OLG Frankfurt am Main, 09.05.2018 – 4 U 145/17

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 09.05.2018 – 4 U 145/17
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1.6.2017, berichtigt durch Beschluss vom 21.8.2017, (Az. 2-24 O 98/16) aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung, mit Ausnahme der Gerichtskosten, die nicht erhoben werden, vorbehalten bleibt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 100.000,00 €.
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt im Wege der Teilklage Rückzahlung eines Darlehens aus abgetretenem Recht.

Die Beklagte, die bis zum 22.08.2016 als A firmierte, ist Teil einer Unternehmensgruppe, deren Geschäftszweck es unter anderem ist, in Italien Photovoltaikanlagen zu errichten und zu betreiben. Zu diesem Zwecke gründeten die Beklagte und die weiteren Mitglieder der Unternehmensgruppe 5 Projektgesellschaften in Italien, an denen sie die Geschäftsanteile hielten. Die Projektgesellschaften sollten in Italien Grundstücke erwerben und die Photovoltaikanlagen betreiben. Die Projektgesellschaften beauftragten die B AG mittels eines Generalunternehmervertrags mit der Errichtung der Photovoltaikanlagen, wobei die B AG zur Vorfinanzierung verpflichtet wurde. Als Gegenleistung bzw. Sicherheit traten die Beklagte sowie die anderen Mitglieder der Unternehmensgruppe die von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile an den 5 italienischen Projektgesellschaften an die B AG ab. Nachdem es zu Unstimmigkeiten über die ordnungsgemäße Erbringung der vertraglichen Verpflichtungen der B AG gekommen war, verständigte man sich darüber, dass die Geschäftsanteile an den italienischen Projektgesellschaften vorzeitig auf die Beklagte rückübertragen werden sollten. Als Gegenleistung dafür bestand die B AG darauf, dass die Beklagte Optionsanleihen der B AG erwirbt. Zur Finanzierung des Rückerwerbs der Geschäftsanteile und der Optionsanleihen war die Beklagte zur Aufnahme eines Darlehens bei der C Fonds GbR, der Streithelferin, (im Folgenden GbR) gezwungen.

Dem entsprechend verkaufte die GbR mit einem kombinierten „Kaufvertrag über den Erwerb einer Optionsanleihe und Darlehensvertrag“ vom 29.10.2013 (im Folgenden Kauf- und Darlehensvertrag) der Beklagten 4 Stück Optionsanleihen der B AG zu nominal á 500.000 € zu einem Kaufpreis i.H.v. 2.500.000 €. Der gegenüber dem Nominalwert erhöhte Kaufpreis beruhte darauf, dass noch Zinsansprüche aus der Optionsanleihe gegenüber der B AG ausstanden. Zugleich gewährte die GbR der Beklagten ein verzinsliches Darlehen über ebenfalls 2.500.000 €. Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises wurde vereinbarungsgemäß mit dem Anspruch auf Auszahlung des Darlehens verrechnet. Das Darlehen sollte nach 36 Monaten zur Rückzahlung in einer Summe fällig sein. Zusätzlich wurde ein außerordentliches Kündigungsrecht, verbunden mit der sofortigen Fälligkeit der Rückzahlung des noch offenen Darlehens, vereinbart, u.a. für den Fall, dass die Beklagte ihre Zahlungspflichten verletzt. Für die GbR unterzeichnete ein Herr Vorname1 Nachname1 als Geschäftsführer.

Im Übrigen wird auf den Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 (Anlage K 2, Bl. 18 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit „Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag“ vom 14.11.2013 verkaufte und übertrug die GbR ihre Forderungen und Rechte gegen die Beklagte aus dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 an die Klägerin. Der Kaufpreis i.H.v. 8.140.000 € sollte erst mit der vollständigen Rückzahlung des Darlehens an die Klägerin fällig werden. Für die GbR unterzeichnete wiederum ein Herr Vorname1 Nachname1 als Geschäftsführer, für die Klägerin ein Herr Vorname2 Nachname1.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 (Anlage K 3, Bl. 29 ff. d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 01.12.2013 (Anl. K 4, Bl. 32 d.A.) erklärte die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer D, gegenüber der Klägerin: „Wir stimmen der Übertragung (der Forderungen GbR aus dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 an die Klägerin) zu und werden die Verbindlichkeiten entsprechend gegenüber der neuen Gläubigerin erfüllen“.

Zwischen 2014 und Ende 2015 wurden vorprozessual zwischen der E GmbH bzw. der E1 GmbH, vertreten durch deren Geschäftsführer, Herrn D (zugleich auch Geschäftsführer der Beklagten), und der Klägerin Verhandlungen geführt über die Absicherung eines von der Klägerin bzw. von Herrn Vorname2 Nachname1 gewährten Darlehens und über dessen Rückführung. Auf die Korrespondenz (Anlagen K 6 – 8, K 12 – 15, Bl. 132 ff. d.A.) wird ergänzend Bezug genommen.

Ab dem 4. Quartal des Jahres 2014 zahlte die Beklagte die fälligen Darlehenszinsen nicht mehr, weshalb die Klägerin mit Schreiben vom 15.12.2015 den Darlehensvertrag vom 29.10.2013 aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung kündigte und die Beklagte zur Zahlung der Gesamtsumme i.H.v. 2.721.518,33 € aufforderte (Anlage K 5, Bl. 33 d.A.).

Die Klägerin hat in der Eingangsinstanz behauptet, sie sei im Jahre 2010 als luxemburgische Société Anonyme gegründet, und im luxemburgischen Handelsregister eingetragen worden. Mit notariellem Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 (Anlage K 16, Bl. 343 ff. d.A.) sei ihr Sitz von Luxemburg auf die Marschall Inseln verlegt worden, wodurch sie identitätswahrend in eine Gesellschaft nach dem Recht der Marschall Inseln umgewandelt worden sei. Zugleich sei Herr Vorname2 Nachname1 zum neuen vertretungsberechtigten „Director“ (Geschäftsführer) bestellt worden.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihre Rechts- und Prozessfähigkeit sowie die Vertretungsmacht des Herrn Vorname2 Nachname1 seien durch Vorlage des „Certificate of Registration“ (Registrierungsbescheinigung) und der zugehörigen Apostille vom 31.12.2012 (Anlage K 17, Bl. 164 d.A. (Kopie des englischen Originals) bzw. Bl. 365 d.A. (beglaubigte Übersetzung)) sowie durch das „Certificate of Incumbency“ vom 27.2.2015 bzw. vom 30.3.2017 (förmliche Bestätigung über die Vertretungsberechtigung des eingetragenen Vertreters) und der zugehörigen Apostillen (Anlage K 18, Bl. 166 d.A., bzw. K 33, Bl. 298 d.A. (Kopien der englischen Originale) und Bl. 370 bzw. 409 d.A. (beglaubigte Übersetzungen)) bewiesen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der vermeintliche Geschäftsführer bzw. Direktor der Klägerin, Herr Vorname2 Nachname1, nicht auf den Marschall Inseln ansässig ist und von dort aus auch keine Geschäfte betrieben werden. Vielmehr ist er in Namibia wohnhaft.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sowohl das Schreiben der Beklagten vom 01.12.2013, mit dem angekündigt wurde, die Darlehensverbindlichkeiten nunmehr gegenüber der Klägerin erfüllen zu wollen, als auch die vorgerichtliche Korrespondenz zwischen der E GmbH bzw. der E1 GmbH und der Klägerin seien als deklaratorische Schuldanerkenntnisse auszulegen mit der Folge, dass die Beklagte mit den streitgegenständlichen Einwendungen ausgeschlossen sei.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Teilbetrag des an sie abgetretenen Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens i.H.v. 100.000 € geltend gemacht und hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100.000 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, es fehle an der erforderlichen Rechts- und Prozessfähigkeit der Klägerin. Sie hat bestritten, dass der Sitz der Gesellschaft tatsächlich mit einem Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 auf die Marschall Inseln verlegt, und dass zugleich Herr Vorname2 Nachname1 zum vertretungsberechtigten Organ der Klägerin bestellt worden sei.

Des Weiteren ist sie der Auffassung gewesen, selbst bei unterstellter Sitzverlegung sei die Klägerin nicht wirksam nach dem Recht der Marschall Inseln identitätswahrend in eine Gesellschaft nach dem Recht der Marschall Inseln umgewandelt worden. Dies scheitere bereits an dem Umstand, dass die Gesellschaft nicht von den Marschall Inseln aus verwaltet werde.

Sie ist weiter der Auffassung gewesen, die Rechts- und Prozessfähigkeit sowie die Vertretungsmacht des Herrn Vorname2 Nachname1 seien nicht durch Vorlage des „Certificate of Registration“ sowie durch das „Certificate of Incumbency“ nachgewiesen. Zum einen seien die Apostillen nicht im Original vorgelegt worden. Darüber hinaus seien weder der Unterzeichner des „Certificate of Registration“, noch der des „Certificate of Incumbency“, noch der der Apostillen befugt gewesen, für die Marschall Inseln wirksam Dokumente auszustellen.

