Schriftverkehr verwiesen (Anlage A3, Bl. 1712 ff. d. A.). Im Übrigen sei die Situation der Kläger nicht mit der Situation von Familien mit gesunden Kleinkindern vergleichbar. Insbesondere seien auch die für das Krankheitsbild Trisomie 18 typischen Unruhezustände nicht mit denen vergleichbar, die auch bei gesunden Kleinkindern vorkämen. Diese hätten auch trotz einer bereits grenzwertigen medikamentösen Behandlung nicht wesentlich verbessert werden. Mit dem Bau des neuen Hauses sei zudem ein uneingeschränktes Parken auf dem eigenen Grundstück unmittelbar vor dem Haus oder in der Garage möglich geworden. Auch der Zugang zum Haus sei ohne Treppenanlage möglich gewesen, das Zimmer von X habe unmittelbar links zum Eingangsbereich gelegen. Das Abstellen des Kinderwagens sei ohne weiteres vor dem Haus, in der Garage oder auf der Terrasse möglich gewesen. Auch die Anmietung einer alternativen behindertengerechten Wohnung – hätte eine solche im näheren und zumutbaren Umfeld zur Verfügung gestanden – sei nicht in Frage gekommen, da dies insbesondere die Problematik mit der Lärmbelästigung nicht behoben hätte. Schließlich hätte die Anmietung einer solchen Wohnung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit höhere Kosten verursacht als die nunmehr geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten. Unzutreffend sei auch der Vortrag der Beklagten, dass unter Berücksichtigung steuerlicher Vorteile die Kosten der Zwischenfinanzierung ausgeglichen worden seien. Dem sei bereits entgegenzuhalten, dass die von den Beklagten aufgeführten steuerlichen Vorteile in keinem auch nur ansatzweisen Zusammenhang zu den streitigen Zwischenfinanzierungskosten stünden. Zudem übersähen die Beklagten, dass sämtliche anrechenbaren Vorteile der Klägerin durch das Landgericht bereits im Rahmen der Aufrechnung des den Kläger dem Grunde nach weiterhin zugestandenen Anspruchs auf Ersatz der Kosten zur Herstellung behindertengerechten Wohnraumes verrechnet hätten. Auch übersähen die Beklagten, dass Freibeträge lediglich das zu versteuernde Einkommen reduzierten und die tatsächliche Steuerreduktion damit nicht ansatzweise der Höhe des Freibetrages entspräche, sondern wirke sich lediglich zu einem geringen Prozentsatz tatsächlich monetär aus. Ebenfalls nicht erfolgsversprechend sei der Einwand der Beklagten, die Kläger hätten das Haus ohnehin gebaut, da sie beabsichtigten, Platz für eine sich vergrößernde Familie zu schaffen. Zum einen hätten die Kläger zum Zeitpunkt des Hausbaus nicht wissen können, wie sich ihre Familie in den folgenden Jahren entwickelt. Zum anderen hätten die Kläger die Eigentumswohnung erst 1993 gekauft und die Wohnung wäre auch für bis zu zwei gesunde Kinder völlig hinreichend geeignet gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei schließlich auch keine Verjährung des Anspruches auf Zwischenfinanzierungskosten nach dem August 20XX eingetreten. Mit der Klageschrift vom 03. November 2000 seien die Zwischenfinanzierungskosten zunächst bis August 20XX konkret beziffert worden und im Folgenden seien auch die zu diesem Zeitpunkt zukünftigen und daher noch nicht abschließend bezifferbaren weiteren Finanzierungskosten ausdrücklich zum Gegenstand der Klage gemacht und vorläufig mit weiteren DM 1.040,- angegeben. Die Kosten der Zwischenfinanzierung seien somit nicht unter den eigenständigen und zusätzlichen Feststellungsantrag für sonstige weitergehende materielle Schäden gefallen.

