OLG Frankfurt am Main, 18.05.2017 – 20 W 170/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 18.05.2017 – 20 W 170/16
Leitsatz:

Zum Vorliegen und den Folgen eines Verfahrensfehlers im Löschungsverfahren einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 Abs. 1 FamFG
Tenor:

Das Registergericht wird angewiesen, hinsichtlich der am 29.01.2016 unter laufender Nummer …, Spalte …) erfolgten Handelsregistereintragung im Handelsregisterblatt der Gesellschaft mit dem Inhalt: „Die Gesellschaft ist gemäß § 394 Absatz 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht“ das Amtslöschungsverfahren nach § 395 Abs. 2 und 3 FamFG i.V.m. § 393 Abs. 3 bis 5 FamFG durchzuführen.
Gründe

I.

Die Gesellschaft ist am 26.01.2006 in das Handelsregister des Amtsgerichts Offenbach eingetragen worden mit dem Unternehmensgegenstand: „Halten einer Beteiligung an einer Gesellschaft, deren Gegenstand Grundstücksverwaltungen und -beteiligungen ist.“.

Nachdem das Finanzamt Stadt1 mit Schreiben an das Registergericht vom 08.06.2015, auf das Bezug genommen wird (Bl. 61 der Registerakte), die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit beantragt hat, und nach Durchführung weiterer Ermittlungen und Anhörungen durch das Registergericht, hat dieses am 29.01.2016 folgenden Eintrag im Handelsregisterblatt der Gesellschaft freigegeben:

„Die Gesellschaft ist gemäß § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht“.

Mit Schriftsatz vom 21.04.2016, auf den Bezug genommen wird (Bl. 98 ff der Registerakte), haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin, deren alleinige Kommanditistin die Gesellschaft mit einer Einlage i.H.v. 10.000 € ist, für die Beschwerdeführerin gemäß § 24 FamFG angeregt, ein Verfahren zur Löschung der Löschungseintragung vom 29.01.2016 gemäß § 395 FamFG einzuleiten. Diese Löschung sei aufgrund des Mangels einer wesentlichen verfahrensrechtlichen Voraussetzung, namentlich der unterbliebenen Anhörung des Geschäftsführers der Gesellschaft, unzulässig. Das Registergericht habe die diesbezügliche Löschungsankündigung an dessen ehemalige Adresse gerichtet, obwohl die aktuelle Adresse des Geschäftsführers gerichtsbekannt gewesen sei. Dies folge aus der Benennung der aktuellen Adresse des Geschäftsführers der Gesellschaft im Vermögensverzeichnis der Beschwerdeführerin vom 23.12.2014, das dem Amtsgericht unter der Geschäftsnummer … vorliege. Darüber hinaus sei die Gesellschaft offensichtlich nicht vermögenslos im Sinne von § 394 Abs. 1 FamFG. In ihrem Vermögen hätten sich Kommanditanteile an der Beschwerdeführerin befunden. Dieser Umstand sei ebenfalls gerichtsbekannt gewesen, da die Beschwerdeführerin im Handelsregister des Amtsgerichts Offenbach eingetragen sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18.05.2016, auf den Bezug genommen wird (Bl. 107 der Registerakte), hat das Registergericht den vorgenannten Antrag auf Einleitung eines Verfahrens nach § 395 FamFG zur Aufhebung der Löschungseintragung vom 29.01.2016 zurückgewiesen. Eine amtswegige Löschung der bereits vollzogenen Löschung komme nur bei Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften in Betracht. Nach Aktenlage sei die Anschrift des Geschäftsführers bis 2013 unter Straße1, Gemeinde1, noch aktuell. Die am 07.07.2015 eingeleiteten Ermittlungen zu einer eventuellen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft hätten keine neue Adresse des Geschäftsführers ergeben, sondern lediglich die Mitteilung des Finanzamtes vom 08.06.2015 über den unbekannten Aufenthalt des Geschäftsführers in den Niederlanden. Eine Ermittlung der Anschrift von Amts wegen erfolge nur im Inland und nicht im Ausland. Da die Vermögensauskunft vom 23.12.2014 nicht zu der hiesigen Gesellschaft abgegeben worden sei, sei diese auch nicht bekannt gewesen. Zum Zeitpunkt der Löschungsankündigung am 25.09.2015 sei eine neue Anschrift des Geschäftsführers nicht bekannt gewesen, daher habe das Anhörungsschreiben vom 24.09.2015 nicht an den Geschäftsführer zugestellt werden können. Auch sei eine inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft seit 2011 nicht mehr bekannt gewesen. Da die öffentliche Bekanntmachung nach § 394 Abs. 2 S. 2 FamFG am 15.10.2015 erfolgt sei, liege eine Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift nicht vor.

