OLG Frankfurt am Main, 17.07.2017 – 13 U 172/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 17.07.2017 – 13 U 172/16
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.07.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und dieses Beschlusses hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 18.07.2016 und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000,- € festgesetzt.
Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz im Zusammenhang mit einer von ihm im Jahre 2013 durch die Zeichnung von Namensgenussrechten der Firma A AG getätigten Kapitalanlage über 25.000,00 € in Anspruch.

Bei der A AG handelte es sich um ein Tochterunternehmen der B KG …, die beide zu der C Unternehmensgruppe gehörten, über welche am …2014 beim Amtsgericht Stadt1 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Zum Vertrieb der Namensgenussrechte nutzten sowohl die A AG als auch das Mutterunternehmen (B KG …) die ihr von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (D GmbH; im Weiteren: D) überlassenen und unter den Namen „D“ im Internet veröffentlichten Kredit- und Risikoanalysen („Bonitätszertifikate“). Der A AG hatte D für das Jahr 2012 ein „Top-Rating“ ausgestellt.

Der Kläger hat behauptet, er habe den Zeichnungsentschluss aufgrund der für die Jahre 2011 und 2012 von D sowohl der A AG als auch der B KG … bescheinigten „Top-Ratings“ gefasst. Nach dem Inhalt der öffentlich zugänglichen Zertifikate habe sich D als Ratingagentur geriert, obwohl es sich bei ihr, ebenso wie bei der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin, nicht um eine Ratingagentur nach der EU-Ratingverordnung handele. Durch das „Auftreten“ als anerkannte Ratingagentur und die Abgabe der „Top-Ratings“ habe D so getan, als ob sie die bewerteten Unternehmen umfassend auf deren Zuverlässigkeit und Bonität geprüft und alle für ein Ratingverfahren erforderlichen Umstände in die Prüfung habe einfließen lassen.

Der Kläger hat daher die Ansicht vertreten, dass ihm die Beklagte sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch deliktisch für den gesamten eingetretenen Schaden aufgrund des Totalverlustes der Kapitalanlage sowie auf den entgangenen Gewinn hafte.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass weder sie noch die Firma D jemals als Ratingagentur aufgetreten sei. Vielmehr habe der Geschäftszweck sowohl der D als auch der Beklagten nach der Verschmelzung der Unternehmen stets im Betrieb von Datenbanken mit Wirtschaftsinformationen über Unternehmen bestanden, wobei die abgegebenen Bonitätseinschätzungen durch vollautomatisierte mathematisch statistische Berechnungsmethoden ermittelt und deren Ergebnisse dem Kunden zur Verfügung gestellt würden. Die – unzutreffende – subjektive Einschätzung des Klägers zum Tätigkeitsfeld der D lasse sich weder mit dem Inhalt der Zertifikate noch mit den AGBs und dem Inhalt der Webseite der D GmbH in Übereinstimmung bringen. Dort werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Bewertungen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin um reine, auf subjektiven Prognosen beruhende Werturteile und gerade nicht um ein Rating im Sinne der maßgeblichen EG-Verordnung handele.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.07.2016, auf dessen Inhalt (Bl. 160 – 168 d. A.) in vollem Umfang Bezug genommen wird, abgewiesen. Hierbei hat das Landgericht sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche verneint und die Einzelheiten hierzu letztlich dahinstehen lassen, da jedenfalls von einem, einen Haftungsanspruch gegen die Beklagte ausschließenden Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB auszugehen sei.

Mit seiner Berufungsbegründung wendet sich der Kläger gegen die klageabweisende Entscheidung und verfolgt seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe erstinstanzlichen Vortrag des Klägers dahingehend, dass die Beklagte sich als Ratingagentur ausgegeben habe und die abgegebenen Bewertungen aus Sicht eines durchschnittlichen Anlegers nur als Rating im Sinne der Ratingordnung verstanden werden konnten, ignoriert. Bei entsprechender Beachtung und zutreffender Bewertung des klägerischen Vorbringens sei der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sowohl unter den Gesichtspunkten eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch nach Deliktsrecht gerechtfertigt. Schließlich leide das angefochtene Urteil auch an einem Verfahrensfehler, soweit das Landgericht den Anspruch wegen eines Mitverschuldens des Klägers am Eintritt des Schadens verneint habe, ohne zuvor Feststellungen zum jeweiligen Verschulden der Beteiligten getroffen zu haben, was eine Grundvoraussetzung für die im Rahmen des § 254 BGB vorzunehmende Mitverursachungs- bzw. Verschuldensabwägung sei.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 26.132,87 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des im Genussrechtsregister der A AG unter der Nummer … eingetragenen Genussrechts in Höhe von 27.500,00 €;
2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des unter Ziffer 1. genannten Genussrechts in Verzug befindet;
3.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen weiteren wirtschaftlichen Belastungen freizustellen, die über den unter Ziff. 1 erfassten Schaden hinausgehen und mittelbar oder unmittelbar in der Zeichnung des Genussrechts der A AG in Höhe von 27.500,00 € ihre Ursache haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene landgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die Berufung der Beklagten war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Rechtssache ist weder grundsätzlich noch für den Kläger persönlich von besonderer Bedeutung. Sie eignet sich auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der Würdigung eines Einzelfalles.

