OLG Frankfurt am Main, 11.04.2017 – 10 U 158/15

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 11.04.2017 – 10 U 158/15
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.08.2015 – Az.: 2/07 O 391/14 – teilweise abgeändert

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2006 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger hat von der Beklagten die Rückzahlung einer Bearbeitungsgebühr sowie Herausgabe der von der Beklagten aus der Zahlung gezogenen Nutzungen verlangt.

Der Kläger hat am 27.09.2006 bei der Beklagten ein Darlehen über 2.525.000,00 € aufgenommen, mit dem er die Ablösung eines Darlehens bei einem anderen Kreditinstitut, den Neubau eines SB-Marktes sowie die Mehrwertsteuer dieser Baumaßnahmen finanzieren wollte. Neben diesem Kredit hat er weitere Darlehen von der Beklagten erhalten, die ähnlichen Zwecken dienen. In dem Darlehensvertrag betreffend den Kontokorrentkredit ist bestimmt, dass in die Effektivzinsberechnung eingeht:

„einmalige Bearbeitungsgebühr von 1,00 % auf die Auszahlungssumme => EUR 23.750,00 …. Die Bearbeitungsgebühr ist unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes der Bank vereinbart und wird deshalb bei fälliger oder vorzeitiger Rückzahlung des Kredites nicht erstattet“.

Wegen weiterer Einzelheiten der Kreditvereinbarung wird auf Bl. 11-24 d.A. verwiesen.

Der Kläger hat gemeint, die Klausel sei eine allgemeine Geschäftsbedingung. Sie verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei damit unwirksam, wie bereits vom Bundesgerichtshof für Verbraucherdarlehen entschieden worden sei. Dies gelte auch für Geschäftskredite.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Es handele sich hier nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Aufgrund entsprechender Verhandlungen von Anbeginn habe eine Individualvereinbarung zugrunde gelegen, dass sie für die schon absehbaren zahlreichen Finanzierungen sogenannter Developermaßnahmen/ Immobilienentwicklungsmaßnahmen ein 1 %iges Bearbeitungsentgelt, jeweils bezogen auf die Darlehenssumme, beanspruche. Diese Vereinbarung sei bei jedem weiteren Darlehensabschluss erneut zwischen dem jeweiligen Kundenbetreuer und dem Kläger erörtert und bestätigt worden, so auch bei dem hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag. Bevor der Kläger den ausformulierten Darlehensvertrag zur Unterzeichnung erhalten habe, seien die Konditionen einschließlich des Punktes „Bearbeitungsgebühren“ zwischen den Parteien mündlich verhandelt und abgestimmt worden. Ein Beleg hierfür sei die streitgegenständliche Finanzierung, bei der auf den Kreditbetrag von 150.000 € zur Zwischenfinanzierung der Mehrwertsteuer ausnahmsweise keine Bearbeitungsgebühr berechnet worden sei. Ferner hat sie sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Bestimmung eines Bearbeitungsentgelts von 1 % der Darlehenssumme eine von der Beklagten vorgegebene allgemeine Geschäftsbedingung oder zwischen den Parteien ausgehandelt worden sei. Auch wenn die Beklagte die Klausel vorgegeben und keine grundsätzliche Möglichkeit bestanden habe, diese zu verhandeln, wäre darin zwar eine gegebenenfalls unzulässige Preisnebenabrede zu erkennen. Diese hätte aber im Falle des Klägers nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung geführt. Von einem gewerblichen Unternehmen wie dem Kläger sei – anders als von einem Verbraucher – zu erwarten, dass er seine Kosten sorgfältig kalkuliere und deshalb einer ihm gegenüber verwendeten Preisnebenklausel besondere Aufmerksamkeit schenke. Es sei Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob ein zusätzliches Entgelt, dem keine echte (Gegen-)Leistung gegenüberstehe, für ihn als Kunde akzeptabel sei. Unerheblich erscheine demgemäß, ob es sich bei dem unternehmensbezogenen Darlehensvertrag um eine gegebenenfalls aufwändigere Bauträgerfinanzierung oder um einen „schlichten“ Darlehensvertrag handele. Eine dem Verbraucher ähnliche Schutzbedürftigkeit eines Unternehmens bestehe hier nicht. Die streitgegenständlichen Darlehensverträge ließen erkennen, dass hier eine für den Kläger passende Darlehensgestaltung gefunden worden sei, die nicht annähernd einem Verbraucherdarlehen entspreche und zwei verschiedene Darlehensarten als Verhandlungsergebnis präsentiere. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der vom Landgericht festgestellten Tatsachen sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (Bl. 130-135 d.A.).