Gegen diesen am 27.05.2016 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz an das Registergericht vom 15.06.2016, dort eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt, auf die wegen ihrer Begründung im einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 109 ff der Registerakte). Das Registergericht habe bei der Bekanntmachung der Absicht zur Löschung gegenüber den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft mehrere wesentliche verfahrensrechtliche Voraussetzungen verletzt. So habe es die Löschungsbekanntmachung an die aktuelle Adresse des Geschäftsführers zustellen müssen. Davon abgesehen habe die Löschungsbekanntmachung jedenfalls gemäß § 35 Abs. 2 S. 3 GmbHG an den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft an die im Handelsregister der Gesellschaft eingetragene Geschäftsanschrift Straße2, Stadt2 erfolgen müssen. Außerdem wiesen sämtliche Bekanntmachungen nicht den gesetzlich erforderlichen Inhalt auf und seien somit rechtswidrig. So fehle es schon an einem Hinweis darauf, in welcher Art und Weise der Nachweis des Vorhandenseins von Vermögen geführt werden könne. Außerdem sei nach Einführung des § 37 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen dürfe, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, zwingend zu fordern, dass das Registergericht mit der Löschungsbekanntmachung auch darüber unterrichtet, auf Grundlage welcher Umstände es eine Vermögenslosigkeit annimmt, um der Gesellschaft so Gelegenheit zu geben, sich dazu hinreichend zu äußern. Auch wenn im Rahmen des § 37 FamFG noch ungeklärt sein möge, ob das jeweilige Gericht auch verpflichtet sei, den Beteiligten des Verfahrens mit der Löschungsbekanntmachung bzw. -ankündigung sämtliche Unterlagen aus der Akte, insbesondere einen etwaigen Löschungsantrag zuzuleiten, sei doch unstreitig, dass das Gericht im Rahmen des § 37 Abs. 2 jedenfalls verpflichtet sei, dem Adressaten der Löschungsbekanntmachung seine Absicht zur Löschung zu begründen und mithin die Gründe darzulegen, die zu einer Annahme der Vermögenslosigkeit herangezogen würden. Auch tatsächlich liege keine Vermögenslosigkeit der Gesellschaft vor.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig; so ist sie insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden.

Dabei ist die Beschwerdeführerin entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Registergerichts zwar nicht Antragstellerin im Sinne von § 395 FamFG, da ein derartiges Verfahren wegen Löschung unzulässiger Eintragungen im Handelsregister nur auf Antrag der berufsständischen Organe oder aber von Amts wegen durchzuführen ist. Entsprechend hat die Beschwerdeführerin auch ausdrücklich nur nach § 24 FamFG angeregt, das Löschungsverfahren nach § 395 FamFG einzuleiten. Der angefochtene Beschluss des Registergerichts ist daher dahingehend auszulegen, dass nicht ein Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde, sondern letztlich das Ergebnis des Amtsverfahrens, wonach die Durchführung einer Amtslöschung des Löschungseintrages vom 29.01.2016 nach § 395 FamFG nicht in Betracht komme, in einem im Sinne von § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG abschließenden Beschluss bekannt gegeben wurde. Zwar besteht somit mangels formaler Antragszurückweisung für die Beschwerdeführerin keine Beschwerdebefugnis nach §§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG. Eine solche ist jedoch nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1, 59 Abs. 1 FamFG gegeben, da die Beschwerdeführerin durch den Inhalt des angefochtenen Beschlusses in ihren eigenen Rechten unmittelbar betroffen sein kann; dies deshalb, weil die dem Grunde nach konstitutive Löschungseintragung (vgl. hierzu u.a. Senat, Beschluss vom 30.04.2015, Az. 20 W 226/13, zitiert nach juris) bei ihrer alleinigen Kommanditistin unmittelbare Auswirkungen auf ihre eigene Gesellschaftsstruktur als Kommanditgesellschaft haben kann.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Nach § 395 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Registergericht, wenn eine Eintragung im Handelsregister wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist, diese von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständischen Organe löschen.