Weiter hat die Beklagte gemeint, sowohl der Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 als auch der Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 seien unwirksam, da weder die GbR wirksam durch Herrn Vorname1 Nachname1, noch die Klägerin wirksam durch Herrn Vorname2 Nachname1 vertreten worden sei. Sie bestreitet, dass Herr Vorname1 Nachname1 überhaupt Gesellschafter GbR gewesen sei und dass er zu deren alleinigem Geschäftsführer bestellt worden sei. Auch bestreitet sie, dass die Unterschrift „Vorname2 Nachname1“ unter dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 tatsächlich von Herrn Vorname2 Nachname1 geleistet wurde.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, der Darlehensvertrag zwischen der GbR und der Beklagten vom 29.10.2013 sei nichtig. Die Vergabe eines Kredites in dieser Größenordnung stelle ein Bankgeschäft im Sinne des § 1 KWG dar. Die hierfür notwendige Erlaubnis der BaFin sei der GbR nicht erteilt worden. Vielmehr hat die BaFin – unstreitig – den Geschäftsbetrieb der GbR mit Bescheid vom 31.03.2015 eingestellt und einen Abwickler bestellt.

Die Beklagte hat weiter gemeint, der etwaige Darlehensrückzahlungsanspruch sei noch nicht fällig. Die Kündigung des Darlehens durch die Klägerin mit Schreiben vom 15.12.2015 sei unwirksam. Mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 sei lediglich der Darlehensrückzahlungsanspruch, nicht jedoch auch das Recht zur Kündigung des Darlehensvertrages, abgetreten worden.

Die Beklagte hat schließlich behauptet, eine wirtschaftlich werthaltige Übertragung der 4 Anteile an der Optionsanleihe habe entgegen der Vereinbarung im Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 nicht stattgefunden. Der tatsächliche Wert der Optionsanleihe habe unter dem Nominalwert bzw. dem vereinbarten Kaufpreis gelegen.

Weiter hat sie geltend gemacht, die GbR habe von der Klägerin eine Gegenleistung für die mit Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.13 erfolgte Forderungsabtretung nicht erhalten.

Auf die vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung am 4.4.2017 offensichtlich gestellte Frage, ob die Beklagte Geldwäsche betreibe, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5.5.2017 „mit Verwunderung“ reagiert und unter Vorlage der entsprechenden Verträge vorgetragen, die Projektgesellschaften hätten Einspeisevergütungsverträge abgeschlossen und tatsächlich auch Strom erzeugt und eingespeist.

Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hat sich dem Antrag der Beklagten auf Klageabweisung angeschlossen.

Mit Urteil vom 1.6.2017, berichtigt und ergänzt durch Beschluss vom 21.8.2017, hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, sowohl bei dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 als auch bei dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 handele es sich um nichtige Scheingeschäfte im Sinne des § 117 BGB.

Hinsichtlich des Kauf- und Darlehensvertrages vom 29.10.2013 meint das Landgericht, es sei nicht ersichtlich, „was es mit den Optionsanleihen der B AG auf sich hat“; es werde nicht deutlich, „in welcher Weise und für was eine Option ausgeübt werden soll“. Weiter führt das Landgericht aus, „auch die Gegenleistung der Beklagten (habe) keinen realen Hintergrund, denn eine Zahlung für den Kaufgegenstand (habe) nicht bewirkt werden“ sollen. Die Beklagte habe keine „greifbare Gegenleistung“ erbringen sollen, denn anstatt einer realen Zahlung sei „eine Darlehensverbindlichkeit begründet“ worden.

Hinsichtlich des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrags vom 14.11.2013 argumentiert das Landgericht, auch hier werde ein „Kaufgeschäft suggeriert“, weil der vereinbarte Kaufpreis für die abgetretenen Forderungen tatsächlich nicht habe gezahlt werden sollen. Im Ergebnis werde durch den Vertrag „eine Forderung begründet, deren Rechtsgrund sich verselbständigt und deren wahrer Grund verschleiert wird“. Die Wirksamkeit der Forderungsabtretung hat das Landgericht jedoch nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr hat das Landgericht gerade festgestellt, dass „eine Forderung begründet“ werden sollte, nämlich die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Darlehens; lediglich „der Kaufpreis für die Abtretung soll (nach Dafürhalten des Landgerichts) nicht gezahlt werden“.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06.06.2017 zugestellte Urteil haben diese für die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.07.2017, bei Gericht eingegangen per Fax am selben Tag, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde bis zum 06.09.2017 verlängert. Mit Schriftsatz vom 06.09.2017, bei Gericht eingegangen per Fax am selben Tag, hat die Klägerin die Berufung begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in der 1. Instanz gestellten Klageanträge weiter und beantragt hilfsweise unter Aufhebung des Urteils die Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht.

Sie rügt, bei dem angefochtenen Urteil handele es sich um eine Überraschungsentscheidung. Der Einwand eines Scheingeschäfts gemäß § 117 BGB sei von keiner der Parteien, insbesondere nicht von der Beklagten, in der 1. Instanz vorgebracht worden. Beide Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Inhalt beider Verträge von den jeweiligen Parteien auch so gewollt gewesen sei. Die Beklagte habe die Wirksamkeit der Verträge lediglich im Hinblick auf die angeblich fehlende Rechts- und Prozessfähigkeit der Klägerin bzw. die angeblich nicht ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin und der GbR bestritten.

Darüber hinaus habe das Landgericht zu Unrecht unterstellt, die verkauften Optionsanleihen hätten tatsächlich nicht existiert bzw. seien fiktiv gewesen. Dass die Optionsanleihen tatsächlich existiert hätten, sei zwischen den Parteien unstreitig gewesen. Selbst wenn diese zu einem übersetzten Kaufpreis verkauft worden seien sollten, führte dies nicht zur Annahme eines Scheingeschäfts. Auch sei ein „Kauf auf Kredit“ weder verboten noch anrüchig. Soweit das Landgericht zur Begründung ausführt, der wirtschaftliche Hintergrund der Parteien sei „als dubios zu bezeichnen“, sei dies eine rechtlich nicht haltbare Unterstellung.

Die Klägerin beantragt,

das am 01.06.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main, Az. 2-24 O 98/16, wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100.000,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.12.2015 zu bezahlen;

hilfsweise,

Unter Aufhebung des am 01.06.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt/Main, Az. 2-24 O 98/16, wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Beklagte sowie die Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

Die Beklagte bezieht sich dabei zum einen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Darüber hinaus macht sie sich die Ausführungen des Landgerichts im Urteil vom 01.06.2017 zu Eigen. Nunmehr macht auch die Beklagte geltend, bei den Verträgen habe es sich um Scheingeschäfte gehandelt. Hinsichtlich des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages vom 14.11.2013 beruhe die Annahme eines Scheingeschäfts auf der Tatsache, dass eine Gegenleistung sowie Sicherheiten für die Forderungsabtretung – bislang – von der Klägerin noch nicht erbracht worden seien. Hinsichtlich des Kauf- und Darlehensvertrages vom 29.10.2013 habe das Landgericht zu Recht befunden, dass die übertragenen Optionsanleihen wertlos gewesen seien. In dem Zusammenhang wiederholt die Beklagte allerdings ihren Vortrag aus der Eingangsinstanz, wonach die Beklagte die Geschäftsanteile an den Projektgesellschaften habe zurückerwerben wollen, wozu sie bei der GbR ein Darlehen habe aufnehmen müssen. Auch mutmaßt sie, mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 sei bezweckt gewesen, „der GbR zurechenbares Vermögen von der Bundesrepublik Deutschland nach Marshall Islands zu verlegen, um es einer ordnungsgemäßen Besteuerung zu entziehen“.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte Berufung ist mit dem Hilfsantrag begründet.

