OLG Frankfurt am Main, 23.10.2017 – 14 U 165/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 23.10.2017 – 14 U 165/16
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. September 2016 verkündete Grundurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Fulda wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten nach dem Brand eines Wohnmobils auf Schadensersatz in Anspruch.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Grundurteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben:

Die Klageforderung sei dem Grunde nach aus § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 115 VVG – beschränkt auf die Höchstbeträge des § 12 StVG – gerechtfertigt.

Der mit der Klage geltend gemachte Schaden sei bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden. Der für den Schaden ursächliche Brand sei – unmittelbar, nachdem die Zweitbeklagte das von ihr geführte und gehaltene Wohnmobil an der Tankstelle der Klägerin angehalten und ihr Ehemann das Fahrzeug zwecks anschließender Weiterfahrt betankt habe – in der Elektrik eines in dem Wohnmobil angeschlossenen Kühlschranks ausgebrochen.

Wegen des nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs des Schadenseintritts mit dem Betanken, das seinerseits für die Fortbewegung des Wohnmobils notwendig und somit rechtlich eng mit dem Fahrzeugbetrieb verbunden sei, greife die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Eine Betätigung der Motorkraft des Wohnmobils sei insoweit nicht erforderlich gewesen, auch nicht eine Verursachung des Schadens durch den Betriebsvorgang (hier: die Betankung) selbst. So falle etwa das Austreten von Heizöl beim Entladen eines Tanklastwagens aus einem undichten Verbindungsschlauch unter den Betriebsbegriff. Auch sei unerheblich, dass die Tankstelle im Privateigentum der Klägerin stehe. § 7 Abs. 1 StVG verlange nicht den Einsatz des Kraftfahrzeugs auf einer öffentlichen Verkehrsfläche. Eine Anwendung dieser Vorschrift scheitere auch nicht deshalb, weil der Brand in der Elektrik des in dem Wohnmobil angeschlossenen Kühlschranks ausgebrochen sei. Denn dieser gehöre zu den Betriebseinrichtungen des Wohnmobils, das als Sonderfahrzeug neben Fortbewegungs- auch Wohnzwecken diene und hierzu – anders als andere Kraftfahrzeuge – mit zusätzlichen – ebenfalls gefährlichen – Vorrichtungen und Aggregaten ausgestattet sei (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 1996, 1 U 153/94, juris). Die beiden Funktionen des Wohnmobils könnten nicht getrennt werden, da es als einheitliches Fahrzeug im Straßenverkehr genutzt werde. Daher gebiete es der Zweck des § 7 Abs. 1 StVG, auch die von seinen Sondervorrichtungen ausgehenden Gefahren zu erfassen. Für spezielle Entladeeinrichtungen eines Fahrzeugs habe der Bundesgerichtshof dies bereits entschieden.

Die Voraussetzungen des § 304 ZPO für den Erlass eines Grundurteils lägen vor, weil eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Klägerin irgendein ersatzfähiger Schaden entstanden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 6. September 2016 Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageabweisungsanträge weiterverfolgen. Sie rügen unzureichende Tatsachenfeststellungen und eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht:

Dieses habe übersehen, dass die Gefährdungshaftung des § 7 Abs. 1 StVG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zweck der Vorschrift nur Fälle erfassen solle, in denen sich aus der Fortbewegung bestimmter Fahrzeuge erhöhte Gefahren für die Allgemeinheit ergeben, da erst der konkrete Einsatz der erhöhten Bewegungsenergie im Sinne einer „Triebkraft“ eine verschuldensunabhängige Halterhaftung rechtfertige. Bei der Verursachung eines Brandes in einem stehenden Fahrzeug durch einen nicht zu diesem gehörenden Heizlüfter habe der Bundesgerichtshof eine Anwendung des § 7 Abs. 1 StVG verneint (Urteil vom 8. Dezember 2006, r+s 2007, S.102). Aus der weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S.1162 ff. [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15]) ergebe sich, dass eine Halterhaftung für die von einem stehenden Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren nur dann in Betracht komme, wenn sich dieses noch im öffentlichen Straßenverkehr befinde. Der Bundesgerichtshof habe in diesem Fall, in dem beim Entladen eines Tanklastzugs wegen eines undichten Tankschlauchs Öl ausgelaufen sei, maßgeblich darauf abgestellt, dass der Tankwagen noch im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt gewesen sei und beim Entladen eine Ölfontäne verursacht habe, die zu einer Ölverschmutzung der öffentlichen Straße und zu einer Beschädigung eines Hausgrundstücks geführt habe.