Zwar kommt die Durchführung eines derartigen Amtslöschungsverfahrens im Falle der eingetragenen Löschung wegen Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft nur im Falle des Vorliegens eines Mangels in Form einer dieser Eintragung zu Grunde liegenden Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften in Frage, nicht schon dann, wenn die gelöschte Gesellschaft tatsächlich noch über Vermögen verfügt (vgl. u.a. bereits Senat, Beschluss vom 04.08.1997, Az. 20 W 359/96, zitiert nach juris und Senat, Beschluss vom 30.04.2015, a.a.O.; Heinemann in Keidel, FamFG, 19. Aufl., 2017, § 394, Rn. 33 m.w.N. zur einhelligen Rspr.).

Von einer derart fehlerhaften Durchführung des Verfahrens vor Eintragung der Löschung am 29.01.2016 ist vorliegend jedoch auszugehen, ohne dass es dabei auf die weiteren Einwendungen der Beschwerde zu den angeblich nicht eingehaltenen formalen Anforderungen an Bekanntmachungen und Veröffentlichungen der Löschungsabsicht ankommt.

Im Einzelnen gilt:

Materielle Löschungsvoraussetzung ist, dass die betreffende Gesellschaft kein Vermögen mehr besitzt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft über keine Vermögenswerte mehr verfügt, die für eine Gläubigerbefriedigung oder eine Verteilung unter die Gesellschafter in Betracht kommen (vgl. u.a. bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 04.08.1997, Az. 20 W 359/96, zitiert nach juris, Rn. 35 m.w.N., noch zum Löschungsgesetz; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.08.2014, Az. 11 Wx 92/13, zitiert nach juris, Rn. 13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2011, Az. 3 Wx3/11, zitiert nach juris, Rn. 13; Munzig in Hahne/Munzig, Beck-Online Kommentar zum FamFG, Stand: 01.09.2014, § 394, Rn. 10; Heinemann, a.a.O.,Rn. 8). Auch wenn es nach überwiegender Auffassung – der auch der Senat folgt – jedenfalls Anhalt für eine derartige Vermögenslosigkeit ist, wenn ein ordentlicher Kaufmann keine Werte mehr als Aktiva in seine Bilanz einstellen kann, es somit an einer verteilungsfähigen Masse fehlt (vgl. hierzu u.a. Beschluss des erkennenden Senats vom 10.10.2005, Az. 20 W 289/05, zitiert nach juris, Rn. 3; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.03.2014, Az. 3 Wx 187/12, zitiert nach juris, Rn. 2), können insbesondere auch nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände oder Rechtspositionen Vermögen im Sinne von § 394 Absatz 1 Satz 1 FamFG darstellen (u.a. BAG, Urteil vom 19.03.2002, Az. 9 AZR 752/00, zitiert nach juris, Rn. 21; Munzig, a.a.O., Rn. 10; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, Anh. § 77, Rn. 5 m.w.N.). Dabei steht der Annahme einer Vermögenslosigkeit nach allgemeiner Auffassung bereits das Vorhandensein von Vermögen in nur geringem Umfang entgegen (vgl. u.a. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 10.10.2005, a.a.O., vom 01.03.1999, Az. 20 W 81/99, zitiert nach juris, Rn. 2, noch zu § 141a FGG und vom 07.08.1992, Az. 20 W 263/92, zitiert nach juris, Rn. 5, noch zum Löschungsgesetz; OLG Thüringen, Beschluss vom 18.03.2010, Az. 6 W 405/09, zitiert nach juris, Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2011, a.a.O., Rn. 13 und Beschluss vom 05.03.2014, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 13). Da es somit – wie dargelegt – nur darauf ankommt, ob noch verwertbare Aktivposten vorhanden sind, ist für die Feststellung einer Vermögenslosigkeit im Sinne von § 394 Absatz 1 Satz 1 FamFG eine bloße Überschuldung (vgl. § 19 Absatz 2 InsO), eine Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 Absatz 1 InsO) oder eine Masselosigkeit (vgl. § 26 InsO) nicht maßgeblich und ausreichend (vgl. hierzu bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 06.01.1983, Az. 20 W 770/82, ZIP 1983, 309 f.; auch OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.03.2014, a.a.O.; Krafka in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 394, Rn. 4; Haas, a.a.O.). Daraus folgt weiterhin, dass unter anderem erhebliche Steuerschulden oder eine fehlende Zahlungsmoral für sich genommen noch nicht die Annahme von Vermögenslosigkeit rechtfertigen (so u.a. auch OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2012, Az. 3 Wx 62/12, zitiert nach juris, Rn. 15), genauso wenig wie alleine die Umstände einer Gewerbeaufgabe, des Entzugs einer Gewerbeerlaubnis oder aber auch einer Führungslosigkeit der Gesellschaft (zu Letzterem OLG Köln, Beschluss vom 17.03.2011, Az. 2 Wx 28/11, zitiert nach juris, Rn. 15; vgl. insgesamt bereits Senat, Beschluss vom 29.01.2015, Az. 20 W 116/12).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat das Registergericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG die Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen einer Vermögenslosigkeit im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen einer Löschung einer Gesellschaft aus dem Handelsregister besonders sorgfältig vorzunehmen und muss dabei zu der positiven Feststellung kommen, dass kein Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden ist. Dabei genügt die bloße Überzeugung des Registergerichts von der Vermögenslosigkeit nicht; diese muss vielmehr auf ausreichenden Ermittlungen beruhen und kann sich nicht alleine auf die unterlassene Darlegungen – insbesondere des Geschäftsführers – hinsichtlich noch vorhandenen Vermögens stützen (vgl. u.a. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 06.01.1983, 04.08.1997, 10.10.2005 und 30.04.2015 jeweils a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 13.11.1996, Az. 3 Wx 494/96, Rn. 7, vom 14.09.2012, Az. 3 Wx 62/12, Rn. 15 und vom 05.03.2014, a.a.O., jeweils zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 17.03.2011, a.a.O; OLG Karlsruhe, a.a.O; Heinemann, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.; Krafka in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl., 2013, § 394, Rn. 9; Müther in Bork/Jakoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl., 2013, § 394, Rn. 3).