Das Berufungsgericht darf die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des 1. Rechtszugs zurückverweisen, soweit das Verfahren im 1. Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, und zumindest eine Partei die Zurückverweisung beantragt, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Soweit das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, sowohl bei dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 als auch bei dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 handele es sich um nichtige Scheingeschäfte im Sinne des § 117 BGB, liegt darin ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Zum einen hat das Landgericht gegen den so genannten Beibringungsgrundsatz verstoßen, wonach es ausschließlich den Parteien obliegt, den für die Entscheidung zu berücksichtigenden Sachverhalt zu bestimmen, und damit den grundgesetzlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör der Parteien verletzt. Die Nichtberücksichtigung tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien stellt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, und ist damit ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Wenn das Eingangsgericht einen wesentlichen Teil des Parteivortrags entweder nicht zur Kenntnis genommen hat oder bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, wenn also das Eingangsgericht den von den Parteien vorgebrachten Sach- und Streitstand im Kern verkannt, und infolgedessen die entscheidungserheblichen Fragen verfehlt hat, stellt dies einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (BGH, Urteil 12.10.83, Az. IV b ZR 357/81, NJW 84, 306 [BGH 12.10.1983 – IVb ZR 357/81]; BGH, Urteil 5.4.90, Az. III ZR 4/89, NJW-RR 90, 1500). Gleichermaßen liegt ein Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz vor, wenn die Entscheidung auf einen Sachverhalt gestützt wird, den keine Partei vorgetragen hat, etwa wenn ein von den Parteien nicht geltend gemachter Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund vom Gericht herangezogen wird (OLG Saarbrücken, Urteil 28.9.83, Az. 1 U 110/83, OLGZ 84, 79; OLG Düsseldorf, Urteil 9.1.89, Az. 5 U 155/88, NJW 89, 1489) oder wenn das Gericht ein entscheidungserhebliches Schreiben in einem Sinne auslegt, den ihm keine Partei beimisst (OLG München, Urteil 12.7.90, Az. 1 U 1662/90, NJW-RR 92, 61; Zöller/Heßler, 32. Aufl., § 538, Rn. 21).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Keine der Parteien hat in der Eingangsinstanz eingewandt, es lägen nichtige Scheingeschäfte vor. Wer sich auf die Nichtigkeit einer Willenserklärung beruft, weil es sich um ein Scheingeschäft gehandelt habe, trägt für die Voraussetzungen des Scheingeschäfts die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil 25.1.77, Az. VI ZR 85/75, WM 77, 922; BGH, Urteil 8.6.88, Az. VIII ZR 135/87, NJW 88, 2597). Daraus ist zu schließen, dass derjenige, der sich gegen die Inanspruchnahme einer vertraglichen Verpflichtung wendet, den Einwand des Scheingeschäfts erheben und die dafür erforderlichen Tatsachen vortragen muss. Entscheidend dafür, ob ein Scheingeschäft vorliegt, ist die Frage, ob die Parteien die Rechtsfolgen, die mit den Erklärungen verbunden sind, tatsächlich beabsichtigten oder nicht, d.h. ob die Parteien mit Rechtsbindungswillen handelten. Unerheblich ist dabei, wie die Parteien das Geschäft rechtlich bezeichnet haben bzw. aus welchen Beweggründen eine Zuwendung erfolgen sollte. So handelt es sich etwa auch bei einem Umgehungsgeschäft, mit dem die Parteien versuchen, rechtliche Hindernisse oder Verbote dadurch zu vermeiden, dass sie den gleichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg mithilfe einer anderen rechtlichen Gestaltungsform verwirklichen möchten, nicht um ein Scheingeschäft (vgl. BGH, Urteil 25.1.77, Az. VI ZR 85/75; WM 77, 922; MüKo/Armbrüster, 7. Aufl., 2015, § 117, Rn. 14, 18). Wird etwa in einem Schuldschein der Wahrheit zuwider der Empfang eines Darlehens bescheinigt, handelt es sich um eine solche irrelevante Falschbezeichnung, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass der Aussteller gegenüber dem Erwerber der Forderung haften soll (RGZ 60, 21). Auch bei der Frage, ob es sich bei einem Darlehensvertrag um ein Scheingeschäft handelt, kommt es entscheidend darauf an, ob gegen den Darlehensnehmer ein Zahlungsanspruch bestehen soll. Bei der Auslegung kommt es zwar in erster Linie auf die vor oder bei Abschluss des Vertrages abgegebenen Erklärungen an. Allerdings kann auch nachträgliches Verhalten für die Ermittlung des tatsächlichen Vertragswillens der Parteien von Bedeutung sein. Insbesondere wird ein Darlehensnehmer, der den Darlehensvertrag angeblich nicht mit Rechtsbindungswillen abgeschlossen haben will, regelmäßig bereits unmittelbar bei seiner erstmaligen Inanspruchnahme auf den Umstand der Nichtigkeit gemäß § 117 BGB hinweisen. Unterlässt er dies, spricht dies gegen ein Scheingeschäft (BGH, Urteil 29.10.1996, Az. XI ZR 319/95, NJW-RR 97, 238).

In der gesamten ersten Instanz hat keine der Parteien, und vor allem nicht die darlegungsbelastete Beklagte, behauptet, bei dem Kauf- und Darlehensvertrag zwischen der GbR und der Beklagten vom 29.10.2013 sowie bei dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag zwischen der GbR und der Klägerin vom 14.11.2013 habe es sich um Scheingeschäfte gehandelt, weil die Parteien einverständlich die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht gewollt hätten. Die Beklagte hat sich gegen die Inanspruchnahme ausschließlich mit der Begründung zur Wehr gesetzt, es fehle an der Rechts- und Prozessfähigkeit der Klägerin, und die Verträge seien mangels Vertretungsmacht der handelnden Personen unwirksam, nicht jedoch mit dem Argument, die Vertragsparteien hätten die streitgegenständlichen Rechtsfolgen, die Begründung eines Darlehensanspruchs und dessen Übertragung, nicht ernsthaft gewollt.

Zu Unrecht meint die Beklagte, ihr erstinstanzlicher Vortrag, eine wirtschaftlich werthaltige Übertragung der 4 Anteile an der Optionsanleihe habe entgegen der Vereinbarung im Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 nicht stattgefunden, der tatsächliche Wert der Optionsanleihe habe unter dem Nominalwert bzw. dem vereinbarten Kaufpreis gelegen, sei dahingehend auszulegen, dass die Vertragsparteien ohne Rechtsbindungswillen gehandelt hätten.

Zum einen obliegt es der Vertragsfreiheit der Parteien, ob und in welcher Höhe eine Gegenleistung vereinbart wird.

Zum anderen führt selbst die – zu Gunsten der Beklagten unterstellte – Annahme, die Beklagte habe damit vortragen wollen, der Kaufvertrag über die Optionsanleihen vom 29.10.2013 sei nicht ernstlich gewollt gewesen, nicht zu dem Ergebnis, dass auch der Darlehensvertrag vom 29.10.2013, aus dem der streitgegenständliche Anspruch auf Darlehensrückzahlung resultiert, nur zum Schein abgeschlossen worden wäre. Wie bereits dargelegt, ist es unerheblich, wie die Parteien das Geschäft rechtlich bezeichnet haben und aus welchen Beweggründen eine Zuwendung erfolgen sollte. So handelt es sich etwa auch bei einem Umgehungsgeschäft nicht um ein Scheingeschäft. Für die Begründung einer Darlehensschuld ist alleine entscheidend, ob ein Zahlungsanspruch begründet werden sollte. Unerheblich ist dagegen, ob ein Kausalgeschäft, aus dem der Zahlungsanspruch vorgeblich resultieren sollte, nur zum Schein geschlossen wurde. Vorliegend hat die Beklagte wiederholt vorgetragen, zur Finanzierung des geplanten Rückerwerbs der Geschäftsanteile der italienischen Projektgesellschaften und zum Erwerb der Optionsanleihen sei sie zur Aufnahme eines Darlehens bei der GbR gezwungen gewesen. Die Begründung einer Darlehensschuld hat die Beklagte nicht nur nicht in Abrede gestellt, sondern hat diese ausdrücklich vorgetragen. Dem entsprechend hat auch das Landgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 1.6.2017 zutreffend festgestellt, „dass eine Darlehensverbindlichkeit begründet“ worden sei.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 29.10.2013 um getrennte Verträge handelt, nämlich zum einen um einen Vertrag über den Verkauf von Optionsanleihen und zum anderen um einen Darlehensvertrag, die lediglich in einer einheitlichen Urkunde zusammengefasst wurden. Dies belegt bereits die Tatsache, dass zunächst unter „I. Kaufvertrag“ die Bedingungen über den Verkauf der Optionsanleihen niedergelegt wurden, während sich unter „II. Darlehen“ die Bedingungen über die Darlehensgewährung anschließen. Beide Verträge hätten auch in getrennten Urkunden abgefasst werden können. Nach dem Parteiwillen war auch nicht etwa die Wirksamkeit des Kaufvertrages zur Bedingung für die Begründung der Darlehensgewährung gemacht worden, sodass eine etwaige Nichtigkeit des Kaufvertrages nicht zugleich zur Nichtigkeit des Darlehensvertrages führen würde. Streitgegenständlich ist vorliegend ausschließlich die Frage der Wirksamkeit des Darlehensvertrages, d.h. ob die GbR gegen die Beklagte einen Anspruch auf (Rück-)Zahlung von 2.500.000 € erhalten sollte. Wie bereits dargelegt, hat die Beklagte selbst vorgetragen, u.a. zur Finanzierung des geplanten Rückerwerbs der Geschäftsanteile der italienischen Projektgesellschaften das Darlehen aufgenommen zu haben, d.h. zu einem Zweck, der unabhängig vom Kaufvertrag über die Optionsanleihen war.

Auch der Beklagtenvortrag zum Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 beinhaltet nicht die Behauptung, es habe an dem für die Annahme eines Scheingeschäftes erforderlichen Rechtsbindungswillen gemangelt.

Soweit die Beklagte vorgebracht hat, der Kaufpreis für die verkauften Forderungen aus dem Kaufvertrag vom 29.10.2013 sei bislang noch nicht erbracht, und die Sicherheiten für die Forderungsabtretung seien noch nicht gestellt worden, enthält dieser Vortrag keine für ein Scheingeschäft sprechenden Indizien.

Vereinbart war, dass der Kaufpreis i.H.v. 8.140.000 € erst mit der vollständigen Rückzahlung des Darlehens an die Klägerin fällig wird. Eine solche Fälligkeitsabrede ist nicht ungewöhnlich und spricht per se nicht gegen die Ersthaftigkeit des Vertrages.

Insbesondere muss aber auch hinsichtlich des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages vom 14.11.2013 zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft (dem Kaufvertrag) und dem dinglichen Verfügungsgeschäft (der Forderungsabtretung) unterschieden werden. Insoweit ist es unerheblich, ob die Vertragsparteien den Kaufvertrag möglicherweise nur zum Schein abschließen wollten, d.h. ob der Kaufpreis tatsächlich beglichen werden sollte. Wiederum kommt es entscheidend darauf an, ob der mit dem Darlehensvertrag vom 29.10.2013 begründete Darlehensrückzahlungsanspruch auf die Klägerin übergehen sollte. Dass dem so war, wurde von den Parteien nicht in Abrede gestellt. Vielmehr bestätigt die Beklagte gerade, dass die Abtretung tatsächlich gewollt war, indem sie mutmaßt, mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 sei bezweckt gewesen, „der GbR zurechenbares Vermögen von der Bundesrepublik Deutschland nach Marshall Islands zu verlegen, um es einer ordnungsgemäßen Besteuerung zu entziehen“. Da mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages vom 14.11.2013 ausschließlich die Forderungen der GbR aus dem Darlehensvertrag vom 29.10.2013 verkauft und übertragen wurden, kann die Beklagte mit „der GbR zurechenbares Vermögen“ nur den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gemeint haben, mit der Folge, dass auch die Beklagte den Darlehensvertrag und den Abtretungsvertrag als wirksam und werthaltig ansieht.

