OLG Frankfurt am Main, 16.05.2018 – 24 U 187/17

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 16.05.2018 – 24 U 187/17
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 09.10.2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Berufung wird auf 6.508,76 € festgesetzt.
Gründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus dem Widerruf eines Darlehensvertrags geltend.

Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bank1, am 13. Mai 2013 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 5.800,- € zum Zwecke der Finanzierung eines Gebrauchtfahrzeugs mit einem Sollzinssatz von 5,83 % und einer Laufzeit von 48 Monaten ab. Dem Darlehensvertrag waren Widerrufsinformationen beigefügt, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K 13 (Bl. 18 ff. der Akten) Bezug genommen wird. Das erworbene Gebrauchtfahrzeug Marke A wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten sicherungsübereignet, weiterhin erfolgte eine Abtretung von im Vertrag näher bezeichneten, pfändbaren Ansprüchen.

Die Klägerin erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Im September 2016 einigten sich die Parteien auf Wunsch der Klägerin auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags. Die Klägerin zahlte an die Beklagte einen restlichen Darlehensbetrag von 1.192,77 € und eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 5,96 €. Die Summe hieraus leistete die Klägerin vereinbarungsgemäß am 06. September 2016. Die Klägerin gab die zu ihren Gunsten bestellten Sicherheiten frei und teilte mit Schreiben vom 9. September 2016 mit, die Rückzahlung des Darlehens sei nunmehr beendet (Anlage B1, Bl. 54 der Akten). Die Klägerin veräußerte das Fahrzeug zwischenzeitlich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Januar 2017 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung und begehrte die Abrechnung des Vertrages (Anlage K2, Bl. 21 d.A.).

Im April 2017 hat die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben, dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag durch den am 2. Januar 2017 erklärten Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde. Nach Klageänderung beantragte die Klägerin zuletzt Zahlung von 6.508,76 € sowie Nutzungsentschädigung i.H.v. 454,14 € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Blatt 109 bis 112 d. A.).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Richtigkeit der Widerrufsinformation dahinstehen lassen und die Auffassung vertreten, ein etwaig in Betracht kommendes Widerrufsrecht der Klägerin sei jedenfalls verwirkt. Wegen der weiteren Einzelheiten der gegebenen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Blatt 112 bis 114 d. A.).

Mit der Berufung rügt die Klägerin Rechtsfehler des Landgerichts, das zu Unrecht die Verwirkung angenommen habe. Sie vertritt die Auffassung, es sei bereits das Zeitmoment nicht erfüllt, da der Widerruf vier Monate nach Vertragsbeendigung erklärt worden sei. Zudem könne die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung als reine Vertragserfüllung kein Umstandsmoment begründen. Auch der Verkauf des finanzierten Fahrzeugs könne bei der Bank kein Vertrauen hervorrufen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 09.10.2017, Aktenzeichen: 9 O 146/17, die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin EURO 6.508,76 nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen, die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin EURO 454,44 nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin die vorgerichtlichen Kosten in Höhe von EURO 650,34 nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil im Hinblick auf die Annahme der Verwirkung und beruft sich zudem auf die Richtigkeit der erteilten Widerrufsinformation und die damit erfolgte ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht.

Der Senat hat die Klägerin mit Beschluss vom 10.04.2018 (Blatt 239 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.04.2018 (Blatt 251 – 256 d. A.) Stellung genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache aus den im Beschluss des Senats vom 10.04.2018 mitgeteilten Gründen, auf die gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO verwiesen wird, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Auch die Stellungnahme vom 24.04.2018 enthält keine Tatsachen oder Argumente, die eine andere Entscheidung rechtfertigen. Der Senat hält an der mitgeteilten Auffassung fest.