Im vorliegenden Fall habe das Wohnmobil der Zweitbeklagten bei dem Schadenseintritt mit ausgeschaltetem Motor gestanden und sich nicht im öffentlichen Verkehrsraum befunden. Der eingeklagte Schaden sei auch nicht durch eine der Fortbewegung dienende Einrichtung des Wohnmobils verursacht worden. Er sei daher insgesamt nicht Ausdruck der durch die Triebkraft und die Fortbewegungsfunktion des Kraftfahrzeugs begründeten Gefahren, weshalb die Klage unbegründet sei.

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 7. Dezember 2016 (Band II Blatt 36 ff. der Akten) verwiesen.

Die Beklagten beantragen,

das angegriffene Grundurteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass der mit der Klage geltend gemachte Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sei. Der streitgegenständliche Schadensfall habe sich auf einem Tankstellengelände im Zusammenhang mit einem Tankvorgang, einem Betriebsvorgang im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG, ereignet und sei durch einen in dem Wohnmobil angeschlossenen Kühlschrank, einer Betriebseinrichtung im Sinne der genannten Vorschrift, verursacht worden. Die von den Beklagten gewünschte enge Auslegung des § 7 Abs. 1 StVG widerspreche der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz vom 16. März 2017 (Band II Blatt 59 ff. der Akten) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

1. Die Klageforderung ist dem Grunde nach berechtigt. Der mit der Klage geltend gemachte Schaden ist bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden. Der für den Schaden ursächliche Brand ist in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Fahrt, die die Zweitbeklagte zusammen mit ihrem Ehemann angetreten und nur kurz – für einen Tankvorgang – unterbrochen hatte, in der Elektrik eines in dem Wohnmobil angeschlossenen Kühlschranks ausgebrochen. Er ist daher bei wertender Betrachtung zumindest auch der Fortbewegungsfunktion des Wohnmobils zuzuordnen und nicht ausschließlich dessen Wohnfunktion (dazu a). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils liegen ebenfalls vor (dazu b). Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils verwiesen werden. Die mit der Berufung hiergegen erhobenen Einwände sind unbegründet.

a. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG setzt voraus, dass eines der in dieser Vorschrift genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ verletzt oder beschädigt worden ist.

aa. Nach der vom Landgericht und auch vom Senat geteilten Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 5 ff.; Urteil vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S. 1162 [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15] Rn. 11 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen) ist das vorgenannte Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt, wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt worden ist. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, das heißt, die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgangodereiner bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. ebenda).

Einer Haftung nach § 7 Abs.1 StVG steht es grundsätzlich nicht entgegen, wenn der Schaden auf einem Privatgelände eintritt; denn der Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne dieser Norm erfordert nicht seinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 10 mit weiteren Nachweisen).

Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat. Eine Verbindung mit dem „Betrieb“ als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen sein, wenn eine „fahrbare Arbeitsmaschine“ gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. Rn. 6 ff.; Urteil vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S. 1162 Rn. 12 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen). Dieser Gesichtspunkt kann aber nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich des Fahrzeugs mit Arbeitsfunktion gesehen werden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 13 ff.; Urteil vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S. 1162 [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15] Rn. 13 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist insoweit nicht das Stehen oder Fahren des Kraftfahrzeugs während der Arbeitsfunktion, sondern, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, das heißt die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Hiernach besteht eine Verbindung mit dem „Betrieb“ des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs.1 StVG beim stehenden Fahrzeug, während das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird. Dabei haftet der Halter für die Gefahr, die das Kraftfahrzeug beim Entladen in dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum für andere Verkehrsteilnehmer darstellt, etwa durch Entladevorrichtungen oder das Ladegut selbst. Insoweit ist im Einzelfall auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände zu entscheiden, ob haftungsrechtlich noch die Funktion des Kraftfahrzeugs als Fortbewegungs- und Transportmittel in Frage steht (vgl. ebenda).

bb. Der Senat geht davon aus, dass der Bundesgerichtshof die vorstehenden Grundsätze nach Maßgabe der von den Beklagten in ihrer Berufungsbegründungsschrift angeführten Regeln über die Auslegung von Gesetzen entwickelt hat.

cc. Nach den unter aa. wiedergegebenen Grundsätzen ist der mit der Klage geltend gemachte Schaden im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG beim Betrieb des von der Zweitbeklagten gehaltenen Wohnmobils entstanden.

(1) Denn der schadensursächliche Brand ist in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Wohnmobils entstanden, nämlich bei einer von der Zweitbeklagten und ihrem Ehemann angetretenen Urlaubsfahrt, die von ihnen nur kurz unterbrochen wurde, um das Fahrzeug für die Weiterfahrt zu betanken. Durch diese kurze Unterbrechung wurde der vorangegangene Betrieb des Wohnmobils nicht beendet. Denn auch von einem stehenden Fahrzeug können je nach seinem Standort besonders große Gefahren ausgehen (vgl. Bundesgerichtshof, 25. Oktober 1994, NZV 1995, S. 19 f. zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs auf dem Gelände einer Trabrennbahn; Kaufmann, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 25. Kapitel, Rn. 58 mit weiteren Nachweisen). Der Betrieb ist erst dann beendet, wenn das Kraftfahrzeug nach Ende der Fahrt außerhalb von Verkehrsflächen ordnungsgemäß abgestellt und völlig zur Ruhe gekommen ist (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2010, NJW-RR 2011, S. 318 ff. [OLG Oldenburg 03.06.2010 – 1 U 6/10], juris Rn. 44 ff. für einen Lastkraftwagen, der an einem Freitagnachmittag für Inspektions- und Instandsetzungsarbeiten „aus dem Verkehr genommen“ und am darauffolgenden Montagvormittag in Brand geraten war; Kaufmann, in: Geigel, ebenda) oder – bei einem Kraftfahrzeug mit Zusatzfunktion -, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine Rolle mehr spielt, weil das Fahrzeug in der konkreten Situation nur noch in seiner Zusatzfunktion, etwa als Arbeitsmaschine, eingesetzt wird (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S. 1162 [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15] Rn. 12 ff.). Dies war hier nicht der Fall. Die Zweitbeklagte und ihr Ehemann haben das Wohnmobil an der Tankstelle der Klägerin nicht dauerhaft abgestellt, um es dort nur noch zu Wohnzwecken zu nutzen, und damit „aus dem Verkehr genommen“. Vielmehr haben sie dort nur kurz angehalten, um das Wohnmobil zwecks anschließender Weiterfahrt zu betanken.

(2) Dass es sich bei der Tankstelle der Klägerin um eine private Verkehrsfläche handelt, steht einer Haftung der Beklagten aus § 7 Abs.1 StVG nicht entgegen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 10; Kaufmann, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 25. Kapitel, Rn. 50 unter Hinweis auf die Gefährdungshaftung für Kraftfahrzeuganhänger und auf BT-Drucks. 14/8780, S. 39).

