OLG Frankfurt am Main, 29.09.2017 – 8 U 183/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 29.09.2017 – 8 U 183/16
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Juli 2016 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Das am 27. Juli 2016 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach einem von ihm behaupteten Sturz am … März 2012 geltend.

Er ist Inhaber einer Jagderlaubnis für das Jagdrevier Stadt1-Stadtteil1. Der Beklagte ist Jagdpächter dieses Jagdreviers. Das Jagdrevier war dem Kläger bereits vor dem …. März 2012 bekannt. Den dort u. a. befindlichen Fütterungsplatz hatte er vor dem hier in Rede stehenden Vorfall zumindest zwei- bis dreimal besucht gehabt. Die dortige Leiter befindet sich nicht unmittelbar unterhalb der Öffnung der Fütterungskanzel, sondern ist – von vorne betrachtet – etwas weiter nach rechts versetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Örtlichkeiten wird auf die zu den Akten gereichten Fotographien verwiesen (Anlage K 1, Bl. 19 d. A., und Anlage BLD 1, Bl. 98 d. A.).

Der Kläger hat behauptet, er sei damals als Jagdhelfer für den Beklagten damit beschäftigt gewesen, die im streitgegenständlichen Jagdrevier vorhandenen Wildfütterungsstände mit Futter zu befüllen. Am … März 2012 habe er zunächst die Fütterungskanzel bestiegen, um das dort in einem Sack gelagerte Futter in die unmittelbar daneben befindliche Fütterungsstelle zu verbringen. Zu diesem Zweck sei er zunächst über die Leiter in die Kanzel hoch- und sodann mit dem Sack wieder hinabgestiegen. Nach dem Befüllen der Fütterungsstelle habe er die Kanzel erneut bestiegen, um den leeren Sack dort wieder zu deponieren. Beim anschließenden Abstieg sei er gestürzt. Er habe die Leiter rückwärts heruntersteigen wollen. Dabei sei er mit dem linken Fuß ins Leere getreten und gestürzt.

Er hat ferner behauptet, infolge des Sturzes habe er eine Handgelenksfraktur erlitten, die operativ habe versorgt werden müssen. In der Folgezeit sei es unter anderem zu einer Versteifung des Handgelenks mit erheblicher Schmerzbelastung bekommen. Es bestünde die Gefahr einer Arthrosebildung mit Folgeschäden.

Der Kläger hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1. April 2015 zu zahlen,
2.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 837,13 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1. April 2015 zu zahlen,
3.

festzustellen, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger allen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom … März 2012 an der Fütterungskanzel im Jagdrevier Stadt1/Stadtteil1 in der Gemarkung …wald Stadt1 Abt. … Stadt2, zu ersetzen, und
4.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger hinsichtlich der nicht anzurechnenden Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von € 1.552,36 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit gegenüber den Rechtsanwälten RA1, Rechtsanwälte und Notare, X Allee …, Stadt3, freizustellen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat insbesondere geltend gemacht, der Kläger habe den Sturz selbst zu verantworten, da ihm die Örtlichkeiten gut bekannt gewesen seien.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte habe keine Verkehrssicherungspflichten verletzt.

Zum einen sei der Beklagte nicht verkehrssicherungspflichtig gewesen. Der Beklagte habe den Hochsitz weder errichtet noch habe er die Pflicht übernommen, Dritte vor etwaigen vom Hochsitz ausgehenden Gefahren zu schützen. Darüber hinaus sei „auch inhaltlich keine Verkehrssicherungspflicht verletzt“ worden.

