OLG Frankfurt am Main, 20.06.2018 – 11 SV 25/18

März 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 20.06.2018 – 11 SV 25/18
Leitsatz:

1.

Eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist auch dann geboten, wenn eine allgemeine Zivilkammer und eine Spezialkammer (hier sog. Bankenkammer gem. § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG) jeweils rechtskräftig ihre funktionelle Zuständigkeit ablehnen.
2.

Eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften liegt nicht vor, wenn die geltend gemachten Ansprüche nicht den in § 1 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 3 KWG geregelten Geschäften bzw. Dienstleistungen unterfallen.
3.

Vorvertragliche Ansprüche in Gestalt der sog. Prospekthaftung i. e. S. sind nicht von den Regelungen des § 1 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 3 KWG erfasst.

Tenor:

Die allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Frankfurt am Main werden als funktionell zuständige Spruchkörper bestimmt (§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog).
Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb einer treuhänderischen Kommanditbeteiligung in Anspruch.

Nach der Klageschrift liegt dem folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Beklagten hätten – unter Mithilfe weiterer Personen – durch Vorbereitungshandlungen ab September 2011 im Januar 2012 einen Fonds aufgelegt, an dem die Klägerin im Dezember 2012 eine Beteiligung gezeichnet habe. Hierbei hätten die Beklagten keine Gewinnerzielung zu Gunsten der Anleger angestrebt, es sei ihnen ausschließlich auf die Erlangung der Anlegergelder zum eigennützigen Verbrauch angekommen. Sie hätten hierdurch – entsprechend einem „Schneeballsystem“ – die laufenden Verbindlichkeiten aus zuvor von ihnen aufgelegten Fonds bedienen, ihren eigenen exorbitanten Lebensstil aufrechterhalten und den Mittätern und Helfern große Zuwendungen machen wollen. Schließlich sei der Ankauf weiterer Fondsgesellschaften mit diesen Geldern beabsichtigt gewesen.

Entsprechend dem Tatplan seien die eingesammelten Anlegergelder des Fonds von diesem als Darlehensgeber einer weiteren von den Beklagten initiierten Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden, deren Geschäftsführer die Beklagten gewesen seien. Hierbei hätten die Beklagten in dem Prospekt des Fonds eine tatsächlich nicht gegebene Geschäftstätigkeit der Darlehensnehmerin vorgegaukelt und hierzu durch die Darlehensnehmerin verschiedene Immobilien und Objektgesellschaften erwerben lassen, die überwiegend renovierungs- bzw. sanierungsbedürftig gewesen seien. Diese Immobilien seien von der Darlehensnehmerin an den Fonds zu einem Kaufpreis weiterverkauft worden, der auf dem freien Markt nicht erzielbar gewesen sei.

Der Prospekt des Fonds sei fehlerhaft gewesen. Es hätten Hinweise auf die eigentliche beabsichtigte Verwendung der Anlegergelder gefehlt sowie darauf, dass die Beklagten aufgrund ihrer illegalen Verhaltensweisen bereits in der Vergangenheit als Geschäftsführer der Darlehensnehmerin ungeeignet gewesen seien. Ebenso sei im Prospekt pflichtwidrig nicht über erhebliche personelle und kapitalmäßige Verflechtungen des Fonds, seiner Organe und der Vertriebsgesellschaft aufgeklärt worden. Der Prospekt habe auch nicht darüber aufgeklärt, dass es fingierte und überteuerte Immobilieneinkäufe gegeben habe und erhebliche Beträge an die Vertriebsgesellschaft und dort Mittätern der Beklagten zugeflossen seien. Ebenso sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die mitgeteilte Mindestrendite tatsächlich nicht erzielbar gewesen sei und eine erhebliche Gefahr für die Anlegergelder bestanden habe.

Der Beklagten hafteten der Klägerin nach § 823 Abs. 2 i.V.m. 263 StGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB und gemäß § 826 BGB (Bl. 23, 27 d.A.). Sie hafteten auch aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie seien prospektverantwortlich, da sie die eigentlichen Hintermänner, Drahtzieher und Gründer der X&Y Gruppe seien.

Die Klage ist beim Landgericht Frankfurt am Main bei der nach dem Turnus für die allgemeinen Zivilkammern zuständigen 30. Zivilkammer eingegangen. Diese hat in einem Vermerk vom 8.3.2018 (Bl. 133 d.A.) ausgeführt, es handele sich um eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften iSd § 72a GVG, die die Zuständigkeit der Bankenkammern begründe, da es sich um ein Finanzgeschäft iSd § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG handele, nämlich eine Anlagevermittlung. Es handele sich bei der Beteiligung an dem Fonds, aus dem die Klägerin Ansprüche herleite, um eine Vermögensanlage iSd § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetz und damit gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 12 KWG um ein Finanzinstrument iSv § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG. Sie hat die Rückgabe der Akte an die Turnusstelle zur Zuteilung im Turnus der Bankenkammern veranlasst.