Festzuhalten bleibt, dass in der Eingangsinstanz zu keinem Zeitpunkt streitig war, dass gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung über 2.500.000 € begründet, und dieser sodann an die Klägerin abgetreten wurde. Ob die Optionsanleihen tatsächlich übertragen wurden, ob der Kaufpreis angemessen war, und ob der Kaufpreis für den Verkauf der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag tatsächlich geleistet werden sollte, hat darauf keinen Einfluss. Vielmehr hat erstmals und ausschließlich das Landgericht – unter Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz – von Amts wegen die Verträge vom 29.10.2013 sowie vom 14.11.2013 als Scheingeschäfte qualifiziert.

Darüber hinaus hat das Landgericht auch gegen die Hinweispflicht des § 139 ZPO verstoßen, was ebenfalls einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.d. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO darstellt (vgl. Zöller/Heßler, 32. Aufl., § 538, Rn. 20 m.w.N.).

Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien, § 139 Abs. 2 ZPO.

Wie bereits dargelegt, hat keine der Parteien in der Eingangsinstanz eingewandt, bei den streitgegenständlichen Verträgen handele es sich um nichtige Scheingeschäfte. Weder vor, noch in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass es sich vorliegend um Scheingeschäfte handeln könnte. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls war die Frage des mangelnden Rechtsbindungswillens nicht thematisiert worden. Auch ein gerichtlicher Hinweis wurde offensichtlich nicht erteilt. In dem der Beklagten nachgelassenen Schriftsatz vom 05.05.2017 behauptet die Beklagte zwar, das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 gefragt, „ob die Beklagte Geldwäsche betreibe“. Diese Frage – als wahr unterstellt – würde der Hinweispflicht des § 139 Abs. 2 ZPO allerdings nicht gerecht werden. Selbst wenn die Beklagte keine tatsächliche Geschäftstätigkeit entfaltet hätte, spräche dies nicht zwingend gegen die Ernsthaftigkeit des streitgegenständlichen Darlehensvertrages. Umgekehrt wäre in diesem Fall die Beklagte noch viel mehr auf die Gewährung eines Darlehens angewiesen gewesen. Ein Rechtsgeschäft, das das Betreiben von Geldwäsche verschleiern soll, wäre wegen eines gesetzlichen Verbotes gem. § 134 BGB nichtig, aber nicht zwangsläufig ein Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB. Auch die Beklagte hat die Frage, ob sie Geldwäsche betreibe, nicht als Zweifel am Vorliegen des Rechtsbindungswillens der Vertragsparteien verstanden. Vielmehr hat sie auf die Frage mit „Verwunderung“ reagiert und unter Vorlage der entsprechenden Verträge vorgetragen, die Projektgesellschaften hätten Einspeisevergütungsverträge abgeschlossen und tatsächlich auch Strom erzeugt und eingespeist. Ausführungen zum Vorliegen des Rechtsbindungswillens bzw. der Ernsthaftigkeit des Darlehensvertrages hat sie – nachvollziehbar – nicht gemacht.

Aufgrund dieser wesentlichen Verfahrensmängel wird eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig, die nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens des Senats die Zurückverweisung an das Ausgangsgericht rechtfertigt.

Insbesondere ist das Verfahren nicht ohne Durchführung einer Beweisaufnahme entscheidungsreif, die Klage nicht etwa aufgrund des unstreitigen Parteivortrages bereits begründet bzw. unbegründet:

a) Keine Scheingeschäfte

Die Klage ist nicht etwa wegen des Vorliegens von nichtigen Scheingeschäften i.S.d. § 117 BGB abzuweisen.

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass auch nach dem Parteivortrag in der Berufungsinstanz die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weiterhin nicht substantiiert zum Vorliegen von Scheingeschäften vorgetragen, und dies nicht unter Beweis gestellt hat.

In der Berufungserwiderungsschrift hat sich die Beklagte zwar die Ausführungen des Landgerichts zu Eigen gemacht und ist nunmehr auch der Auffassung, dass die Verträge Scheingeschäfte gewesen seien. Allerdings behauptet sie nicht explizit, es hätte sich deshalb um Scheingeschäfte gehandelt, weil die Parteien einverständlich die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht gewollt hätten, d.h. weil sie ohne Rechtsbindungswillen gehandelt hätten. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründungsschrift ausdrücklich vorgetragen, dass die Vertragsparteien „genau das gewollt (hätten), was in den Verträgen vereinbart ist“. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat daraufhin nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass hinsichtlich des Darlehensvertrages der entsprechende Rechtsbindungswille übereinstimmend gefehlt habe. Sie hat lediglich einen unbestimmten Rechtsbegriff behauptet (das Vorliegen von Scheingeschäften), nicht jedoch die dazu erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen (der übereinstimmende Wille, die Rechtsfolgen tatsächlich nicht gewollt zu haben). Mithin ist der Beklagtenvortrag zum Vorliegen von Scheingeschäften – weiterhin – unsubstantiiert.

Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Behauptung nicht unter Beweis gestellt. Nachdem die Klägerin ausdrücklich das Vorliegen von Scheingeschäften in der Berufungsbegründungsschrift verneint hat, hätte die Beklagte Zeugen anbieten müssen zum Beweis der Tatsache, dass die beteiligten Vertreter der Vertragsparteien die Willenserklärungen nur zum Schein abgegeben hätten.

Selbst wenn die Beklagte nunmehr, nach erfolgter Zurückverweisung an das Landgericht, ihren Vortrag noch hinreichend substantiieren sollte, lägen keine Scheingeschäfte vor. Das Landgericht hat zu Unrecht die unstreitigen Tatsachen dahingehend gewürdigt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen um Scheingeschäfte handele.

Zum einen ist die Würdigung des Landgerichts, bei dem Kauf- und Darlehensvertrag zwischen der GbR und der Beklagten vom 29.10.2013 handele es sich um ein Scheingeschäft, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Landgericht stützt seine Würdigung vor allem darauf, es sei nicht ersichtlich, „was es mit den Optionsanleihen der B AG auf sich hat“; es werde nicht deutlich, „in welcher Weise und für was eine Option ausgeübt werden soll“. Das Landgericht scheint damit der Auffassung zu sein, dass tatsächlich keine realen Optionsanleihen existierten. Weiter führt das Landgericht aus, „auch die Gegenleistung der Beklagten (habe) keinen realen Hintergrund, denn eine Zahlung für den Kaufgegenstand (habe) nicht bewirkt werden“ sollen. Die Beklagte habe keine „greifbare Gegenleistung“ erbringen sollen, denn anstatt einer realen Zahlung sei „eine Darlehensverbindlichkeit begründet“ worden.

Damit bringt das Landgericht zum Ausdruck, dass nach seiner Auffassung – lediglich – der Kaufvertrag über die Optionsanleihen nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Selbst wenn man dies als wahr unterstellt, führt dies – wie bereits dargelegt – nicht zu dem Schluss, dass auch der Darlehensvertrag, aus dem der streitgegenständliche Anspruch auf Darlehensrückzahlung resultiert, nur zum Schein abgeschlossen worden wäre. Es kommt alleine darauf an, ob nach dem Willen der Vertragsparteien die GbR gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung über 2.500.000 € erwerben sollte. Daran besteht kein Zweifel. Wie dargelegt, ist bei der Prüfung des Vorliegens des Rechtsbindungswillens auch das nachvertragliche Verhalten der Parteien zu würdigen. Dieses spricht vorliegend gegen die Annahme eines Scheingeschäfts:

Unstreitig hat die Beklagte auf das Darlehen – zumindest bis zum 4. Quartal des Jahres 2014 – Zinsen gezahlt, und damit zu verstehen gegeben, die Wirksamkeit des Darlehensvertrages anzuerkennen.

Unstreitig trat die GbR mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 unter anderem die streitgegenständliche Darlehensforderung an die Klägerin ab. Damit brachte auch sie zum Ausdruck, von der Wirksamkeit des Darlehensvertrages auszugehen.

Vor allem hat die Beklagte aber in ihrem Schreiben vom 01.12.2013 dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag mit der Klägerin zugestimmt und erklärt, „alle Zahlungen (Tilgungen und Zinszahlungen) ab sofort auf das (…) Konto der (Klägerin)“ zu zahlen, ohne dabei den Einwand der Nichtigkeit der Verträge zu erheben. Ein Darlehensnehmer, der den Darlehensvertrag angeblich nicht mit Rechtsbindungswillen abgeschlossen haben will, wird regelmäßig bereits unmittelbar bei seiner erstmaligen Inanspruchnahme auf den Umstand der Nichtigkeit gemäß § 117 BGB hinweisen. Unterlässt er dies, spricht dies gegen ein Scheingeschäft (BGH, Urteil 29.10.1996, Az. XI ZR 319/95, NJW-RR 97, 238).