Das Landgericht habe des Weiteren fehlerhaft lediglich Zinsen in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz zugesprochen. Des Weiteren seien die Zahlungen erster Instanz bei den Zinsen nicht berücksichtigt worden.

II.

A. Die Berufung ist zulässig. Die Einlegungs- und die Begründungsfrist sind gewahrt. Das Rechtsmittel ist nach § 511 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO statthaft.

B. Die Berufung ist auch teilweise begründet.

Den Klägern steht gegen die Beklagten zu 1) und 3) ein Anspruch in Höhe von EUR 15.608,72 (=DM 30.528,-) hinsichtlich der geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten zu (§§ 630 a ff., 278, 280 Abs. 1, 249 BGB). Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel erfolglos.

I. Die Haftung der Beklagten zu 1) und 3) dem Grunde nach auf Zahlung von Schadensersatz wegen der fehlerhaften Schwangerschaftsbetreuung in den Jahren 19XX und 19XX anlässlich der Geburt von X steht aufgrund des Grund- und Teilendurteils vom 25. Juli 2014 (Bl. 1230 ff. d. A.) – rechtskräftig – fest.

II. 1. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass den Klägern grundsätzlich die geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 zustehen. Der Senat teilt im Ergebnis die Feststellungen des Landgerichts, dass die Kläger zur Überzeugung des Gerichts dargelegt haben, dass sie sich im Jahr 1999 aufgrund der schwersten Behinderung ihrer Tochter X – und nicht wegen einer weitere Kinder umfassende Familienplanung – entschlossen haben, ihre Eigentumswohnung aufzugeben und ein Einfamilienhaus in unmittelbarer Nachbarschaft zu bauen.

Ausweislich des Tatbestands des Grund- und Teilurteils vom 25. Juli 2014 (Bl. 1630 ff. d. A.) sowie des angefochtenen Schlussurteils vom 05. August 2016 (Bl. 1510 ff.) ist zwischen den Parteien unstreitig (§ 314 ZPO), dass X u.a. als Folge ihrer Trisomie 18 schwerst geschädigt war. Es wurden bei ihr Trisomie 18, ein kleiner muskulärer VSD, Vintrikelseptumdefekt vom Inlettyp, druckangleichend persistierender Ductus arteriosus, Foramen ovale Aneurysma mit Links-/Rechts-Shunt auf Vorhofebene diagnostiziert. X hatte einen komplexen Herzfehler, eine Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung, Hornhauttrübung, einen pathologischen Hörbefund, Missbildungen des Schädels, der Hände, der Ohren und schwerste geistige und psychomotorische Entwicklungsrückständen. X konnte den Kopf und Oberkörper nicht eigenständig halten, nicht eigenständig bewusst Arme und Beine bewegen, nicht krabbeln, sitzen, laufen und Nahrung aufnehmen. Es bestand keine Sprachentwicklung. Es traten Hospitalismus, Autismus, schwere Schlafstörungen und häufiges Erbrechen auf. X bedurfte vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis zu ihrem Tod einer Rund-um-die-Uhr Pflege und Betreuung. Bis Mai 1998 bestand eine Einstufung in die Pflegestufe I, ab Juni 1998 in die Pflegestufe II und ab April 2000 in die Pflegestufe III. Die Situation der Kläger mit X war damit nicht vergleichbar mit der von Eltern eines gesunden Babys und Kleinkindes, was sich insbesondere auch in den gewährten Pflegestufen widerspiegelt.