Das Rechtsmittel ist, wie es in § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO weiter vorausgesetzt wird, auch unbegründet. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats vom 24.04.2017 (Bl. 370 – 381 d. A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug genommen.

Der mit der Stellungnahme zum Hinweisbeschluss gehaltene Vortrag des Klägers mit Schriftsatz vom 08.06.2017 (Bl. 424 – 430 d. A.) gibt dem Senat keinen Anlass, von der im Hinweisbeschluss ausführlich dargelegten Bewertung der Sach- und Rechtslage abzuweichen.

Der Senat hat bereits im Hinweisbeschluss ausführlich dargelegt, weshalb ein Schadensersatzanspruch weder unter dem Gesichtspunkt einer Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter noch unter deliktischen Haftungsgesichtspunkten gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 246a StGB; § 826 BGB in Betracht kommt. Hierbei wurde insbesondere im Einzelnen dargelegt, dass nach Überzeugung des Senats der Kläger bereits keinen hinreichend substantiierten Vortrag zum Bestehen eines – konkreten – Vertragsverhältnisses zwischen der A AG und der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, in dessen Schutzbereich der Kläger einbezogen worden sein soll, gehalten hat (vgl. Seite 7 des Hinweisbeschlusses). Ebenso wurde auf den Seiten 7 bis 9 des Hinweisbeschlusses ausführlich dargelegt, dass keine einzige der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich – des nach Überzeugung des Senats ohnehin schon nicht nachgewiesenen Vertragsverhältnisses – vorliegt.

Der Kläger wiederholt und vertieft im Rahmen seiner Stellungnahme im Wesentlichen lediglich die bereits erstinstanzlich und mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Gesichtspunkte und Argumente, mit denen sich der Senat bereits umfassend auseinandergesetzt hat.

Ergänzend zu den Ausführungen im Hinweisbeschluss ist daher nur noch Folgendes anzumerken:

1. Vertragsverhältnis A AG mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten

Entgegen der Annahme des Klägers ist das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und der A AG keineswegs „selbstverständlich unstreitig“. Wie bereits im Hinweisbeschluss (vgl. dort Seite 7) ausgeführt, hat die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 30.10.2015 nicht lediglich vorgetragen, dass kein Vertrag besteht, aus dem ein Dritter Schutzwirkungen herleiten kann, sondern vielmehr ausdrücklich das Bestehen eines diesbezüglichen Vertragsverhältnisses bestritten. Es mag sein, dass der Kläger entsprechend seinem Vorbringen in der Stellungnahme das Vorbringen der Beklagten allein im Sinne einer Rechtsauffassung auslegt und versteht. Dem diesbezüglichen Verständnis des Klägers steht jedoch der eindeutige Wortlaut des Beklagtenvorbringens entgegen, welcher auch in Verbindung mit dem weiteren Vorbringen der Beklagten im Rahmen einer Gesamtschau als – grundsätzliches – Bestreiten des Bestehens eines Vertragsverhältnisses – zu verstehen ist. Eine Auslegung im Sinne der Sichtweise des Klägers scheidet daher aus. Der „launigen“ Bemerkung des Klägers, dass die Beklagte die Bewertung der Unternehmen „wohl auch nicht aus karitativen Zweck erstellt haben wird“, ist entgegenzuhalten, dass die Beklagte nach ihrem – unstreitigen – Vorbringen weder von der A AG noch von sonstigen Unternehmen konkrete Aufträge zur Erstellung von Bonitätszertifikaten oder sonstigen Prüfungen erhalten hat, sondern vielmehr laufend anlass- bzw. auftragsfrei Scoringverfahren durchgeführt hat. Zum Inhalt einer entsprechenden „Nutzungsvereinbarung“ haben die Parteien nichts vorgetragen, was jedoch Voraussetzung für eine Prüfungsmöglichkeit durch den Senat dahingehend gewesen wäre, ob durch eine solche Vereinbarung (auch) Rechte Dritter – hier des Klägers – geschützt werden sollten.