Die Sache wurde daraufhin der nach dem Turnus für die Bankenkammern zuständigen 25. Zivilkammer zugeleitet. Diese lehnte mit Verfügung vom 20.3.2018 (Bl. 134 d.A.) die Übernahme der Sache ab. Es handele sich nicht um ein Verfahren aus Bank- und Finanzgeschäften iSv § 72a GVG. Die Klägerin nehme die Beklagten aus Deliktsrecht privat und nicht etwa als Geschäftsführer der Darlehensnehmerin in Anspruch. Zudem sei keine der Parteien eine Bank oder ein anderes vergleichbares Finanzinstitut. Gegenüber den Beklagten werde kein Geschäft iSd § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 2 KWG geltend gemacht, sondern ein betrügerisches Vorgehen. Ein Finanzgeschäft müsse aber bei § 72a GVG unmittelbar als Streitgegenstand der Klage bezeichnet sei. Nach der eindeutigen Gesetzesbegründung erfasse § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG keine Streitigkeiten, an denen Finanzunternehmen beteiligt seien, sondern nur solche, an denen eine Bank, eine Sparkasse, eine Kreditinstitut oder ein „Finanzinstitut“ beteiligt sei. Sie hat die Rückgabe der Akte an die Turnusstelle zur Zuteilung an die 30. Zivilkammer veranlasst.

Die 30. Zivilkammer hat mit Schreiben vom 26.3.2018 (Bl. 135 d.A.) die Parteien über den bestehenden Streit über die gesetzliche Zuständigkeit informiert, angekündigt, die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Parteien haben sich im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nicht geäußert.

II.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das nächst höhere Gericht für die Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen.

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog liegen vor.

a) Zwar setzt § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nach seinem Wortlaut voraus, dass sich verschiedene Gerichte (und nicht einzelne Spruchkörper) rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Allerdings ist die Vorschrift nach allgemeiner Auffassung entsprechend anwendbar, wenn mehrere Spruchkörper des gleichen Gerichts um ihre Zuständigkeit streiten und die Entscheidung des Kompetenzkonflikts nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans, sondern von einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung abhängt. Dies gilt etwa im Verhältnis zwischen einer Zivilkammer und einer Kammer für Handelssachen eines Landgerichts (Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Auflage 2017, § 36 Rn. 27) oder auch bei einem negativen Kompetenzkonflikt zwischen einem Zivilsenat und dem Kartellsenat eines Oberlandesgerichts (BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – X ARZ 664/13 -, Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 39). Entscheidend für die entsprechende Anwendung der Regelung ist die Erwägung, dass es in solchen Fällen dem Präsidium des Gerichts, das als richterliches Selbstverwaltungsorgan gemäß § 21e GVG bei einer den Geschäftsverteilungsplan betreffenden Meinungsverschiedenheit mehrerer Spruchkörper grundsätzlich eingreifen kann, verwehrt ist, den Konflikt durch Anwendung einer gesetzlichen Zuständigkeitsnorm verbindlich zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – X ARZ 664/13 -, NJW-RR 2014, 573 Rn. 5).

Dementsprechend sind auch negative Kompetenzkonflikte im Zusammenhang mit § 72a GVG nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden (KG, Beschluss vom 22.3.2018 – 2 AR 11/18; Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Auflage, § 72a GVG Rn. 2; Feldmann in: BeckOK StPO mit RiStBV und Mistra, 29. Edition, § 72a GVG Rn. 6).

Entsprechendes gilt auch hier. Nach dem am 1.1.2018 in Kraft getretenen § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG sind bei den Landgerichten eine oder mehrere Zivilkammern für Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften einzurichten. Der durch das Präsidium des Landgerichts Frankfurt am Main beschlossene Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 trägt diesem Erfordernis dadurch Rechnung, dass er in seinem Allgemeinen Teil einen „Sonderturnus Bank“ vorgesehen hat, dem verschiedene Zivilkammern unterfallen, und geregelt hat, dass in diesem Sonderturnus (u.a.) alle erstinstanzlich geführten „Verfahren aus Bank- und Finanzgeschäften gemäß § 72a GVG“ erfasst werden (S. 26f. der Geschäftsverteilung). Es hat damit auf die gesetzliche Regelung in § 72a S.1 Nr. 1 GVG Bezug genommen. Es hat die betreffenden Zivilkammern zudem jeweils wie folgt beschrieben „Die Kammer ist zuständig für alle Verfahren gemäß … Sonderturnus Bank.“ Damit hängt die Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts letztlich von der Auslegung einer gesetzlichen Zuständigkeitsreglung und nicht von der Interpretation des durch das Präsidium beschlossenen Geschäftsverteilungsplans ab (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 22. März 2018 – 2 AR 11/18 -, Rn. 5, juris), nachdem die 30. Zivilkammer vorliegend die Zuständigkeit der Bankenkammer nicht wegen der weiteren diesen Kammern nach der Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben bejaht hat, sondern weil sie meint, der Rechtsstreit unterfalle § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG.

b) Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Bestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Beide Kammern haben sich rechtskräftig iSv § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für unzuständig erklärt. Die Vorschrift setzt nicht notwendigerweise einen förmlichen Beschluss voraus. Insoweit genügt es, dass die 30. Zivilkammer und die 25. Zivilkammer jeweils Vermerke gefertigt haben, worin sie die Leugnung der eigenen Zuständigkeit zum Ausdruck gebracht haben. Zwar setzt auch die entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO voraus, dass die betreffenden Entscheidungen den Verfahrensbeteiligten bekanntgegeben worden sind (Schultzky/Zöller, 32. Auflage, § 36 Rn. 35). Nicht ausreichend sind daher lediglich gerichtsinterne Vorgänge, wie die Rücksendung der Akten (Heinrich, aaO, § 36 Rn. 30), so dass die Vermerke der 30. Zivilkammer vom 8.3.121018 und der 25. Zivilkammer vom 20.3.2018 selbst zunächst nicht genügten. Allerdings hat die 30. Zivilkammer mit Schreiben vom 26.3.2018 die Beteiligten über den bestehenden Zuständigkeitsstreit informiert und damit auch die jeweilige Leugnung der eigenen Zuständigkeit beider Kammern bekannt gegeben. Diese Verlautbarung genügt (gerade noch) dem Erfordernis der Bekanntgabe der Entscheidungen der Kammern über die ihrer Auffassung nach bestehende Unzuständigkeit.

2. Vorliegend ist die funktionelle Zuständigkeit der allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Frankfurt am Main begründet.

a) § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG orientiert sich begrifflich an § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Umfasst sind nach der Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Streitigkeiten, an denen eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut beteiligt ist, sofern Ansprüche aus den in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG und § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG genannten Geschäften (u.a. Einlagengeschäft, Kreditgeschäft, Diskontgeschäft, Depotgeschäft, Anlagenberatung und -vermittlung) betroffen sind (BT-Drs. 18/11437, 45).

Streitig ist, ob trotz der fehlenden Erwähnung von § 1 Abs. 3 KWG in der Begründung des Rechtsausschusses der Geschäftskreis gemäß § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG demjenigen des § 348 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO entsprechen soll (bejahend: Feldmann, aaO § 72a GVG Rn. 13; aA Zöller/ Lückemann, ZPO, 32. Auflage, § 72a Rn. 4). Dies hätte zur Folge, dass auch § 72a GVG Ansprüche aus Geschäften nach § 1 Abs. 3 KWG umfasst (vgl. hierzu: MüKoZPO/Stackmann ZPO § 348 Rn. 50; Zöller/Greger ZPO § 348 Rn. 10, OLG München, Beschluss vom 2.4.2014 – 20 W 503/14; vgl. insoweit auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu § 348 ZPO, BT-Drs. 14/4722 S. 88).

b) Es kann hier offen bleiben, ob eine Zuständigkeit der Bankenkammern schon deshalb ausscheidet, weil an dem Rechtsstreit weder eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut beteiligt ist. Denn jedenfalls unterfallen die Geschäfte, aus denen die Klägerin Ansprüche herleitet – jedenfalls vorvertragliche Ansprüche in Gestalt der Prospekthaftung im engeren Sinne – nicht § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 2 oder Abs. 3 KWG. Dies gilt selbst dann, wenn man vorliegend nicht auf den Beitritt zum Fonds selbst, sondern auf dessen Tätigkeit abstellt:

aa) Es handelt sich bei dem Geschäft, aus dem die Klägerin Ansprüche herleitet – entgegen der Auffassung der allgemeinen Zivilkammer – nicht um eine Finanzdienstleistung iSv § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG. Eine Anlagenvermittlung iSv § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG setzt voraus, dass es sich um die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten handelt. Vermittlung ist – im Auftrag des Anlegers oder des Anbieters – jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung gerichtete Tätigkeit. Entscheidend ist, dass Aufträge Dritter übermittelt werden (Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Auflage, § 1 KWG Rn. 194).

