OLG Frankfurt am Main, 25.01.2018 – 8 W 3/18

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 25.01.2018 – 8 W 3/18
Leitsatz:

Bei der Bemessung des Streitwertes einer positiven Feststellungsklage kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob und inwieweit die Vorstellungen des Klägers, die er mit einer Klage verfolgt, realistisch sind.
Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Streitwertbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. September 2017 in Verbindung mit dem Beschluss vom 12. Januar 2018 über die Nichtabhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Der Kläger hat von den Beklagten zu 1 und zu 2 Schmerzensgeld (Antrag zu 1), materiellen Schadensersatz (Antrag zu 2), Ausgleich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 3) und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für „sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden“ begehrt, der ihm aus der Behandlung in der Klinik der Beklagten zu 1 vom 23. bis zum 30. Juli 2010 und am 5. August 2010 sowie in der Klinik der Beklagten zu 2 vom 28. März 2011 bis zum 21. Dezember 2011 „entstanden ist oder noch entstehen wird“ (Antrag zu 4).

Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2017 mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss (Bl. 112 d. A.) den „Gesamtstreitwert“ auf € 80.971,96 festgesetzt. Dabei legte das Landgericht für den Antrag zu 1 einen Wert in Höhe von € 20.000,00, für den Antrag zu 4 einen Wert in Höhe von € 50.000,00 und für den Antrag zu 2 offensichtlich einen Wert in Höhe von € 10.971,96 zugrunde.

In seiner am 3. Januar 2018 beim Landgericht eingegangenen Streitwertbeschwerde vom 2. Januar 2018 (Bl. 144 f. d. A.) hat der Kläger die Ansicht vertreten, der Streitwert belaufe sich nur auf € 37.166,35 und eine entsprechende Festsetzung beantragt. Der Streitwert für den Feststellungsantrag betrage lediglich 20 % der Summe aus den Klageanträgen zu 1 und zu 2, also € 6.194,39. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 2. Januar 2018 (Bl. 144 f. d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Januar 2018 (Bl. 153 f. d. A.) nicht abgeholfen. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. darauf abgestellt, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine außergerichtlichen Geschäftsgebühren aus einem Gegenstandswert von über € 142.000,00 berechnet habe, so dass unter diesem Aspekt eine Bewertung des Feststellungsinteresses mit mindestens € 50.000,00 als angemessen erscheine.

II.

Das Rechtsmittel des Klägers ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig.

Die Beschwerde ist indes nicht begründet. Die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht weist keine den Kläger beschwerenden Rechtsfehler auf.

Im Falle einer positiven Feststellungsklage ist Ausgangspunkt der Wertfestsetzung der Wert des festzustellenden Rechtsverhältnisses oder Anspruchs. Davon ist wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit regelmäßig ein Abschlag von 20 % vorzunehmen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15.01.1997 – VIII ZR 303/96, NJW 1997, 1241; Beschluss vom 12.07.2012 – VII ZR 134/11, NZBau 2012, 566; Herget, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 3 ZPO, Rdnr. 16, Stichwort: „Feststellungsklagen“; Wöstmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 3, Rdnr. 72). Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ist dabei der der Instanzeinleitung (§ 40 GKG).

Dabei kommt es für die Bemessung des Streitwerts nicht darauf an, ob und inwieweit die Vorstellungen des Klägers, die er mit seiner Klage verfolgt, realistisch sind. Solche Überlegungen können zwar für die Wertfestsetzung bei einer negativen Feststellungsklage eine Rolle spielen, nicht aber bei einer positiven Feststellungsklage (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.07.2012 – 9 W 15/12, MDR 2012, 1493, 1493 f.; Herget, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 3 ZPO, Rdnr. 16, Stichwort: „Feststellungsklagen“).

Nach diesen Maßstäben spricht hier alles dafür, dass der Wert des Antrages zu 4 unter Berücksichtigung eines Abschlages in Höhe von 20 % mindestens € 50.000,00 beträgt.

Zutreffend ist bereits der Hinweis des Landgerichts auf den Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine außergerichtlichen Geschäftsgebühren aus einem Gegenstandswert von über € 142.078,36 berechnet hat (S. 10 f., Bl. 10 f. d. A.).

Darüber hinaus hat der Kläger in der Klageschrift vom 19. Dezember 2016 vortragen lassen, er leide noch „heute […] an den Folgen der Infektion und der langjährigen Antibiotikabehandlung“. Eine vollschichtige Arbeitsaufnahme habe „bis heute nicht erfolgen [können]“ (Bl. 8 d. A.). Er gerate schnell an seine Belastungsgrenze. An ein Arbeiten als … sei „bis zum heutigen Tage nicht zu denken“ (Bl. 8 d. A.). Bis „heute sei wegen der andauernden Infektion keine vollschichtige Arbeitsaufnahme möglich“ und „auch in naher Zukunft nicht zu erwarten“ (Bl. 9 d. A.). Die fehlende Arbeitskraft des Klägers in dem zuvor von ihm und seinem Vater geführten …betrieb werde „seit September 2010 durch eine eigens eingestellte … Fachkraft ersetzt“ (Bl. 9 d. A.). Den diesbezüglichen Schaden hat der Kläger für das Jahr 2011 mit € 10.971,96 beziffert (Bl. 9 d. A.). Nimmt man diesen Betrag in Ermangelung anderer Anhaltspunkte als Grundlage für eine Bestimmung des materiellen Interesses des Klägers in Bezug auf die Folgejahre 2012 bis 2016, so ergibt sich bereits ein Wert von über € 54.000,00. Ein etwaiger materieller Schaden, der dem Kläger nach seinem Vortrag in der Klageschrift zukünftig noch entstehen wird, ist davon noch gar nicht erfasst.

Überdies hat der Kläger mit dem Antrag zu 4 auch noch einen immateriellen Vorbehalt geltend gemacht, der bei der Bemessung des Wertes des Klageantrages zu 4 ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Nach alledem kann hier keine Rede davon sein, dass die Wertfestsetzung durch das Landgericht zu hoch ausgefallen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

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