OLG Frankfurt am Main, 19.04.2018 – 2 U 57/17

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.04.2018 – 2 U 57/17
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Schlussurteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 13. Zivilkammer Az. 2-13 O 46/13 – vom 30.3.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 13. Zivilkammer Az. 2-13 O 46/13 – vom 21.4.2016 wird im Kostenausspruch umfassend und im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger mehr als 20.220,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.8.2013 zu zahlen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen die Kläger 70% und die Beklagte 30%. Die Kosten der Nebenintervenientin aus der I. Instanz tragen die Kläger zu je 5/8, im Übrigen trägt die Nebenintervenientin diese selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Streitverkündeten ist für das Berufungsverfahren nicht veranlasst.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Gläubiger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesen Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Schuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.581,90 € festgesetzt.
Gründe

A. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

Die Kläger begehren als ehemalige Mieter der Beklagten Nutzungsentschädigung, die Beklagte erklärt hiergegen unter anderem die Aufrechnung mit Ansprüchen aus Nebenkostenabrechnungen für die Erwärmung der über die Lüftung dem Gebäude zugeführten Luft.

Zwischen den Parteien bestand seit dem Jahr 2003 ein inzwischen beendetes Geschäftsraummietverhältnis über Geschäfts- und Praxisräume in einem „A“ auf dem Grundstück Straße1 in Stadt1 (vgl. Mietvertrag Bl. 533 ff. d.A.).

Ausweislich der Regelung § 6 des Mietvertrages trägt der Mieter die Betriebskosten „i. S. § 27 II BV“, wobei die Parteien eine Vorauszahlung vereinbart haben, über die die Beklagte abrechnet.

Die Nebenkostenabrechnung der Beklagten vom 26.3.2014 für das Abrechnungsjahr 2013 weist eine Nachforderung zu Lasten der Klägerin in Höhe von 3.744,74 € aus, auf welche diese einen Anteil von 1.717,94 € nicht geleistet hat. In der Abrechnung enthalten sind zwei Positionen, die bezeichnet sind als „Heizung über Lüftung“, die sich einmal auf die Praxisräume (760,58 €) und zum anderen auf den Gemeinschaftsbereich 016/017 beziehen (686,36 €). Zudem enthält die Abrechnung für die jeweiligen Flächen eine weitere Positionen „Heizung“, einmal für die Praxisräume (2.961,49 €) und zum anderen für den Gemeinschaftsbereich (686,36 €); vgl. Bl. 281 d.A. Dem zugrunde liegt zunächst eine Gesamtabrechung u.a. der Heizkosten des Abrechnungsunternehmens vom 11.3.2014 (Bl. 620 d.A.), die einen Gesamtbetrag der für die Heizungsanlage entstandenen Kosten in Höhe von 80.103,06 € bei einer Gesamteinheitenzahl von 564.615,000 kWh aufweist. Im Nachfolgenden (Bl. 622 ff. d.A.) beinhaltet die Heizkostenabrechnung nach Nutzer aufgeteilte Einzelabrechnungen mit einer jeweiligen Umlage von 70% der Gesamtkosten nach den individuell verbrauchten Einheiten sowie von 30% nach der anteiligen Fläche. Diese Einzelabrechnungen sind in der Nebenkostenabrechnung für die Kläger unter „Heizung“ wiedergegeben.

Innerhalb der Einzelabrechnungen befindet sich auch eine separate Abrechnung „Lüftungszähler“, die bei Ansetzung von 302.598,000 kWh als Verbrauchseinheiten Kosten in Höhe von 35.760,96 € ausweist (Bl. 622). Diese Kosten hat die Beklagte sodann eigenständig über die jeweiligen Verbrauchseinheiten der Wärmezählers der Lüftungsanlage auf die einzelnen Mieter als „Heizung über Lüftung“ umgelegt. Da es für die Kläger keinen separaten Wärmezähler gibt, wurden die für mehrere Einheiten („L3“) einheitlich erfassten Kosten des Wärmezählers der Lüftungsanlage von deren Gesamtfläche auf die Einzelflächen umgelegt, wobei die Kosten der Gemeinschaftsfläche wiederum halbiert wurden.

Die Abrechnung 2012 vom 26.6.2013 (Bl. 278 d.A.) weist einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.243,01 € aus. Hierauf hat die Klägerin einen Anteil in Höhe von 2.139,60 € nicht geleistet. Die Heizkosten weisen Kosten für „Heizkosten über Lüftung“ in Höhe von 1.185,71 € sowie 706,42 € aus.

Mit Klage vom 27.6.2013 machen die Kläger aufgrund wasserschadensbedingter Mängel gegen die Beklagten einen Nutzungsausfall in Höhe von (nach Klageerweiterung) 64.276,52 € nebst Zinsen geltend. Die Beklagte wendet sich gegen den Schadenersatzanspruch und erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit den Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen 2012 und 2013. Nach Streitverkündung ist die Streitverkündete dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Vorbehaltsurteil vom 21.4.2016 zur Zahlung von 24.147,84 € an die Kläger verurteilt und wies die Klage im Übrigen ab. Der Beklagten wurde die Geltendmachung der Aufrechnung vorbehalten.

