OLG Frankfurt am Main, 28.08.2017 – 8 W 39/17

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 28.08.2017 – 8 W 39/17
Leitsatz:

Im Falle einer bezifferten Schmerzensgeldklage ist der Streitwert auf den insoweit begehrten Betrag festzusetzen.
Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin gegen den Streitwertbeschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2016 in Verbindung mit dem Beschluss vom 17. August 2017 über die Nichtabhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: die Klägerin) hat mit ihrer am 9. September 2010 beim Landgericht eingegangenen und am 8. Dezember 2010 dem Beklagten zugestellten Klage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Patientenakte herauszugeben (Antrag zu 1), an die Klägerin „€ 30.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Schmerzensgeld zu zahlen“ (Antrag zu 2) und an die Klägerin weitere „€ 8.005,47 Schadensersatz nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen“ (Antrag zu 3).

Mit Anwaltsschriftsatz vom 9. Januar 2012 (Bl. 96 ff. d. A.) hat die Klägerin den Antrag zu 3 um einen Betrag in Höhe von € 15.324,92 erweitert.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2012 hat die Klägerin – vertreten durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigen, Herrn Rechtsanwalt A – die Anträge aus der Klageschrift vom 9. September 2010 „nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 9. Januar 2012“ gestellt (Bl. 137 d. A.).

In den mündlichen Verhandlungen vom 22. Januar 2015 (Bl. 176 d. A.) sowie vom 14. Juli 2016 (Bl. 248) hat die Klägerin auf diese Antragstellung jeweils Bezug genommen.

Mit dem am 13. Oktober 2016 (Bl. 267 ff. d. A.) verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Eine gegen dieses Urteil zunächst eingelegte Berufung hat die Klägerin – vertreten durch ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten – mit Anwaltsschriftsatz vom 25. Januar 2017 (Bl. 334 d. A.) zurückgenommen.

Das Landgericht hat mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 14. Dezember 2016 (Bl. 290 f. d. A.) den Streitwert auf € 61.829,47 festgesetzt.

Mit einem am 1. Februar 2017 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom 31. Januar 2017 hat die Klägerin Streitwertbeschwerde erhoben (Bl. 321 f. d. A.). Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, dass in Bezug auf das begehrte Schmerzensgeld ein Streitwert von maximal € 10.000,00 anzusetzen sei. Das Landgericht habe den von den Vorbevollmächtigten „vorgeschlagenen“ Wert unkritisch übernommen. Die Vorbevollmächtigten hätten „unter Missachtung aller Regeln der anwaltlichen Künste im Arzthaftungsrecht den Rechtsstreit eingeleitet und verfolgt“.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. August 2017 (Bl. 388 f. d. A.) nicht abgeholfen. Die Klägerin habe die Höhe des beantragten Schmerzensgeldes nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt, sondern diese konkret beziffert.

II.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig.

Die Beschwerde ist indes nicht begründet. Die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht weist keine die Klägerin beschwerenden Rechtsfehler auf.

Das Landgericht hat den Wert des Antrags zu 2 zutreffend mit € 30.000,00 angesetzt. In diesem Zusammenhang kann die in der Rechtsprechung und im rechtswissenschaftlichem Schrifttum umstrittene Frage, ob bei unbezifferten Schmerzensgeldklagen die Größenvorstellung der Klägerin oder die Schlüssigkeitsprüfung des Gerichts maßgeblich für die Streitwertbestimmung ist (vgl. die konzise Zusammenfassung des Streitstandes durch Herget in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 3, Rdnr. 16, Stichwort: „unbezifferte Klageanträge“), dahinstehen. Denn vorliegend hat die Klägerin gerade keinen unbezifferten, sondern vielmehr einen bezifferten Klageantrag gestellt. Dass diesem Antrag ein – behaupteter – Anspruch auf Schmerzensgeld zugrunde lag, den die Klägerin nicht hätte beziffern müssen, ändert daran nichts (vgl. KG, Beschluss vom 17.04.2008 – 2 AR 19/08, VersR 2008, 1234, 1235; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, Anh § 3, Rdnr. 99; Gehle, in: Prütting/Gehrlein (Hrsg.), ZPO, 8. Aufl. 2016, § 3, Rdnr. 222 a. E.; Jaeger, VersR 2008, 1235).

Es kann im Übrigen offen bleiben, ob in Bezug auf den Klageantrag zu 1 ein Betrag in einer geringen Höhe – etwa € 500,00 – anzusetzen ist (in diesem Sinne für einen vergleichbaren Fall etwa KG, Beschluss vom 01.12.2016 – 20 W 67/16, juris) oder ob – in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 44 GKG – wegen der Verbindung des Klageantrags zu 1 mit dem Klageantrag zu 3 in einer Klage hier dem Klageantrag zu 1 gar kein eigenständiger Wert zukommt.

Da der Wert des Antrags zu 2 € 30.000,00 und der Wert des Antrags zu 3 € 23.329,47 beträgt, bewegt sich der Streitwert nämlich in beiden Fällen oberhalb von € 50.000,00 und damit in dem Bereich der Wertstufe bis € 65.000,00, so dass eine nähere Erörterung und Entscheidung dieser Streitfrage hier entbehrlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

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