Gegen das am 31.08.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.09.2015 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 15.10.2015 begründet. Er wiederholt seine erstinstanzliche Auffassung, dass die AGB-Klausel, auf die sich die Beklagte stütze, eine kontrollfähige Preisnebenabrede sei, die der Inhaltskontrolle nicht standhalte. Sie sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB unvereinbar, weil der Leistung des Darlehensnehmers keine Leistung des Kreditgebers gegenüberstehe und dies gleichermaßen für Geschäftskredite gelte. Mit der Erhebung von Bearbeitungsgebühren wälze die Beklagte Kosten für Tätigkeiten auf ihn ab, die sie ausschließlich im eigenen Interesse erbringe. Entgegen der Ansicht des Landgerichts benachteilige die Beklagte den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Etwas anderes folge auch nicht aus einem Handelsbrauch oder der Verkehrssitte. Bei der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten handle es sich nicht um eine im Handelsverkehr geltende Gewohnheit i.S.v. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der fragliche Regelungsgehalt der Klausel von den beteiligten Verkehrsgruppen generell als maßgeblich und angemessen erachtet werde. Dafür wäre erforderlich, dass Klauseln auch ohne besondere Vereinbarung oder Empfehlung freiwillig befolgt werden. Schließlich treffe die Auffassung der Vorinstanz nicht zu, bei gewerblich Tätigen sei ein Schutzbedürfnis aufgrund ihrer Tätigkeit, anders als bei Verbrauchern, nicht gegeben. Die Auffassung, ein Unternehmer verhandele mit der Bank “ auf Augenhöhe“, sei naiv und lebensfremd. Gerade bei einem Unternehmer könnten die Abhängigkeit von einer Darlehensgewährung und damit eine situative Unterlegenheit gegenüber der Bank, verbunden mit existenziellen Ängsten und eine faktisch bestehende Drucksituation wie bei einem Verbraucher gegeben sein. Daraus, dass ein Unternehmer seine Kosten eigenverantwortlich und sorgfältig kalkuliere und einer ihm gegenüber verwendeten preislichen Klausel besondere Aufmerksamkeit schenke, folge nicht, dass er ein gesondertes Entgelt für eine Leistung hinnehmen müsse, die der Vertragspartner im eigenen Interesse erbringe.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

an ihn 1. 23.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2006;

2. 7,75 % Zinsen aus 23.750,00 € seit dem 26.09.2006

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger verkenne, dass nach ihrem Vortrag das Bearbeitungsentgelt zu Beginn der Geschäftsbeziehung sehr wohl zwischen den Parteien verhandelt worden sei. Die wiederholende Geschäftspraxis führe nicht dazu, dass die anfänglich verhandelten Parameter automatisch den Charakter von allgemeinen Geschäftsbedingungen erhielten. Der Kläger hätte jederzeit vor jedem Vertragsabschluss erneut den Vertragsinhalt in jeder Hinsicht neu verhandeln können. Dies habe er nicht getan, da das vereinbarte Bearbeitungsentgelt in seine für jede Einzelmaßnahme erstellte Kostenkalkulation eingeflossen sei. Ebenfalls rechtsfehlerhaft sei die Annahme des Landgerichts, das vereinbarte Bearbeitungsentgelt sei als Preisnebenabrede zu qualifizieren, weil sie (Beklagte) nicht substantiiert die Gegenleistungen dargelegt habe. Sie habe in der Klageerwiderung dargelegt, aus welchen Gründen bei Developerfinanzierungen mit unbestimmter und unter Umständen sehr kurzer Laufzeit der vereinbarte Zins bzw. die hierin enthaltene Bruttomarge nicht den in der Anfangsphase eines Darlehens bis zur vollständigen Auszahlung anfallenden Aufwand der Bank abdecke. Bei kurzfristigen oder jederzeit kündbaren „b.a.w.-Darlehen“ sei die Bank auf die Erhebung eines Bearbeitungsentgelts angewiesen. Dieses stelle unter anderem auch die Gegenleistung dafür dar, dass der Darlehensnehmer kurzfristig das Darlehen zurückführen könne, ohne in der Zukunft mit Ansprüchen auf Zahlung von Ablöseentgelten/ Vorfälligkeitsentschädigungen konfrontiert zu werden. Das Bearbeitungsentgelt sei die Gegenleistung dafür gewesen, dass sie (Beklagte) bereit gewesen war, dem Kläger zur Finanzierung des Neubaus eines SB-Marktes ein Darlehen mit einer kurzen Laufzeit von nur 24 Monaten zuzusagen, das noch nicht einmal von Anfang an in voller Höhe valutiert habe. Im Übrigen decke das Bearbeitungsentgelt auch die Kosten für die gutachterliche Wertermittlung des Beleihungsobjekts ab, was üblicherweise dem Darlehensnehmer separat in Rechnung gestellt werde. Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten im gewerblichen Kreditgeschäft sei branchenüblich und es bestehe ein entsprechender Handelsbrauch (Beweis: Sachverständigengutachten). Gegenüber gewerblichen Kunden, die, wie der Kläger, Projekte im Millionenbereich realisierten, fehle es an der Notwendigkeit, zum Schutz der Kontrahenten der Banken als Verwender von AGB rechtliche Sanktions- und Schutzmechanismen greifen zu lassen. Im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung sei Waffengleichheit auf der Verhandlungsebene zwischen den Parteien gegeben. Die gewerblichen Kunden wüssten, dass sie die Startvorgaben der Banken nicht einfach akzeptieren müssen, sondern vor dem Hintergrund des Wettbewerbs der Banken um Kunden uneingeschränkt Verhandlungsoptionen bestehen. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil und führt weiter aus, ein Verbot der Entgeltklausel stelle einen Eingriff in die grundgesetzliche Berufsfreiheit dar, der nur hinzunehmen sei, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt sei. Im Verhältnis zu schutzbedürftigen Verbrauchern sei dieser Eingriff gerechtfertigt, jedoch nicht ausnahmslos im Verhältnis zu Unternehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht begründet worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel – bis auf einen Teil der Nebenforderung – Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann der Kläger das geleistete Bearbeitungsentgelt gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zurückverlangen, weil die entsprechende Klausel im Kreditvertrag unwirksam ist und damit die rechtliche Grundlage für die Zahlung durch den Kläger fehlte.