Unstreitig zwischen den Parteien waren zu der – alten – Wohnung der Kläger sowohl im Eingangsbereich als auch im innenliegenden Zugangsbereich Treppenpodeste zu überwinden. Die Wohnung konnte aufgrund der beengten Raumverhältnisse auch nicht behindertengerecht ausgebaut werden. Da X Zeit ihres Lebens nicht in der Lage gewesen war, sich selbständig fortzubewegen, musste sie mittels eines speziellen Behindertenkinderwagens transportiert werden. Hinzukommt, dass die Kläger zumindest keinen festen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung hatten und sich im Übrigen trotz Vorliegen eines Behindertenausweises mit dem Merkzeichen „aG“ für X sich ein Parken vor der Wohnung als schwierig gestaltet. Insoweit wird auf einen Bußgeldbescheid der Stadt A vom 28. Oktober 1999 nebst Schriftverkehr verwiesen (Anlage A3, Bl. 1712 ff. d. A.). Insoweit die Beklagten mit ihrer Berufung einwenden, dass X als Kleinkind und Säugling und gleichzeitig ein Kinderwagen die Treppe heruntergetragen werden müsse, sei keinesfalls ungewöhnlich und wäre auch bei einem gesunden Kind der Fall gewesen, so dass das Landgericht daher bei Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit nicht die Stockwerke und das Gewicht des Kinderwagens als Argument hätte dafür heranziehen dürfen, dass der Bau eines Hauses erforderlich gewesen sei, überzeugt dies nicht. Denn die Beklagten verkennen hier, dass es sich bei X um ein schwerstbehindertes Kind handelt, welches nicht die Entwicklung eines gesunden Kleinkindes nehmen konnte. X konnte – wie bereits ausgeführt – den Kopf und Oberkörper nicht eigenständig halten, nicht eigenständig bewusst Arme und Beine bewegen, nicht krabbeln, sitzen und laufen. Die Lebenswirklichkeit – auf die die Beklagten ja ausdrücklich abstellen – sieht jedoch mit einem im Jahr 1999 gesunden zweijährigen Kind anders aus. Ein zweijähriges Kind ist grundsätzlich größer und schwerer als ein Säugling. Ein gesundes Kind wird aber laufen und insbesondere beim Tragen Kopf und Oberkörper eigenständig halten können. Nicht gefolgt werden kann daher den Beklagten des Weiteren dahingehend, es sei nicht nachvollziehbar, wieso es gerade den Klägern nicht zumutbar gewesen sein solle, X einige Meter zur Garage im Kinderwagen oder einer Tragschale oder auf dem Arm zu bringen, wie dies Millionen von Menschen und Eltern in Deutschland und auf der Welt tagtäglich täten. Auch der weitere Einwand der Beklagten, schadensmindernd hätten sich die Kläger auch einen zweiten Kinderwagen anschaffen können, so dass einer davon in der Garage bzw. im Fahrzeug auf Dauer hätte gelagert werden können, der andere in der Wohnung überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.

Des Weiteren litt X vor allem nachts unter Unruhezuständen, die mit erheblichen Geräuschentwicklungen durch Weinen und Schreien einhergingen. Es ist für den Senat – wie für das Landgericht auch – nachvollziehbar, dass die Kläger auch wegen der insbesondere nächtlichen Geräuschentwicklung erheblichen (psychischem) Druck ausgesetzt waren. Es kommt hier nicht – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – darauf an, ob die Nachbarn einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Kläger hatten und hätten durchsetzen können. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Kläger als Bewohner eines Mehrfamilienhauses und Mitglieder einer WEG – wie die ganz überwiegende Mehrzahl von Menschen in vergleichbarer Wohnsituation – auf gegenseitige Rücksichtnahme bedacht waren und Störungen und Beeinträchtigungen ihrer Nachbarn vermeiden wollten. Insoweit die Beklagten hierzu einwenden, die Annahme, X habe unter Unruhezuständen gelitten, welche zu erheblichen Störungen der Nachbarn der Kläger geführt hätten, sei falsch; dass Kleinkinder weinen und schreien und dies auch nachts sei keinesfalls ungewöhnlich, überzeugt dies nicht. Denn die Beklagten verkennen auch hier, dass es sich bei X um ein schwerstbehindertes Kind handelt, welches nicht die Entwicklung eines gesunden Kleinkindes nehmen konnte. Die Situation der Kläger ist daher – trotz einer bereits grenzwertigen medikamentösen Behandlung von X – nicht mit der Situation von Familien mit gesunden Kleinkindern vergleichbar. Insbesondere sind auch die für das Krankheitsbild Trisomie 18 typischen Unruhezustände nicht mit denen vergleichbar, die auch bei gesunden Kleinkindern vorkommen.

