OLG Frankfurt am Main, 12.10.2017 – 3 U 195/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 12.10.2017 – 3 U 195/16
Leitsatz:

Einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nachbarn aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG stellt es nicht dar, wenn es sich bei den auf das Nachbargrundstück gerichteten Überwachungskameras nur um Attrappen handelt. Die Beweislast für die Funktionsfähigkeit der Kameras trägt der auf Unterlassung klagende Nachbar.
Tenor:

In dem Rechtsstreit (…)

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Kläger durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.
Gründe

I.

Die Kläger verfolgen mit der Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiter.

Die Parteien sind Nachbarn. Die Kläger bewohnen das Haus in der Straße10, die Beklagten das Haus in der Straße11.

Das streitgegenständliche Verfahren ist nicht der erste Nachbarschaftsstreit der Parteien. In der Vergangenheit stritten die Parteien ergebnislos über die Höhe der grenzständigen Hecke. Ein durch die Beklagten angestrengtes Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 2) wegen Beleidigung wurde eingestellt (Anlage K 6, Bl. 108 d. A.). Der Kläger zu 2) sagte in einem Verfahren gegen den Beklagten zu 2) wegen Sachbeschädigung als Zeuge aus. Auch haben die Kläger Überwachungskameras an ihrem Haus angebracht. Eine Eingabe der Beklagten dagegen beim hessischen Datenschutzbeauftragten blieb erfolglos (Anlage K 7, Bl. 109 d. A.).

Der Beklagte zu 1) ist auch Eigentümer eines Mietshauses in der Straße12. Mit Informationsschreiben vom 14.05.2013 informierte der Beklagte zu 1) vor Anmietung die potentiellen Mieter einer Wohnung im Haus Nr. 12, dass am Haus bloße Kamera-Attrappen angebracht sind, die lediglich mit einer 1,5 Volt Blinkdiode ausgestattet sind und nach Diebstählen sowie mehreren Einbruchsversuchen einem Einbruch entgegenwirken sollen (Anlage B 4, Bl. 140 d. A.).

Unter dem Dachüberstand des Hauses Straße11 sind zwei nicht schwenkbare Metallobjekte mit rückseitig blinkenden LEDs installiert, die jedenfalls den optischen Eindruck von Überwachungskameras erwecken (Anlage K 1, Bl. 6 ff. d. A., Anlage B 2, Bl. 137 f. d. A.). Ob es sich dabei tatsächlich um Überwachungskameras handelt oder um bloße Kamera-Attrappen, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Abmahnschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2015 (Anlage K 2, Bl. 7 ff. d. A.) forderten die Kläger den Beklagten zu 2) auf, die Kameras zu entfernen und die Videoüberwachung des Grundstücks der Kläger zu unterlassen. Mit Schreiben vom 30.03.2015 wies der Beklagte zu 2) den Vorwurf der Videoüberwachung zurück (Anlage K 3, Bl. 11 d. A.). Auf das inhaltlich ähnliche Abmahnschreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2015 gegenüber dem Beklagten zu 1) hin erklärte dieser mit Schreiben vom 02.06.2015, dass er die Kläger bereits bei ihrem Einzug informiert hat, dass es sich nicht um Überwachungskameras, sondern lediglich um Beleuchtungstechnik handelt (Anlage K 5, Bl. 16 d. A.).

Die Kläger haben behauptet, die Beklagten hätten gemeinsam unter dem Dach des Hauses in der Straße11 zwei funktionsfähige Kameras installiert, die den Garten, die Terrasse und den Wohnbereich des Hauses der Kläger erfasst hätten. Erst nach Erhalt der Abmahnschreiben hätten die Beklagten die Kameraausrichtung geändert.

Die Beklagten haben vorgetragen, es handele sich lediglich um Kamera-Attrappen, die Einbrecher abschrecken sollten. Dies hätten die Beklagten den Klägern vor Installation auch mitgeteilt.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen A und B die Klage abgewiesen und dies begründet wie folgt:

Die Kläger hätten mangels gegenwärtiger Beeinträchtigung keinen Anspruch auf Beseitigung der Objekte unter dem Dach des Hauses der Beklagten. Schon nach dem Vortrag der Kläger bestehe eine Ausrichtung der Metallobjekte auf ihr Grundstück schon seit Ende Mai 2015 nicht mehr. Dies folge daraus, dass die Kläger in allen der Klageschrift nachfolgenden Schriftsätzen von der Überwachung ihres Grundstücks stets in der Vergangenheitsform gesprochen hätten. Den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 25.05.2016 einer „vormaligen“, wenn auch bestrittenen Ausrichtung auf das Grundstück der Kläger hätten die Kläger nicht bestritten.

