OLG Frankfurt am Main, 16.03.2018 – 3 U 135/16

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 16.03.2018 – 3 U 135/16
Leitsatz:

1.

Die Widerrufsbelehrung der Bank_001a nach dem Muster der Fassung März 2003 entspricht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB in der Fassung bis zum 10.06.2010.
2.

Ein vor Ablauf der Kündigungsfrist abgeschlossenes ForwardDarlehen zur „Umschuldung“ kann eine Konditionenanpassung sein, für die kein Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. besteht.

Tenor:

In dem Rechtsstreit (…)

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.07.2016 (2-18 O 421/15) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen der Widerrufe dreier grundpfandrechtlich besicherter Verbraucherdarlehen.

Am 19.06.2006 schlossen die Parteien zur Kontonummer …-88 einen Darlehensvertrag über einen Darlehensbetrag in Höhe von nominal 80.000,00 € (Anlage K 2, Anlagenband Klägerseite; im Folgenden Darlehen 1 genannt). Am gleichen Tag schlossen die Parteien zur Kontonummer …-87 einen weiteren Darlehensvertrag über einen Darlehensbetrag in Höhe von nominal 32.000,00 € (Anlage K 1, Anlagenband Klägerseite; im Folgenden Darlehen 2 genannt). Der Kläger wurde bei Vertragsschluss über sein Widerrufsrecht belehrt. Hinsichtlich der Einzelheiten der identischen Widerrufsbelehrungen wird auf die letzte Seite der Anlagen K 1 und K 2 (Anlagenband Klägerseite) verwiesen. In dem Darlehen 2 vereinbarten die Parteien eine fünfjährige Zinsfestschreibung. Am 27.08./02.09.2009 schlossen die Parteien zur Kontonummer …-89 ein sog. ForwardDarlehen über nominal € 28.600,00 (Anlage K 3, Anlagenband Klägerseite; im Folgenden Darlehen 3 genannt) zur „Umschuldung“ des Darlehens 2 zum 25.05.2011. Der Kläger wurde bei Vertragsschluss über ein Widerrufsrecht belehrt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Widerrufsbelehrung wird auf die vorletzte Seite der Anlage K 3 (Anlagenband Klägerseite) verwiesen. Dementsprechend wurde das Darlehen 2 durch das Darlehen 3 im Jahr 2011 vollständig abgelöst. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.03.2015 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss der vorgenannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Belehrungen seien unwirksam und hätten die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Trotz erfolgter Rückzahlung des Darlehens 2 hätte er den Widerruf noch erklären können. Der Kläger hat unter der Annahme variabler üblicher Zinsen und eines Nutzungsersatzanspruchs in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die Darlehensverträge jeweils saldiert.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Widerrufsrecht des Klägers sei verwirkt bzw. dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich.