Lediglich ergänzend gilt Folgendes:

Der Senat hält auch in Kenntnis der Argumentation der Klägerin daran fest, dass einem etwaigen Widerrufsrecht der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten werden kann und insbesondere das für die Annahme einer Verwirkung vorauszusetzende Zeitmoment erfüllt ist. Maßgeblich ist insoweit, dass Zeit- und Umstandsmoment nicht voneinander unabhängig betrachtet werden können, sondern in einer Wechselwirkung stehen. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Für das Vorliegen des Zeitmoments gelten dabei aber aufgrund der stets maßgeblichen Einzelfallumstände keine Mindestfristen. Das Zeitmoment kann vielmehr bereits bejaht werden, wenn seit Abschluss des Darlehensvertrages ein Zeitraum vergangen ist, der die Widerrufsfrist von zwei Wochen bzw. bei Erteilung der Belehrung nach Vertragsschluss einem Monat deutlich übersteigt (OLG Hamm, Urteil vom 12. April 2017 – 31 U 52/16 -, Rn. 40, juris). Dafür lassen sich aber keine festen Fristen angeben. Da das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt, kann aus den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen nicht auf ein „Mindestzeitmoment“ zurückgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16 -, Rn. 10, juris). Mit den hier vergangenen drei Jahren und sieben Monaten war seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Widerrufsrechts ein erheblicher Zeitraum vergangen. Der Bundesgerichtshof hat in einem Verfahren, dem ein Verbraucherdarlehensvertrag mit zehnjähriger Laufzeit zum Zwecke der Immobilienfinanzierung zugrunde lag und bei dem zwischen Vertragsschluss und Widerruf weniger als fünf Jahre lagen, ausdrücklich eine Prüfung der Frage für erforderlich gehalten, ob der Ausübung des Widerrufsrechts § 242 BGB entgegensteht (Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 741/16, zitiert nach juris, Rn. 35). Maßgebliche Gesichtspunkte sind vorliegend zudem die Höhe der Darlehenssumme von 5.800,- € und die vorgesehene Vertragslaufzeit von 48 Monaten.

Dabei läuft die maßgebliche Frist für das Zeitmoment mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags an (BGH, Urt. vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16 -, Rn. 10, juris). Der Forderung nach einem weiteren Zeitmoment zwischen der auf Veranlassung der Klägerin erfolgten Ablösungsvereinbarung und dem Widerruf, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.04.2018 aufstellt, folgt der Senat nicht. Einen Rechtssatz des Inhalts, Dispositionen des Darlehensgebers im Vertrauen auf das Unterbleiben des Widerrufs seien bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen für das Umstandsmoment nur dann beachtlich, wenn zwischen der Beendigung des Darlehensvertrags und diesen Dispositionen ein gewisser Zeitraum liege, hat der Bundesgerichtshof für die Verwirkung des Rechts zum Widerruf der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung abgelehnt (BGH, Beschluss vom 07. März 2018 – XI ZR 298/17 -, juris). Mithin kommt es auf den zwischen der Ablösungsvereinbarung und der Widerrufserklärung vergangenen Zeitraum angesichts der weiteren Umstände des Einzelfalls nicht an.

Der Senat hält ferner daran fest, dass das Umstandsmoment der Verwirkung gegeben ist. Auch angesichts der (vergleichsweise) geringen Kreditsumme für ein bewegliches Konsumgut und der vorzeitigen Darlehensbeendigung durch Zahlung der Restschuld sowie einer Vorfälligkeitsentschädigung konnte und durfte die Beklagte davon ausgehen, dass das Vertragsverhältnis erledigt sei (Senatsurteil vom 22.09.2017, 24 U 82/16).

Gegen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Beklagten kann auch nicht erfolgreich das Argument angeführt werden, sie könne ein solches Vertrauen für sich deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie eine etwaige Fehlerhaftigkeit ihrer Widerrufsinformation nicht durch ordnungsgemäße Nachbelehrung behoben habe. Denn der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich klargestellt, dass das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs auch dann schutzwürdig sein kann, wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nach zu belehren (BGH, Urteil vom 11.10.2016 – XI ZR 482/15, juris, Rn. 30; BGH, Urteil vom 12.07.2016 – XI ZR 501/15, juris Rn. 41; BGH, Urteile vom 10.10.2017 – XI ZR 443/16 Rn. 26, XI ZR 449/16 Rn.19, XI ZR 555/16 Rn. 19, juris). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Letztlich sind die zu der Annahme der Verwirkung führenden Umstände des Einzelfalls, die im Hinweisbeschluss vom 10.04.2018 näher dargelegt wurden, insbesondere die Freigabe der Sicherheiten seitens der Beklagten und die Veräußerung des finanzierten und sicherheitsübereigneten Fahrzeugs durch die Klägerin nach auf deren Initiative zurückgehender Ablösung, gegeben. Soweit die Klägerin eine Verwirkung nur bei objektiv grob unredlichem Verhalten annehmen will, teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil ist nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung wird daher gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig ergehenden Beschluss zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