Hiergegen erklärt die Beklagte unter anderem und soweit für das Berufungsverfahren relevant die Aufrechnung mit Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen 2012 und 2013. Dabei macht sie einerseits geltend, der „Seminarraum“ mit einer Größe von 90,8 qm sei der Gesamtfläche bei dem Umlageschlüssel hinzuzufügen, da es sich um einen Teil der Mietfläche handele. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die Kosten der Lufterwärmung umlagefähig seien. Das Gebäude werde auch über diese beheizt, so dass es sich um umlegbare Heizkosten handele. Jedenfalls sei § 11 Abs. 1 Nr. 1 HeizkV analog anzuwenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Mit Schlussurteil vom 30.3.2017 (Bl. 581 ff. d.A.) hat das Landgericht das Vorbehaltsurteil insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger mehr als 23.802,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.3.2013 zu zahlen, und die Klage insoweit abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen aufgeführt, dass der Beklagten gegen die Kläger die geltend gemachten Ansprüche aus den Nebenkostenabrechnungen zustünden abzüglich eines Betrages in Höhe von 121,12 € (2012) und 212,71 € (2013), da der Seminarraum nicht in die Gesamtfläche einzustellen war. Weiterhin könne die Beklagte die Kosten „Heizung über Lüftung“ nicht geltend machen. Bei diesen handele es sich zwar offensichtlich um Heizkosten und nicht um solche der Wärmerückgewinnung. Die Beklagte hätte diese jedoch gem. § 7 Abs. 1 HeizkV aufgrund einer Verbrauchserfassung teilweise verbrauchsbasiert abrechnen müssen. Andernfalls hätte eine Schätzung nach § 9a HeizkV erfolgen müssen, was zu einem Kürzungsrecht nach § 12 HeizkV führe. Da die Beklagte jedoch ausschließlich eine Flächenumlage vorgenommen hat, sei eine Schätzumlage nach § 9a HeizkV unzulässig, so dass die Beklagte die Kosten nicht geltend machen könne. Eine Ausnahme gem. § 11 Abs. 1 Nr. 3 HeizkV liege nicht vor. Die auf die jeweiligen Kosten „Heizung über Lüftung“ anfallenden Anteile in Höhe von 1.185,71 € und 706,42 € (2012) sowie 760,58 € und 686,36 € (2013) seien daher von der Nachforderung abziehen, so dass diese nur in Höhe von 126,35 € (2012) und 149,29 € (2013) bestehe und im Wege der Aufrechnung von der Schadenersatzforderung abziehen war, ebenso wie die hierauf anteilig entfallenden verzugsbedingten Rechtsanwaltskosten (70,20 €).

Gegen das ihr am 1.4.2017 zugestellt Schlussurteil hat die Beklagte mit am 1.5.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 30.6.2017 mit am 29.6.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Dabei hat sie den Umfang der Berufung begrenzt auf die Versagung der Kosten für die Beheizung über die Lüftungsanlage aus den Nebenkostenabrechnungen sowie den Abzug der Fläche des Seminarraums aus der Gesamtfläche der Abrechnungen.

Sie führt insoweit unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages aus, die Kosten der Lüftungsanlagen seien umlagefähig. Es handele sich einerseits um Heizkosten iSd. HeizkostenVO. Zudem sei eine Umlage nach der Fläche hier erforderlich, da der streitgegenständliche Lüftungszähler mehreren Einheiten ohne eine separate Erfassung zugeordnet ist. Eine Schätzung nach § 9a HeizkV sei ihr aufgrund des Fehlens von Einzelerfassungsgeräten nicht möglich.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Schlussurteils des Landgerichts Frankfurt am Main – 13. Zivilkammer – Az. 2-13 O 46/13 – das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.4.2017 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt wurde, an die Kläger mehr als 20.009,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2013 zu zahlen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

B. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO).

Sie ist in der Sache auch überwiegend begründet.

Die Beklagte hat über die bereits erstinstanzlich zugesprochenen Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen 2012 und 2013 hinaus gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der in den Nebenkostenabrechnungen ausgewiesenen Kosten für die Umlagepositionen der Erwärmung der Lüftungsluft gem. §§ 535 Abs. 2, 259 BGB, 11 Abs. 1 Nr. 1 b), 7 Abs. 2 HeizkV, 2 Nr. 4a BetrkV iVm. § 6 MV, so dass der noch ausstehende Betrag der Nebenkostenabrechnungen im Weg der Aufrechnung von dem Schadenersatzanspruch der Klägerin abzuziehen ist. Dieser ist insoweit erloschen (§ 389 BGB).

Die Abrechnungen sind formell ordnungsgemäß (§ 259 BGB). Insbesondere hinsichtlich der ausgewiesenen Kosten für die Erwärmung der Lüftungsluft sind soe sowohl hinsichtlich der Abrechnungsposition selbst, also der Bestimmung der Kostenzuordnung, als auch der Verteilung prüffähig.

Bei den beklagtenseits geltend gemachten Kosten „Heizung über Lüftung“ handelt es sich um Kosten des Betriebs der zentralen Heizanlage iSd. §§ 7 Abs. 2 HeizkV, 2 Nr. 4a BetrkV. Sie wurden zudem als umlagefähig vereinbart.

Ausweislich der mietvertraglichen Regelung haben die Parteien die Umlage der in der Anlage 3 zu § 27 II. BerechnungsVO wiedergegebenen Betriebskosten vereinbart. Diese Verweisung ist – zumal die in Bezug genommene Anlage zu dieser Zeit noch existierte – ausreichend, alle dort aufgeführten Positionen auch ohne Wiedergabe dieser oder Hinzufügung der Anlage zu dem Mietvertrag wirksam als umlagefähig zu vereinbaren (BGH NZM 2016, 235 [BGH 10.02.2016 – VIII ZR 137/15]; Langenberg in Schmidt-Futterer 13. Aufl. 2017 § 556 Rn. 43 mwN). Diese Vereinbarung wirkt auch nach Außerkraftsetzung der Anlage 3 zu § 27 II. BV und dem Inkrafttreten der BetrkV fort (BGH NJW 2010, 1065 [BGH 27.01.2010 – XII ZR 22/07]).

Die hier beklagtenseits geltend gemachten Kosten der „Heizung über Lüftung“ sind zudem von den Heizkosten iSd. §§ 7 Abs. 2 HeizkV, 2 Nr. 4a BetrkV erfasst.

Unklar ist dabei zunächst, ob es sich vorliegend bei der von der Beklagten verwendeten Lüftungsanlage hinsichtlich der Heizfunktion um eine reine Lüftungsheizung handelt oder ob diese zugleich mit einer Anlage zur Wärmerückgewinnung iSd. § 15 Abs. 5 EnEV ausgestattet ist. Denn diese sind betriebskostenrechtlich unterschiedlich zu behandeln.

Die Beklagte trägt teilweise selbst vor, dass eine Anlage zur Wärmerückgewinnung vorliege (vgl. etwa Schriftsatz vom 19.11.2014, Seiten 4 und 5; Bl. 326/327 d.A., Schriftsatz vom 6.5.2016, Seite 3; Bl. 494 d.A.). Auch der Zeuge B hat in der Beweisaufnahme ausgesagt, dass „die Lüftungsanlage über eine Wärmerückgewinnungsanlage lief“ (vgl. Bl. 5776 d.A.).