Mit Urteil vom 08.07.2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage zum Teil als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Die gestellten Feststellungsanträge seien unzulässig, da der Kläger die Folgen der Widerrufe berechnet und in die Salden der Klageanträge zu 4) bis 6) gebildet habe. Es fehle daher am Rechtsschutzinteresse für eine gesonderte Feststellung. Im Hinblick auf die Bezifferung und damit vorgenommene Selbstabrechnung seien die Anträge zu 7) bis 9) unbegründet. Zudem sei eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. Der Widerruf des Darlehens 2 sei schon deswegen unbegründet, weil der Darlehensvertrag durch den vollständigen Ausgleich der Darlehenssumme beendet worden sei. Für eine solche Konstellation sei das „ewige Widerrufsrecht“ nicht gedacht. Zumindest sei aber das Widerrufsrecht in Bezug auf diesen Vertrag verwirkt. Der Kläger habe die Widerrufe im Übrigen nicht fristgemäß erklärt, da er über seine Widerrufsrechte ordnungsgemäß belehrt worden sei. Die Verwendung des Wortes „dennoch“ bei bereits erhaltenen Leistungen führe nicht zu einer Verwirrung. Die Formulierung der Verpflichtung zum Wertersatz sei in der damals gültigen Fassung des § 355 BGB nicht verpflichtend vorgeschrieben gewesen und im Übrigen nicht falsch. Dementsprechend sei der Gestaltungshinweis Nr. 6 der Musterwiderrufsbelehrung ebenso wenig aufzunehmen gewesen wie eine Belehrung über die Frist zur Rückzahlung nach ausgesprochenem Widerruf. Auch die Verwendung des Begriffs Darlehnsnehmer sei nicht verwirrend, zumal der Begriff hier vertraglich definiert sei. Auch die Angaben zum Fristbeginn seien nicht fehlerhaft, da sie teilweise zu Gunsten des Klägers erfolgt sei. Schließlich bestünden erhebliche Bedenken hinsichtlich der Berechnung der Widerrufsfolgen durch den Kläger.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Die Klageanträge zu 1) bis 3) seien zulässig, da zumindest bei laufenden Darlehensverträgen eine Bezifferung nicht möglich sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Klageanträge zu 7) bis 9) nicht unbegründet. Der Anspruch auf Abrechnung durch die Beklagte ergebe sich aus der Buchführungspflicht der Beklagten, die aus dem fortbestehenden Kontokorrentvertrag folge, der mit den Darlehensverträgen abgeschlossen worden sei. Das Widerrufsrecht des Darlehens 2 sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aufgrund des vollständigen Ausgleichs ausgeschlossen. Die Widerrufsbelehrungen seien zudem fehlerhaft. Die Widerrufsfolgen seien unter der Überschrift „Widerruf bei bereits erbrachter Leistung“ dargestellt, obwohl es nicht darauf ankomme, ob die Darlehensvaluta ausgezahlt sei. Die Belehrung zur Vermeidung der Wertersatzpflicht finde sich so nicht in der Musterwiderrufsbelehrung. Durch eine solche nicht geschuldete Belehrung werde der Wert der Widerrufsbelehrung zudem verwässert und der Blick vom Wesentlichen abgelenkt. Damit sei dem Deutlichkeitsgebot nicht genüge getan. Auch die Überschrift „finanzierte Geschäfte“ sei entgegen der Musterwiderrufsbelehrung nicht verwendet worden. Zudem werde fehlerhaft der Eindruck erweckt, ein Darlehensnehmer könne die Empfangnahme der Darlehensvaluta vermeiden. Ausführungen zu den Rechtsfolgen müssten zudem vollständig sein. Die Verwendung des abstrakten Begriffs „Darlehnsnehmer“ sei verwirrend, da ein Verbraucher nicht wisse, wer Darlehnsnehmer sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Auch die vorgenommene Berechnung sei zutreffend erfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 8.7.2016, Az. 2-18 O 421/15, aufzuheben und die Beklagte wie folgt zu verurteilen:

1.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien am 08.06.2006 geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer …87 über einen Darlehensbetrag i.H.v. 32.000,00 € durch Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
2.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien am 08.06.2006 geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer …88 über einen Darlehensbetrag i.H.v. 80.000,00 € durch Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
3.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien am 25.08.2009 geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer …89 über einen Darlehensbetrag i.H.v. 28.600,00 € durch Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
4.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus dem Darlehen …87 11.851,54 € nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 10.06.2015 zu bezahlen.
5.

Es wird festgestellt, dass die klagende Partei aus dem Darlehensvertrag vom 08.06.2006 mit der Nr. …88 aufgrund des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages von 38.731,81 Euro schuldet.
6.

Es wird festgestellt, dass die klagende Partei aus dem Darlehensvertrag vom 25.08.2009 mit der Nr. …89 aufgrund des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages von 22.377,40 Euro schuldet.
7.

Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei auf der Grundlage des Widerrufs eine Endabrechnung des Darlehensvertragsverhältnisses mit der Nr. …87 und des sich daraus ergebenden Rückgewährverhältnisses zu erteilen.
8.

Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei auf der Grundlage des Widerrufs eine Endabrechnung des Darlehensvertragsverhältnisses mit der Nr. …88 und des sich daraus ergebenden Rückgewährverhältnisses zu erteilen.
9.

Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei auf der Grundlage des Widerrufs eine Endabrechnung des Darlehensvertragsverhältnisses mit der Nr. …89 und des sich daraus ergebenden Rückgewährverhältnisses zu erteilen.
10.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.153,58 € sowie notwendige Gutachterkosten in Höhe von 999,60 € u bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Widerrufsbelehrungen genügten den Voraussetzungen des § 355 BGB a.F. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen sei für den Beginn der Widerrufsfrist nicht maßgeblich. Zumindest aber sei das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt und verjährt. Ein Auskunftsanspruch bestehe nicht. Schließlich sei die Berechnung des Klägers fehlerhaft.

