OLG Frankfurt am Main, 07.06.2017 – 18 W 85/17

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 07.06.2017 – 18 W 85/17
Leitsatz:

Eine die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG hindernde nicht-gebührenrechtliche Einwendung im Sinne von § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG ist auch dann gegeben, wenn der Antragsgegner einen aufrechenbaren Gegenanspruch behauptet, der aus einem Sachverhalt resultieren soll, der außerhalb des Verfahrens liegt, für das die Festsetzung der Vergütung begehrt wird.
Tenor:

In der Beschwerdesache (…)

wird der verfehlt als „Kostenfestsetzungsbeschluss“ bezeichnete Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 24.02.2017 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 06.03.2017 aufgehoben und der Vergütungsfestsetzungsantrag der Antragsteller vom 19.12.2016 abgelehnt.

Der Beschwerdewert beträgt € 3.740,10.
Gründe

1. Das Rechtsmittel, das die Antragsgegnerin mit ihrem am 06.03.2017 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 05.03.2017 (Bl. 607 d. A.) eingelegt hat, ist als gemäß §§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 24.02.2017 (Bl. 602, 603 d. A.) anzusehen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gewahrt, weil der Zustellungsurkunde vom 01.03.2017 (Bl. 605 d. A.) zufolge eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses vom 24.02.2017 der Antragsgegnerin am 01.03.2017 zugestellt worden ist,

b) Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet.

Im Ergebnis hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht auf den Vergütungsfestsetzungsantrag der Antragsteller vom 19.12.2016 (Bl. 515, 516 d. A.) zu deren Gunsten einen Vergütung von € 3.740,10 gegen die Antragsgegnerin festgesetzt. Der Antrag der Antragsteller ist abzulehnen.

Dies folgt aus § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG. Nach dieser Regelung ist die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Eine solche Einwendung hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 03.02.2017 (Bl. 527 d. A.) erhoben, in dem sie vorgebracht hat, ihr stünde ein gegen die Vergütungsforderung der Antragsteller aufrechenbarer Schadensersatzanspruch zu.

Diese Einwendung der Antragsgegnerin stünde der begehrten Festsetzung nur dann nicht entgegen, wenn sie entweder offensichtlich unbegündet, aus der Luft gegriffen, aus den Akten widerlegbar oder offensichtlich halt- oder substanzlos wäre (vgl. Müller-Rabe in Gerold / Schmidt, § 11 RVG, Rdnrn. 117, 118). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat ihre Einwendung im Beschwerdeverfahren insofern konkretisiert, als sie der Beschwerdeschrift die Kopie eines Schreibens des von ihr beauftragten Rechtsanwalts RA1 beigefügt hat, das dieser unter dem 02.03.2017 an den Antragsteller Rechtsanwalt RA2 gerichtet hat (Bl. 608 bis 611 d. A.). In diesem Schreiben wird der von der Antragsgegnerin behauptete aufrechenbare Schadensersatzanspruch eingehend begründet. So habe Rechtsanwalt RA2 als Prozessbevollmächtigter der Antragsgegnerin in dem Rechtstreit, den die A GmbH unter dem Aktenzeichen …/15 vor dem Landgericht Hanau gegen die Antragsgegnerin führte, insofern seine anwaltlichen Pflichten verletzt, als er die ihm vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin und dessen Lebensgefährtin mitgeteilten Einwände gegen die streitgegenständliche Verbrauchskostenforderung nicht vollständig vorgetragen habe. Dies beträfe die Einwände, dass die eingeklagten Verbrauchskosten auf Werten beruhten, die mit einem Zählgerät ermittelt wurden, hinsichtlich dessen kein Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der A GmbH bestanden habe, und dass der am 18.01.2013 abgelesene Zählerstand nicht den Verbrauchs- sondern den Anfangsbestand wiedergegeben habe. Darüber hinaus habe Rechtsanwalt RA2 seine anwaltlichen Pflichten verletzt, indem er dazu geraten habe, die Klageforderung anzuerkennen, und schließlich die Anerkenntniserklärung abgegeben habe. Da § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG für die Ablehnung des Vergütungsfestsetzungsantrags lediglich voraussetzt, dass der Antragsgegner die Einwendung „erhebt“, so dass eine nähere Substantiierung nicht verlangt werden kann (vgl. Müller-Rabe in Gerold / Schmidt, § 11 RVG, Rdnr. 111), reicht dieses Vorbringen bei Weitem aus.

Ob die Einwendung der Antragsgegnerin begründet ist, ist im Festsetzungsverfahren nicht zu prüfen; darüber hat das Prozessgericht im Falle seiner Anrufung zu entscheiden (vgl. Müller-Rabe in Gerold / Schmidt, § 11 RVG, Rdnr. 108).

Die Einwendung ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die behauptete aufrechenbare Gegenforderung nicht im Zusammenhang mit dem Verfahren, für das die Antragsteller die Festsetzung der Vergütung begehren, sondern wegen Pflichtverletzungen in einem anderen Verfahren begründet sein soll. Eine die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG hindernde nichtgebührenrechtliche Einwendung im Sinne von § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG ist auch dann gegeben, wenn der Antragsgegner einen aufrechenbaren Gegenanspruch behauptet, der aus einem Sachverhalt resultieren soll, der außerhalb des Verfahrens liegt, für das die Festsetzung der Vergütung begehrt wird (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.11.2009, Az. 3 Ta 262/09, RVGReport 2010, 213-214 – zitiert nach juris: Forderung wegen Bauarbeiten für den antragstellenden Rechtsanwalt).

3. Ein Ausspruch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich. Da die Beschwerde Erfolg hat, fallen keine Gerichtsgebühren an. Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 11 Abs. 2 Satz 6, 2. Halbsatz RVG nicht erstattet.

Der Beschwerdewert bemisst sich nach dem Betrag, der mit dem angefochtenen Beschluss gegen die Antragsgegnerin festgesetzt worden ist, weil diese die Festsetzung des Landgerichts vollumfänglich angegriffen hat, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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