Bereits vor dem Hintergrund eines nicht nachgewiesenen Vertragsverhältnisses zwischen der A und der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist mithin ein Schadensersatzanspruch des Klägers ausgeschlossen.

Die weiteren Ausführungen des Senats zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen eines Haftungsanspruches des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sind daher ersichtlich als zusätzliche Hilfserwägungen zu verstehen. Wenngleich es aufgrund des unzureichenden Vortrages zu einem Vertragsverhältnis – mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – entscheidungserheblich auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen eines Anspruches aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht mehr ankommt, so soll der Vollständigkeit halber auf die diesbezüglichen Einwände des Klägers kurz noch wie folgt eingegangen werden.

1. Leistungsnähe

Aufgrund der unstreitig laufend anlass- und auftragsfrei von der Beklagten durchgeführten Scoringverfahren kann bereits nicht von einem durch beide Vertragsparteien beeinflussten bestimmungsgemäßen mit der Leistung In-Berührung-Kommen von Dritten ausgegangen werden. Ebenso wenig ist eine Vergleichbarkeit zwischen dem Kläger und der A AG im Hinblick auf potentielle Schutzpflichtverletzungen der Beklagten und die sich hieraus ergebenden Gefahren aus den bereits im Hinweisbeschluss dargelegten Gründen anzunehmen. Der Kläger verkennt im vorliegenden Zusammenhang auch weiterhin, dass das Tätigwerden und die Verfahrensweisen von Ratingagenturen auf die vorliegende Fallgestaltung für von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin durchgeführte Scoringverfahren nicht einfach übertragen werden können.

2. Einbeziehungsinteresse

Gleiches gilt hinsichtlich des Einbeziehungsinteresses. Auch hier legt der Kläger unzutreffend die Tätigkeit einer Ratingagentur auf der Grundlage deren bestehender besonderer Sachkunde und besonderen Wissens seinen Erwägungen zugrunde. Ebenso wenig kann der nach Ansicht des Klägers gerechtfertigten Übertragung der zitierten BGH-Rechtsprechung zu Sachverständigen, die ohne staatliche Anerkennung gutachterlich tätig werden, auf die vorliegende Fallgestaltung gefolgt werden. Bei den – unstreitig – von der Beklagten durchgeführten vollautomatisierten mathematisch statistischen Berechnungsmethoden, auf deren Grundlage auf rein subjektiven Prognosen beruhende Werturteile abgegeben werden, handelt es sich weder um ein Rating im engerem Sinne noch um eine gutachterliche Tätigkeit. Im Hinblick auf die nicht anlass- und auftragsbezogene Tätigkeit der Beklagten kann – selbst bei Annahme eines Vertrages – die A AG schlechterdings nicht für das „Wohl und Wehe“ des Klägers als Drittem als mitverantwortlich angesehen werden. Nach der im Hinweisbeschluss zitierten Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH in ständiger Rechtsprechung, z. B. Urteil vom 22.04.2004 – X ZR 257/02) ist es in der vorliegenden Fallgestaltung auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben der A AG nicht zumutbar, einen Dritten – hier den Kläger – in den Schutzzweck miteinzubeziehen.

3. Erkennbarkeit

Hierzu wird auf Seite 9 erster Absatz des Hinweisbeschlusses verwiesen. Dem – erneuten – pauschalen Vorbringen des Klägers zur angeblichen Kalkulierbarkeit der Haftungsrisiken steht weiterhin die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach bei Prüfung der in den Schutzzweck von Verträgen einzubeziehenden Dritten das Haftungsrisiko für den Schuldner überschaubar gehalten werden muss und keine unkalkulierbaren und nicht versicherbaren Risiken zugemutet werden dürfen.

4. Schutzbedürftigkeit des Klägers

Der Kläger räumt insoweit selbst ein, dass jedenfalls grundsätzlich, unabhängig von deren tatsächlicher Realisierbarkeit, dem streitgegenständlichen Anspruch inhaltsgleiche Ansprüche gegenüber dem Gläubiger des drittschützenden Vertrages als auch gegenüber dem den Abschluss vermittelnden Finanzleistungsinstitut wegen fehlerhafter Anlageberatung zustehen, weshalb der vorliegend begehrte Drittschutz ausgeschlossen ist (vgl. Seite 9 des Hinweisbeschlusses).