Eine solche Tätigkeit ist nicht vorgetragen, sie kann namentlich nicht in dem Abschluss eines Beteiligungsvertrags gesehen werden. Denn diesen hat der Vertragspartner der Klägerin nicht nur vermittelt, sondern selbst geschlossen. Auch ist aus dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass eine Vermittlungsgesellschaft in den Erwerb der Beteiligung eingebunden war und hieraus die streitgegenständlichen Ansprüche hergeleitet werden. Die Fondsgesellschaft selbst hat ebenfalls nicht nur die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten vermittelt, sondern solche Geschäfte im eigenen Namen abgeschlossen.

bb) Die Tätigkeit des Fonds, an dem sich die Klägerin beteiligte und der dann (nach dem niedergelegten Gesellschaftszweck) die angelegten Gelder investieren sollte, stellt auch kein Finanzkommissionsgeschäft iSv § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG dar. Denn unter die genannte Regelung fallen nur solche Geschäfte, die Rechtsgeschäften nach §§ 348ff. HGB ähnlich sind. Dies ist für die Tätigkeit des Fonds zu verneinen. Denn die Anleger sind dem persönlich haftenden Gesellschafter des Fonds nicht weisungsbefugt, werden über die Ausführung des Handels mit Finanzinstrumenten nicht benachrichtigt und ihnen gegenüber wird keine Rechenschaft abgelegt. Ihnen wird auch nicht das Eigentum an den Finanzinstrumenten übertragen, sondern sie partizipierten an diesen lediglich wertmäßig (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.7.2009 – 8 C 4/09)-

cc) Die Tätigkeit des Fonds unterfällt auch nicht § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWGG als Finanzportfolioverwaltung. Denn dies setzt voraus, dass der Finanzportfolioverwalter „für andere“ tätig ist und daher regelmäßig nicht im eigenen Namen, sondern als Bevollmächtigter seiner Kunden handelt. Handelt der persönlich haftende Gesellschafter demgegenüber im eigenen Namen und für eigene Rechnung, handelt es sich nicht um eine Fremdvermögensverwaltung. Auch handelt es sich nicht um die Verwaltung „einzelner Vermögen“. Denn vorliegend wurde eine unbestimmte Vielzahl von Anlegern zusammengeführt, die ohne weitergehende Verbindung untereinander dem Fonds Gelder zur Verfügung stellen, ohne dass ihnen dafür Gegenwerte in Form von Finanzinstrumenten übereignet wurden bzw. werden sollten (BVerwG, aaO- Urteil vom 8.7.2009).

dd) Es handelt sich auch nicht um eine Anlageverwaltung iSv § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG. Zwar könnte die Tätigkeit des Fonds dieser Vorschrift unterfallen, die die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eine Gemeinschaft von Anlegern, die natürliche Personen sind, erfasst (vgl. insoweit: BVerwG, aaO – Urteil vom 8.7.2009).

Allerdings ist ein Geschäft nach der maßgeblichen aktuellen Fassung des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG nur dann als Finanzdienstleistung einzuordnen, wenn die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens iSv § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) erfolgt.

Bei dem Fonds handelt es sich jedoch um die Verwaltung eines Investmentvermögens iSv § 1 Abs. 1 KAGB. Nach dieser Vorschrift ist Investmentvermögen jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Als solcher ist der Fonds, an dem sich die Klägerin beteiligte, nach seinem prospektierten Zweck einzuordnen. Entsprechend wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des umfassenden Anwendungsbereichs des KAGB kaum noch eine Konstellation denkbar sei, die nicht vom KAGB, jedoch vom Begriff der Anlageverwaltung erfasst werde, weshalb wegen des minimalen Anwendungsbereichs die Streichung dieses Tatbestands aus dem KWG vorgeschlagen wird (Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Auflage, § 1 KWG Rn. 194).

ee) Es ergibt sich nicht, dass die Tätigkeit des streitgegenständlichen Fonds einer der in § 1 Abs. 3 KWG genannten (Haupt-)Tätigkeiten unterfiele, so dass offen bleiben kann, ob die Zuständigkeit gemäß § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG Streitigkeiten aus solchen Geschäften umfasst.

c) Handelt es sich bei dem relevanten Geschäft nicht um ein solches gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 2 oder Abs. 3 Satz KWG, ist die gesetzliche Zuständigkeit des § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG nicht eröffnet. Daher waren die allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Frankfurt am Main als funktionell zuständige Spruchkörper zu bestimmen.

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