Die Kläger hätten auch keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten, da es keine objektiven Anhaltspunkte für eine Überwachung des Grundstücks der Kläger durch die Beklagten gebe. Die zur Akte gereichten Lichtbilder zeigten keine Linse und keinen anderen Glaskörper, welche ein (Weitwinkel-)objektiv darstellen könnten. Die Kläger hätten keine Umstände nennen können, welche ein Aufnehmen ihrer Person nahe legten.

Auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Die Kläger müssten nach den konkreten Umständen keine Kameraüberwachung ihres Grundstücks befürchten. Die Beklagten hätten zwar die behauptete Information der Kläger im Frühjahr 2008, es handele sich nur um Kamera-Attrappen, nicht bewiesen. Die Aussagen der dazu vernommenen Zeugen B und A seien nicht hinreichend konkret und hätten keinen ausreichenden Realitätsbezug. Der Zeuge B habe sich in Widersprüche verwickelt und die Zeugin A habe eingeräumt, sich erst an ein Gespräch über Kamera-Attrappen erinnert zu haben, nachdem sie die Ladung erhalten und mit dem Kläger zu 2) gesprochen habe. Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände erscheine ein Überwachungsdruck aber doch objektiv nicht nachvollziehbar. Die vermeintlichen Kameras hätten keine Schwenkvorrichtung und müssten in ihrer Ausrichtung manuell unter Zuhilfenahme einer Leiter verändert werden. Eine Erfassung des klägerischen Grundstücks sei damit nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen einen Überwachungsdruck spreche. Der Nachbarschaftsstreit sei kein objektiver Anhaltspunkt. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Objekte nur der Abschreckung von Einbrechern dienen sollten. Schließlich hätten die Kläger nicht bewiesen, dass die Objekte vormals auf ihr Grundstück ausgerichtet gewesen seien.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Ziel weiter. Die Kläger rügen Rechtsfehler sowie eine fehlerhafte Würdigung ihres Parteivortrags und eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Landgericht, das zudem fehlerhaft angebotene Beweise nicht erhoben habe:

Den Klägern stehe ein Beseitigungsanspruch zu. Das Landgericht habe in seiner Entscheidung den Vortrag der Kläger fehlerhaft gewürdigt. Die Kläger hätten vorgetragen, dass die Beklagten die Ausrichtung der Kameras nach Erhalt der Abmahnungen geändert hätten. Aus diesem Vortrag habe das Landgericht rechtsfehlerhaft den Schluss gezogen, dass die neue Ausrichtung nicht mehr das Grundstück der Kläger erfasst habe. Den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 25.05.2016 betreffend eine vormalige, wenn auch bestrittene Ausrichtung der Kameras auf das Grundstück der Kläger hätten die Kläger entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht mehr bestreiten müssen. Denn die Kläger hätten mit Schriftsatz vom 01.08.2016 mitgeteilt, dass die Beklagten die Kameraausrichtung nach Erhalt der Abmahnung geändert hätten und der Verstoß mindestens in das Jahr 2015 reiche. Daraus folge, dass nach wie vor eine Beeinträchtigung vorliege. Die Beklagten hätten einen Wegfall der Beeinträchtigung vor Klageerhebung beweisen müssen.

Das Landgericht sei den Beweisangeboten der Kläger rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen: Bereits in der Klageschrift habe der Kläger zum Beweis der Kameraausrichtung auf das Grundstück der Kläger die Inaugenscheinnahme der Grundstücke angeboten. Aus dem Lageplan und den Lichtbildern in der Anlage BK1 ergebe sich, dass das Grundstück der Kläger nach wie vor von den Kameras erfasst werde. Auch hätten die Kläger zum Beweis der Behauptung, die Ausrichtung der Kameras erfasse den Garten und einen Teil des Terrassenbereichs die Zeugin D angeboten.