(Vorausgegangen ist unter dem 10.04.2018 folgender Hinweis – die Red.:)

In dem Rechtsstreit (…)

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er nach derzeitigem Sachstand davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Zunächst ist wegen der mangelnden Erfolgsaussicht auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils zu verweisen, denen der Senat im Hinblick auf die Berufungsbegründung das Folgende hinzufügt:

Ob die dem Darlehensvertrag vom 13. Mai 2013 beigefügten Widerrufsinformationen die Klägerin ausreichend deutlich über das Recht zum Widerruf unterrichteten, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Das Landgericht ist nämlich mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass der Ausübung eines etwaigen der Klägerin noch zustehenden Widerrufsrechts der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten werden kann. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 9). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105, Rn. 40, – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30, BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 33, BGH, Urteil vom 14. März 2017 – XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 27). Die Bewertung des Tatrichters ist nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17 -, WM 2018,614-618, Rn. 9, m.w.N.).

Vorliegend hat das Landgericht das Zeitmoment richtigerweise als erfüllt angesehen, da zwischen dem Abschluss des Darlehensvertrages am 13. Mai 2013 und der Erklärung des Widerrufs am 02. Januar 2017 mehr als drei Jahre und sieben Monate verstrichen waren. Ferner ist auch das erforderliche Umstandsmoment zutreffend seitens des Landgerichts als gegeben angesehen worden. So kann gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen – wie hier – das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41; BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 22). Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30) bzw. wenn die Parteien den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 12. September 2017 – XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17 -WM 2018, 614 Rn. 16).

Gemessen an diesen Maßstäben und nach Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles, kann sich die Beklagte auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts berufen. Vorliegend hat die Klägerin das Darlehen vorzeitig und auf eigene Initiative abgelöst. Sie hat mit der Beklagten eine Ablösungsvereinbarung abgeschlossen und den noch offenen Restbetrag der Darlehenssumme sowie eine Vorfälligkeitsentschädigung eingehend am 06. September 2016 gezahlt. Hinzu kommt, dass die Beklagte die gestellten Sicherheiten endgültig freigegeben hatte, was sie mit Schreiben vom 09. September 2016 bestätigte. Eine Veräußerung des zuvor an die Rechtsvorgängerin der Beklagten sicherungsübereigneten Fahrzeuges hätte die Klägerin ohne diese Freigabe nicht durchführen dürfen. Der Umstand, dass der Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ist ein Aspekt, der bei der Prüfung des Umstandsmoments gewertet werden kann (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17 – a.a.O. Rn. 20). Zudem hat die Beklagte bei Rückübertragung des Eigentums an dem ihr sicherungsübereigneten Fahrzeug auf die Klägerin auf Feststellungen zu Laufleistung und Erhaltungszustand des Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt verzichtet. Durch die zwischenzeitlich erfolgte Veräußerung hat die Klägerin sich damit der Möglichkeit begeben, die von ihr empfangenen Leistungen nach § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren; ebenso hat sie damit der Beklagten die Möglichkeit genommen, die seinerzeit unterbliebenen Feststellungen nachzuholen. Damit hat die Klägerin selbst objektiv deutlich gemacht hat, von einer endgültigen Beendigung des durchgeführten Darlehensvertrags auszugehen, und so gleichzeitig das schützenswerte Vertrauen der Beklagten auf das Unterbleiben eines Widerrufs ihrer Willenserklärung gerechtfertigt (OLG Braunschweig, Beschluss vom 26. April 2017 – 2 U 61/16 -, Rn. 7, juris). Weiterhin ist auch die Klägerin mit der Geltendmachung von Nutzungsersatz davon ausgegangen, dass die Beklagte zwischenzeitlich mit den von der Klägerin erhaltenen Geldern gearbeitet hat. Letztlich war nach Ablösung des Darlehens ein gewisser Zeitraum, nämlich dreieinhalb Monate, bis zu den Widerrufserklärungen verstrichen. Diese Zeitspanne durfte ebenfalls bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17 -, a.a.O. Rn. 14, m.w.N).

Die Klägerseite erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung Stellung zu nehmen. Aus Kostengründen möge auch eine Rücknahme der Berufung erwogen werden.

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