Aus den Lichtbildern ergebe sich, dass die Stufe zur Kanzel bei gehöriger Aufmerksamkeit unschwer erkennbar gewesen sei, so dass keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären. Dem Kläger sei nicht nur die Kanzel mitsamt Treppe generell bekannt gewesen. Vielmehr sei er unmittelbar vor dem Sturz die Treppe zweimal hinauf- und einmal hinabgestiegen. Dabei habe er nicht nur rein theoretisch die Möglichkeit gehabt, sich der örtlichen Umstände zu vergewissern. Vielmehr müsse „er rein tatsächlich gesehen haben“, dass die Treppe gegenüber dem Eingang zur Kanzel leicht nach rechts versetzt angebracht gewesen sei. Ausweislich der Lichtbilder sei diese Gefahrenquelle offensichtlich gewesen, so dass vor dieser nicht gesondert habe gewarnt werden müssen. Die Gefahr sei unschwer erkennbar gewesen. Der Kläger hätte – so das Landgericht weiter – so vorsichtig absteigen müssen, dass ein Sturz hätte vermieden werden können. Unerheblich sei insoweit auch, dass die Treppe nicht durch ein Geländer gesondert gesichert gewesen sei. Zum einen sei ein solches Geländer bei einem Hochsitz wie dem vorliegenden allgemein nicht zu erwarten. Zum anderen hätte sich bei einer offen zu Tage liegenden Gefahr wie der vorliegenden der Kläger nach Ansicht des Landgerichts entweder an der Außenseite des Hochstandes oder an den Sprossen der Leiter festhalten müssen. Auch hätte er sich – so das Landgericht weiter – vor dem Hinabsteigen vergewissern müssen, ob die Leiter bündig mit der Einstiegsluke abschließe, oder ob sie – wie im Streitfall – leicht versetzt angebracht sei. Ein ungesicherter Tritt nach unten, „ins Leere“, stelle ein derart gravierendes Eigenverschulden dar, dass eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung dahinter vollkommen zurücktrete.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil (Bl. 159 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 4. August 2016 (Bl. 170 d. A.) zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem hier am 5. September 2016 – einem Montag – eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt (Bl. 177 f. d. A.) und diese sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 4. Oktober 2016 begründet, der hier per Fax noch am selben Tage eingegangen ist (Bl. 185 ff. d. A.).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Rechtsschutzziele uneingeschränkt weiter.

Zur Begründung führt er aus, dass Landgericht habe irrig angenommen, der Beklagte sei im Streitfall nicht verkehrssicherungspflichtig. Entgegen den Ausführungen in den Entscheidungsgründen bestünden hier Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Verkehrssicherungspflicht übernommen habe.

Das Landgericht habe sich überdies lediglich mit allgemein gültigen Feststellungen zu einem Sturz, etwa über eine Stufe, auseinandergesetzt. Die Besonderheiten der jagdlichen Einrichtungen seien durch das Landgericht verkannt worden. Eine bloße Sichtprüfung reiche nicht aus, sondern es werde angesichts der Gefahren eine äußerst intensive Sicherheitskontrolle verlangt. Die Sicherheitserwartung der Benutzer verlange, dass der Besitzer der Anlage zur Überprüfung eine Methode anwende, die einen Sturz zuverlässig verhindere. Hier sei von dem Beklagten nicht vorgetragen worden, dass eine Sichtung der Jagdeinrichtungen oder gar eine Sicherheitskontrolle stattgefunden habe.

Genauso wenig habe die Unfallverhütungsvorschrift Jagd (VSG 4.4) Berücksichtigung in den Entscheidungsgründen des Landgerichtes gefunden. Danach sei die hier in Rede stehende Fütterungskanzel nach den Unfallverhütungsvorschriften fachgerecht zu errichten und zu unterhalten; sie sei auch mindestens ein Mal pro Jahr zu überprüfen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 VSG 4.4).

Diesen Anforderungen sei die Fütterungskanzel, deren einziger Zuweg über eine Leitersprosse seitlich gegenüber dem Eingang versetzt angebracht sei und welche bauartbedingt nur rückläufig, also ohne die Möglichkeit einer Sichtkontrolle, verlassen werden könne, bei weitem nicht gerecht geworden.