5. Aussetzung

Schließlich sieht der Senat auch keine Veranlassung, der Anregung des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens nach dem Kapitalmustergesetz bis zur Entscheidung über die beim Landgericht gestellten Musterverfahrensanträge zu folgen.

Eine Vorgreiflichkeit der in den beim Landgericht anhängigen Verfahren geltend gemachten Feststellungsziele ist mangels konkreten Vortags hierzu nicht erkennbar. Das vorliegende Verfahren ist zudem ohne Beweiserhebung zur Entscheidung reif. Der Senat kann es daher aus den vorstehenden Gründen auch offen lassen, ob das KapMuG nach dessen tatbestandlichen Voraussetzungen auf den vorliegenden Streitfall überhaupt Anwendung findet (vgl. § 1 Abs. 2 KapMuG; WM 2017, 795 – 799).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziffer 10 Satz 2 ZPO. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis resultiert aus §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Wertfestsetzung auf der Grundlage von §§ 47 GKG, 3 ZPO ergibt sich aus der Addition der Leistungs- und Feststellungsanträge, wobei sich der Senat hierbei an der erstinstanzlich – unbeanstandet gebliebenen – Streitwertfestsetzung orientiert hat.

Vorausgegangen ist unter dem 24.04.2017 folgender Hinweis (die Red.)

In dem Rechtsstreit (…)

Die Parteien werden auf die Absicht des Senats hingewiesen, die Berufung des Klägers gegen das am 18.07.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz im Zusammenhang mit einer von ihm im Jahre 2013 durch die Zeichnung von Namensgenussrechten der Firma A AG getätigten Kapitalanlage über 25.000,00 € in Anspruch.

Bei der A AG handelte es sich um ein Tochterunternehmen der B KG …, die beide zu der C Unternehmensgruppe gehörten, über welche am …2014 beim Amtsgericht Stadt1 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Zum Vertrieb der Namensgenussrechte nutzten sowohl die A AG als auch das Mutterunternehmen (B KG …) die ihr von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (D GmbH; im Weiteren: D) überlassenen und unter den Namen „D“ im Internet veröffentlichten Kredit- und Risikoanalysen („Bonitätszertifikate“). Der A AG hatte D für das Jahr 2012 ein „Top-Rating“ ausgestellt.

Der Kläger behauptet, er habe den Zeichnungsentschluss aufgrund der für die Jahre 2011 und 2012 von D sowohl der A AG als auch der B KG … bescheinigten „Top-Ratings“ gefasst. Nach dem Inhalt der öffentlich zugänglichen Zertifikate habe sich D als Ratingagentur geriert, obwohl es sich bei ihr, ebenso wie bei der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin, nicht um eine Ratingagentur nach der EU-Ratingverordnung handelt. Durch das „Auftreten“ als anerkannte Ratingagentur und die Abgabe der „Top-Ratings“ habe D so getan, als ob sie die bewerteten Unternehmen umfassend auf deren Zuverlässigkeit und Bonität geprüft und alle für ein Ratingverfahren erforderlichen Umstände in die Prüfung habe einfließen lassen.

Der Kläger ist daher der Ansicht, dass ihm die Beklagte sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch deliktisch für den gesamten eingetretenen Schaden aufgrund des Totalverlustes der Kapitalanlage sowie auf den entgangenen Gewinn hafte.

Die Beklagte trägt demgegenüber vor, weder sie noch D seien jemals als Ratingagentur aufgetreten. Vielmehr habe der Geschäftszweck sowohl der D als auch der Beklagten nach der Verschmelzung der Unternehmen stets im Betrieb von Datenbanken mit Wirtschaftsinformationen über Unternehmen bestanden, wobei die abgegebenen Bonitätseinschätzungen durch vollautomatisierte mathematisch statistische Berechnungsmethoden ermittelt und deren Ergebnisse dem Kunden zur Verfügung gestellt würden. Die – unzutreffende – subjektive Einschätzung des Klägers zum Tätigkeitsfeld der D lasse sich weder mit dem Inhalt der Zertifikate noch den AGBs und dem Inhalt der Webseite der D GmbH in Übereinstimmung bringen. Dort werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Bewertungen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin um reine, auf subjektiven Prognosen beruhende Werturteile und gerade nicht um ein Rating im Sinne der maßgeblichen EG-Verordnung handele.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.07.2016, auf dessen Inhalt (Bl. 160 – 168 d.A) in vollem Umfang Bezug genommen wird, abgewiesen. Hierbei hat das Landgericht sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche verneint und die Einzelheiten hierzu letztlich dahinstehen lassen, da jedenfalls von einem einen Haftungsanspruch gegen die Beklagte ausschließenden Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB auszugehen sei.