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch offensichtlich keinen Erfolg, da die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden ist.

a) Dabei kann es dahinstehen, ob die Klageanträge zu 1) bis 3) wegen eines fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig sind. Denn es ist allgemein anerkannt, dass, wenn die Klage bereits in der Sache abweisungsreif ist, eine bloße Prozessabweisung sinnwidrig wäre (vgl. BGHZ 12, 308; NJW 1978, 2031; BAG NJW 2003, 1755). Dies ist hier offensichtlich der Fall.

b) Denn sämtliche Anträge setzen voraus, dass der Kläger die streitgegenständlichen Darlehensverträge wirksam widerrufen hat. Dies ist offensichtlich nicht der Fall.

aa) Der von dem Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.03.2015 erklärte Widerruf seiner auf Abschluss der Darlehens 1 und 2 gerichteten Willenserklärungen ist nämlich schon deshalb unwirksam, weil die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB; im Folgenden a.F.) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war. Die Frist hat gem. § 355 Abs. 2 BGB a.F. mit der Zurverfügungstellung jeweils eines Exemplars der von dem Kläger am 19.06.2006 unterzeichneten Darlehensverträge 1 und 2 sowie der jeweils beigefügten Widerrufsbelehrung begonnen, so dass sie im März 2015 bereits lange abgelaufen war.

Die hier verfahrensgegenständlichen Widerrufsbelehrungen genügten den Anforderungen des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anwendbaren § 355 Abs. 2 BGB a.F., weil sie deutlich gestaltet sind, dem Verbraucher seine wesentlichen Rechte und Pflichten klar vor Augen führen und die notwendigen Angaben enthalten. Insbesondere erfolgte vorliegend auch eine ordnungsgemäße Belehrung über den Fristbeginn. Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 17.11.2016 (Hinweisbeschluss zu Az. 3 U 97/16), der eine vollkommen identische Widerrufsbelehrung der Beklagten zugrunde lag, ausgesprochen. Der Senat hatte damals Folgendes ausgeführt:

„Rechtlich unerheblich für die Frage einer wirksamen Belehrung des Klägers über das ihm zustehende Widerrufsrecht ist, ob und in welchem Umfang die verwendete Widerrufsbelehrung von der seinerzeit maßgeblichen Musterbelehrung abweicht, da es keine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung der Musterbelehrung gab und vorhandene, rechtlich als inhaltliche Bearbeitung des Mustertextes relevante Abweichungen von der Musterbelehrung ausschließlich dazu führen, dass sich die Beklagte – für den Fall einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung – nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen könnte, nicht aber dazu, dass die konkret erteilte Belehrung per se unwirksam ist. Die verwendete Belehrung ist vielmehr einer eigenständigen Wirksamkeits-/ Gesetzlichkeitsprüfung am rechtlichen Maßstab zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags zu unterziehen, die vorliegend ergibt, dass die Kläger wirksam belehrt wurden. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten ist primär an den damaligen gesetzlichen Anforderungen der §§ 355 Abs. 2, 358 Abs. 5 BGB a. F. und nicht etwa an der Musterbelehrung zu messen (OLG München, Hinweise mit Verfügung vom 30. April 2015 – 19 U 4833/14 -, juris). Genügt die in einem Darlehensvertrag verwendete Widerrufsbelehrung in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010, so kommt es für die Wirksamkeit der Belehrung nicht darauf an, ob das verwendete Formular dem damaligen Muster vollständig entsprach (LG Dortmund, Urteil vom 22. Januar 2016 – 3 O 158/15 -, juris).

Gemessen an diesem rechtlichen Maßstab liegen formelle oder inhaltliche Fehler der hier verwendeten Widerrufsbelehrung nicht vor, weshalb eine wirksame Belehrung vorliegt, durch die die Widerrufsfrist in Gang gesetzt wurde. Der … Widerruf war demnach verfristet.

Im Einzelnen:

(a) Die verfahrensgegenständliche Widerrufsbelehrung wurde in Textform erteilt und dem Klägern ausgehändigt. Sie enthält die notwendigen Angaben, darunter insbesondere auch die notwendigen Angaben zum Adressaten der Widerrufserklärung einschließlich dessen (postalischer) Erreichbarkeit inklusive Emailadresse und Faxnummer. Die für eine wirksame Widerrufsbelehrung erforderlichen Pflichtangaben, nämlich (a) Angaben zur Frist und (b) zu anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie (c) ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten, sind klar und verständlich erteilt.