Zwar sei es richtig, dass der Kläger vor dem Sturzereignis die Treppe zwei Mal hinauf- und ein Mal hinabgestiegen sei. Das Landgericht habe jedoch die Anforderungen gegenüber dem Kläger bei weitem überspannt, wenn ihm ein gravierendes Eigenverschulden angelastet werde, das eine etwaige Verkehrssicherungsverletzung vollkommen zurücktreten lassen solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung des Klägers wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 4. Oktober 2016 Bezug genommen (Bl. 190 ff. d. A.).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 27. Juli 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-24 O 305/15, den Beklagten zu verurteilen,

1.

an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1. April 2015 zu zahlen,
2.

an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 837,13 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1. April 2015 zu zahlen,
3.

an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.450,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 1. April 2015 zu zahlen,
4.

festzustellen, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom … März 2012 an der Fütterungskanzel im Jagdrevier Stadt1/Stadtteil2 in der Gemarkung …wald Stadt1, Abteilung … Stadt2, zu ersetzen, und
5.

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich der nicht anzurechnenden Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von € 1.552,36 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit gegenüber der Partnerschaftsgesellschaft RA1, Rechtsanwälte, X Allee …, Stadt3, freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 7. November 2016 (Bl. 204 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2. In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beklagte hier nicht gegen seine (unterstellte) Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat. Eine verkehrssicherungspflichtige Person muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise nur diejenigen Gefahren auszuräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der seinerseits die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24.01.2002 – III ZR 103/01, NJW 2002, 1265, 1265; Urteil vom 24.07.2014 – III ZR 550/13, NZV 2014, 450, 451). Danach sind für die Anforderungen an die Gefahrensicherung insbesondere die Sicherungserwartungen des Verkehrs maßgebend. Diese sind herabgesetzt gegenüber denjenigen Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11.12.1984 – VI ZR 218/83, NJW 1985, 1076, 1076 f.; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823, Rdnr. 51).

Nach diesen Maßstäben bestand hier bereits keine Verkehrssicherungspflicht des Beklagten. Der Umstand, dass sich die Leiter im Streitfall nicht unmittelbar unterhalb der Öffnung der Kanzel befindet, sondern vielmehr – von vorne betrachtet – ein Stück weiter nach rechts versetzt ist, fällt jedem Betrachter sofort ins Auge (vgl. in Bezug auf ähnliche Fallkonstellationen BGH, Urteil vom 08.12.1966 – VII ZR 325/64, VersR 1967, 187; OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2012 – 8 U 1030/11, BeckRS 2012, 14615; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.11.1976 – 2 U 117/76, VersR 1977, 384; LG Gießen, Urteil vom 07.02.2008 – 4 O 448/07, MDR 2008, 626, 627; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 14.08.2015 – 1 O 163/13, juris, Tz. 25). Es kommt hinzu, dass sich der von dem Kläger behauptete Unfall zu einem Zeitpunkt ereignet haben muss, zu dem es noch hell gewesen ist, da der Kläger bereits gegen 20:30 Uhr in den B Kliniken untersucht worden ist (vgl. die Angaben unter der Überschrift „Anamnese“ in dem Arztbrief der B-Kliniken gGmbH vom … März 2012, Anlage K 2, Bl. 20 d. A.). Dementsprechend hat der Kläger auch nicht etwa geltend gemacht, dass zum Unfallzeitpunkt schlechte Sichtverhältnisse geherrscht hätten. Dem Kläger hätte daher hier auf den ersten Blick klar sein müssen, dass das Absteigen von der Fütterungskanzel besonderer Vorsicht bedarf, weil die Leiter sich nicht unmittelbar unterhalb der Öffnung der Kanzel befindet, sondern – von vorne betrachtet – ein Stück weiter nach rechts versetzt ist.

