OLG Frankfurt am Main, 14.06.2017 – 3 U 105/15

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 14.06.2017 – 3 U 105/15
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Gießen – 2. Zivilkammer – vom 31.03.2015 (2 O 53/15) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil des Landgerichts und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin macht Ansprüche auf Rückzahlung eines Darlehens geltend. Die Beklagte wurde von Frau A und dem Zeugen B, ihrem damaligen Lebensgefährten, am 01.01.2003 gegründet. Beide Gesellschafter handelten nach außen auch allein. Seit dem Jahreswechsel 201X/201Y war der Zeuge B dann bis Anfang 201Z der Lebensgefährte der Klägerin. Frau A kündigte die Gesellschaft zum 31.08.2011. Eine Auseinandersetzungsbilanz ist nicht erstellt worden.

Über die Darlehensforderung in Höhe von € 16.500,– erwirkte die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid, gegen den sich die Beklagte, im vorliegenden Rechtsstreit allein durch Frau A vertreten, wendet. Die Klägerin will diesen Vollstreckungsbescheid aufrecht erhalten wissen.

Der Streit der Parteien dreht sich um die Parteifähigkeit der Beklagten, um die alleinige Vertretungsberechtigung von Frau A und um die Frage ob und in welcher Höhe der Zeuge B einen für die Beklagte verpflichtenden Darlehensvertrag in der genannten Höhe abgeschlossen hat.

Das Landgericht, auf dessen Tatbestand zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat die Klägerin und Frau A persönlich gehört und den Zeugen B vernommen. Durch das angefochtene Urteil hat es den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat Frau A als alleinvertretungsberechtigt wegen bestehender Interessenskollision bei dem Zeugen B angesehen und die Parteifähigkeit der Beklagten bejaht. In der Sache hat es den behaupteten Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten für nicht zutreffend und nicht erwiesen erachtet. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und rügt die Wertung des Landgerichts. Sie verweist auf Unterlagen der Beklagten, in denen das Darlehen Erwähnung gefunden habe (Anlagen BK 2, BK 3 und BK 6); ferner auf den Umstand, dass die Einzahlungen auf dem Geschäftskonto nachweislich und unstreitig durch den Zeugen B erbracht worden seien und dass die Klägerin größere Mengen Bargeld bevorratet habe und auch anderen Leuten des Öfteren Geld geliehen habe. Zu Unrecht habe das Landgericht eine Beweisaufnahme zur Echtheit der Barquittungen unterlassen, denn ein Sachverständiger hätte die behauptete Rückdatierung nicht bestätigt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn das Landgericht hat mit Recht den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zunächst die Zulässigkeit des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid angenommen; dies insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit der Vertretung der Beklagten allein durch Frau A und die insoweit erfolgte Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten. Das Landgericht ist dabei zutreffend von einer zumindest nachträglichen Genehmigung des Handelns des Prozessbevollmächtigten durch Frau A ausgegangen. Es hat ferner zutreffend ein alleiniges Vertretungsrecht von Frau A im Hinblick auf eine bei dem Mitgesellschafter B bestehende Interessenkollision angenommen. Daran vermag auch die vor dem Berufungsgericht erhobene Rüge der ordnungsgemäßen Vertretung der Beklagten durch den Zeugen B nichts zu ändern. Der Zeuge hat überdies geltend gemacht, er könne seine Rechte als Gesellschafter im vorliegenden Prozess nicht ausreichend wahrnehmen.