Bei den Objekten handele es sich um echte Überwachungskameras. Die Blink-Leuchtdioden stellten einen objektiven Anhaltspunkt für die Echtheit der Kameras dar. Das Landgericht habe betreffend die Frage der Echtheit der Kameras der informatorischen Anhörung des Klägers zu 2) und dem durch die Beklagten vorgelegten Informationsschreiben nicht das gleiche Gewicht zugemessen. Einerseits berücksichtige das Gericht zugunsten der Beklagten das Informationsschreiben betreffend das Mietshaus Straße12 in der Anlage B 4, während es andererseits die Einlassung des Klägers zu 2) im Rahmen seiner informatorischen Anhörung, eine Mieterin des Hauses Nr. 12 fühle sich durch die Beklagten beobachtet, als nicht maßgeblich betrachte. Auch das Beweisangebot auf Vernehmung des Zeugen E zum Beweis der klägerischen Behauptung, zwischen den Häusern Nr. 11 und Nr. 12 sei ein Datenkabel verlegt worden, habe das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Gießen vom 23.09.2016 (Az. 3 O 54/16) abzuändern und wie folgt zu erkennen:

1.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die sich unter dem Dach des Zweifamilienhauses Straße11 in Stadt1 befindlichen, in Richtung auf das Grundstück der Kläger, Straße10 in Stadt1 gerichteten elektronischen Überwachungskameras zu beseitigen.
2.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die elektronische Überwachung des Grundstücks der Kläger, von Teilen des Grundstücks, des Hauses und der Terrasse des Hauses der Kläger durch Kameras zu unterlassen, und zwar bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.
3.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 671,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Zudem bestreiten die Beklagten den in der Berufungsinstanz nachgeschobenen Sachvortrag der Kläger und rügen diesen als präkludiert.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, da das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Weder die vorgebrachten Berufungsgründe noch die gemäß § 529 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen durchzuführende Prüfung lassen erkennen, dass die Klageabweisung auf einer Rechtsverletzung beruht oder dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass den Klägern gegen die Beklagten weder Beseitigungs- (a) noch Unterlassungsansprüche (b) zustehen.

a) Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Beseitigungsanspruch wegen einer gegenwärtigen Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB).

aa) Zwar stellt das Filmen des Nachbargrundstücks mit Überwachungskameras einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nachbarn aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG dar, da die Herstellung von Bildern ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen – verfassungsrechtlich und zivilrechtlich geschütztes – allgemeines Persönlichkeitsrecht in dessen Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung bedeutet (BGH, Urteil vom 25.04.1995, Az. VI ZR 272/94, VersR 1995, 841 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2007, Az. 3 Wx 199/06, Rn. II, NJW 2007, S. 780 [OLG Düsseldorf 05.01.2007 – I-3 Wx 199/06]). Ein solcher rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger liegt aber im konkreten Fall nicht vor:

bb) Denn es ist davon auszugehen, dass es sich bei den Metallobjekten um bloße Kamera-Attrappen handelt, nachdem die Kläger nicht bewiesen haben, dass die Beklagten an ihrem Haus eine echte Überwachungsanlage betreiben und nicht lediglich zum Schutz vor Einbrechern Kamera-Attrappen installiert haben. Das non-liquet geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger (siehe nur OLG München, Urteil vom 13.02.2012, Az. 20 U 4641/11, Rn. 5, zitiert nach juris; MüKo-Baldus, 7. Auflage 2017, § 1004 Rn. 307).

– Die Kläger haben für das Vorliegen von echten Überwachungskameras in erster Instanz schon keinen Beweis angeboten, so dass das Landgericht dazu lediglich den Kläger zu 2) informatorisch angehört hat. Dessen im Rahmen der freien Beweiswürdigung gem. § 286 Abs. 1 ZPO durch das Landgericht berücksichtigte Anhörung hat jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer echten Überwachungsanlage ergeben. An der dahingehenden Beweiswürdigung des Landgerichts bestehen keine ernsthaften Zweifel. Zwar hat der Kläger ausweislich des Protokolls auf Bl. 116 d. A. im Rahmen seiner informatorischen Anhörung zunächst bekundet, vorne in den Kameras sitze ein optisches Teil, das wohl einen weiten Blickwinkel habe. Gleichzeitig hat er aber diese Einlassung relativiert und erklärt, es handele sich um Kameras oder etwas, was er für Kameras halte. Vorne habe das Metallrohr jedenfalls ein Loch und eine Glasscheibe.