Damit sprechen die Umstände dafür, dass die Vertragsparteien die Gewährung des Darlehens und den Bestand eines Darlehensrückzahlungsanspruchs tatsächlich wollten. Ob daneben der Kaufvertrag über die Optionsanleihen wirksam zustande gekommen ist, kann dahinstehen.

Gleiches gilt hinsichtlich des vom Landgericht als nichtiges Scheingeschäft angesehenen Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages zwischen der GbR und der Klägerin vom 14.11.2013.

Das Landgericht führt zur Begründung aus, auch hier werde ein „Kaufgeschäft suggeriert“, weil der vereinbarte Kaufpreis für die abgetretenen Forderungen tatsächlich nicht habe gezahlt werden sollen. Im Ergebnis werde durch den Vertrag „eine Forderung begründet, deren Rechtsgrund sich verselbständigt (habe) und deren wahrer Grund verschleiert (werde)“. Die Wirksamkeit der Forderungsabtretung wird jedoch auch vom Landgericht nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr stellt das Landgericht gerade fest, dass „eine Forderung begründet“ werden sollte, nämlich die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Darlehens. Auch hier ist wiederum unerheblich, ob der Vertrag über den Verkauf der Rechte aus dem Kaufvertrag von 29.10.2013 möglicherweise nur zum Schein geschlossen wurde, insbesondere ob der Kaufpreis tatsächlich von der Klägerin erbracht werden sollte. Entscheidend ist, dass die Vertragsparteien den Übergang des streitgegenständlichen Darlehensrückzahlungsanspruchs an die Klägerin tatsächlich wollten. Unerheblich ist dabei, ob die Beklagte und deren Projektgesellschaften tatsächlich eine reale Geschäftstätigkeit im Hinblick auf die Photovoltaikanlagen entfaltet haben. Es kommt einzig und alleine darauf an, dass die Beklagte das benötigte Kapital von der GbR erhielt, und dass der Darlehensrückzahlungsanspruch von der GbR an der Klägerin abgetreten wurde.

Dafür, dass die Parteien des Vertrages vom 14.11.2013 mit Rechtsbindungswillen handelten, spricht wiederum das Nachverhalten, nämlich die Tatsache, dass die Klägerin den Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten tatsächlich mit der vorliegenden Klage geltend gemacht hat und dass die Beklagte im Schreiben vom 01.12.2013 die Zahlung an die Klägerin in Aussicht gestellt hat.

b) Zulässigkeit der Teilklage

Zu Unrecht rügt die Beklagte, die Klage sei bereits unzulässig, weil sich der Klageantrag auf einen unbestimmten Teilbetrag beziehe, insbesondere weil nicht klargestellt sei, inwiefern sich die Klageforderung über 100.000 € auf Zins- und Tilgungsleistungen aufteilt.

Der Klageantrag ist dann unbestimmt, wenn nur ein Teilbetrag aus mehreren, selbständigen prozessualen Ansprüchen geltend gemacht wird, ohne dass klargestellt wird, in welchem Umfang sich die Klagesumme dem Grunde und der Höhe nach auf die Einzelansprüche bezieht. Die Notwendigkeit zur Aufgliederung besteht allerdings nur, wenn der Klage mehrere selbstständige prozessuale Ansprüche zugrunde liegen und mit ihr nur Teilbeträge und nicht der Gesamtbetrag sämtlicher Ansprüche geltend gemacht werden. Liegt hingegen nur ein einziger prozessualer Anspruch vor, so bedarf es keiner Aufteilung (MüKo/Becker-Eberhard, 5. Aufl., 2016, § 253, Rn. 104, 107). Vorliegend liegen der Klage nicht mehrere selbstständige prozessuale Ansprüche zugrunde. Die Klägerin hat klargestellt, dass sie lediglich einen Teil des noch offenen Darlehensrückzahlungsanspruchs geltend macht. In der Hauptforderung über 100.000 € sind nicht etwa auch vertragliche Darlehenszinsen enthalten. Insoweit ist es nicht unzulässig, von dem Darlehensrückzahlungsanspruch über 2.500.000 € lediglich einen Teilbetrag über 100.000 € einzuklagen.

c) Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs

Zu Unrecht meint die Beklagte, der Darlehensrückzahlungsanspruch sei noch nicht fällig. Sie meint, die Kündigung des Darlehens durch die Klägerin mit Schreiben vom 15.12.2015 (Anl. K5, Bl. 33 d.A.) sei unwirksam. Der Klägerin stünde ein Recht zur Kündigung des Darlehensvertrages vom 29.10.2013 nicht zu, da mit dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 lediglich der Darlehensrückzahlungsanspruch, nicht jedoch das Recht zur Kündigung des Darlehensvertrages, abgetreten worden sei.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages vom 14.11.2013 wurden an die Klägerin „die Forderungen“ der GbR aus dem Kauf- und Darlehensvertrag zwischen der GbR und der Beklagten vom 29.10.2013 abgetreten. Nach Sinn und Zweck der Vereinbarung kann damit nicht nur der Darlehensrückzahlungsanspruch gemeint gewesen sein, sondern sämtliche Rechte, unter anderem auch Gestaltungsrechte, die sich aus dem Vertrag ergeben. Zur wirksamen Durchsetzung des Darlehensrückzahlungsanspruchs, zur Fälligstellung, ist auch das in § 7 Abs. 1 des Kauf- und Darlehensvertrags niedergelegte Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, verbunden mit dem Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung des Darlehens, erforderlich.

Darüber hinaus ist es unbeachtlich, ob die Klägerin berechtigt war, den Darlehensvertrag aus wichtigem Grund gem. § 7 Abs. 1 des Kauf- und Darlehensvertrags zu kündigen. Gemäß § 3 Abs. 1 ist das Darlehen spätestens nach 36 Monaten zur Rückzahlung fällig, mithin am 29.10.2016. Urteilsgrundlage ist der Prozessstoff im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt muss der Anspruch spätestens fällig sein (vgl. nur Zöller/Feskorn, 32. Aufl., § 301 Rn. 3 m.w.N.). Vorliegend war der Darlehensrückzahlungsanspruch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.4.2018 bereits fällig.

d) Kein Schuldanerkenntnis

Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht etwa bereits anerkannt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die vorgerichtliche Korrespondenz zwischen der E GmbH bzw. der E1 GmbH und der Klägerin (Anlagen K 6 ff. Bl. 132 ff. d.A.) nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis auszulegen mit der Folge, dass die Beklagte mit den streitgegenständlichen Einwendungen ausgeschlossen wäre. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die Schreiben nicht im Namen der Beklagten, sondern im Namen der E GmbH bzw. der E1 GmbH verfasst wurden. Offensichtlich handelt es sich bei der E GmbH bzw. der E1 GmbH um Unternehmen, die wie die Beklagte zur selben Unternehmensgruppe gehören, und denen ein vergleichbares Darlehen gewährt wurde.

Ebenso wenig ist das Schreiben der Beklagten vom 01.12.2013, mit dem angekündigt wurde, die Darlehensverbindlichkeiten nunmehr gegenüber der Klägerin erfüllen zu wollen, als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei einem deklaratorischen bzw. kausalen Schuldanerkenntnis um einen Feststellungsvertrag, mit dem ein Streit oder Ungewissheit über das Bestehen einer Schuld oder einzelner rechtlich erheblicher Punkte beseitigt werden soll. Die Parteien müssen mit Ihren Willenserklärungen übereinstimmend den Zweck verfolgen, ein bestehendes Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen. Der Wille der Parteien, eine derart weitgehende rechtliche Wirkung herbeizuführen, d.h. ein entsprechender Rechtsbindungswille, kann nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden. Erforderlich ist ein besonderer Anlass für eine solche Erklärung, der nur dann besteht, wenn zwischen den Parteien zuvor Streit oder zumindest Ungewissheit über das Bestehen der Schuld herrschte. Der Schuldbestätigungsvertrag weist damit dem Vergleich ähnliche Züge auf. Erforderlich ist der Wille der Parteien, sich rechtsverbindlich einigen zu wollen. Die vorbehaltlose Zahlungsankündigung oder gar Zahlung einer Schuld alleine genügt noch nicht zur Annahme eines solchen Rechtsbindungswillens. Eine Zahlungszusage stellt regelmäßig nur eine reine Wissenserklärung, eine erfolgte Zahlung lediglich eine tatsächliche Erfüllungshandlung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert dar (BGH, Beschluss 3.6.08, Az. XI ZR 239/07, NJW 08, 3425; BGH, Urteil 10.7.13, Az. XII ZR 62/12, NJW 13, 2885; BGH, Urteil 11.1.07, AZ. VII ZR 165/05, NJW-RR 07, 530; BGH, Urteil 11.11.08, AZ. VIII ZR 265/07, NJW 09, 580).

Auch das vorliegende Schreiben vom 01.12.2013 stellt lediglich eine Wissenserklärung dar, mit der die Beklagte die Klägerin darüber informierte, die Darlehensraten nunmehr an diese zahlen zu wollen. Es wurde lediglich über die Erfüllungsbereitschaft informiert. Ein darüber hinausgehender Rechtsbindungswille, die Darlehensschuld endgültig, rechtsverbindlich anzuerkennen und für die Zukunft auf etwaige Einwendungen zu verzichten, ist dieser Erklärung alleine nicht zu entnehmen. Insbesondere fehlt es an dem erforderlichen Anlass für einen vergleichsähnlichen Feststellungsvertrag, nämlich an einem der Erklärung vorausgegangenem Streit oder Ungewissheit über die Berechtigung der Forderung, der mit der Erklärung ausgeräumt werden sollte.