Auch wenn man berücksichtigt, dass durch einen Sturz vor allem diejenigen Personen bedroht sind, welche die Leiter hinabsteigen (in Bezug auf eine Treppe so BGH, Beschluss vom 14.06.1982 – III ZR 129/81, VersR 1982, 854), ergibt sich kein anderes Bild. Auch wer sich nach dem Besteigen der Kanzel über ebenjene Treppe wieder auf den Rückweg macht, sieht nach dem vorgelegten Foto von oben unmittelbar, dass die Leiter ein Stück weit (von oben mit Blickrichtung nach unten betrachtet) nach links versetzt ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger ja wenige Augenblicke zuvor über dieselbe Leiter auf die Fütterungskanzel hinaufgestiegen war, so dass ihm die genauen Örtlichkeiten bekannt gewesen sein müssen.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man davon ausgeht, dass eine verkehrssicherungspflichtige Person ein naheliegendes Fehlverhalten von bestimmten Verkehrsteilnehmern – hier also bestimmten Benutzern der Fütterungskanzel – berücksichtigen muss (in diesem Sinne etwa BGH, Beschluss vom 14.06.1982 – III ZR 129/81, VersR 1982, 854, in Bezug auf eine Treppe in einem Wohngebiet, in deren Nähe häufig Kinder spielten; vgl. ferner Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823, Rdnr. 46 f.). Ein derartiger Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Ob Fütterungskanzeln wie die im vorliegenden Falle gegenüber Kindern allgemein oder nur dann besonders abgesichert werden müssen, wenn sie häufiger von Kindern bestiegen werden, braucht nicht entschieden zu werden. Denn das käme dem zum Vorfallszeitpunkt 5x-jährigen Kläger nicht zugute (vgl. etwa OLG Stuttgart, Urteil vom 12.11.1976 – 2 U 117/76, VersR 1977, 384).

Selbst wenn man hier – zu Unrecht – eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten bejahte, bliebe die Klage im Ergebnis ohne Erfolg, da man dann zumindest davon ausgehen müsste, dass das Eigenverschulden des Klägers so gravierend ist, dass dahinter eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten vollkommen zurücktritt. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss Berücksichtigung finden, dass der Kläger vor dem hier im Streit stehenden Ereignis die Treppe zumindest zweimal hinauf- und einmal wieder hinabgestiegen ist, so dass er die Örtlichkeit und ihre Gefahren kannte (zur Bedeutung der Kenntnis der Örtlichkeiten im Rahmen des § 254 BGB s. etwa OLG Schleswig, Urteil vom 04.01.1973 – 5 U 198/71, BeckRS 1973, 00466; OLG Koblenz, Urteil vom 21.04.1997 – 12 U 533/96, MDR 1997, 831).

Im Übrigen nimmt der erkennende Einzelrichter des Senats zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts auf den S. 5 (untere Hälfte) und S. 6 Bezug.

Insgesamt ist das Landgericht demnach zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der Kläger die Folgen seines sehr bedauerlichen Unfalls nicht dem Beklagten anlasten kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen sowie dieses Urteils findet seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Sätze 1 und 2, 711, 709 Satz 2 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen.

Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.11.2008 – 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572, 573; Beschluss vom 27.05.2010 – 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; Beschluss vom 29.09.2010 – 1 BvR 2649/06, juris; BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, NJW 2002, 3029; Ball, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Kommentar zur ZPO, 13. Aufl. 2016, § 543 ZPO, Rdnr. 5; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 543 ZPO, Rdnr. 11; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.12.2015, § 543, Rdnr. 19). Klärungsbedürftig sind dabei solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 – 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26, 29; Beschluss vom 27.05.2010 – 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.09.2013 – 15 U 92/12, ZEV 2013, 674, 677; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 543 ZPO, Rdnr. 11).

Nach diesen Maßstäben wirft die vorliegende Sache keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Es handelt sich vielmehr um eine von den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache.

Die Zulassung der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht zur „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich. Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, namentlich des Bundesgerichtshofes, abweicht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZR 75/02, NJW 2002, 2295 [BGH 27.11.2000 – II ZR 83/00]; Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.10.2013 – 15 U 127/13, juris; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 543, Rdnr. 4b; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.12.2015, § 543, Rdnr. 26).

Eine so verstandene Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes findet im vorliegenden Fall nicht statt.

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