I.

Die Unterscheidung ist allerdings zunächst noch hinsichtlich der unter die Positionen „Heizung über Lüftung“ fallenden Heizkosten nicht relevant, da diese nicht einer Wärmerückgewinnung entspringen.

Die Erwärmung erfolgt jedenfalls insoweit, wie die Beklagte auch unbestritten vorgetragen hat, über eine mit Gas betriebene Heizungsanlage. Hiermit korrespondiert, dass sich die in der Gesamt- und Einzelabrechnung aufgeführten Gesamtkosten der Heizanlage nur zum Teil auf die einzelnen Nutzer unter Zuordnung der auf sie entfallenden Verbrauchseinheiten sowie eines verbrauchsunabhängigen Anteils aufteilen. Ein weiterer Anteil der Gesamtkosten entfällt unter Zugrundelegung der auf die Wärmezähler der Lüftungsanlage (dort „Lüftungszähler“) entfallenden Einheiten auf die Lüftungsanlage (302.598,0 kWh). Dass in der Einheit der Kläger zudem Heizkörper vorhanden sind, ist dabei unschädlich. Die insoweit über die Lüftungsanlage erfolgte Beheizung ist Teil der Gesamtbeheizung durch die Heizungsanlage des Gebäudes. Sie wird lediglich einerseits über die in den Räumen befindlichen Heizkörper (deren Werte separat ausgewiesen sind) und andererseits über die Erwärmung der Lüftungsluft erbracht.

Die Abrechnung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Beklagte die Kosten der Lüftungsheizung nach Fläche umgelegt hat.

Zwar ist die HeizkostenVO über die Voraussetzungen des § 1 HeizkV anwendbar. Die Beklagte hat für die Einheit der Klägerin, jedenfalls soweit es die Wärmezähler der Lüftungsanlage betrifft, entgegen §§ 4, 5 HeizkV auch kein separates Erfassungsgerät eingerichtet, da der erfassende Lüfter mehrere Einheiten zusammenfasst.

Die Beklagte war insoweit nicht befugt und somit auch nicht gehalten, eine Schätzung der Kosten nach § 9a HeizkV vorzunehmen. Denn das setzt voraus, dass der Vermieter Erfassungsgeräte eingerichtet hat, die Erfassung jedoch aufgrund eines Geräteausfalls unterbleibt, was vorliegend nicht gegeben ist. Auch das Tatbestandsmerkmal des anderen zwingenden Grunds bezieht sich auf Vorgänge, die eine Abrechnung trotz vorhandener Erfassungsgeräte verhindern (Lammel in Schmidt-Futterer 13. Aufl. 2017 § 9a Rn. 13 ff.; ders. Heizkostenverordnung Kommentar 4. Aufl. 2015 § 9a Rn. 6 ff.).

Eine Schätzung würde auch nicht zu einem Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkV führen, da die Abrechnung dann noch immer entsprechend den Vorgaben der HeizkostenVO, hier nach § 9a HeizkV erfolgt (BGH NZM 2006, 102 [BGH 16.11.2005 – VIII ZR 373/04]; Gramlich Mietrecht 13. Aufl. 2015 § 12 unter Ziff. 2; Langenberg/Zehelein Betriebskosten- und Heizkostenrecht 8. Aufl. 2016 K Rn. 335; Lützenkirchen in Lützenkirchen Mietrecht Kommentar 2. Aufl. 2015 § 12 HeizkV Rn. 25). Die Gegenauffassung, die argumentiert, das wesentliche Anknüpfungsmerkmal in § 12 Abs. 1 HeizkV stelle darauf ab, dass nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werde (Lammel Heizkostenverordnung Kommentar 4. Aufl. 2015 § 12 Rn. 51) überzeugt nicht. Die Norm ist vielmehr derart zu lesen, dass die Kürzung nur dann vorzunehmen ist, wenn zwar nicht verbrauchsabhängig abgerechnet wird, dieses aber entgegen den Vorschriften der Verordnung erfolgt, umgekehrt also eine nicht verbrauchsabhängig Abrechnung entsprechend dieser Vorschriften, wie es etwa § 9a HeizkV zulässt, nicht erfasst ist. Das ergibt sich insbesondere aus dem Normzweck der HeizkostenVO, die – in Umsetzung der Richtlinie EU 2006/32/EG (nunmehr RL 2012/27/EU) – dem Mieter Anreize zu verbrauchssparendem Verhalten durch unmittelbare Verbrauchsabrechnung geben soll (Schmid/Zehelein in Münchener Kommentar zum BGB 7. Aufl. 2016 § 1 HeizkV Rn. 1). Entsprechend sanktioniert § 12 HeizkV einen Verstoß des Vermieters hiergegen, indem es einen Schaden des Mieters dadurch postuliert, dass er andernfalls – im Falle der verbrauchsbasierten Abrechnung – eine Einsparung von 15% erzielt hätte (Kreuzberg/Wien, HdB Heizkostenabrechnung, 8. Aufl. 2013, S. 126; Lammel Heizkostenverordnung Kommentar 4. Aufl. 2015 § 12 Rn. 12). Dafür aber besteht in den von § 9a HeizkV anerkannten Fällen ganz überwiegend kein Bedürfnis, zumal die Verwendung von Erfassungsgeräten als solches vorausgesetzt wird.

Da § 9a HeizkV vorliegend nicht anwendbar ist und die Beklagte nach Fläche abrechnet, wäre das Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkV daher einschlägig (BGH NJW 2008, 142 [BGH 31.10.2007 – VIII ZR 261/06]).

Die Beklagte war jedoch nicht verpflichtet, die Kosten der Wärmezähler für die Lüftungsanlage nach den Vorgaben der §§ 3 bis 7 HeizkV über eine Erfassung zu verteilen. Denn die Ausstattung einer Lüftungsheizung mit Erfassungsgeräten zur individuellen Verbrauchserfassung ist jedenfalls dann mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, wenn diese eine Regulierungsfunktion nicht enthält, was vorliegend der Fall ist. Denn dann kann durch verbrauchsbezogene Abrechnung eine Einwirkung auf das Nutzerverhalten nicht herbeigeführt werde, so dass auch keine Einsparungen zu erzielen sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkV).