– Entgegen der mit der Berufung vertretenen Auffassung der Kläger hat das Landgericht die informatorische Anhörung des Klägers zu 2) auch richtig dahingehend gewürdigt, dass dahinstehen kann, dass der Einlassung des Klägers zu 2) nach eine Nachbarin aus dem im Eigentum der Beklagten stehenden Mietshaus Nr. 12 dem Kläger gegenüber erklärt hat, der Beklagte zu 2) habe sie auf ihren häufigen Männerbesuch angesprochen. Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, hat dieser allenfalls vage Anhaltspunkt für eine Überwachung des Hauses Nr. 12 keine Aussagekraft für eine Überwachung des Hauses Nr. 11.

– Auch hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass demgegenüber das durch die Beklagten vorgelegte Informationsschreiben vom 14.05.2013 (Anlage B 4, Bl. 140 f. d. A.) ein im Rahmen der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO gegen das Vorliegen von echten Überwachungskameras am Haus Nr. 11 sprechendes Indiz darstellt. Denn darin hat der Beklagte zu 1) potentielle Mieter aufgeklärt, dass am Mietshaus Nr. 12 nach Diebstählen und Einbruchsversuchen zur Abschreckung Kamera-Attrappen installiert sind und keine Videoüberwachung stattfindet. Weshalb das Landgericht nach Auffassung der Kläger mit diesem das non-liquet stützenden Argument dem Beklagtenvorbringen ein größeres Gewicht beigemessen haben soll als dem Klägervorbringen, ist nicht nachvollziehbar.

– Die Beklagten haben zudem höchst vorsorglich unter Verwahrung gegen die Beweislast gegenbeweislich die Zeugen B und A angeboten. Deren Vernehmung hat zwar nach der insoweit nicht angegriffenen Beweiswürdigung des Landgerichts das Vorliegen von bloßen Kamera-Attrappen nicht bewiesen, spricht aber doch indiziell gegen das Vorliegen einer echten Überwachungsanlage und untermauert das non-liquet.

– Weiterhin stellen entgegen der durch die Kläger vertretenen Meinung die andauernd blinkenden LEDs an den Metallobjekten ebenso wie das Fehlen einer Schwenkvorrichtung weitere Indizien für das Vorliegen von bloßen Kamera-Attrappen dar. Denn der Lebenserfahrung nach sind gerade der Einbruchsprävention dienende Kamera-Attrappen mit sofort ins Auge fallenden LEDs ausgestattet, die dem Zweck dienen, potentielle Einbrecher auf die Metallobjekte aufmerksam zu machen, während echte Überwachungskameras gerade besonders unauffällig gestaltet sind. Schließlich sind in der Regel nur bloße Kamera-Attrappen nicht schwenkbar, da sie ja nur der Abschreckung dienen sollen, während echte Überwachungskameras mit Schwenkvorrichtungen ausgestattet sind, mit denen sie flexibel alle Richtungen erfassen können.

– Die unter Beweis durch Vernehmung des Zeugen E gestellte Behauptung der Kläger, zwischen beiden Häusern sei ein Kabel im Erdreich verlegt worden, dass die Häuser verbindet, stellt demgegenüber kein Indiz für das Vorliegen einer echten Überwachungsanlage dar, so dass das Landgericht von einer Vernehmung des Zeugen E absehen durfte, zumal die Kläger nicht vorgetragen haben, um was für ein Kabel es sich dabei handeln sollte und nur vermutet haben, „hierbei werde es sich um ein Datenkabel handeln“ (Bl. 156 d. A.).