Vorliegend ist die Länge der Widerrufsfrist (zwei Wochen) ebenso zutreffend benannt wie der Fristbeginn („Der Lauf der Frist für dem Widerruf beginn einen Tag nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und die Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurde.“).

Abgesehen von einer rein grammatikalischen Anpassung durch den Wechsel von der dritten in die erste Person Singular entspricht die Belehrung über die Länge der Frist dem Gesetzeswortlaut des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Übereinstimmung der verwendeten Formulierung mit dem Gesetzeswortlaut hat zur Folge, dass keine Gefahr einer missverständlichen Information des Verbrauchers über dessen gesetzliche Rechte besteht.

Die sowohl an Wortlaut als auch Inhalt des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB orientierte Belehrung über die Länge der Frist kann auch nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Widerrufsfrist mit Übergabe der Vertragserklärung der Bank beginnt, insbesondere deshalb nicht, weil das auf den Begriff des Vertragsantrags bezogene Possessivpronomen „mein“ eine hinreichende Klarstellung herbeiführt dahingehend, dass es sich um einen Antrag des Verbrauches handeln muss. Ein durchschnittlicher Verbraucher kann aufgrund der sprachlichen Fassung erkennen, dass es für den Lauf der Frist auf die von ihm angegebenen Erklärungen ankommt. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. November 2015 – 19 U 129/15 -, juris mwN; OLG Frankfurt, 23 U 288/13, Beschlüsse vom 1. August und 17. September 2014, juris; OLG Frankfurt, 23 U 178/14, Urteil vom 5. August 2015, juris; OLG Celle WM 2014, 1421; OLG Hamm WM 2015, 920 [OLG Hamm 16.03.2015 – 31 U 118/14] und WM 2015, 1007 [OLG Hamm 02.02.2015 – 31 U 126/14]; Homberger, EWiR 21/2014, 671).

Darüber hinaus werden zutreffende Vorgaben gemacht in Bezug auf die Form der Widerrufserklärung („in Textform“) sowie zur Fristwahrung („Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“). Die in einem gesonderten Absatz unternommene Belehrung über die Widerrufsfolgen, die Begründung eines Rückgewährschuldverhältnisses und dessen Abwicklung, ist inhaltlich nicht zu beanstanden.

(b) Die äußere optische Gestaltung der Widerrufsbelehrung genügt dem Deutlichkeitsgebot, denn die Widerrufsbelehrung wird auf einem eigenständigen Blatt optisch durch Umrandungen und eine drucktechnische Hervorhebung des Begriffs der Widerrufsbelehrung durch Fettdruck und überproportional große Schriftgröße in der Kopfzeile hervorgehoben. Zudem ist auf dem Formular sowohl eine gesonderte Unterzeichnung der Belehrung am unteren Ende des Vordrucks als auch eine durch Unterschrift zu leistende Bestätigung des Erhalts der Belehrung vorgesehen, die hier auch erfolgten.

Der Rahmen, der den eigentlichen Belehrungstext umgibt, schließt neben den Überschriften auch die Unterschriften der Kläger ein. Die Überschriften „Widerrufsrecht für jeden einzelnen Kunden“, „Form des Widerrufs“, „Fristlauf“, Adressat des Widerrufs“ und „Widerrufsfolgen“ strukturieren und gliedern die Belehrung in einer verständlichen, klaren Art und Weise, wobei sie durch Fettdruck hervorgehoben sind. In ihrem Zusammenspiel sind die eingesetzten optischen Gestaltungsmittel geeignet, den Zweck der Hervorhebung zu erfüllen, nämlich sicherzustellen, dass ein Verbraucher die Informationen zu seinem Widerrufsrecht wahrnimmt und nicht über sie hinwegliest, insbesondere weil er sie an dieser Stelle nicht erwartet oder weil sie aufgrund ihrer äußeren Form in anderen Informationen untergehen. Dieser Zweck wird hier – neben den optischen Gestaltungsmerkmalen – insbesondere auch durch die speziellen Unterschriften erreicht.