Bereits die erforderliche Ankündigung der Löschungsabsicht durch Bekanntmachung nach § 394 Absatz 2 FamFG setzt eine vorherige gerichtliche Überzeugungsbildung zur Vermögenslosigkeit durch Bewertung von Tatsachen voraus, mit der Folge, dass diese Ankündigung erst nach Abschluss der zur Vermögenslosigkeit durchgeführten Ermittlungen, wenn das Gericht über entsprechend zumindest vorläufig gesicherte Erkenntnisse verfügt, erfolgen darf (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2012, a.a.O., Rn. 15 und Beschluss vom 13.11.1996, Az. 3 Wx 494/96, zitiert nach juris, Rn. 7; Nedden-Boeger, in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 4. Aufl., 2014, § 394, Rn. 19; dieser Ansicht, auch wenn dort letztlich nicht entscheidungserheblich: Beschluss des erkennenden Senats vom 06.01.1983, a.a.O.).

Vorliegend lag dem Registergericht zur Erkenntnisgewinnung zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichungs- bzw. Ankündigungsverfügung (§ 394 Abs. 2 S. 1 und 2 FamFG) am 25.09.2015 (Bl. 75 der Registerakte) letztlich nur der Löschungsantrag des Finanzamtes vom 08.06.2015 vor. Die diesem Antrag nachfolgenden Anfragen des Registergerichts an das Vollstreckungsgericht des Amtsgerichts Offenbach, die dortige Insolvenzabteilung, das Grundbuchamt, den zuständigen Obergerichtsvollzieher und die Stadt2 (vgl. Bl. 62, 65, 68, 69, 70, 71 der Registerakte) haben nämlich keinen Anhalt für eine Vermögenslosigkeit der Gesellschaft in oben dargelegtem Sinne ergeben. Der Umstand, dass seitens der Stadt2 mitgeteilt worden ist, dass die Gesellschaft abgemeldet und als Datum der Betriebsaufgabe den 02.12.2011 angegeben hat, ist – wie oben dargelegt – nicht aussagekräftig genug, auch nicht im Zusammenhang mit den Ausführungen des Finanzamtes in seinem Antrag vom 08.06.2015, wonach die „Handelsgesellschaft vermögenslos“ sei, eine Postzustellung bei dem Geschäftsführer in den Niederlanden nicht möglich gewesen sei und der letzte zum Bilanzstichtag eingereichte Jahresabschluss auf den 31.12.2008 datiere und sehr hohe, nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge ausweise.