Mit seiner Berufungsbegründung wendet sich der Kläger gegen die klageabweisende Entscheidung und verfolgt seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe erstinstanzlichen Vortrag des Klägers dahingehend, dass die Beklagte sich als Ratingagentur ausgegeben habe und die abgegebenen Bewertungen aus Sicht eines durchschnittlichen Anlegers nur als Rating im Sinne der Ratingordnung verstanden werden konnten, ignoriert. Bei entsprechender Beachtung und zutreffender Bewertung des klägerischen Vorbringens sei der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sowohl unter den Gesichtspunkten eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch nach Deliktsrecht gerechtfertigt. Schließlich leide das angefochtene Urteil auch an einem Verfahrensfehler, soweit das Landgericht den Anspruch wegen eines Mitverschuldens des Klägers am Eintritt des Schadens verneint habe, ohne zuvor Feststellungen zum jeweiligen Verschulden der Beteiligten getroffen zu haben, was eine Grundvoraussetzung für die im Rahmen des § 254 BGB vorzunehmende Mitverursachungs- bzw. Verschuldensabwägung sei.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Nach Beratung ist der Senat zu der einstimmigen Auffassung gelangt, dass sich das Rechtsmittel nach dem maßgeblichen gegenwärtigen Sach- und Streitstand jedoch als offensichtlich unbegründet erweist, weshalb es im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen sein wird.

Die angefochtene Entscheidung ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil beruht weder auf einer – entscheidungserheblichen – Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch liegen konkrete Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen erstinstanzlichen Feststellungen zu begründen vermögen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Argumente rechtfertigen ebenfalls keine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.

Dem Kläger steht weder der im Wege des Leistungsantrages geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe der – verlorenen – Kapitalanlage (25.000,00 €) und des entgangenen Gewinns (1.132,86 €) noch der mit der Feststellungsklage geltend gemachte Freistellungsanspruch unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Soweit das Landgericht die klageabweisende Entscheidung letztlich auf ein den Anspruch ausschließendes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB stützt, so stellt dies – entgegen der Annahme des Klägers – keinen Verfahrensfehler dar. Vielmehr erweist sich die angefochtene Entscheidung insoweit allenfalls als materiell-rechtlich problematisch, da der Wegfall der Ersatzpflicht aufgrund eines weit überwiegenden (Selbst-)Verschuldens des Klägers an der Schadensentstehung, wovon das Landgericht auszugehen scheint, voraussetzt, dass zunächst auf der ersten Stufe die für die beiderseitige Verursachung und das jeweilige Verschulden der Parteien maßgeblichen Umstände aufgeklärt und festgestellt werden müssen, bevor die Abwägung der maßgebenden Umstände erfolgen kann (BGH NJW 63, 1447/49 [BGH 04.03.1963 – II ZR 68/61], NJW-RR 07, 679, [BGH 23.01.2007 – VI ZR 146/06] BAG VersR 66, 1065).

Im Rahmen der Abwägung dürfen die jeweils festgestellten Umstände zu Lasten eines Beteiligten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie bewiesen oder unstreitig sind und sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben (vgl. BGH NJW 95, 1029 [BGH 10.01.1995 – VI ZR 247/94]; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 254, Rz. 62 m. w. N.).

Die Verfahrensweise des Landgerichts stellt jedoch keinen Rechtsfehler dar, auf dem das Urteil beruht, da nach dem eigenen Vortrag des Klägers – bereits auf der Tatbestandsebene – die anspruchsbegründenden Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der grundsätzlich in Betracht kommenden vertraglichen und deliktischen Anspruchsnormen nicht dargetan sind.