Die drucktechnische Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung ist, auch unter Berücksichtigung der im Einzelnen verwendeten Schriftgröße, gut lesbar. Die Gliederung ist übersichtlich und klar. Verwirrende oder ablenkende Zusätze oder Ergänzungen ohne Bezug zum Widerrufsrecht enthält die Belehrung nicht.

Ein durchschnittlicher Verbraucher, der den Text des verfahrensgegenständlichen Darlehensvertrages mit der gebotenen Sorgfalt liest, nimmt die erforderlichen Informationen hinreichend wahr.

(c) Soweit der Kläger die Wirksamkeit der Belehrung unter Bezugnahme auf Einzelaspekte der Belehrung angreift, die dem Deutlichkeitsgebot widersprechen würden und geeignet seien, eine Verwirrung des Verbrauchers herbeizuführen, liegt entgegen der klägerischen Rechtsansicht kein Mangel der Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung vor.

(aa) Die Personalisierung der Widerrufsbelehrung beeinträchtigt nicht die Deutlichkeit und führt insbesondere nicht zu einer Verwirrung in Fällen, in denen auf Seiten des Darlehensnehmers mehrere Vertragspartner beteiligt sind, denn die hier verwendete Belehrung beinhaltet einen insoweit klarstellenden Hinweis, wie folgt: „Bei mehreren Kunden steht dieses Widerrufsrecht jedem Kunden alleine zu.“.

(bb) Nicht zu beanstanden ist, dass hier keine Belehrung über verbundene Geschäfte bzw. finanzierte Geschäfte erfolge, da ein verbundenes Geschäft bzw. finanziertes Geschäft nicht vorliegt…“

Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Auffassung nunmehr abzurücken. Die Argumentation des Klägers gibt hierzu keinen Anlass. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Belehrung über die Widerrufsfolgen für den Fristbeginn nicht erforderlich war, so dass es auf die vom Kläger aufgezeigten Abweichungen von der Musterbelehrung und die Nichtnennung der Zahlungsfrist nach erfolgtem Widerruf nicht maßgeblich ankommen kann. Auch vermag der Senat in der Belehrung über den „Widerruf bei bereits erhaltener Leistung“ kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot zu erkennen. Vielmehr wird dort einleitend und zutreffend ausgeführt, dass auch nach Erhalt der Darlehnsvaluta der Widerruf noch erklärt werden kann. Zudem ist der – für den Fristbeginn nicht erforderliche – Hinweis auf die Möglichkeit der Vermeidung der Wertersatzpflicht zutreffend. Der Kläger verkennt hier, dass die Beklagte mit der Belehrung zugleich das Recht auf Zurückweisung der Darlehensvaluta bis zum Ablauf der Widerrufsfrist eingeräumt hat. Der Vortrag des Klägers zu einer verwirrenden Verwendung des Begriffs Darlehnsnehmer in diesen Widerrufsbelehrungen ist nicht verständlich, da der Begriff hier keine Verwendung gefunden hat und dementsprechend auch nicht verwirrend sein kann.

Auf die Frage, ob das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt ist, kommt es daher nicht mehr an.

bb) Auch der Widerruf des Darlehens 3 war unwirksam.

(1) Dabei kann es dahinstehen, ob die dort verwendete Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügte. Denn dem Kläger stand ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB a.F. schon nicht zu. Denn tatsächlich haben die Parteien insoweit keinen neuen Kreditvertrag, sondern eine Prolongationsvereinbarung im Rahmen einer unechten Abschnittsfinanzierung getroffen. In einem solchen Fall steht dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2013, XI ZR 6/12, B. v. 07.06.2016, XI ZR 385/15).

Kennzeichnend für einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB a.F. ist dabei, dass dem Verbraucher ein Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rn. 23). Dementsprechend finden die Vorschriften der §§ 491, 495 BGB a.F. auf Änderungen eines Verbraucherdarlehensvertrages nur dann Anwendung, wenn dem Verbraucher infolge der Vertragsänderung zugleich ein neues, im ursprünglichen Darlehensvertrag weder geregeltes noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 06.12.1994 – XI ZR 99/94, WM 1995, 103; Urteil vom 07.10.1997 – XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354). Das trifft auf eine unechte Abschnittsfinanzierung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch nicht zu. Dabei handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird (BGH, Urteile vom 07.10.1997 – XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354 und 08.06.2004 – XI ZR 150/03, BGHZ 159, 270, 273). Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, einer Novation oder einer Prolongation nach Ablauf der Gesamtlaufzeit wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 06.12.1994 – XI ZR 99/94, WM 1995, 103; Urteile vom 07.10.1997 – XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354 und 15.11.2004 – II ZR 375/02, WM 2005, 124). Das ist auch bei einer als ForwardDarlehen bezeichneten zeitlich vorgezogenen Neuregelung des Zins- und Tilgungsanteils der Darlehensraten der Fall, wenn dem Darlehensnehmer damit kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (BGH, Beschluss vom 07.06.2016 – XI ZR 385/15).

