OLG Frankfurt am Main, 27.07.2017 – 10 U 131/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 27.07.2017 – 10 U 131/16
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.6.2016 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 12.463,57 € festgesetzt.
Gründe

Die zulässige Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat zudem keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch nicht aus anderen Gründen geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der Anträge und der Begründung wird auf das angefochtene Urteil sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.6.2017 Bezug genommen, zu dem die Kläger nicht mehr Stellung genommen haben. Der Senat hält an seiner im Hinweisbeschluss geäußerten Auffassung fest.

Daher wird die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO einstimmig als unbegründet zurückgewiesen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 20.06.17 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.6.2016 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

I.

Die Kläger begehren Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für ein vorzeitig zurückgeführtes Verbraucherdarlehen. Mit Schreiben vom 15.3.2015 und nochmals mit anwaltlichem Schreiben vom 11.6.2015 erklärten sie den Widerruf des im April 2010 abgeschlossenen Darlehensvertrags. Wegen der Einzelheiten der den Klägern erteilten Widerrufsbelehrung wird auf Bl. 13 d.A. Bezug genommen. Im August 2015 lösten sie das Darlehen unter Vorbehalt ab und zahlten hierbei ein sog. „Aufhebungsentgelt“ in Höhe von 12.463,57 €.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, ihre Widerrufserklärung sei rechtzeitig, weil die ihnen erteilt Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Bei Abgabe der Widerrufserklärung sei die Widerrufsfrist des § 355 BGB a.F. bereits abgelaufen gewesen. Eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung sei nicht feststellbar. Aus ihr ergebe sich eindeutig, dass es für den Fristbeginn auf das Zurverfügungstellen des Vertragsantrags des Verbrauchers und nicht des Vertragsantrags des Unternehmers ankomme. Die Belehrung sei auch hinreichend deutlich gestaltet und auch nicht deshalb fehlerhaft, weil nicht klargestellt werde, dass die Unterschriften der Darlehensnehmer den Empfang der Belehrung bestätigten. Auch die Angabe eines Postkorbes in Ergänzung der Postadresse der Widerrufsadressatin begründe keine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie sind, wie bereits erstinstanzlich, der Auffassung, ein Fehler der Widerrufsbelehrung ergebe sich durch die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne nach Erhalt „dieser“ Belehrung, da aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden der Eindruck entstehe, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots zu laufen. Es komme nicht darauf an, dass die Beklagte die Wendung „mein Vertragsantrag“ verwendet habe, sondern dass die Benutzung der Wendung „Zurverfügungstellung der Vertragsurkunde“ aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden habe den Eindruck entstehen lassen können, die Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenen Vertragsantrags der Beklagten erfüllt. Auch die Ansicht, dass die Belehrung nicht gegen das Deutlichkeitsgebot verstoße, weil sie Überschriften enthalte und umrandet sei, sei unzutreffend. Denn auch andere Textpassagen seien mit Überschriften versehen und umrandet. Damit sei die Belehrung nicht ausreichend hervorgehoben. Zudem sei auch die Angabe eines Postkorbes neben einer Postadresse fehlerhaft, weil aus der Angabe nicht hervorgehe, ob sich der Postkorb unter der angegebenen Adresse befinde oder ob die Beklagte neben ihrer Postadresse zusätzlich noch ein Postfach angebe. Ferner sind die Kläger der Ansicht, die Belehrung entspreche auch deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie sich hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs auf die Darstellung der Pflichten des Verbrauchers beschränke, ohne ihm auch seine Rechte aufzuzeigen.

Die Kläger beantragen,

1.

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.6.2016 abzuändern,
2.

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 12.463,57 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (mithin seit 27.11.2015) zu zahlen,
3.

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.879,09 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (mithin seit 27.11.2015) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist offensichtlich unbegründet. Die Rechtssache hat zudem keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Widerruf der Kläger verspätet ist, weil die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung den Lauf der zweiwöchigen Frist in Gang gesetzt hat.

Entgegen der Auffassung der Kläger birgt die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne einen Tag nach Zurverfügungstellung eines Exemplars „dieser“ Belehrung nicht die Möglichkeit des Missverständnisses dahin, die Frist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots zu laufen. Denn durch die Verknüpfung der genannten Voraussetzung mit der Passage „die Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages“ durch das Bindewort „und“ ist deutlich, dass sowohl die Widerrufsbelehrung als auch ein die Vertragserklärung des Darlehensnehmers enthaltendes Schriftstück diesem zur Verfügung gestellt sein müssen, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt.

Auch aus dem Begriff „Vertragsurkunde“ kann der befürchtete Eindruck nicht entstehen. Denn dieser Begriff, den auch der Gesetzgeber in § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. verwendet hat, ist für sich ohne Rücksicht auf die Umstände des Darlehensvertrags niemals undeutlich (BGH, Urteil vom 21.2.2017, XI ZR 381/16, Rnr. 14, zit. nach Juris). Er bezeichnet das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags und kann objektiv auch nicht anders und insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers. Der Unternehmer muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst (BGH, a.a.O.).

Soweit die Kläger sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) beziehen, hat der BGH in der oben zitierten jüngeren Entscheidung die Eindeutigkeit der dargestellten Auslegung in Abgrenzung zum Urteil vom 10.3.2009 ausdrücklich klargestellt.

Zu Unrecht meinen die Kläger ferner, die Belehrung verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot, weil auch andere Textpassagen mit Überschriften versehen und umrandet seien. „Deutliche Gestaltung“ der Widerrufsbelehrung i.S.v. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. bedeutet nicht, dass ausschließlich die Widerrufsbelehrung hervorzuheben wäre und alle anderen Passagen sich dieser unterzuordnen hätten. Entscheidend ist, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht dergestalt in Kenntnis gesetzt wird, dass er auch in der Lage ist, es auszuüben (BGH, NJW-RR 2005, 180 [BGH 18.10.2004 – II ZR 352/02]). Dies ist hier im Hinblick auf die deutlich gestaltete, auf einem eigenen Blatt befindliche Belehrung der Fall.

Auch ist der Auffassung der Kläger nicht zu folgen, aus der Angabe des Widerrufsempfängers gehe nicht hervor, ob sich der Postkorb unter der angegebenen Adresse befinde oder ob die Beklagte neben ihrer Postadresse zusätzlich noch ein Postfach angebe. Denn bereits die Bezeichnung als „Postkorb“ macht deutlich, dass es sich hierbei nicht um ein postalisches Postfach, sondern nur um eine interne Zuordnung bei der Beklagten handelte. Dass der Postkorb keine Alternative zur Hausadresse bildete, ist auch unschwer an der Adressangabe ersichtlich, die ihn als Teil der Postadresse aufführt und nicht etwa – wie die E-Mail-Adresse – als weitere Empfangsmöglichkeit für einen Widerruf.

Entgegen der Ansicht der Kläger zeigt die Belehrung dem Verbraucher auch seine Rechte und nicht nur seine Pflichten auf. So heißt es unter „Widerrufsfolgen“, im Falle eines wirksamen Widerrufs seien die „beiderseits“ empfangenen Leistungen zurückzugewähren und Nutzungen herauszugeben. An späterer Stelle wird belehrt, Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müsse der Verbraucher („ich“) innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Widerrufserklärung und „mein Vertragspartner“ 30 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen. Bei der von den Klägern in ihrem Schriftsatz vom 16.3.2017 (Bl. 167 d.A.) zitierten Widerrufsbelehrung handelt es sich nicht um die hier in Streit stehende (s. Bl. 13 d.A.).

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