Den Interessen des Zeugen und Mitgesellschafters B, der im vorliegenden Fall wegen einer in seiner Person bestehenden Interessenkollision nicht zur Vertretung der Beklagten befugt ist, ist zunächst dadurch Rechnung getragen worden, dass er sowohl vom Landgericht als auch vom Berufungsgericht zu den mündlichen Verhandlungen beigeladen worden ist (vgl. hierzu Zöller-Vollkommer, ZPO 31. Aufl. 2016, Vorbemerkung zu §§ 64 – 77 ZPO) und Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt darzustellen. Die von ihm eingereichten Schriftsätze sind im vorliegenden Rechtsstreit indes ohne Bedeutung. Der Einwand des Zeugen, er habe so keine Möglichkeit, seine rechtlichen Interessen wirksam geltend zu machen, greift nicht durch. Wie sich aus dem im Schriftsatz vom 24.03.2015 (Bl. 149 d.A.) erklärten Anerkenntnis der Klageforderung ergibt, hat der Zeuge ein rechtliches Interesse daran, dass die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit obsiegt; dies auch zur Vermeidung einer Eigenhaftung des Zeugen, weil gegen ihn insoweit ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist, der nicht angefochten wurde. Folglich hätte es ihm freigestanden, dem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin beizutreten (§ 66 ZPO), wovon er keinen Gebrauch gemacht hat. Ferner hätte es ihm freigestanden, Frau A anderweitig auf Feststellung in Anspruch zu nehmen, dass beide im vorliegenden Rechtsstreit gemeinschaftlich die Beklagte vertreten dürfen. Auch hiervon hat er keinen Gebrauch gemacht. Das Gericht sah sich nicht gehalten, dem Zeugen entsprechende Hinweise zu erteilen, denn die aus § 139 ZPO herzuleitende Hinweispflicht besteht allein gegenüber den Parteien. Hätte das Gericht entsprechende Hinweise erteilt, hätte es sich überdies – mit Recht – dem Vorwurf der Befangenheit zu Gunsten der Klägerin ausgesetzt.

In der Sache hat das Landgericht an Hand der von ihm getroffenen Gesamtwürdigung der Umstände rechtsfehlerfrei den Schluss gezogen, dass vorliegend ein nicht begründeter Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens tituliert werden soll. Die Angriffe der Berufung vermögen diese Annahme nicht in Frage zu stellen.

Das Landgericht hat zunächst mit Recht auf Ungereimtheiten zwischen den Angaben der Klägerin und den Angaben des Zeugen B zum angeblichen Vertragsschluss über das Darlehen hingewiesen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Soweit die durch Quittungen (Anlage K 5, Bl. 40 d.A.) belegte Auszahlung der Beträge von € 3.500,– und € 13.000,– an den Zeugen B betroffen ist, rügt die Berufung zu Unrecht eine angeblich unterbliebene Beweisaufnahme zur Echtheit der Barquittungen, die geeignet sei, den Vorwurf der Rückdatierung zu entkräften. Zum einen könnte ein Sachverständiger nämlich lediglich feststellen, dass die auf der Barquittung enthaltenen handschriftlichen Angaben zum gleichen Zeitpunkt geschrieben worden sind. Zum anderen erstreckt sich die Beweiskraft der Quittungen, die rechtlich Privaturkunden im Sinne von § 416 ZPO sind, allein auf die Echtheit der abgegebenen Erklärung, nicht aber auf die Umstände des Zustandekommens der Erklärung, wie Zeit und Ort.

Soweit die Klägerin auf die Einzahlungen des Zeugen B abstellt, die dieser auf das Geschäftskonto veranlasst hat, ist zunächst darauf zu verweisen, dass sich diese nur auf € 11.000,– summieren (8.000,– plus 3.000,–) und damit nicht den quittierten Beträgen entsprechen, die sich auf € 3.500,– und € 13.000,– belaufen. Darüber hinaus ist die erste quittierte Auszahlung von € 3.500,– auch nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Auszahlung auf das Konto gelangt, sondern erst mehr als einen Monat danach. Soweit die Einzahlungen von € 8.000,– und € 3.000,– auf den Kontoauszügen erscheinen (Anlage B 3, Bl. 118, 119 d.A.), sind diese nicht als Darlehen der Klägerin gekennzeichnet.

Ferner ist von Bedeutung, dass das Konto, auf welches die Einzahlungen erfolgten, zur Abwicklung der Zahlungsvorgänge nicht nur der beklagten GbR sondern auch zur Abwicklung persönlicher Zahlungsverpflichtungen der beiden Gesellschafter diente. Die Einzahlung von € 11.000,– auf dieses Konto belegt damit nicht, dass jedenfalls diese Mittel an die Beklagte als Darlehen geflossen sind. Ergänzend ist auszuführen, dass im gleichen Zeitraum u.a. private Steuerschulden des Zeugen B beglichen worden sind (Anlage B 2). Wo die restlichen € 5.500,– geblieben sind, die nicht auf das genannte Konto gelangten, ist nicht nachvollziehbar und damit für die Beklagte nicht einlassungsfähig dargetan.