Nachdem das Verfahren nicht bereits aufgrund des unstreitigen Parteivortrags entscheidungsreif ist, ist sämtlichen weiteren von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen den streitgegenständlichen Zahlungsanspruch nachzugehen, was eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erfordert:

e) Rechtsfähigkeit der Klägerin

Nach der so genannten Sitztheorie beurteilt sich die Frage der Rechtsfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft nach demjenigen Recht, das am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt (so genanntes Personalstatut). Maßgeblich dafür ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH, Urteil 21.3.86, Az. V ZR 10/85, NJW 86, 2194; OLG Frankfurt, Urteil 24.4.90, Az. 5 U 18/88, NJW 90, 2204). Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere der Sitz und der Ort der tatsächlichen Geschäftsführung bzw. des Vorstands. Dagegen ist die bloße nominelle Festsetzung des Verwaltungssitzes in der Satzung unerheblich (BGH, Urteil 29.1.03, Az. VIII ZR 155/02, NJW 03, 1607; Palandt/Thorn, 77. Aufl., § Anh EGBGB 12 (IPR), Rn. 10 ff. m.w.N.).

Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Geschäftsführer („Direktor“) der Klägerin, Herr Vorname2 Nachname1, zumindest nicht auf den Marschall Inseln ansässig ist, und von dort auch keine Geschäfte betrieben werden. Auf den Einwand der Beklagten hin trägt die Klägerin selbst vor, dass Herr Vorname2 Nachname1 „keinen Wohn- oder Geschäftssitz auf den Marshall Islands hat, sondern überwiegend in Namibia wohnt“. Auch die Klägerin geht davon aus, dass sich die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft gemäß der Sitztheorie nach dem Recht Namibias beurteilt.

Wie das Namibische Internationale Privatrecht (IPR) ausgestaltet ist, kann nicht verlässlich beurteilt werden.

Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang zwar auf ein namibisches Gesellschaftsgesetz (Companies Act 28 of 2004), wonach Gesellschaften, die in einem anderen Land als Namibia registriert sind, aber in Namibia eine Geschäftsniederlassung („place of business“) haben, nach dem Recht ihres Registrierungsstaates mit Geschäftsstelle in Namibia zu behandeln seien. Würden diese Gesellschaften nicht in eine Gesellschaft namibischen Rechts umgewandelt, seien sie als Gesellschaft ihres Heimatrechts bzw. Registrierungsstaates anzusehen.

Dieser Verweis ist für die Klärung der Frage, ob nach namibischem Recht die Klägerin rechtsfähig ist, unzureichend. Zum einen trägt die Klägerin gerade nicht vor, dass sie eine Niederlassung („place of business“) in Namibia unterhalte; sie trägt lediglich vor, dass Ihr Direktor, Herr Vorname2 Nachname1, in Namibia wohnhaft sei und von dort aus auch die Geschäfte der Klägerin führe. Darüber hinaus ergibt sich aus dem angeführten Gesetz nicht zwingend, dass sich nach dem IPR Namibias die Rechtsfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft nach dem Recht des Staates richtet, in dem die Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz hat bzw. in dessen Register sie eingetragen ist, d.h. vorliegend nach dem Recht der Marschall Inseln.

Fehlt es an ausreichenden eigenen Kenntnissen über das ausländische Recht, kann der Richter im Wege des Freibeweises alle ihm zugänglichen Erkenntnisquellen nutzen, § 293 ZPO, und insbesondere auch ein Rechtsgutachten eines wissenschaftlichen Institutes einholen (Zöller/Geimer, 32. Aufl., § 293, Rn. 20). Vorliegend wird das Landgericht ein solches Rechtsgutachten einzuholen haben zur Frage, ob nach dem IPR Namibias die Klägerin rechtsfähig ist.

Sollte das Rechtsgutachten zu dem Ergebnis kommen, dass sich nach namibischem IPR die Rechtsfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft nach dem Recht des Staates richtet, in dem die Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz hat oder in dessen Register sie eingetragen ist, d.h. vorliegend nach dem Recht der Marschall Inseln, kommt es darauf an, ob die Klägerin (ursprünglich eine Luxemburgische Société Anonyme) ihren Sitz tatsächlich wirksam mit Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 (K 16, Bl. 126 bzw. 343 d.A) auf die Marschall Inseln verlegt hat. Nachdem die Beklagte die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses bestritten hat, wird darüber Beweis zu erheben sein.

Sollte der Klägerin der Beweis gelingen, dass sie wirksam mit Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 ihren Sitz auf die Marschall Inseln verlegt hat, müsste ein weiteres Rechtsgutachten eingeholt werden zu der Frage, ob nach dem Gesellschaftsrecht der Marschall Inseln eine Gesellschaft auf Grundlage einer Sitzverlegung auf die Marschall Inseln tatsächlich wirksam fortbesteht; u.a. auch zur streitigen Frage, ob dies trotz des Fehlens einer effektiven, tatsächlichen Verwaltung auf den Marschall Inseln möglich ist.

Ob der Sitz tatsächlich auf die Marschall Inseln verlegt wurde und die Klägerin infolgedessen tatsächlich wirksam als Gesellschaft nach dem Recht der Marschall Inseln fortbesteht, muss dann allerdings nicht durch Rechtsgutachten bzw. Zeugenvernehmung aufgeklärt werden, falls es auch nach dem Recht der Marschall Inseln eine – mit § 15 Abs. 2 HGB vergleichbare – Regelung gibt, wonach eine im Handelsregister eingetragene Tatsache Dritten gegenüber Wirksamkeit entfaltet bzw. als wahr anzusehen ist. In diesem Fall wäre von der Rechtsfähigkeit der Klägerin auszugehen: Vorliegend hat die Klägerin durch Vorlage des „Certificate of Registration“ (Registrierungsbescheinigung) vom 31.12.2012 (Anlage K 17, Bl. 164 d.A.) bewiesen, dass sie in das entsprechende Register der Marschall Inseln eingetragen worden ist.

Zwar ist auch für eine ausländische öffentliche Urkunde die Echtheit Voraussetzung für die Beweiskraft. Grundsätzlich ist zum Beweis der Echtheit einer solchen Urkunde die Legalisation durch einen Konsul oder Gesandten des Bundes erforderlich, § 438 Abs. 2 ZPO. Dieses Verfahren ist jedoch dann entbehrlich, wenn gemäß dem Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961 (im Folgenden Haager Übereinkommen) anstatt einer Legalisation eine Apostille genügt, d.h. die Bestätigung der Echtheit der Urkunde durch die hierfür zuständige Behörde des Herkunftslandes. Vorliegend sind sowohl die BRD als auch die Marschall Inseln dem Haager Übereinkommen beigetreten. Zur Bestätigung der Echtheit der Unterschrift, der Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls der Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist, genügt die Anbringung einer Apostille, welche die zuständige Behörde des Staates ausstellt, in dem die Urkunde errichtet worden ist, Art. 3 Abs. 1 des Haager Übereinkommens. Dadurch wird die Echtheit der Urkunde nachgewiesen, Art. 5 Abs. 2 des Haager Übereinkommens.

Vorliegend hat die Klägerin durch Vorlage der zugehörigen Apostille (Anl. K 17, Bl. 164 d.A.) die Echtheit der Registrierungsbescheinigung bewiesen.

Unbeachtlich ist der Einwand der Beklagten, dass die Apostille im vorliegenden Prozess nicht im Original, sondern nur in Kopie vorgelegt wurde.

Zum einen wird nach dem Haager Übereinkommen die Echtheit des öffentlichen Dokuments bereits dann nachgewiesen, wenn die Apostille auf der Urkunde selbst oder auf einem mit ihr verbundenen Blatt „angebracht“ ist, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1. Die Beklagte hat die Existenz und Anbringung der Apostille nicht bestritten. Das Haager Übereinkommen fordert jedoch nicht die Vorlage der Apostille im Original zum Zwecke der Beweisführung. Dies wäre allenfalls dann erforderlich, wenn die Beklagte die Existenz der Apostille bzw. die Verbindung mit der Registrierungsbescheinigung bestritten hätte.

Zum anderen übersieht die Beklagte, dass zwar der Urkundenbeweis gem. § 420 ZPO durch Vorlage der Urkunde (grundsätzlich der Originalurkunde) geführt wird. Allerdings dient dies nur zu dem Zweck, die in der Urkunde beurkundeten Vorgänge bzw. enthaltenen Erklärungen i.S.d. §§ 425 ff. ZPO zu beweisen. Wenn dagegen – wie vorliegend – ausschließlich die Echtheit der Urkunde im Streit steht, d.h. wenn der Inhalt der Urkunde unstreitig ist (vorliegend die Tatsache, dass die Klägerin im Handelsregister der Marschall Inseln eingetragen ist), ist für den Beweis der Echtheit die Vorlage der Originalurkunde entbehrlich (vgl. Zöller/Geimer, 32. Aufl., § 435, Rn. 1 m.w.N.).

Ebenso unbeachtlich ist der Vortrag der Beklagten, die Unterzeichnerin des „Certificate of Registration“, eine Frau H, sei nicht berechtigt gewesen, wirksam als „Deputy Registrar“ für die Marschall Inseln Dokumente auszustellen. Gem. Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 des Haager Übereinkommens wird auch die Echtheit der Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, durch die Anbringung der Apostille bewiesen.