Bei dieser Sachlage waren die Kläger für den Senat nachvollziehbar gehalten, behindertengerechten Wohnraum zu beschaffen, der insbesondere auch der besonderen Behinderung von X Rechnung trug. Mit dem Bau des neuen Hauses konnte behindertengerechter Wohnraum für X hergestellt werden. Der Zugang zu Xs Zimmer war ohne Treppenanlage möglich und es konnte uneingeschränktes Parken auf dem eigenen Grundstück unmittelbar vor dem Haus oder in der Garage erfolgen. Auch das Abstellen des Kinderwagens wurde ohne weiteres vor dem Haus, in der Garage oder auf der Terrasse möglich. Auch wurden Nachbarn durch extreme – auch nächtlichen – Unruhe von X nicht mehr gestört. Insoweit würde auch die Anmietung einer alternativen behindertengerechten Wohnung – hätte eine solche im näheren und zumutbaren Umfeld zur Verfügung gestanden – nicht in Frage gekommen, da dies insbesondere die Problematik mit der Lärmbelästigung nicht behoben hätte. Die für den Bau des Hauses angefallenen Zwischenfinanzierungskosten sind damit kausal auf die Geburt des schwerstbehinderten Kindes X und deshalb auch kausal auf die Verletzung der ärztlichen Pflichten der Beklagten zu 1) und 3) zurückzuführen.

Den – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten zu 1) und 3) kann auch nicht dahingehend gefolgt werden, dass tatsächlich aufgrund der gesamten Umstände davon auszugehen sei, dass der Hausbau unabhängig von der gesundheitlichen Situation von X erfolgt ist. Die Behauptung der Behandlungsseite, der aus dem Behandlungsfehler in Betracht stehende Schaden – Primär- oder Sekundärschaden – hätte sich behandlungsunabhängig in entsprechender Weise auch bei fehlerfreier Behandlung verwirklicht, steht als Einwand der sog. Reseveursache oder des rechtmäßigen Alternativerhaltens zur Beweislast der Behandlungsseite. Der Beweis ist dahingehend zu führen, dass die Reserveursache mit Sicherheit zu dem eingetretenen Schaden geführt hätte. Die bloße Möglichkeit genügt nicht (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., S. 195 m.w.N.). Die Beklagten haben bereits keine Umstände vorgetragen, nach denen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sind könnte, die Kläger hätten das Haus im Jahr 1999 unabhängig von der gesundheitlichen Situation von X erworben. Denn der Vortrag der Beklagten erschöpft sich in der allgemeinen, nicht konkret auf die Familiensituation der Kläger bezogenen Annahme, dass es keineswegs ungewöhnlich sei, dass eine Familie sich entscheide, wenn sie sich dazu entschlossen habe, zwei oder mehr Kinder zu bekommen, auch ein Haus zu bauen und aus einer vorhandenen Eigentumswohnung auszuziehen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, warum die Kläger im Jahr 1999 – und auf diesen Zeitpunkt ist abzustellen – das streitgegenständliche Haus erworben und einen behindertengerechten Wohnbereich inklusive Dusche geschaffen sollten, wenn nicht wegen der schweren Behinderung von X, legen die Beklagten nicht dar. Ausweislich der Feststellungen des Grund- und Teilendurteils vom 25. Juli 2014 hätte die Klägerin zu 1) bei fehlerfreier Behandlung durch die Beklagten zu 1) und 3) die Schwangerschaft mit X abgebrochen. Im Jahr 1999 war die Klägerin zu 1) mit dem zweiten Kind schwanger, wenn die Schwangerschaft mit X abgebrochen worden wäre, wäre dies das erste Kind der Kläger gewesen, dass lebensfähig auf die Welt gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich in dieser Lebenssituation zu dem Erwerb eines Hauses entschlossen hätten, zumal die Kläger die Eigentumswohnung erst 1993 gekauft und die Wohnung auch für bis zu zwei gesunde Kinder völlig hinreichend geeignet gewesen ist.

2. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 substantiiert vorgetragen und durch Vorlage der Darlehensverträge und Jahreskontoauszüge für die Jahre 1999 bis 2002 belegt, dass ihnen Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von EUR 37.493,59 entstanden sind. Insoweit die Beklagten hinsichtlich der zugrunde gelegten Gesamtkosten des Hauses bestreiten, dass für die Außenanlage bestehend aus einer Terrasse, Gartenanlage mit Hangbefestigung sowie Pflasterarbeiten für Stellplätze die Kläger einen Betrag in Höhe von DM 9.500,-, teilweise in Eigenleistung erbracht, aufgewandt hätten, war dieser Aufwand gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf eben diesen Betrag zu schätzen. Ein Betrag in Höhe von DM 9.500,- für die Schaffung einer Außenanlage bestehend aus einer Terrasse, Gartenanlage mit Hangbefestigung sowie Pflasterarbeiten für Stellplätze erscheint im Hinblick auf den erforderlichen Umfang dieser Arbeiten sowie Materialkosten plausibel.

3. Die Kläger haben gegen die Beklagten zu 1) und 3) jedoch nur einen Anspruch auf die bereits mit der Klageschrift vom 03. November 2000 geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten bis Ende August 20XX in Höhe von EUR 15.608,72 (=DM 30.528,-). Das Landgericht hat hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) mit rechtskräftigem Grund- und Teilendurteil vom 25. Juli 2014 festgestellt, dass die Kläger gegen die Beklagten zu 1) und 3) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der fehlerhaften Schwangerschaftsbetreuung in den Jahren 19XX und 19XX anlässlich der Geburt ihrer Tochter X haben. Im Übrigen hat es die Klage – insbesondere auch den geltend gemachten Feststellungsanspruch – abgewiesen. Gegenstand des Grund- und Teilendurteil hinsichtlich des bezifferten Klageantrages zu 2) waren somit lediglich die bereits mit der Klageschrift vom 03. November 2000 geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten bis Ende August 20XX.

Insoweit die Kläger die mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 (Bl. 1441 ff. d. A.) dargelegten Zwischenfinanzierungskosten weiter beziffert haben, erfolgte insoweit seitens der Kläger jedoch keine Klageerweiterung, sondern es verblieb auch für das Schlussurteil im Wesentlichen bei den schon dem Grund- und Teilendurteil zugrunde liegenden Anträgen (Bl. 1500 d. A.). Unerheblich ist insoweit, dass weitere, noch nicht abschließend bezifferbare Finanzierungskosten ausdrücklich in der Klageschrift vom 03. November 2000 Erwähnung gefunden habe. Als nicht bezifferter Schaden unterfielen sie damit – entgegen der Rechtsansicht der Kläger – dem Feststellungsantrag zu 3). Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2011 (Bl. 796 d. A.) auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Feststellungsantrages hingewiesen.

Im Hinblick auf den im Grund- und Teilendurteil abgewiesenen Feststellungsantrag sowie der unterbliebenen Klageerweiterung kann insoweit dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls wann – unter Berücksichtigung der Verjährungshemmung gemäß §§ 203 f. BGB – hinsichtlich der seitens der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 (Bl. 1441 ff. d. A.) dargelegten Zwischenfinanzierungskosten Verjährung eingetreten ist.

4. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten zu 1) und 3) sind die den Klägern zuzusprechenden Kosten der Zwischenfinanzierung in Höhe von EUR 15.608,72 (= DM 30.528,-) auch nicht – teilweise – durch steuerliche Vorteile und sonstige anzurechnende Zahlungen ausgeglichen. Hinsichtlich der behaupteten steuerlichen Vorteile haben die – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten zu 1) und 3) bereits nicht substantiiert dargelegt, dass seitens der Kläger – gegebenenfalls – steuerlich geltend gemachte Zwischenfinanzierungskosten bis August 20XX ein korrespondierender Steuervorteil und wenn ja in welcher Höhe gegenüber steht. Auch die sonstigen seitens der Beklagten vorgetragenen Zahlungen und gewährten Freibeträge sind nicht auf die Kosten der Zwischenfinanzierung anzurechnen. Insoweit übersehen die Beklagten, dass die von ihnen angeführten anrechenbaren Vorteile durch das Landgericht bereits teilweise im Rahmen des den Klägern dem Grunde nach weiterhin zugestandenen Anspruchs auf Ersatz der Kosten zur Herstellung behindertengerechten Wohnraumes berücksichtigt worden ist. Darüber hinaus haben die Beklagten nicht substantiiert dargelegt, inwieweit etwaige, teilweise zweckgebundene Vorteile und Zahlungen auch nur ansatzweise in Zusammenhang mit den streitigen Zwischenfinanzierungskosten stehen und inwieweit berücksichtigt wird, dass vorliegend nur Zwischenfinanzierungkosten bis August 20XX eingeklagt sind.

C. Die Anschlussberufung ist zulässig (§ 524 ZPO). Sie ist auch teilweise begründet. Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel erfolglos.

I. Die Haftung der Beklagten zu 1) und 3) dem Grunde nach auf Zahlung von Schadensersatz wegen der fehlerhaften Schwangerschaftsbetreuung in den Jahren 19XX und 19XX anlässlich der Geburt von X steht – wie bereits ausgeführt – aufgrund des Grund- und Teilendurteils vom 25. Juli 2014 – rechtskräftig – fest.

II. Die Kläger rügen zutreffend, dass sie mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 (Bl. 1311 d. A.) im Hinblick auf die beiden geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von jeweils 28.250,- (insgesamt EUR 56.500,-) den Rechtsstreit lediglich im Hinblick auf den Hauptanspruch für erledigt erklärt habe. Das Landgericht hat damit – fehlerhaft – Zinsen hieraus nicht zugesprochen. Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts hierzu im Beschluss vom 29. Mai 2018 (Bl. 1821 d. A.), es ginge aus den Anträgen des Klägers nicht hervor, dass er aus dem erledigten Teil weiterhin Zinsen beanspruchen wolle, überzeugt nicht. Vielmehr ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 eindeutig, dass sich die Erledigungserklärung nur auf den Hauptanspruch bezieht.

III. Die Anschlussberufung der Kläger hat auch dahingehend zu einem geringen Teil Erfolg, soweit das Landgericht die ab dem 01. Mai 2000 fällig gewordenen Forderungen nicht zu einem Zinssatz vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst hat.