Eine Verbuchung des angeblichen Darlehens in den Geschäftsunterlagen der Beklagten ist ebenfalls und nach wie vor nicht zu erkennen.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung angibt, das Darlehen sei auf Anlage BK 2 als „Bank_006-Kredit“ aufgeführt, wobei die Anlage Mitte 2011 an Frau A gelangt sei, handelt es sich um neuen Sachvortrag, den die Beklagte bestritten hat und der grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig ist. Im Übrigen ist insoweit auf den Sachvortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 20.03.2015 (dort S. 3 unten, Bl. 53 d.A.) zu verweisen, wo aus einer E-Mail zitiert wird, die von Frau A stammt. Darin heißt es:

„… Von 16.500,– habe ich nur immer wieder gehört. Gesehen habe ich die nicht. Es ist keinerlei Geld über das Fund-Konto gelaufen, ich habe keine Nachweise darüber, was von dem angeblich geflossenen Geld denn angeblich gezahlt worden sein soll…“

Daraus wird deutlich, dass Frau A zwar die Existenz eines angeblichen Darlehens bekannt war, dass sie aber andererseits keinerlei Feststellungen oder Anhaltspunkte über den Darlehensvertrag und entsprechende Buchungsunterlagen über den Geldfluss an die Beklagte zur Verfügung hatte.

Bezüglich des Jahresabschlusses 2010 (Anlage BK3) finden sich Verbindlichkeiten in Höhe von € 16.955,65. Die Gesellschafterin A soll neben diesem Betrag handschriftlich den Vornamen der Klägerin beigefügt haben, was die Beklagte jedoch bestreitet. Auch hier handelt es sich zum einen um neuen Sachvortrag, zum anderen ist nicht ersichtlich, welchen Aussagewert eine solche Anmerkung haben soll. Denn bis Ende 2010 waren selbst nach dem Sachvortrag der Klägerin erst € 3.500,– in bar an den Zeugen B ausgezahlt worden und noch nichts auf das Konto der Beklagten gelangt. Verbindlichkeiten in Höhe von € 16.955,95 können daher nicht aus einem angeblichen Darlehen der Klägerin herrühren.

Die gleichen Erwägungen gelten, soweit die Klägerin auf die Bilanz per 31.12.2010 verweist (Anlage BK 6). Hier sind „sonstige Verbindlichkeiten“ in Höhe von € 25.201,42 aufgeführt, wovon aber allein € 17.409,27 auf Steuern entfallen. Damit verbleibt zwar ein Rest von € 7.792,15 und auch hier ist ergänzend darauf zu verweisen, dass per 31.12.2010 noch kein verbuchbarer Geldeingang aus dem angeblichen Darlehen auf das Konto der Beklagten gelangt war. Ob die Klägerin auch anderen Leuten Geld geliehen hat und entsprechende Mengen – zum Teil in bar – bevorratete, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich.

Zusammengefasst verbleibt es damit bei der Schlussfolgerung des Landgerichts, welches einen begründeten Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte verneint hat und dabei bereits die Existenz eines die Beklagte verpflichtenden Darlehensvertrages zutreffend in Zweifel gezogen hat. Auf dessen Entscheidungsgründe wird ergänzend verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen ihrer Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.

Die nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze des Klägervertreters vom 9.6.2017 und des Bevollmächtigten des Beteiligten B vom 28.5.2017 hat das Gericht zur Kenntnis genommen. Sie boten weder Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, noch zu einer abweichenden Beurteilung des Sach- und Rechtslage. Einer Protokollberichtigung, wie vom Klägervertreter beantragt, bedarf es nicht. Das Protokoll war zunächst infolge eines Diktatfehlers unvollständig und bereits von hier aus vervollständigt worden. Versehentlich ist allerdings die unvollständige Fassung an die Parteivertreter abgesandt worden. Die vollständige Fassung wird zusammen mit dem vorliegenden Urteil übermittelt.

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