Einfache Lüftungsheizungen, wie die vorliegende, weisen lediglich eine Ausstattung zum Vorheizen der eindringenden Luft auf. Diese ist jedoch auf die Erzielung einer bestimmten Temperatur fixiert und kann von den jeweiligen Nutzern nicht beeinflusst werden. Die hier streitgegenständliche Ausstattung erwärmt die Luft auf 18 Grad. Lediglich bei besser ausgestatteten Lüftungsanlagen (sog. „Komfortanlagen“) befindet sich hinter der Vorrichtung zum Vorerhitzen noch eine solche zum Nachheizen, welche von dem jeweiligen Nutzer zur Regulierung der Raumtemperatur beeinflusst werden kann und deren Verbrauch von einem Wärmezähler erfasst wird. Eine solche Ausstattung ist jedoch nicht vorgeschrieben. Sie ergibt sich auch nicht, für die Anwendung der HeizkostenVO relevant, aus den Vorgaben der Energieeinsparungsverordnung. Dies schreibt zwar in § 15 Abs. 5 EnEV unter den dortigen Voraussetzungen die Einrichtung einer Wärmerückgewinnungsanlage vor, nicht jedoch eine Regulierungsfunktion der Lüftungsheizung. Die Nachrüstung einer solchen ist – abgesehen davon, dass die HeizkostenVO dieses nicht statuiert, sondern nur an deren Vorhandensein anknüpft – zudem mit erheblichen Kosten verbunden, da hierfür nicht nur die Anschaffung und Einrichtung der Nacherhitzer selbst sowie der Regulierungsapparaturen erforderlich ist, sondern zugleich die Verlegung von weiteren Verbindungsrohren von der Heizanlage zu den Nacherhitzern.

Es besteht vorliegend auch aus dem Grund kein Bedarf für eine Verbrauchserfassung der Heizungslüftung, da diese lediglich eine Mindesttemperatur von 18 Grad erzeugt. Die individuelle Verbrauchssteuerung erfolgt nach dem unstreitigen Beklagtenvortrag durch die jeweiligen Heizkörper, mit Hilfe derer die Nutzer die gewünschte höhere Temperatur herstellen können. Insoweit greift hier über die verbrauchsbezogene Abrechnung der von der HeizkostenVO bezweckte Steuerungs- und Energieeinsparungszweck.

Die Beklagte durfte daher die Heizungskosten der Lüftung gem. § 2 Nr. 4a BetrkV mangels Anwendbarkeit der zwingenden Vorschrift des § 7 Abs. 1 HeizkV nach dem Flächenmaßstab abrechnen. Dem steht auch nicht die Regelung des § 6 Nr. 3 MV entgegen, nach welcher die Beklagte zur Abrechnung über messtechnische Ausstattungen zur Verbrauchserfassung entsprechend den § 7 HeizkV verpflichtet ist. Denn auch diese Klausel ist vernünftiger Weise so zu verstehen, dass eine Erfassung der Heizkosten nur dort erfolgt, wo diese wegen der Möglichkeit einer Nutzersteuerung zur Inanspruchnahme der Wärme sinnvoll ist. Sie findet daher für die Lüftungsheizung keine Anwendung, zumal der Verweis auf die HeizkostenVO die Regelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkV auch ohne konkrete Nennung sinngemäß beinhaltet.

Aus demselben Grunde ist es auch unschädlich, dass der den Abrechnungen zugrundeliegende Wärmezähler der Lüftungsanlage mehrere Einheiten erfasst. Ist dem Vermieter die Umlage nach Fläche grundsätzlich erlaubt, steht dem die Bildung von Untereinheiten gerade nicht entgegen. Insoweit besteht auch nach dem Rechtsgedanken des § 556a Abs. 1 BGB keine Pflicht zur individuellen Verbrauchserfassung, sondern lediglich eine solche zur verbrauchs- oder verursachungsabhängigen Abrechnung, falls eine individuelle Erfassung bei allen Mietern möglich ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen vertragswidrig nicht verbrauchsbezogener Abrechnung entsprechend § 12 HeizkV in Höhe von 15% der Gesamtkosten (vgl. BGH WuM 2012, 316; ZMR 2012, 615), da eine vertragliche Pflicht zur verbrauchsbezogenen Abrechnung nicht besteht.

Die Kosten der Lüftungsheizung sind damit vollständig umlegbar. Der auf die Klägerin entfallende Anteil ist hier im Hinblick auf den klägerseits gerügten Seminarraum (90,8 qm) im Umlageschlüssel nicht zu korrigieren. Denn die auf die Lüftungsheizung entfallenden Anteile der Heizkosten wurden separat von der Lüftungszählereinheit L 3 erfasst. Dass es sich um mehrere zusammengefasste Einheiten handelt, die zu der insoweit internen Flächenumlage führen, steht dem nicht entgegen, da die Kosten jedenfalls nur auf diesen Einheiten angefallen sind und der Seminarraum daher keine Berücksichtigung findet.

II.

Die Beklagte kann die Kosten auch insoweit umlegen, als diese aus der Verwendung einer Wärmerückgewinnungsanlage resultieren würden. Zwar werden Einwände gegen die Betriebs- und Heizkostenabrechnung nicht von Amts wegen, sondern nur insoweit berücksichtigt, wie der Mieter diese konkret erhebt (BGH GE 2012, 543). Dabei ist aber zunächst zu sehen, dass die klägerischen Einwände allgemein auf die „Vorerwärmung“ der Lüftungsluft abzielen und nicht zwischen einer Lüftungsbeheizung und einer Wärmerückgewinnung differenzieren. Eine solche Unterscheidung ist auch nicht zu fordern, da der Mieter nicht derart vertieft über technische Vorgänge vortragen muss. Daher ist jede Art einer Vorerwärmung der über die Lüftung eindringenden Zuluft von dem klägerischen Einwand erfasst, so dass auch die Umlagefähigkeit der Kosten einer Wärmerückgewinnung relevant wären, wenn die Beklagte eine solche verwendet. Hierfür spricht bereits, dass sie selbst erklärt, eine solche zu betreiben, auch wenn der auf die Wärmerückgewinnung entfallende Anteil denjenigen der Zuluftbeheizung über die Heizungsanlage deutlich unterschreitet. Denn der maßgebliche Anteil der Lufterwärmung auf 18 Grad Celsius erfolgt durch letztere. Eine weitere Sachaufklärung ist jedoch insoweit nicht geboten, da auch in diesem Fall die entstandenen Kosten gem. §§ 2 Nr. 4a BetrkV, 7 Abs. 2 HeizkV umlagefähig wären.