Für vor dem 01. Mai 2000 fällig gewordene Forderungen ist der ausgeurteilte Zinsanspruch lediglich mit einem Zinssatz in Höhe von 4 % gemäß der Überleitungsvorschrift des Art 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 in der bis 30. April 2000 geltenden Fassung zu verzinsen. Gemäß § 271 BGB bezeichnet Fälligkeit den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Für die Fälligkeit der hier in Rede stehenden Schadensersatzansprüche kommt es nicht darauf an, dass die Forderung dem Schuldner gegenüber beziffert oder gar von ihm angefordert wird (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. Oktober 2008 – Az.: 1 U 120/08, BeckRS 2009, 23836 – zitiert nach beck-online). Ein höherer Zinssatz ergibt für vor dem 01. Mai 2000 fällig gewordene Forderungen zugunsten der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Prozesszinses gemäß § 291 BGB. Diese Vorschrift verweist wegen der Höhe auf § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Da aber aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 1 Satz 3 EGBGB der § 288 BGB in der ab dem 01. Mai 2000 geltenden Fassung nur auf Forderungen anzuwenden ist, die von diesem Zeitpunkt an fällig werden, ist auch für den Prozesszins bei Klageerhebung ab dem 01. Mai 2000 wegen vor diesem Zeitpunkt fällig gewordener Forderungen die bis zum 30. April geltende Fassung des § 288 Abs. 1 mit einem Zinssatz von 4 % anzuwenden. Dieses Ergebnis folgt im Übrigen aus dem allgemeinen Grundsatz, dass Prozesszinsen nicht höher sein können als Verzugszinsen (OLG Frankfurt am Main, a.a.O.; BGH, Urteil vom 25. Januar 2013 – V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 – zitiert nach beck-online).

Hieraus folgt das Folgende:

Die Beerdigungskosten in Höhe von EUR 2.227,19 sind nach dem 01. Mai 2000 entstanden und damit mit insgesamt 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die vorgerichtlichen Gutachterkosten in Höhe von EUR 976,57 sind vor dem 01. Mai 2000 entstanden und fällig geworden und somit mit 4 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Hinsichtlich des vom XX. Juni 19XX bis XX. August 20XX zugesprochenen Pflegeaufwandes ist zu differenzieren. Für den Pflegeaufwand vom 01. Mai bis XX. August 20XX ist eine Fälligkeit nach dem 01. Mai 2000 eingetreten, sodass für diesen Zeitraum den Klägern 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zustehen. Das Landgericht hat einen monatlichen Pflegeaufwand von EUR 3.681,31 angenommen. Dies entspricht einem Pflegeaufwand in der Zeit vom 01. Mai bis XX. August 20XX in Höhe von EUR 14.250,23 abzüglich geleisteter Zahlungen aus der Pflegeversicherung Stufe III von EUR 7.976,12, so dass ein Betrag in Höhe von EUR 6.274,11 verbleibt, der mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.

Auch hinsichtlich des Unterhaltsschadens ist wie beim Pflegeaufwand zu differenzieren. Pro Monat wurde den Klägern hier EUR 240,89 zugesprochen, was einem Unterhaltschaden in der Zeit vom 01. Mai bis XX. August 20XXX in Höhe von EUR 932,48 entspricht. Abzüglich des Kindergeldes für diese Zeitraum von EUR 552,20 verbleibt ein Betrag von EUR 380,28, der mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.

Bei den Fahrkosten gilt entsprechendes. Hier können nur die Fahrtkosten von EUR 0,419 pro Kilometer geltend gemacht werden, die tatsächlich ab dem 01. Mai bis XX. August 20XX durchgeführt wurden. Hierbei ist von monatlich 280 gefahrenen Kilometern auszugehen (vgl. insoweit Bl. 39 d. A.). Dies ergibt Gesamtkosten ab 01. Mai 2000 von EUR 469,28, die mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind.

Gleiches gilt für die geltend Zwischenfinanzierungskosten. Auch hier können nur die Finanzierungskosten ab 01. Mai 2000 mit einem höheren Zinssatz berücksichtigt werden, die Gegenstand der Klage waren (Bl. 36 d. A.). Die von Mai bis August 20XX geltend gemachten Zwischenfinanzierungskosten belaufen sich auf EUR 4.776,26 (DM 3.092,- + 6.197,- = DM 9.289,-).

Hinsichtlich der ausgeurteilten vorgerichtlichen Anwaltskosten lag nach dem Vortrag der Kläger schon ein Fälligkeit vor dem 01. Mai 2000 vor.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache gegeben ist, noch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert des Berufungsverfahrens war auf EUR 37.493,59 festzusetzen (§ 3 ZPO, § 45 Abs. 3 GKG).

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