Der Senat hat bereits entschieden, dass alleine die Stellung eines Löschungsantrages durch das Finanzamt nicht bereits die im Rahmen des § 379 Abs. 2 FamFG zu erteilende Auskunft enthält, aufgrund derer das Registergericht ohne eigenes Prüfungsrecht gehalten wäre, von dem Vorliegen der Löschungsvoraussetzungen auszugehen und dies genauso gilt für einen bloßen, auf einer eigenen – rechtlich im Löschungsverfahren nicht maßgeblichen – Bewertung der Finanzbehörde beruhenden Satz: „Die Gesellschaft ist vermögenslos“ (vgl. Senat, Beschlüsse vom 29.01.2015, a.a.O. und 14.01.2016, Az. …, nicht veröffentlicht). Eine derartige, rechtlich nicht maßgebliche Bewertung des Finanzamtes kann also auch vorliegend nicht alleinige Grundlage für die durch das Registergericht vorgenommene Bekanntmachung der Löschungsabsicht/Anhörung nach § 394 Abs. 2 S. 1 und 2 FamFG, wie auch der nachfolgenden Löschung sein. Ausführungen dazu, von welcher Definition des Rechtsbegriffs der Vermögenslosigkeit das Finanzamt vorliegend ausgegangen ist, enthält die Wertung des Finanzamts schon nicht. Gerade der bloße weitere Hinweis auf die nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge, die nach den obigen Ausführungen des Senats alleine kein ausreichendes Indiz für eine Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft darstellen, spricht auch hier dafür, dass das Finanzamt bei seiner Einschätzung, die Gesellschaft sei vermögenlos, von einer rechtlich unzutreffenden Definition des Begriffs der Vermögenslosigkeit ausgegangen ist. Gerade deshalb ist es erforderlich, dass sich das Registergericht insoweit eine eigene ausreichende Sachverhaltskenntnis verschafft, um die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien einer Vermögenslosigkeit als Voraussetzung einer entsprechenden Löschung überhaupt überprüfen zu können.

Aus dem Antrag des Finanzamtes ergibt sich im Übrigen noch nicht einmal, dass die Gesellschaft etwa Steuerschulden hat. Aber selbst, wenn lediglich Steuerschulden mitgeteilt worden wären, würde alleine diese Mitteilung für sich betrachtet kein tragfähiges Indiz für eine zugrundeliegende Vermögenslosigkeit darstellen, da ein derartiger Umstand nicht belegen würde, ob derartige Steuerschulden auf mangelnder Leistungsfähigkeit oder unzureichender Zahlungsmoral einer Gesellschaft beruhen (mit dieser Begründung eine Löschung der Löschung wegen Vermögenslosigkeit bejahend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2016, Az. I-3 Wx 215/16, zitiert nach juris).

Gerade weil dem Registergericht zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichungs- und Anhörungsverfügung – u.a. auch aufgrund seiner erfolglosen Anhörungsversuche auch des Geschäftsführers und der Gesellschafter – sonst keinerlei Informationen für eine zumindest vorläufig gesicherte positive Feststellung einer Vermögenslosigkeit vorlagen und sich auch nachfolgend bis zur Löschungsvornahme am 29.01.2016 keine weiteren Informationen ergeben haben, die eine dann jedenfalls zu diesem Zeitpunkt erforderliche positive Feststellung einer Vermögenslosigkeit hätten begründen können, wäre das Registergericht vorliegend gehalten gewesen, jedenfalls bei dem Finanzamt nachzufragen, auf welchen weiteren Tatsachen die dortige Annahme einer Vermögenslosigkeit der Gesellschaft beruhte. Ohne diese weitere Tatsachenkenntnis war die erforderliche eigene Beurteilung des Vorliegens einer Vermögenslosigkeit durch das Registergericht nämlich nicht möglich.