Eine Wärmerückgewinnungsanlage, über die eine teilweise Erwärmung der über die Lüftung zugeführten Luft von der warmen Abluft erfolgt (Wärmerückgewinnung, VDI 3808 Blatt 5; Möller Energieeinsparungsgesetz Kommentar 1. Aufl. 2012 § 2 Rn. 7), dient dazu, die in der Abluft erhaltene Wärmemenge für die Erwärmung der Zuluft zu nutzen und somit Energieeinsparungen dadurch zu erreichen, dass der Energieverbrauch der Heizanlage über ein sonst erforderliches vollständiges Beheizen der Zuluft geringer ausfällt. Hierbei wird über ein Wärmetauschersystem die Wärmeenergie der Abluft mit Hilfe durch elektrische Energie betriebener Pumpen, die ein Heizmedium von der Abluft zur Zuluft transportieren, der einströmenden Außenluft teilweise zugeführt. Die Energie wird dazu aufgewandt, die Wärmenergie der Abluft zur Beheizung zu nutzen. Ohne Vorerwärmung der eindringenden Außenluft müsste von der Heizungsanlage mehr Heizwärme produziert werden, um die angestrebte Temperatur zu erhalten, was im Ergebnis einen höheren Energieaufwand erfordern würde.

Bei der Verwendung einer Wärmerückgewinnungsanlage erbringt der Vermieter also zwei unterschiedliche Leistungen. Einerseits betreibt er eine zentrale Heizungsanlage, die dazu dient, das Gebäude mit ausreichend Wärme zu versorgen und somit für die Mieter einschließlich der Klägerin gemäß dem vertraglich vereinbarten Zweck nutzbar zu machen. Er erfüllt hierüber seine aus dem Mietvertrag resultierende Pflicht zur Wärmeversorgung. Das gilt, so keine abweichenden Abreden getroffen werden (und im Hinblick auf § 2 HeizkV getroffen werden können), auch für die Geschäftsraummiete, wenn der Vertragszweck dieses erfordert (BGH NJW 1991, 1750 [1753] [BGH 15.05.1991 – VIII ZR 38/90]; OLG München NZM 2001, 382 [382]; AG Hanau BeckRS 2014, 14592; Häublein in Münchener Kommentar zum BGB 7. Aufl. 2016 § 535 Rn. 76; Eisenschmid in Schmidt/Futterer Mietrecht 13. Aufl. 2017 § 535 Rn. 388; Zehelein in BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck 44. Edition Stand: 1.11.2017§ 535 Rn. 502 f.). Die Beheizung kann hierbei auch über eine Lüftungsheizung erfolgen, wenn die durch die Heizanlage erzeugte Wärme insgesamt oder jedenfalls anteilig über diese in die Mietsache eingeführt wird. Das somit auch, wenn zusätzlich Heizkörper vorhanden sind, da die Erwärmung des Gebäudes auch parallel auf unterschiedlichen Wegen erfolgen kann. Es handelt insgesamt um Heizkosten iSd. §§ 2 Nr. 4a, 7 Abs. 2 HeizkV.

Zum anderen stellt der Vermieter über die Lüftungsanlage die ausreichende Belüftung der Mietsache her, nutzt diese jedoch zugleich für die Gebäudebeheizung. Dabei kann im Zuge der Nutzung und Beheizung von Gebäuden die Verwendung der Heizungsanlage einerseits, sowie von Lüftungsanlagen, Lüftungsheizungen und einer Wärmerückgewinnungsanlage andererseits nicht ohne weiteres getrennt werden. Denn ab einer gewissen Raumgröße kann die Be- und Entlüftung, deren Erforderlichkeit u.a. in § 6 Abs. 2 EnEV niedergeschrieben ist, nicht mehr über die Fenster bzw. den normalen Luftaustausch erfolgen. Es bedarf vielmehr eines Luftaustausches über eine Lüftungsanlage. Zugleich ist zu sehen, dass auch die Beheizbarkeit von Räumen ab einer bestimmten Größe gerade zur Mitte hin nicht mehr über an den Seitenwänden angebrachte Heizkörper möglich ist. Eine gleichmäßige Erwärmung der Raumluft kann nur über die zusätzliche Verwendung der Lüftungsheizung erfolgen. Weiterhin ist bei der Verwendung von Lüftungsanlagen für einen Volumenstrom der Zuluft von mindestens 4000 m³/h die Einrichtung einer Wärmerückgewinnungsanlage gem. § 15 Abs. 5 EnEV vorgeschrieben, um die hiermit einhergehenden Energieeinsparungen gegenüber einer ausschließlichen Direktbeheizung durch die Heizungsanlage zu erzielen. Bei der Planung der für das Gebäude erforderlichen Heizungsanlage wird (allerdings nicht auf die notwendigen Vorgaben nach der Energieeinsparungsverordnung begrenzt) bereits der über die Wärmerückgewinnungsanlage zu erbringende Anteil der Gebäudeerwärmung berücksichtigt (DIN EN 12831 – Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast). Eine Erwärmung in dem angestrebten Umfang ist daher ohne deren Verwendung nicht möglich. Bei raumlufttechnischen Anlagen verwendete Wärmerückgewinnungsanlagen sind somit unmittelbar mit dem Gesamtkonzept der Gebäudebeheizung verbunden und unterfallen dem Betrieb der zentralen Heizanlage iSd. §§ 2 Nr. 4a BetrkV/7 Abs. 2 HeizkV. Der hierbei verwendete Strom zum Betrieb der Pumpen, über die die Wärme der nach außen strömenden Luft auf die Zuluft übertragen wird, ist Teil des Betriebsstroms. Diesem unterfällt nicht nur derjenige Strom, über den die Anlage selbst betrieben wird, welche die Wärme erzeugt. Ebenso erfasst sind die die bereits erzeugte Wärme (Warmwasser) verteilenden Geräte bzw. Nebenaggregate, wie etwa auch die Umwälzpumpen (Lammel Heizkostenverordnung Kommentar 4. Aufl. 2015 § 7 Rn. 90; Pfeifer in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender 210. Erg.-Lief. Februar 2016 § 7 HeizkV Seite 87; Kreuzberg/Wien, HdB Heizkostenabrechnung, 8. Aufl. 2013, S. 69). Eine Wärmerückgewinnungsanlage dient in gleicher Weise der Verteilung der Wärme, indem sie diese durch Übertragung der einströmenden Außenluft zuführt. Der Betriebsstrom ist nicht auf die Verbringung der von der Heizungsanlage erzeugten Wärme bzw. des Heizwassers zu den Nutzern beschränkt, sondern umfassend zu verstehen dahingehen, dass die erzeugte Wärme dem Gebäudeinneren zugeführt wird und dieses erwärmt.