Ergänzend merkt der Senat zum Berufungsvorbringen des Klägers im vorstehenden Zusammenhang noch an, dass das Landgericht es nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht „im Ergebnis hat dahinstehen lassen, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte zusteht“. Vielmehr hat das Landgericht im zweiten Absatz der Entscheidungsgründe (Bl. 165 d. A.) es zunächst als fraglich bezeichnet, ob der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte besitzt, da eine Pflichtverletzung der Beklagten im Zusammenhang mit den in 2011 und 2012 abgegebenen Bewertungen nicht substantiiert dargelegt worden sei. Im Anschluss hieran hat das Landgericht – ohne nähere Begründung – sodann jedoch zweifelsfrei das Bestehen eines Anspruchs aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sowie deliktische Ansprüche nach §§ 826 BGB bzw. 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB verneint. Lediglich die im Anschluss hieran folgende – missverständliche – Formulierung „im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen“, lässt gegebenenfalls den Eindruck entstehen, das Landgericht stütze seine Entscheidung allein auf ein – überwiegendes – Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung, was bei zutreffender Lesart der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe jedoch nicht der Fall ist.

Ein Anspruch aus einem Vertrag zwischen der A AG und der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schutzwirkung zugunsten des Klägers als Drittem auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. BGH 56, 273, WM 12, 1359 [BGH 14.06.2012 – IX ZR 145/11]) scheidet aus mehreren Gründen aus.

Es fehlt hierfür bereits an einem hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers zu einem – konkreten – Vertragsverhältnis zwischen der A AG und der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, in dessen Schutzbereich der Kläger einbezogen worden sein könnte.

So hat der Kläger pauschal vorgetragen, dass „den Kunden der D“ für die erstellten Bonitätszertifikate ein Nutzungsrecht eingeräumt worden sei und dieses Nutzungsrecht „des jeweiligen Kunden“ das Recht eingeschlossen habe, die Produkte und deren Aufmachung unter Hinweis auf das erteilte Rating zu bewerben. Auch der A AG sei ein solches Nutzungsrecht eingeräumt worden, wovon sie unstreitig Gebrauch gemacht habe. Bereits mit der Klageerwiderung vom 30.10.2015 (dort Seite 21; Bl. 57 d. A.) hat die Beklagte hierzu – vom Kläger unbestritten – vorgetragen, dass der angebliche Anspruch des Klägers bereits am Nichtvorliegen eines Vertrages scheitere. Von dem für das Vorliegen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter darlegungs- und beweispflichtigen Kläger ist für seine Behauptung des Bestehens eines Vertrages zwischen der A und der Rechtsvorgängerin der Beklagten kein Beweis angeboten worden. Zudem hat der Kläger das Vorbringen der Beklagten, dass sie weder von der A noch von sonstigen Unternehmen Aufträge zur Erstellung von Bonitätszertifikaten oder sonstigen Prüfungen erhalte, sondern vielmehr laufend anlass- bzw. auftragsfrei Scoringverfahren und keine Ratings durchführe, nicht bestritten. Ebenso unbestritten ist der Vortrag der Beklagten, dass ein in der vorbeschriebenen Weise bewertetes Unternehmen ein Bonitätszertifikat zu einem bestimmten Stichtag als Nachweis erhalten kann. Die Nutzung der Zertifikate durch die A AG als solches ist daher entsprechend der Annahme des Klägers zwar unstreitig, besagt für sich allein genommen jedoch noch nichts über das Zustandekommen und den Inhalt eines wie auch immer gearteten Vertrages zwischen der Provasus und der Rechtsvorgängerin der Beklagten.

Doch selbst bei Annahme eines – vom Kläger nicht bewiesenen – Vertrages könnte er nicht als dem geschützten Personenkreis zugehörig angesehen werden. Zur Vermeidung einer unkalkulierbaren Ausdehnung der Haftung des Schuldners (hier der Beklagten) sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutzbereich strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Palandt/Grüneberg a. a. O., § 328, Rz. 16). Danach müssen als weitere Voraussetzungen für eine Einbeziehung in den Schutzbereich – kumulativ – eine Leistungsnähe des Dritten, welcher bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein muss wie der Gläubiger selbst (BGH 49, 354, NJW 08, 2245, [BGH 06.05.2008 – XI ZR 56/07] BGHZ NJW 2001, 515, 516), das Einbeziehungsinteresse der Parteien hinsichtlich des Drittschutzes sowie die Erkennbarkeit der Drittbezogenheit für den Schuldner und schließlich die Schutzbedürftigkeit des Dritten hinzukommen.

Keine der vorstehend genannten erforderlichen Voraussetzungen ist in der vorliegenden Fallgestaltung zu bejahen. So ist bereits eine Vergleichbarkeit zwischen dem Kläger und der A hinsichtlich der von potentiellen Schutzpflichtverletzungen der Beklagten ausgehenden Gefahren nicht einmal ansatzweise gegeben. Während der Kläger im Rahmen seiner zu treffenden Anlageentscheidung und deren möglichen Folgen von den Bonitätszertifikaten beeinflusst und betroffen sein kann, so können diese für die A AG, je nachdem wie die Bonitätskennzeichnung ausfällt, eine Vielzahl nicht vorhersehbarer Auswirkungen – angefangen bei Umsatzeinbußen bis hin zu existenzgefährdenden wirtschaftlichen Einbußen – haben.