So liegt der Fall hier. Für das Darlehen 2 wurde eine fünfjährige Zinsfestschreibung vereinbart für eine Laufzeit von insgesamt knapp 25 Jahren. Damit wurde dem Kläger ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht bei einer kürzeren Zinsfestschreibung eingeräumt. Wenn zum Ablauf der Zinsbindungsfrist zeitlich vorgezogen eine Neuregelung zwecks „Umschuldung“ mittels ForwardDarlehens getroffen wurde, wurde letztlich nichts anderes als eine Konditionenanpassung vereinbart, indem eine neue Zinsfestschreibung für fünf Jahre erfolgte, die anfängliche Tilgung entsprechend der fortgeschrittenen Zeit erhöht und ein neuer Zinssatz vereinbart wurde, ohne dass die Beklagte sog. Bearbeitungskosten in Rechnung stellte. Ein neues Kapitalnutzungsrecht, insbesondere eines nach Ablauf der Gesamtlaufzeit, wurde damit gerade nicht vereinbart, was sich aus der Verwendung des Begriffs „Umschuldung“ ergibt. Denn der Kläger hat im Ergebnis keine neuen oder weiteren Darlehensbeträge erhalten. Allein der Umstand, dass eine neue Vertragsurkunde geschaffen wurde und eine nicht geschuldete Widerrufsbelehrung enthalten war, vermag daran nichts zu ändern.

(2) Denn das damit zugleich eingeräumte vertragliche Widerrufsrecht hinsichtlich des Darlehens 3 hat der Kläger wegen Verfristung nicht wirksam ausgeübt.

Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nämlich insoweit entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entsprach. Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn der Unternehmer dem Verbraucher dennoch ein Widerrufsrecht einräumt, besonderer Anhaltspunkte dafür, dass dieses zwar von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein, die vereinbarte Widerrufsfrist aber gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2012, II ZR 14/10 – juris Tz. 36). Dafür reicht es nicht aus, dass sich der Unternehmer bei der Formulierung des Widerrufsrechts an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Das ist in der Regel lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Beklagte selbstverständlich beabsichtigte, mit der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung im Falle einer gesetzlichen Pflicht die hierfür bestehenden Anforderungen zu erfüllen, dass sie auch ein etwa vertraglich gewährtes Widerrufsrecht denselben strengen Anforderungen unterwerfen wollte (vgl. BGH, a.a.O. Tz. 38; vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.04.2017, I-14 U 81/16 – juris Tz. 7).

So liegt der Fall hier, da aus vorgenannten Gründen ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht. Anhaltspunkte für eine Annahme, dass sich die Beklagte den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. hat unterwerfen wollen, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Damit lief das vertraglich eingeräumte Widerrufsrecht zwei Wochen nach Übersendung der Abschrift der Vertragsurkunde im Jahr 2009 ab und war im März 2015 bereits lange abgelaufen.

2. Angesichts dessen, dass die sich hier stellenden Fragen geklärt sind, ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Sache hat daher auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.

3. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat dem Kläger zur Vermeidung einer Zurückweisung der Berufung durch einen Beschluss, dessen Begründung sich in einer Bezugnahme auf diesen Hinweisbeschluss erschöpfen könnte, eine Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen. Eventuellem neuen Sachvortrag setzt die Zivilprozessordnung enge Grenzen. Eine Zurücknahme der Berufung hätte – abgesehen von den ohnehin anfallenden Anwaltskosten – eine deutliche Reduzierung der Gerichtskosten zur Folge, da sich die Verfahrensgebühren für das Berufungsverfahren im Allgemeinen von vier auf zwei Gerichtsgebühren halbieren würden.

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