– Zwar haben die Kläger in zweiter Instanz für die Echtheit der Kameras Beweis angeboten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Beweisantritt in zweiter Instanz ist jedoch gem. § 531 Abs. 2 ZPO unzulässig. Insbesondere ist der Beweisantritt in erster Instanz nicht infolge eines entgegen der Pflicht aus § 139 ZPO unterlassenen Hinweises, mithin eines Verfahrensmangels unterblieben (§ 531 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, siehe dazu nur Zöller-Heßler, ZPO, 30. Auflage 2014, § 531 Rn. 28). Denn die Beweislast folgt insoweit lediglich dem allgemeinen Grundsatz, dass die Partei, die den Anspruch geltend macht, für dessen Tatbestandsvoraussetzungen auch darlegungs- und beweisbelastet ist. Dieser Grundsatz muss den anwaltlich vertretenen Klägern bekannt gewesen sein. Auch haben die Beklagten den Gegenbeweis für das Vorliegen von bloßen Attrappen jeweils nur – fettgedruckt und ausdrücklich – unter Verwahrung gegen die Beweislast angeboten.

cc) Selbst wenn man zugunsten der Kläger die Installation von echten Überwachungskameras unterstellte, haben die Kläger, wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, zu einer ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden gegenwärtigen Kameraüberwachung ihres Grundstücks weder in erster noch in zweiter Instanz schlüssig vorgetragen. Denn dazu hätten die Kläger widerspruchsfrei vortragen müssen, dass die angeblichen Überwachungskameras das Grundstück der Kläger erfassen. Die Installation einer Überwachungskamera auf einem privaten Grundstück ist nämlich nicht rechtwidrig, wenn dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden bzw. wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerliche wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist (BGH, Urteil vom 16.03.2010, Az. VI ZR 176/09, zitiert nach juris).

– Den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger hat das Landgericht richtig dahin ausgelegt, dass nach Änderung der Kameraausrichtung auf die Abmahnungen im März und Mai 2015 hin diese das Grundstück der Kläger nicht mehr erfassen. Entgegen der durch die Kläger mit der Berufung vertretenen Ansicht folgt auch aus dem Schriftsatz der Kläger vom 01.08.2016 nichts anderes. Denn darin tragen die Kläger ausdrücklich und unter Beweisantritt folgendes vor: „Fakt ist vielmehr, dass ein Rechtsverstoß der Beklagten vorgelegen hat und dieser nach Erhalt der Abmahnungen beseitigt worden ist.“

– Auch in zweiter Instanz mit dem neuen Vortrag in der Berufungsbegründung unter Vorlage eines Lageplans und zahlreicher Lichtbilder der Kameras haben die Kläger zu einer Ausrichtung der Kameras auf ihr Grundstück nicht widerspruchsfrei vorgetragen. Aus dem Lageplan und aus den Lichtbildern ergibt sich vielmehr, dass die allein streitgegenständlichen Kameras Nr. 1 und Nr. 2 das Grundstück der Kläger nicht erfassen. Denn ausweislich der Lichtbilder sind die Kameras schräg nach unten sowie in Richtung Hauswand gerichtet, wobei sich die Kameras ausweislich des Lageplans jeweils an der dem Grundstück der Kläger abgewandten Seite des Hauses der Beklagten in einer Entfernung von etwa 15 Metern zur Grenze des klägerischen Grundstücks befinden, so dass sich der Blickwinkel der Kameras bereits auf dem Grundstück der Beklagten in den Boden bzw. die Hauswand bohren bzw. in der hohen Hecke zum Grundstück der Kläger enden dürfte. Dies ist insbesondere auf dem ohne Zoom hinter der Hecke des klägerischen Grundstücks aufgenommenen Lichtbild auf Bl. 232 d. A. deutlich erkennbar. Die Kamera Nr. 1 ist zudem in einem Abstand von nur wenigen Zentimetern zur Hauswand montiert und zudem schräg auf die Hauswand ausgerichtet, was auf Bl. 239 d. A. deutlich erkennbar ist. Auch aufgrund des zwischen Kamera und Grenze zum klägerischen Grundstück liegenden Mauervorsprungs von mindestens einem Meter kann deshalb die Kamera 1 das Grundstück der Kläger nicht erfassen.

– Wie die Beklagten mit der Berufungserwiderung zutreffend gerügt haben, ist zudem dieser neue Vortrag gem. § 531 Abs. 2 ZPO unzulässig, da das neue Vorbringen den Klägern bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz bekannt gewesen sein müssen und da das Vorbringen erst in der zweiten Instanz auch nicht auf einem Fehler des erstinstanzlichen Gerichts beruht (siehe dazu Zöller-Heßler, 30. Auflage 2014, § 531 Rn. 20 f.).