(3) Der mit der Klage geltend gemachte Schaden fällt auch in den Bereich der Gefahren, um derentwillen § 7 Abs. 1 StVG erlassen wurde. Die kurze Fahrtunterbrechung für eine zwecks anschließender Weiterfahrt vorgenommene Betankung stand in engstem innerem Zusammenhang mit der Funktion des Wohnmobils als Verkehrs- und Transportmittel, die es ohne Kraftstoff nicht erfüllen kann.

(4) Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 2015 (NJW 2016, S. 1162 ff. [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15]) ergebe sich, dass eine Halterhaftung für die von einem stehenden Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren nur dann in Betracht komme, wenn sich dieses noch im öffentlichen Straßenverkehr befinde. Dass sich das Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr befand, hat der Bundesgerichtshof in dem vorgenannten Fall als einen in die – in jedem Einzelfall vorzunehmende – Gesamtabwägung einzustellenden Umstand berücksichtigt, aber nicht zu einer tatbestandlichen Voraussetzung der Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG erhoben. Vielmehr betont der Bundesgerichtshof, dass der Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne dieser Norm nicht dessen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche erfordert (vgl. Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 10 mit weiteren Nachweisen).

(5) Da der streitgegenständliche Schaden in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang des Wohnmobils entstanden ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kühlschrank, in dessen Elektrik der Brand wegen eines technischen Defekts ausgebrochen ist, eine Betriebseinrichtung des Wohnmobils ist. Allerdings verkennen die Beklagten, soweit sie ihre Haftung mit dem Hinweis verneinen, der Kühlschrank diene nicht der Fortbewegung des Wohnmobils, dass der Schutzbereich des § 7 Abs. 1 StVG auch Gefahren erfasst, die von Zusatzausstattungen eines Kraftfahrzeugs ausgehen, die nicht der Fortbewegung dienen, etwa einer Entladevorrichtung (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Dezember 2015, NJW 2016, S. 1162 [BGH 08.12.2015 – VI ZR 139/15] Rn. 14), oder auch nur dem Ladegut selbst (ebenda). Bei einem Kraftfahrzeug, das für eine Zusatzfunktion in besonderer Weise technisch ausgestattet oder eingerichtet ist, lässt sich die Funktion als Beförderungsmittel von der Zusatzfunktion – als Arbeitsgerät oder Wohnraum – jedenfalls dann nicht sinnvoll trennen, wenn es – wie hier – auf Verkehrsflächen unterwegs ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. März 2015, NJW 2015, S. 1681 ff. [BGH 24.03.2015 – VI ZR 265/14] Rn. 12 ff.). Insoweit ist auch die Zusatzausstattung eines Kraftfahrzeugs als dessen Betriebseinrichtung anzusehen. Daher ist der von der Klägerin geltend gemachte Schaden auch in engem Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Wohnmobils entstanden.

(6) Die Auffassung der Beklagten, sie hafteten nicht für diesen Schaden, weil er nicht Ausdruck der durch die Triebkraft des Kraftfahrzeugs begründeten Gefahren sei, entspricht der „maschinentechnischen“ Auslegung des § 7 Abs. 1 StVG (vgl. Kaufmann, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 25. Kapitel, Rn. 49), der die höchst-richterliche Rechtsprechung schon seit langem eine Absage erteilt (vgl. zuletzt Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Januar 2014, NJW 2014, S. 1182 f. [BGH 21.01.2014 – VI ZR 253/13] Rn. 6).

b. Die Voraussetzungen des § 304 ZPO für den Erlass eines Grundurteils liegen vor, weil der Klägerin sehr wahrscheinlich ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.

2. Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil des Landgerichts vorzubehalten,da der endgültige Erfolg der Berufung erst bei der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann.

3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die für die Auslegung des § 7 Abs. 1 StVG maßgeblichen Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in den unter 1. genannten Entscheidungen bereits geklärt. Die hiernach gebotene Einzelfallbetrachtung hat der Senat vorgenommen. Daher hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.

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