Die Kosten fallen hier allerdings in aller Regel nicht bei denjenigen des üblichen Heizungsstroms an, weil die Versorgungsleitungen zu den Lüftern nicht mit diesen Zählern verbunden sind. Sie fließen vielmehr in den sog. „Allgemeinstrom“ und werden meist über die Kosten der Beleuchtung ausgewiesen (§ 2 Nr. 11 BetrkV). Ihre Umlagefähigkeit richtet sich jedoch nach § 7 Abs. 2 HeizkV, einer besonderen Ausweisung in der Abrechnung bedarf es dabei nicht.

Für den Verteilungsmodus gelten dieselben Grundsätze, wie sie vorstehend für die Kosten der Lüftungsheizung dargestellt wurden. Eine Verbrauchssteuerung durch die Nutzer ist nicht möglich. Sie wäre auch nicht geboten, da die Wärmerückgewinnungsanlage die Außenluft nur zum Teil vorerwärmt. Damit entfällt gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkV eine Erfassungs- und verbrauchsbezogene Abrechnungspflicht nach §§ 4 ff. HeizkV. Eine Befreiung nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 a) HeizkV kommt hingegen nicht in Betracht, da aufgrund des geringen Anteils der Luftvorerwärmung an der Gesamtbeheizung des Gebäudes keine „überwiegende“ Versorgung stattfindet.

Diese Auslegung der §§ 2 Nr. 4a BetrkV/7 Abs. 2 HeizkV ist zudem unionsrechtlich im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung geboten.

Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nationaler Normen ist eine Fortsetzung der Umsetzungspflicht des nationalen Gesetzgebers gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV und folgt zudem aus dem Prinzip der Unionstreue gem. Art. 4 Abs. 3 AEUV. Die nationale Norm muss insoweit nicht ausdrücklich zur Umsetzung der Richtlinie erlassen worden sein. Maßgeblich ist, ob die jeweilige Bestimmung in den Anwendungsbereich einer Richtlinie fällt, wobei dieses von der Richtlinie aus zu beurteilen ist (EuGH NJW 1984, 2201 [2291]; EuGH EuZW 2016, 466 [468]; EuGH BeckRS 2004, 74075; Lorenz in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2016, Vorbemerkung (Vor § 474) Rn. 3; Mittwoch JuS 2017, 296 [296]). Das nationale Recht muss mangels unmittelbarer inländischer Geltung nach Maßgabe der Richtlinien ausgelegt werden. Das erfolgt in der Art, dass unter mehreren Auslegungsalternativen, die das nationale Recht eröffnet, eine richtlinienkonforme zu wählen ist, welche die Umsetzung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele, orientiert an deren Wortlaut und Zweck, bestmöglich gewährleistet (BGH NZM 2002, 539 [BGH 09.04.2002 – XI ZR 91/99]).

Die HeizkostenVO stellt richtlinienumsetzendes Recht dar. Nach ihrem amtlichen Hinweis setzt sie die (Endenergieeffizienz-) Richtlinie 2006/32/EG um. Diese ist zum 1.1.2017 vollständig von der Energie-Effizienz-Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2012 aufgehoben bzw. ersetzt worden (Art. 27 RL). Vorrangiges Ziel dieser Richtlinien ist die Erzielung von Energieeinsparungen sowie die Steigerung der Energieeffizienz (vgl. u.a. Erwägungsgründe Nr. (2) ff. RL 2012/27/EU). Zweck der Richtlinie 2006/32/EG war gem. Art. 1 die Steigerung der Effizienz der Endenergienutzung, was gem. Art. 1a durch die Schaffung von Anreizen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen (bzw. Beseitigung entsprechender Hindernisse) verfolgt werden soll. Zwar beinhaltet die Richtlinie im Gegensatz zu der sie nunmehr ersetzenden Richtlinie 2012/27/EU keinen unmittelbaren Bezug zu Betriebskosten. Diesen hat der nationale Verordnungsgeber jedoch selbst hergestellt, indem er die HeizkostenVO als richtlinienumsetzendes Recht deklariert. Während die Umsetzung in der HeizkostenVO unmittelbar durch die Verbrauchserfassungs- und -verteilungspflicht erfolgt, forciert die Richtlinie zudem die Schaffung von Investitionsanreizen durch die Umlagefähigkeit der Kosten für Maßnahmen zur Energieeinsparung, so gem. Art. 3c u.a. durch technische Änderungen (hierzu Zehelein NZM 2014, 649 [656]). Zwar ist die Verwendung energieeinsparender Wärmerückgewinnungsanlagen ab einer bestimmten Größe vorgeschrieben (vgl. § 15 Abs. 5 EnEV). Verbleiben die laufenden Kosten jedoch bei dem Vermieter/Gebäudeersteller, so stellt das ein Investitionshindernis dar, so diese nicht umlagefähig sind, was sowohl einer Ausstattung bei verordnungsrechtlich nicht zwingender Verwendung, als auch einer Nachrüstung entgegensteht. Gerade hier stellt sich das Problem einer Umlage der Kosten auf den Mieter, so diese nicht bereits von der HeizkostenVO erfasst sind (sog. „Investor-Nutzer-Dilemma“, vgl. hierzu etwa Eisenschmid WuM 2008, 264; Lammel in Schmidt/Futterer Mietrecht 13. Aufl. 2017 § 556c Rn. 6/7; Zehelein NZM 2014, 649 [656]; vgl. auch Börstinghaus in Schmidt-Futterer 13. Aufl. 2017 § 559 Rn. 6 mwN). Eben hieran knüpft die Energie-Effizienz-Richtlinie 2012/27/EU in Art. 19 Abs. 1 a) an und fordert insoweit ausdrücklich eine