Diese Tatsachen hätte das Registergericht möglicherweise auch noch durch eine Anfrage bei der IHK Stadt1 in Erfahrung bringen können (§ 380 Abs. 1 Nr. 1 FamFG). Zwar hat das Registergericht in seiner Verfügung vom 25.09.2015 eine derartige Anfrage auch angeordnet mit dem Text, es sei beabsichtigt, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG von Amts wegen im Handelsregister zu löschen und es werde hierzu eine Stellungnahme erbeten. Jedoch enthält die Registerakte dann bis zur Vornahme der Löschung – und im Übrigen auch bis heute – weder eine Antwort der IHK noch eine entsprechende und erforderliche Antworterinnerung an die IHK durch das Registergericht.

Dabei ist es auch nicht auszuschließen, dass dem Registergericht jedenfalls bei den genannten weiteren Nachfragen der Umstand bekannt geworden wäre, dass die Gesellschaft nach wie vor Gesellschafterin der noch nicht aus dem Handelsregister gelöschten Beschwerdeführerin mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 10.000,00 € ist.

Auch von einer Ursächlichkeit der Verletzung der wesentlichen Verfahrensvorschriften für die Eintragung der Löschung wegen Vermögenslosigkeit bereits am 29.01.2016 kann ausgegangen werden, weil insoweit die formellen Voraussetzungen für die mit dieser Löschungseintragung verbundene Rechtsänderung gefehlt haben. Bei der vorliegenden Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit handelt es sich nämlich nicht um eine lediglich deklaratorische, also rechtsfeststellende Eintragung, bei der ein Verfahrensmangel die Löschung dann nicht rechtfertigen soll, wenn die Eintragung sachlich richtig ist (vgl. die Nachweise zur Rspr. bei Heinemann, a.a.O., § 395, Rn. 18). Vielmehr geht es vorliegend um die Aufhebung einer dem Grunde nach konstitutiven, also rechtsbegründenden Löschungseintragung wegen Vermögenslosigkeit, da es nicht mehr dem überwiegenden heutigen Verständnis in Rechtsprechung und Literatur entspricht, dass alleine die Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft zu deren Erlöschen führt, sondern vielmehr zumindest auch die entsprechende Eintragung im Handelsregister hinzukommen muss (vgl. hierzu u.a. Senat, Beschluss vom 27.02.2014, Az. 20 W 548/11, zitiert nach juris; Senat, Beschlüsse vom 30.04.2015, a.a.O., und 14.01.2016, a.a.O.).

Für die in das pflichtgemäße Ermessen gestellte Durchführung des Amtslöschungsverfahrens nach § 395 FamFG spricht letztlich der Umstand, dass erst die wesentliche Verletzung von Verfahrensrechten zu einer Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit zu einem Zeitpunkt führte, als dem Registergericht lediglich die nicht ausreichend begründete Ansicht des Finanzamtes vorlag, die Gesellschaft sei vermögenslos. Erst mit der hier festgestellten Annahme der Voraussetzungen nach § 395 Abs. 1 S. 1 FamFG als Voraussetzung für die weitere nun erforderliche Durchführung des Amtslöschungsverfahrens nach § 395 Abs. 2 und 3 FamFG durch das Registergericht wird die Durchsetzung der zu beachtenden Verfahrensvorschriften im Rahmen eines Aktes der öffentlichen Gewalt gewährleistet (vgl. hierzu im einzelnen Senat, Beschluss vom 30.04.2015, a.a.O., m.w.N.).

Das Registergericht war somit zunächst – unter Beachtung der Förmlichkeiten des §§ 395 Abs. 2 und 3 FamFG i.V.m. § 393 Abs. 3-5 FamFG – anzuweisen, hinsichtlich der am 29.01.2016 erfolgten Eintragung: „Die Gesellschaft ist gemäß § 394 Absatz 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht“, das Amtslöschungsverfahren nach § 395 FamFG durchzuführen.

Erst nach Abschluss dieses Amtslöschungsverfahrens wird das Registergericht – und nicht vorliegend bereits der Senat – sodann nochmals selbst zu prüfen haben, ob tatsächlich die Voraussetzungen einer Vermögenslosigkeit der Gesellschaft vorliegen (vgl. allgemein hierzu bereits Beschluss des Senats vom 30.04.2015, a.a.O., m.w.N.).

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