Auch ein übereinstimmendes Einbeziehungsinteresse der A und der D – im Falle der Annahme eines Vertrages – ist nicht ersichtlich. So ist die A AG weder für das „Wohl und Wehe“ des Klägers als Drittem aufgrund einer Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag mitverantwortlich (vgl. BGH NJW 68, 1931, 77, 2208) noch sind hinreichende Gesichtspunkte vorgetragen, dass die A an der Einbeziehung des Klägers als Dritten in den Schutzbereich eines etwaigen Vertrages ein besonderes Interesse gehabt hat und der Vertrag dahingehend ausgelegt werden könnte, dass der Vertragsschutz in Anerkennung dieses Interesses auf den Dritten ausgedehnt werden sollte (BGH 128, 168, NJW 98, 1948, [BGH 02.04.1998 – III ZR 245/96] WM 12, 1359 [BGH 14.06.2012 – IX ZR 145/11]).

Der entscheidende Gesichtspunkt für die Beschränkung der in Betracht kommenden, in den Schutzzweck einzubeziehenden Dritten ist, das Haftungsrisiko für den Schuldner überschaubar zu halten. Dieser soll für Schäden Dritter nicht einstehen müssen, wenn ihm nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Vertragszwecks nicht zugemutet werden kann, sich ohne zusätzliche Vergütung auf das Risiko einer erweiterten Haftung einzulassen (vgl. BGH in ständiger Rechtsprechung, z. B. BGH, Urt. v. 20.04.2004 – X ZR 257/02).

Gegen die Einbeziehung des Klägers in den Schutzzweck des Vertrages spricht auch das Urteil des BGH vom 07.05.2009 (Az. III ZR 277/08), wonach für eine Haftung weiterhin erforderlich sein soll, dass der potentielle Haftungsschuldner im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages, in dessen Schutzbereich Dritte einbezogen werden sollen, das Haftungsrisiko überschauen, berechnen und versichern können müsse. Allein in Anbetracht der für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin unüberschaubaren Anzahl möglicher Anleger ist deren Haftungsrisiko weder überschau- noch berechenbar und es gibt hierfür keinen Versicherungsschutz.

Schließlich fehlt es auch an der Schutzbedürftigkeit des Klägers. Für eine Ausdehnung des Vertrauensschutzes nach dem Grundsatz von Treu und Glauben muss ein dringendes Bedürfnis bestehen, was unter anderem dann der Fall ist, wenn der Dritte ansonsten nicht ausreichend geschützt wäre. Demgegenüber ist ein Drittschutz ausgeschlossen, wenn der Dritte aufgrund des Sachverhalts, auf den er seinen Anspruch stützt, einen eigenen inhaltsgleichen Anspruch gegen den Gläubiger des drittschützenden Vertrages – hier die A AG – oder einen anderen hat (vgl. u. a. NJW-RR 03, 101; Palandt/Grüneberg, § 328, Rz. 18 m. w. N.). Dem Kläger stünden, jedenfalls grundsätzlich, unabhängig von deren tatsächlicher Realisierbarkeit, sowohl Ansprüche gegen den Emittenten (A AG) als auch gegen das den Abschluss vermittelnde Finanzleistungsinstitut wegen fehlerhafter Anlageberatung zu.

Ansprüche aus deliktischer Haftung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB; 826 BGB scheiden ebenfalls offenkundig aus.

Es fehlt insoweit bereits an einer den Haftungsanspruch auslösenden Pflichtverletzung durch eine rechtswidrige Handlung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Dem Kläger ist schon insoweit nicht zu folgen, dass die Bonitätszertifikate der D GmbH – bei einem mit der Materie nicht vertrauten Anleger – aufgrund des gewählten Begriffs „Top-Rating“ zu dem Missverständnis führen können, dass es sich bei dem bewertenden Unternehmen um eine Ratingagentur handelt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich mit Ausnahme des Begriffs „Rating“, der im Rahmen immer weiter verbreiteter Anglizismen umgangssprachlich für das deutsche Wort Bewertung steht, nicht an einer einzigen Textstelle Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei der D GmbH um eine Ratingagentur im Sinne der Verordnung (EG) 1060/2009 handeln könnte. Allein die Angabe eines Ratings von „1“ gibt Aufschluss darüber, dass es sich bei der D GmbH nicht um eine Ratingagentur handelt, da diese, je nach Klassifikation des zu bewertenden Unternehmens, eine Bewertung/Einstufung durch die Vergabe unterschiedlichen Buchstaben in variierender Anzahl vornehmen.