Aufteilung von Anreizen zwischen dem Eigentümer und dem Mieter eines Gebäudes oder zwischen den Eigentümern, damit diese Parteien nicht deshalb, weil ihnen die vollen Vorteile der Investition nicht einzeln zugute kommen oder weil Regeln für die Aufteilung der Kosten und Vorteile untereinander fehlen, davon abgehalten werden, Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz vorzunehmen, die sie ansonsten getätigt hätten […]

Die Umlagefähigkeit laufender Kosten, die aus energieeinsparenden Maßnahmen resultieren, auf die Nutzer wird daher unionsrechtlich forciert. Eine Auslegung des § 7 Abs. 2 HeizkostenVO dahingehend, dass der Betriebsstrom als Teil der Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage auch die Stromkosten für den Betrieb einer Wärmerückgewinnungsanlage beinhaltet, dient diesem Ziel, da hierdurch ein Kostenanreiz geschaffen oder jedenfalls kein Kostenhindernis für den Gebäudeersteller bzw. -eigentümer gesetzt wird. Die Wahl dieser Auslegungsmethode ist daher geboten.

Weitere Grundlage richtlinienkonformer Auslegung sind die §§ 6 Abs. 2, 15 Abs. 5 EnEV. Die Energieeinsparungsverordnung setzt ihrerseits die sog. Gebäudeeffizienz-Richtlinie 2010/31/EU vom 19.5.2010 um (BR-Drs. 113/13 S. 1) um. Diese forciert die Steigerung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, um den Gesamtenergieverbrauch der Union, der zu 40% auf Gebäude entfällt, zu verringern (vgl. Erwägungsgründe Nrn. (1) und (3)). Lüftungstechnische Anlagen sind von dem Regelungsbereich der Richtlinie erfasst, wie sich bereits aus Erwägungsgrund Nr. (8) ergibt. Ausweislich Erwägungsgrund Nr. (9) soll die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden grundsätzlich unter einer umfassenden Berücksichtigung aller relevanten Faktoren bestimmt werden, wobei neben dem Heizungssystem auch Klimaanlagen und Raumluftqualität einfließen. Eine strikte Trennung von Gebäudebeheizung einerseits sowie Be- und Entlüftung andererseits ist energieeinsparungspolitisch von dem Unionsrecht gerade nicht gewollt.

Dementsprechend sind gem. § § 6 Abs. 2 EnEV zu errichtende Gebäude so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist. Diese Vorgabe steht in direktem Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 EnEV zur Ermöglichung der Durchführung der dort vorgegebenen Dichtigkeitsanforderungen, die ihrerseits den Mindestwärmeschutz und die Berücksichtigung der Wärmebrücken erfassen (Heix in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender 208. Erg.-Lief. April 2015 EnEV – Einführung, Seite 4). Damit begründet die EnEV im Zuge der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben eine einheitliche Handhabung der Gebäudebeheizung sowohl im Hinblick auf die Wärmeproduktion als auch deren Verteilung und Erhaltung über Lüftungsanlagen.

Gem. § 15 Abs. 5 EnEV sind Lüftungsanlagen mit einer Nennleistung für den Kältebedarf von mehr als zwölf Kilowatt und raumlufttechnischen Anlagen, die für einen Volumenstrom der Zuluft von wenigstens 4000 Kubikmeter je Stunde ausgelegt sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EnEV 2014), mit Einrichtungen zur Wärmerückgewinnung auszustatten. Das Ziel der Regelung besteht wiederum darin, über die Ausstattung von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnungseinrichtungen Energieeinsparungen herbeizuführen. Der Verordnungsgeber hat jedoch eine korrespondierende Kostenumlageregelung für raumlufttechnische Anlagen, die in den Prozess der Gebäudebeheizung eingebunden sind, nicht in die HeizkV aufgenommen, obwohl § 3a EnEG dieses ermöglicht. Hierfür besteht aber auch kein Bedarf. Denn das Energieeinsparungsgesetz setzt seinerseits ebenfalls die Richtlinien 2006/32/EG und 2012/27/EU um, so dass die in diesen verbürgten Vorgaben zur Anreizschaffung durch Kostenverteilung ebenso heranzuziehen sind. Ob der nationale Gesetzgeber hierauf ausdrücklich reagiert hat, ist daher nicht relevant. Denn eine entsprechende Auslegung von § 7 Abs. 2 HeizkV wie vorstehend erörtert erfolgt hier über die Ermächtigungsgrundlage des § 3a EnEG, die ihrerseits im Lichte der Richtlinien zu bestimmen ist. Die EnergieeinsparungsVO beruht auf den Ermächtigungsgrundlagen des Energieeinsparungsgesetzes und wird somit wiederum von den Richtlinien 2006/32/EG und 2012/27/EU erfasst. Das Energieeinsparungsgesetz sowie die nach diesem erlassene EnergieeinsparungsVO einerseits und die HeizkostenVO andererseits bilden daher innerhalb der Ziele und Vorgaben der Energie-Effizienz-Richtlinien 2006/32/EG und 2012/27/EU eine regelungs- und auslegungstechnische Einheit. Das führt vorliegend dazu, die Beheizung von Gebäuden mit Blick auf die Ziele der Energieeinsparung als einheitlichen Prozess unter Verwendung (u.a.) der Heizanlage einerseits sowie der Raumlufttechnik andererseits anzusehen und verordnungsrechtlich zu erfassen mit dem Ziel, die hiermit zusammenhängenden Kosten, so die nationale Auslegungsmethodik dieses ermöglicht, einer Betriebskostenumlage zuzuführen. Auch vor diesem Hintergrund sind Stromkosten, welche bei dem Betrieb von Wärmerückgewinnungsanlagen bei Lüftungsanlagen anfallen, als solche des Betriebsstroms gem. § 7 Abs. 2 HeizkV anzusehen.