– Da die Kläger das Vorliegen von echten Überwachungskameras nicht bewiesen (bb) und zu einer Ausrichtung der angeblichen Kameras auf ihr Grundstück schon nicht schlüssig vorgetragen haben (cc), bedurfte es auch keiner weiteren Beweisaufnahme zur Ausrichtung der Metallobjekte auf das klägerische Grundstück etwa durch Vernehmung von Zeugen oder durch Inaugenscheinnahme des Grundstücks.

b) Die Kläger haben gegen die Beklagten auch keinen Unterlassungsanspruch (§ 823 i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB).

aa) Zwar besteht auch ohne eine gegenwärtige rechtswidrige Beeinträchtigung aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ein Unterlassungsanspruch, sofern eine Wiederholungsgefahr besteht, nämlich die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger haben jedoch auch das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nicht bewiesen:

bb) Zwar begründet eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr, an deren Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (siehe nur Palandt-Herrler, 76. Auflage 2017, § 1004 Rn. 32). Die Kläger haben jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht bewiesen dass die Beklagten jemals durch Filmen des klägerischen Grundstücks deren allgemeines Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt haben. Dies folgt schon daraus, dass die Kläger aus den oben genannten Gründen (bb) nicht bewiesen haben, dass am Haus der Beklagten echte Überwachungskameras installiert sind oder waren. Daher bedarf es auch keiner weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen zur vormaligen Ausrichtung der Metallobjekte auf das Grundstück der Kläger.

cc) Ein Unterlassungsanspruch kann als vorbeugender Anspruch zwar auch ohne eine vorangegangene Beeinträchtigung bestehen, wenn Dritte eine zukünftige Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müssen. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarschaftsstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Momente (BGH, Urteil vom 16.03.2010, Az. VI ZR 176/09, Rn. 13 f. zitiert nach juris; OLG Köln NJW 2009, 1827 [OLG Köln 30.10.2008 – 21 U 22/08]). Hier ist jedoch nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Befürchtung der Kläger, überwacht zu werden, weder nachvollziehbar noch verständlich:

– Zum einen besteht kein gerade „eskalierender Nachbarschaftsstreit“, der einen Überwachungsdruck rechtfertigen könnte. Denn die weiteren Nachbarschaftsstreitigkeiten der Parteien ruhen oder sind beigelegt. Dass die Parteien in der Vergangenheit mehrere Rechtsstreitigkeiten führten und hierdurch ihr persönliches Verhältnis belastet wurde, rechtfertigt für sich genommen noch nicht die Befürchtung, überwacht zu werden. Denn allein aus dem Beschreiten des Rechtswegs und der hiermit verbundenen Belastung des nachbarschaftlichen Verhältnisses kann nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, die Beklagten würden sich zukünftig rechtswidrig verhalten und echte Kameras zu einer Überwachung der Kläger einsetzen (so BGH, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 265/10, Rn. 12, zitiert nach juris).

– Zum anderen liegen auch keine weiteren objektiv Verdacht erregenden Momente vor:

Denn konkrete Lage und Ausrichtung der Metallobjekte sprechen eher gegen einen Überwachungsdruck und für eine Installation lediglich zum Schutz von Einbrechern. Andernfalls hätten die Beklagten die Metallobjekte nicht an der dem klägerischen Grundstück abgewandten Seite ihres Hauses in etwa 15 Metern Entfernung zur Grundstücksgrenze und mehr als 20 Metern Entfernung zum Haus der Kläger installiert.

Weiter haben die Metallobjekte keinen Schwenkarm und damit auch keine Steuerungsanlage, so dass die Kläger, um diese auf das Grundstück der Beklagten auszurichten, diese mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand auf einer Leiter stehend ab- und an anderer Stelle wieder anmontieren müssten (so BGH, Urteil vom 16.03.2010, Az. VI ZR 176/09, Rn. 15, zitiert nach juris).

Ebenso wie die fehlende Schwenkvorrichtung sprechen schließlich – entgegen der durch die Kläger vertretenen Meinung – aus den oben genannten Gründen (a) bb) gerade auch die auffälligen andauernd blinkenden LEDs der Metallobjekte gegen das Vorliegen von echten Kameras und damit gegen einen Überwachungsdruck.

2. Den Klägern bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Sie werden darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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