Soweit die Beklagte auch die Berechtigung des Unterzeichners der Apostille bestreitet, d.h. bestreitet, dass dieser zu der für die Ausstellung der Apostille bestimmten Behörde i.S.d. Art. 6 Abs. 1 des Haager Übereinkommen gehört, ist auch dieses Bestreiten letztlich unbeachtlich: Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass die Marschall Inseln als für die Ausstellung von Apostillen befugte Behörde i.S.d. Art. 6 Abs. 1 des Haager Übereinkommen u.a. auch „Special Agents“ bestimmt hätten. Dass „Special Agents“ zur Ausstellung von Apostillen befugt sind, hat die Beklagte nicht bestritten. Sie bestreitet allerdings, dass die unterzeichnende Person zu den „Special Agents“ gehört. Darauf hat die Klägerin unter Vorlage eines behördlichen Bestätigungsschreibens der Marschall Inseln vorgetragen, die Apostille sei von Frau G unterschrieben worden in ihrer Eigenschaft als „Special Agent“, benannt vom „Deputy Commissioner of Marine Affairs“ (Bl. 432 d.A.). Diesen substantiierten Vortrag hat die Beklagte nicht in ebenso substantiierter Weise bestritten.

Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 des Haager Übereinkommens, wonach die Unterschrift und das Siegel auf der Apostille keiner Bestätigung bedürfen, dass – anders als bei einer öffentlichen Urkunde i.S.d. Art. 1 des Haager Übereinkommens – die Echtheit der Eigenschaft des Unterzeichners der Apostille nicht – etwa durch eine weitere Apostille – bewiesen werden muss, sondern dass alleine die mit einem förmlichen Siegel versehene Apostille die Vermutung der Echtheit hat. Dass es sich bei dem Siegel auf der Apostille zur Registrierungsbescheinigung um ein echtes, förmliches Siegel der Marschall Inseln handelt, hat die Beklagte nicht bestritten.

Als Rechtsfolge der durch die Apostille bewiesenen Echtheit der Registrierungsbescheinigung entspricht ihre Beweiskraft der einer inländischen öffentlichen Urkunde; es gelten die §§ 415 ff. ZPO (Zöller/Geimer, 32. Aufl. § 438, Rn. 2). Nach §§ 415, 417 ZPO erstreckt sich die formelle Rechtskraft zwar lediglich darauf, dass die Erklärung bzw. Anordnung, Verfügung oder Entscheidung mit dem Inhalt getroffen bzw. abgegeben worden ist, der sich aus der Urkunde ergibt, vorliegend die Eintragung der Klägerin in das Handelsregister der Marschall Inseln. Die Beweiskraft erstreckt sich jedoch nicht auf die inhaltliche Richtigkeit und Wirksamkeit der beurkundeten Tatsache (Zöller/Geimer, 32. Aufl. § 415, Rn. 5, § 417, Rn. 3). Von der inhaltlichen Richtigkeit, d.h. vorliegend vom Fortbestand der Klägerin als Gesellschaft nach dem Recht der Marschall Inseln, wird jedoch auszugehen sein, wenn – wie dargelegt – auch nach dem Recht der Marschall Inseln das Handelsregister öffentlichen Glauben dahingehend genießt, dass im Handelsregister eingetragene Tatsachen Dritten gegenüber Wirksamkeit entfalten bzw. als wahr anzusehen sind.

f) Prozessfähigkeit der Klägerin

Gem. § 52 ZPO ist eine Person insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähige juristische Personen müssen durch ihre gesetzlichen Vertreter handeln.

Vorliegend hat die Beklagte bestritten, dass für die Klägerin ein gesetzlicher Vertreter bestellt worden sei. Die Klägerin hat – von der Beklagten bestritten – vorgetragen, sie werde vertreten durch ihren Direktor, Herrn Vorname2 Nachname1. Auf Grundlage des notariellen Gesellschafterbeschlusses vom 28.12.2012 (Anlage K 16, Bl. 126 bzw. 343 d.A.) sei dieser zum neuen Geschäftsführer bestellt worden. Sie meint, die Bestellung des Herrn Vorname2 Nachname1 zum neuen vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin werde durch das „Certificate of Incumbency“ vom 27.2.2015 bzw. vom 30.3.2017 (förmliche Bestätigung über die Vertretungsberechtigung des eingetragenen Vertreters) und der zugehörigen Apostillen (Anlage K 18, Bl. 166 d.A., bzw. K 33, Bl. 298 d.A. (Kopien der englischen Originale) und Bl. 370 bzw. 409 d.A. (beglaubigte Übersetzungen)) bewiesen.

Dabei verkennt die Klägerin, dass auch eine notarielle ausländische Urkunde (wie vorliegend der notarielle Gesellschafterbeschluss) zu den öffentlichen Urkunden zählt, die zum Beweis der Echtheit durch eine Apostille von der sonst erforderlichen Legalisation befreit werden muss, Art. 1 Abs. 2 c) des Haager Übereinkommens (vgl. zum deutschen Recht, Zöller/Geimer, 32. Aufl., vor § 415, Rn. 4). Eine solche Apostille, die die Echtheit der notariellen Beurkundung bestätigen könnte, fehlt vorliegend. Dies hat zur Folge, dass es wiederum auf die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 28.12.2012 ankommt, dieses Mal im Hinblick auf die Bestellung des Herrn Vorname2 Nachname1 zum neuen vertretungsberechtigten Geschäftsführer, worüber Beweis zu erheben sein wird.

Wiederum wäre eine Beweiserhebung dann entbehrlich, wenn nach dem Recht der Marschall Inseln das Handelsregister öffentlichen Glauben dahingehend genießt, dass im Handelsregister eingetragene Tatsachen Dritten gegenüber Wirksamkeit entfalten bzw. als wahr anzusehen sind. In diesem Falle stünde ausweislich des „Certificate of Incumbency“ infolge der Eintragung des Herrn Vorname2 Nachname1 als director bzw. vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister fest, dass dieser tatsächlich die Klägerin wirksam vertritt, und die Klägerin damit prozessfähig ist.

Unbeachtlich sind auch hier die Einwände der Beklagten, die Apostille zum „Certificate of Incumbency“ sei im vorliegenden Prozess nicht im Original vorgelegt worden, die jeweilige Unterzeichnerin (Frau H („Certificate of Incumbency“ vom 30.3.2017) bzw. Frau F („Certificate of Incumbency“ vom 27.2.2015)) sei nicht berechtigt gewesen, wirksam als „Registered Agent“ für die Marschall Inseln Dokumente auszustellen, und der Unterzeichner der Apostille habe nicht zu den „Special Agents“ gehört. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Echtheit des „Certificate of Registration“ unter e) (Rechtsfähigkeit der Klägerin) Bezug genommen. Durch die Apostille steht die Echtheit des „Certificate of Incumbency“ vom 30.3.2017 und vom 27.2.2015, und damit die Eintragung des Herrn Vorname2 Nachname1 als vertretungsberechtigter „director“ der Klägerin, fest.

g) Postulationsfähigkeit der Klägerin

Die Beklagte trägt vor, die Prozessvollmacht (Bl. 168 d.A.) sei unwirksam, weil die Klägerin nicht wirksam durch Herrn Vornam1 Nachname1 vertreten worden sei.

Es gilt das zu f) (Prozessfähigkeit der Klägerin) Gesagte: Sollte nach dem Recht der Marschall Inseln das Handelsregister öffentlichen Glauben dahingehend genießen, dass im Handelsregister eingetragene Tatsachen Dritten gegenüber Wirksamkeit entfalten bzw. als wahr anzusehen sind, stünde ausweislich des „Certificate of Incumbency“ infolge der Eintragung des Herrn Vorname2 Nachname1 als director bzw. vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister fest, dass dieser wirksam für die Klägerin deren jetzige Prozessbevollmächtigte beauftragen durfte.

Sollte es dagegen im Recht der Marschall Inseln eine solche Regelung nicht geben, käme es wiederum darauf an, ob die Klägerin die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 28.12.2012, mit dem Herrn Vorname2 Nachname1 angeblich zum vertretungsberechtigten Director der Klägerin bestellt wurde, beweisen kann.

h) Wirksame Bevollmächtigung der Vertreter beim Vertragsschluss

Hinsichtlich des Kauf- und Darlehensvertrages zwischen der GbR und der Beklagten vom 29.10.2013 bestreitet die Beklagte die wirksame Vertretung der GbR durch Herrn Vorname1 Nachname1.

Die Klägerin behauptet, ausweislich § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der GbR vom November 2003 (Anlage K 9, Bl. 137 d.A.) sei Herr Vorname1 Nachname1 zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden. Der vorherige Geschäftsführer, Herr C, habe „ordnungsgemäß eine Entscheidung aller Gesellschafter eingeholt, nach der Herr Vorname1 Nachname1 zu seinem Nachfolger als Geschäftsführer bestimmt und der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert“ worden sei.

Die Beklagte bestreitet den wirksamen Abschluss des Gesellschaftsvertrags sowie dass Herr Vorname1 Nachname1 überhaupt Gesellschafter der GbR gewesen sei. Sie macht geltend, die Übertragung der Geschäftsführerbefugnisse auf einen Nichtgesellschafter sei unwirksam. Darüber hinaus meint sie, der Klägervortrag sei unsubstantiiert, weil von der Klägerin nicht sämtliche Gesellschafter namentlich benannt worden seien.

