OLG Frankfurt am Main, 06.12.2017 – 3 U 144/17

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 06.12.2017 – 3 U 144/17
Leitsatz:

Aktiv- und passivlegitimiert für Wiederaufnahmeverfahren sind grundsätzlich nur die Parteien des Vorprozesses oder deren Rechtsnachfolger. Dies gilt nicht für den Mitgesellschafter einer im Vorprozess beteiligten Gesellschaft.
Tenor:

Die Nichtigkeits- und Restitutionsklage des Nichtigkeits- und Restitutionsklägers gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14.06.2017 – Aktenzeichen: 3 U 105/15 – werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Nichtigkeits- und Restitutionsklageverfahren hat der Nichtigkeits- und Restitutionskläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Nichtigkeits- und Restitutionskläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf € 16.500,00 festgesetzt.
Gründe

I.

Der Nichtigkeits- und Restitutionskläger wendet sich gegen das Urteil des Senats vom 14.06.2017 (Bl. 811-818 d.A.), mit dem die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 31.03.2015 zurückgewiesen wurde.

Parteien des Ausgangsverfahrens waren die Klägerin und die Beklagte, deren Mitgesellschafter der Nichtigkeits- und Restitutionskläger ist. Letzterer wurde in dem Ausgangsverfahren als von der Vertretung der Beklagten ausgeschlossen angesehen, da eine Interessenkollision bestehe. Mit am 28.07.2017 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage erhob der Nichtigkeits- und Restitutionskläger im eigenen Namen und aus eigenem Recht als Mitgesellschafter der Beklagten Nichtigkeits- und Restitutionsklage.

Der Kläger macht als Nichtigkeitsgrund geltend, dass die Beklagte im Ausgangsverfahren wegen Verstoßes gegen das Einstimmigkeitsprinzip, das jedenfalls in der seit August 2011 gekündigten Beklagten gelte, nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei, weshalb der Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO gegeben sei. Zudem bestehe ein Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO, da der Sohn des Nichtigkeits- und Restitutionsklägers am 28.06.2017 schriftlich (Anlage B 1, Band III, Bl. 93 d.A.) bestätigt habe, bei einem zwischen den Gesellschaftern der Beklagten in der ersten Januarwoche 2011 geführten Gespräch zugegen gewesen sei, in dem über die Darlehensgewährung seitens der Klägerin an die Beklagte gesprochen worden sei. Der Nichtigkeits- und Restitutionskläger sei im Vorverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt und angehört worden und durch die mit den angefochtenen Urteilen ausgeschlossene Möglichkeit des innergesellschaftlichen Gesamtschuldnerausgleichs beschwert.

Der Nichtigkeits- und Restitutionskläger beantragt,

1.

das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Gießen vom 31.03.2015 – Az.: 2 O 53/15 – und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14.06.2017 – Az.: 3 U 105/15 – aufzuheben,
2.

der im Verfahren vor dem Landgericht Gießen erhobenen Klage der Klägerin stattzugeben,
3.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 16.500,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
4.

hilfsweise, die in Ziffer 1 genannten Urteile aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Gießen zurückzuverweisen.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Für die Beklagte ist niemand weiter erschienen.

II.

Die Nichtigkeits- und Restitutionsklagen waren nach § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, was auch anlässlich der Säumnis der Parteien des vorangegangenen Verfahrens erfolgen konnte (vgl. BGH NJW 1959, 1780 [BGH 10.06.1959 – IV ZA 24/59]). Denn sie waren nicht zulässig.

Aktiv- und passivlegitimiert für das Wiederaufnahmeverfahren sind nämlich grundsätzlich nur die Parteien des Vorprozesses oder deren Rechtsnachfolger (allg. Meinung, vgl. nur MünchKomm-ZPO/Braun, 5. Auflage 2016, § 578 ZPO Rn. 33). Umstritten ist insoweit lediglich, ob auch ein Streithelfer eine Wiederaufnahmeklage erheben kann (vgl. zum Meinungsstand MünchKomm-ZPO/Braun, a.a.O. Rn. 36ff.).

Dementsprechend fehlt es dem Nichtigkeits- und Restitutionskläger hier offensichtlich an der Aktivlegitimation für die Nichtigkeits- und Restitutionsklagen. Denn er war, wie sich unzweifelhaft aus den angefochtenen Urteilen ergibt, im Ausgangsverfahren nicht Partei. Daran ändert der Umstand der möglicherweise bestehenden Vertretungsbefugnis für die Beklagte nichts, da dies lediglich die Prozessfähigkeit betrifft und die formal zu beurteilende Parteirolle unberührt lässt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die sich hier stellende Rechtsfrage ist geklärt, allgemeine Meinung und hat dementsprechend weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert entspricht dem Streitwert des vorangegangenen Verfahrens.

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