Die Tatsache, dass die §§ 3 – 7 ff. HeizkV vorliegend wegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkV nicht anwendbar sind, steht dem nicht entgegen. Der Anwendungsbereich der HeizkostenVO wird hierdurch nicht als solches negiert, so dass die Vorgaben richtlinienkonformer Auslegung nach wie vor Geltung finden. Die Regelung soll den Eigentümer/Vermieter vor zu hohen und unvertretbaren wirtschaftlichen Nachteilen bewahren, in dem er von den Anforderungen an die Verbrauchserfassung und -verteilung befreit wird (Lammel Heizkostenverordnung Kommentar 4. Aufl. 2015 § 11 Rn. 2 ff., 67). Damit soll ihm aber nicht die Umlagefähigkeit nach § 7 Abs. 2 HeizkV genommen werden, insbesondere dann nicht, wenn die Tatbestände richtlinienkonform auszulegen sind.

Die für § 7 Abs. 2 HeizkV geltenden Grundsätze richtlinienkonformer Auslegung gelten im Wege richtlinienorientierter Auslegung im Übrigen ebenso für § 2 Nr. 4a BetrkV (Zehelein NZM 2014, 649 [657 ff.]).

Die Kosten der von der Beklagten betriebenen Lüftungsheizung sind somit auch dann umlegbar, wenn bzw. insoweit diese aus einer Luftvorerwärmung über die Wärmerückgewinnungsanlage herrühren. Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es insoweit nicht.

Der Beklagten steht daher über die landgerichtlich bereits zugesprochenen Nachforderungsanteile aus den Abrechnungen jeweils eine weitere Nachforderung in Höhe von 2.139,60 € für 2012 sowie in Höhe von 1.717,94 € für 2013 zu, die sie im Wege der Aufrechnung dem klägerischen Schadenersatzanspruch entgegenhalten kann. Verzugsbedingte Anwaltskosten sind für diese Kostenanteile jedoch nicht zuzusprechen. Denn insoweit ist aufgrund der weitgehend ungeklärten Kostenabwälzung bei Lüftungsheizungen, zumal die Beklagte selbst von einer Wärmerückgewinnungsanlage spricht, ein Verschulden der Klägerin nicht anzunehmen, so dass es bei dem landgerichtlich zugesprochenen Betrag in Höhe von 70,20 € verbleibt.

Der der Klägerin in dem Vorbehaltsurteil des Landgerichts vom 21.4.2016 zugesprochene Schadenersatzbetrag in Höhe von 24.147,84 € ist somit in Höhe von 2.139,60 € (Nebenkostenabrechnung 2012) und 1.717,94 € (Nebenkostenabrechnung 2013) erloschen (§ 389 BGB), so dass noch 20.220,10 € verbleiben. Das Vorbehaltsurteil ist in dieser Höhe aufrecht zu erhalten und die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz §§ 92, 100 ZPO. Sie war gem. § 302 Abs. 4 Satz 2 ZPO neu zu fassen, da das Vorbehaltsurteil vom 21.4.2016 teilweise aufgehoben wird (Feskorn in Zöller Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 302 ZPO, Rn. 12).

Im Verhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten beträgt der Gesamtstreitwert, da die Beklagte die Aufrechnung hilfsweise geltend gemacht hat (§ 45 Abs. 3 GKF), 64.276,52 € (Klageforderung) + 2.139,60 € + 1.717,94 € = 68.134,06 €. Die Klägerin obsiegt in einem Umfang von 20.220,10 €, was 30% entspricht, die Beklagte obsiegt in Höhe von 70%.

Die Mahnkosten sind als Nebenforderungen hierbei nicht zu berücksichtigen, da sie nicht dem „Wert“ der Gegenforderung iSd. § 45 Abs. 3 GKG zugehörig sind. Das ergibt sich aus der Regelung des § 43 GKG, die hier ebenfalls Anwendung findet. Eine Nebenforderung, die neben und abhängig von der Hauptforderung geltend gemacht wird, folgt letzterer in aller Regel auch in dem materiell-rechtlichen Schicksal, so dass die Entscheidung hierüber nicht als eigenständige gebührenbegründende gerichtliche Tätigkeit anzusehen ist. Da § 45 Abs. 3 GKG die durch die entscheidungsrelevant gewordene Hilfsaufrechnung erforderlich gewordene Mehrarbeit des Gerichts in den Streitwert einbezieht (Hartmann Kostengesetze 47. Aufl. 2017 § 45 Rn. 45), beinhaltet der hierüber zu bestimmende Wert der Hilfsaufrechnung auch insoweit nicht die abhängigen Nebenforderungen, da diese wiederum der zur Aufrechnung gestellten Hauptforderung folgen und, wie sich aus § 43 GKG ergibt, keine eigenständige Wertbestimmung aufweisen.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Nebenintervenientin folgt aus §§ 100, 92 ZPO. Sie richtet sich ausschließlich nach ihrer Beteiligung an dem erstinstanzlichen Verfahren und somit der Abwehr des klägerseits bis zum Erlass des Vorbehaltsurteils vom 21.4.2016 geltend gemachten Anspruchs auf Schadenersatz bzw. Nutzungsausfall. Insoweit unterliegt sie nach wie vor bei einer geltend gemachten Klageforderung in Höhe von 64.276,52 €, mit der die Kläger in einem Umfang von 24.147,84 € obsiegen (vor Aufrechnung durch die Beklagte) im Umfang von 3/8.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO, da die Beklagte in der Berufung lediglich geringfügig bzw. mit einem Teil der Nebenforderung unterliegt und dieses keinen Gebührensprung verursacht.

Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Streitverkündeten ist nicht geboten, da keine erstattungsfähigen Kosten ersichtlich sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO und ergibt sich aus der Differenz der beklagtenseits zur Aufrechnung gestellten Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen 2012 und 2013 zu den landgerichtlich bereits zugesprochenen Anteilen ohne die Mahnkosten.

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache hinsichtlich der Umlagefähigkeit von Kosten einer Lüftungsheizung bzw. Wärmerückgewinnungsanlage insbesondere mit Blick auf die Anwendung 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkV grundsätzliche Bedeutung hat und daher eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

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