Für die Annahme einer Pflichtverletzung oder gar vorsätzlichen sittenwidrigen Täuschung des Klägers durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten besteht daher vorliegend kein Raum.

Der Kläger hätte durch eine einfache Überprüfung des Geschäftszweckes und der Geschäftstätigkeit des bewertenden Instituts (D) im Internet leicht und zuverlässig feststellen können, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zertifikaten nicht um die Bewertung durch eine Ratingagentur handelte. So ergibt sich aus der Webseite der Beklagten nicht nur ausdrücklich, dass es sich bei ihr, ebenso wie bei ihrer Rechtsvorgängerin, nicht um eine Ratingagentur, sondern um eine Wirtschaftsauskunftei handelt, sondern wird darüber hinaus zusätzlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den Bewertungen lediglich Werturteile aufgrund von subjektiven Prognosen und mathematisch statistischen Analysen und Wahrscheinlichkeitsbeurteilungen – und gerade keine umfassende Prüfung auf Zuverlässigkeit und Bonität – zugrunde liegen. Zudem wird dort ausdrücklich empfohlen, unternehmerische Entscheidungen keinesfalls nur vom Inhalt einer solchen Bewertung abhängig zu machen, sondern weitere Quellen heranzuziehen.

Nicht nachvollziehbar ist für den Senat, dass der Kläger angesichts des letztlich nur aus drei Sätzen bestehenden „Bonitätszertifikats“, den Vorwurf einer vorsätzlichen Täuschung und eines Kapitalanlagebetruges aufgrund des durch die Bewertung angeblich vorgespiegelten vorgenommenen Prüfungsumfangs zur Bonität der A zu erheben können glaubt.

Dies ist insbesondere deshalb nicht verständlich, da in den „Bonitätszertifikaten“ nicht an einer einzigen Stelle konkrete Angaben zu den durchgeführten Erhebungsmethoden und den maßgeblichen Gesichtspunkten auf deren Grundlage ein „Rating von 1“ erteilt wurde, angegeben sind. Neben der Bewertung mit dem „Rating 1“ handelt es sich hierbei lediglich um nicht aussagekräftige „Worthülsen und Allgemeinplätze“, auf deren Grundlage ein durchschnittlicher potentieller Anleger keine Zeichnungsentscheidung treffen durfte.

Schließlich hat der Kläger keine hinreichend substantiierten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich – nicht nur in der nachträglichen Bewertung, sondern zum maßgeblichen Zeitpunkt der Veröffentlichung der Zertifikate in 2011 und 2012, die nach dem Vortrag des Klägers für seinen Zeichnungsentschluss maßgeblich waren -, ergibt, dass zum Zeitpunkt der Erteilung/Erstellung der „Bonitätszertifikate“ deren Fehlerhaftigkeit aufgrund objektiver Gegebenheiten für die Beklagte erkennbar gewesen wäre. Der Vortrag des Klägers hierzu ist nur pauschal und beschränkt sich lediglich auf Mutmaßungen, statt auf das Vorbringen konkreter Tatsachen hierzu (vgl. Klageschrift „…war das Scheitern der Genussrechte vorprogrammiert; …dürfte es äußerst fraglich gewesen sein, wie die A AG eine ausreichende Rendite hätte verdienen können,…; die fragliche Kreditwürdigkeit der A AG reicht also bis in das Gründungsjahr zurück; schon die Bonität ihrer Muttergesellschaft… war im Jahre 2000, 2001 völlig fragwürdig; es bestand schon zu dieser Zeit erhebliche Zweifel daran, ob sie ein Eigenkapitalbedarf hätte decken können“).

Die Parteien erhalten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Berufungszurückweisung bis zum 19.5.2017 schriftsätzlich zu äußern.

Auf die Kostenprivilegierung einer Berufungsrücknahme (zwei statt vier Gerichtsgebühren) vor einer abschließenden Entscheidung des Senats im Beschlusswege wird hingewiesen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren entsprechend der unangefochten gebliebenen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung auf bis zu 30.000,00 € festzusetzen.

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