Zu Unrecht rügt die Beklagte den Klägervortrag zur Bestellung des Herrn Vorname1 Nachname1 zum Geschäftsführer der GbR als unsubstantiiert.

Derjenige, der aus einem Gesellschafterbeschluss für ihn günstige Rechtsfolgen herleiten möchte, trägt zwar die Darlegungs- und Beweislast für die Durchführung der Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung, vorliegend die Klägerin. Wenn allerdings die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Beschlusses eingewandt wird, etwa weil nicht sämtliche Gesellschafter an der Beschlussfassung mitgewirkt hätten, ist es Sache desjenigen, der sich auf die Nichtigkeit des Beschlusses beruft, konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, aus denen sich die behauptete Unwirksamkeit des Beschlusses ergeben soll. Es reicht nicht etwa aus, pauschal zu behaupten, es seien nicht sämtliche Gesellschafter zur Versammlung eingeladen worden bzw. hätten nicht sämtliche Gesellschafter an der Beschlussfassung mitgewirkt. Vielmehr müsse diejenigen Gesellschafter namentlich benannt werden, die angeblich nicht eingeladen worden seien bzw. nicht mitgewirkt haben sollen. Erst danach ist es Sache des Gegners, die behaupteten, konkreten Umstände zu entkräften (BGH, Urteil 19.1.87, Az. II ZR 158/86, NJW 87, 1262; OLG Frankfurt, Urteil 20.12.07, Az. 1 U 189/06, zit. nach juris).

Vorliegend hat die Beklagte zulässigerweise die Gesellschafterstellung des Herrn Vorname1 Nachname1 sowie die Durchführung der von der Klägerin behaupteten Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung bestritten. Die von der Klägerin in den Schriftsätzen vom 12.9.2016 (Bl. 119 d.A.) sowie vom 27.3.2017 (Bl. 234 d.A.) benannten Zeugen C und Vorname1 Nachname1 sowie die gegenbeweislich von der Beklagten im Schriftsatz vom 5.5.2017 (Bl. 317 d.A.) benannten Zeugen sind zur Frage der Gesellschafterstellung sowie der wirksamen Bestellung des Vorname1 Nachname1 zum vertretungsberechtigten Geschäftsführer mit Gesellschaftsvertrag der GbR vom November 2003 zu hören.

Dagegen ist unschädlich, dass die Klägerin nicht sämtliche Gesellschafter der GbR im Jahre 2003 benennen konnte und nicht darlegen konnte, welche Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung im Jahre 2003 teilgenommen hatten. Wie ausgeführt, hätte es der Beklagten oblegen, konkret darzulegen, dass nicht sämtliche – namentlich zu benennende – Gesellschafter an der Beschlussfassung teilgenommen hätten. Dem kam sie nicht nach.

Soweit die Beklagte auch hinsichtlich des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages zwischen der GbR und der Klägerin vom 14.11.2013 einwendet, die GbR sei nicht wirksam durch Herrn Vorname1 Nachname1 vertreten worden, gilt das soeben Gesagte: Die von den Parteien angebotenen Zeugen sind zur Frage der Gesellschafterstellung sowie der wirksamen Bestellung des Vorname1 Nachname1 zum vertretungsberechtigten Geschäftsführer der GbR mit Gesellschaftsvertrag vom November 2003 zu hören.

Soweit die Beklagte hinsichtlich des Kauf- und Forderungsabtretungsvertrages vom 14.11.2013 einwendet, die Klägerin sei nicht wirksam durch Herrn Vorname2 Nachname1 vertreten worden, gilt das zu f) (Prozessfähigkeit der Klägerin) Gesagte: Sollte nach dem Recht der Marschall Inseln das Handelsregister öffentlichen Glauben dahingehend genießen, dass im Handelsregister eingetragene Tatsachen Dritten gegenüber Wirksamkeit entfalten bzw. als wahr anzusehen sind, müsste die Klägerin die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 28.12.2012, mit dem Herrn Vorname2 Nachname1 angeblich zum vertretungsberechtigten Director der Klägerin bestellt wurde, nicht mehr beweisen.

Darüber hinaus hat die Klägerin jedoch in jedem Fall zu beweisen, dass die Unterschrift „Vorname2 Nachname1“ unter dem Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 tatsächlich von Herrn Vorname2 Nachname1 geleistet wurde. Dieser wird als Partei zu vernehmen, zumindest jedoch informatorisch anzuhören sein.

Festzuhalten bleibt, dass eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme durchzuführen ist:

Zunächst wird ein Rechtsgutachten zu der Frage einzuholen sein, ob nach dem IPR Namibias die Klägerin rechtsfähig ist (s.o. zu e)).

Sollte das Rechtsgutachten zu dem Ergebnis kommen, dass sich nach namibischem IPR die Rechtsfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft nach dem Recht des Staates richtet, in dem die Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz hat oder in dessen Register sie eingetragen ist, d.h. vorliegend nach dem Recht der Marschall Inseln, kommt es darauf an, ob die Klägerin (ursprünglich eine Luxemburgische Société Anonyme) ihren Sitz tatsächlich entsprechend dem Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 auf die Marschall Inseln verlegt hat, darüber Beweis zu erheben sein wird.

Sollte der Klägerin der Beweis gelingen, dass sie ihren Sitz auf die Marschall Inseln verlegt hat, müsste ein weiteres Rechtsgutachten eingeholt werden zu der Frage, ob nach dem Gesellschaftsrecht der Marschall Inseln eine Gesellschaft auf Grundlage einer Sitzverlegung auf die Marschall Inseln tatsächlich wirksam fortbesteht; u.a. auch zur Frage, ob dies trotz des Fehlens einer effektiven, tatsächlichen Verwaltung auf den Marschall Inseln möglich ist.

Ob der Sitz tatsächlich auf die Marschall Inseln verlegt wurde und ob infolgedessen die Klägerin als Gesellschaft nach dem Recht der Marschall Inseln fortbesteht, muss dann jedoch nicht durch Zeugenvernehmung bzw. Rechtgutachten aufgeklärt werden, falls es auch nach dem Recht der Marschall Inseln eine Regelung gibt, wonach eine im Handelsregister eingetragene Tatsache Dritten gegenüber Wirksamkeit entfaltet bzw. als wahr anzusehen ist. In diesem Fall wäre von der Rechtsfähigkeit der Klägerin auszugehen, da die Klägerin durch Vorlage des „Certificate of Registration“ (Registrierungsbescheinigung) vom 31.12.2012 und dazugehöriger Apostille bewiesen hat, dass sie in das entsprechende Register der Marschall Inseln als bestehende Gesellschaft eingetragen worden ist.

Die Klägerin hat auch ihre Prozess- und Postulationsfähigkeit (s.o. zu f) und g)) sowie die Vertretungsmacht des Herrn Vorname2 Nachname1 (s.o. zu h)) zu beweisen.

Sie hat zu beweisen, dass Herr Vorname2 Nachname1 mit Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2012 zum neuen vertretungsberechtigten Geschäftsführer bestimmt wurde.

Wiederum wäre eine Beweiserhebung dann entbehrlich, wenn nach dem Recht der Marschall Inseln das Handelsregister öffentlichen Glauben dahingehend genießt, dass im Handelsregister eingetragene Tatsachen Dritten gegenüber Wirksamkeit entfalten bzw. als wahr anzusehen sind. In diesem Falle stünde ausweislich des „Certificate of Incumbency“ und der dazugehörigen Apostille infolge der Eintragung des Herrn Vorname2 Nachname1 als „director“ bzw. vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister der Marschall Inseln fest, dass dieser tatsächlich die Klägerin wirksam vertreten darf, und die Klägerin damit prozessfähig ist. Zugleich wäre die Prozessvollmacht wirksam durch Herrn Vorname2 Nachame1 für die Klägerin erteilt worden. Auch hätte Herr Vorname2 Nachname1 dann die Klägerin beim Kauf- und Forderungsabtretungsvertrag vom 14.11.2013 wirksam vertreten. Dies setzt jedoch voraus, dass die Klägerin beweisen kann, dass die Unterschrift unter den Vertrag tatsächlich von Herr Vorname2 Nachname1 stammte.

Darüber hinaus hat die Klägerin zu beweisen, dass Herr Vorname1 Nachname1 tatsächlich Gesellschafter der GbR war und dass dieser in der Gesellschafterversammlung von November 2003 wirksam zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GbR bestellt wurde. Dann wäre die GbR beim Kauf- und Darlehensvertrag vom 14.11.2013 wirksam vertreten worden (s.o. zu h)).

Obgleich das Berufungsgericht grundsätzlich gehalten ist, die notwendigen Beweise selbst zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden, § 538 Abs. 1 ZPO, wäre dies vorliegend im Hinblick auf Dauer und Umfang der zu erwartenden Beweisaufnahme und der Komplexität der Rechtsfragen nicht sachdienlich. Zu berücksichtigen ist, dass dem Berufungsgericht grundsätzlich lediglich eine Kontrollfunktion zukommt. Darüber hinaus hätten die Berücksichtigung neuen Parteivortrags und die Durchführung der dazu erforderlichen Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht zur Folge, dass die Parteien eine Tatsacheninstanz verlieren.

Die Kostenentscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten der Berufungsinstanz beruht auf § 21 GKG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts für die Berufungsinstanz folgt aus §§ 47, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO

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