Die vom Landgericht offen gelassene Frage, ob es sich bei der im Streit stehenden Vertragsklausel um eine allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten handelt, ist zu bejahen. Die Voraussetzung des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach Allgemeine Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen sind, ist erfüllt. Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Dabei ist ausreichend, wenn die Vertragsbedingung zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte „im Kopf des Verwenders“ gespeichert ist (BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 170/13 = NJW-RR 2014,1133, 1134 Tz. 20). Eine Bearbeitungsentgeltklausel in einem Darlehensvertrag ist auch dann vorformuliert, wenn der Klauselverwender beim Abschluss von Kreditverträgen regelmäßig ein Bearbeitungsentgelt in Höhe festgelegter Prozentsätze verlangt oder er das Entgelt anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrags nach bestimmten Vorgaben errechnet und es sodann in den Vertrag einbezogen wird (BGH a.a.O. Rz. 21). So liegt auch der Streitfall. Es ist unstreitig, dass die Beklagte die Entgeltklausel allein gegenüber dem Kläger in fünf vorangegangenen Finanzierungsverträgen verwendet hat.

Die Beklagte hat die streitige Klausel dem Kläger auch gestellt. Sie und nicht etwa der Kläger hat die Vertragsbedingungen formuliert und sie in Form eines Angebotes dem Kläger übermittelt, damit er sein Einverständnis durch Unterzeichnung und Rücksendung einer Kopie erklärt (Bl. 11-16 d.A.). Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, der Kläger hätte jederzeit bei jedem Vertragsabschluss erneut den Vertragsinhalt in jeder Hinsicht neu verhandeln können. Da die Beklagte dies dem Kläger nicht zumindest konkludent angeboten hat, hat sie ihm nicht Gelegenheit zur Abänderung der Regelung gegeben und damit aus seiner Sicht die Einbeziehung der Klausel verlangt. Ein etwaiger innerer Vorbehalt der Beklagten, sich gegebenenfalls auf einen geringeren Betrag einzulassen oder auf das Bearbeitungsentgelt völlig zu verzichten, lässt das Merkmal des Stellens nicht entfallen. Dazu wäre Voraussetzung, dass der Kunde bei der Auswahl der Bedingungen frei ist und Gelegenheit dazu erhält, eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlung einzubringen (BGH a.a.O. Tz. 25). Das ist jedoch auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht der Fall gewesen.

Die Klausel über die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts ist ferner als Preisnebenabrede kontrollfähig. Wie die Vereinbarung der Parteien offenlegt, ist die Bearbeitungsgebühr unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes der Beklagten vereinbart worden. Damit wird bestätigt, dass das Bearbeitungsentgelt, wie generell anzunehmen ist, insbesondere den vorvertraglichen Aufwand abgelten soll, der im Zusammenhang mit der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers und der Vertragsvorbereitung, so etwa für die Führung der Kundengespräche, die Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten anfällt. Darüber hinaus soll es etwaige Kosten abdecken, die für die Ausfertigung und Prüfung des Kreditvertrages, die Beschaffung und Ausweitung der Darlehensvaluta sowie möglicherweise auch anlässlich des Vertragsschlusses erforderliche weitergehende Abwicklungs-, Prüfungs- und Überwachungstätigkeiten anfallen (BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12 = NJW 2014, 2420, 2422 Tz. 29). Das Entgelt hat somit keine echte (Gegen-) Leistung der Beklagten zum Gegenstand, sondern dient dazu, allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder vertraglich begründeter Nebenpflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abzuwälzen, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt (BGH a. a. O. Tz. 24). Das Bearbeitungsentgelt stellt sich damit nicht als kontrollfreie Preishauptabrede dar. Ebenso wenig bildet es eine Vergütung für eine sonstige, rechtlich selbstständige, gesonderte vergütungsfähige Leistung der Beklagten. Insbesondere handelt die Bank bei der Bonitätsprüfung und der gutachterlichen Wertermittlung bezüglich des Beleihungsobjekts im eigenen Interesse, während ein Nutzen für den Darlehensnehmer nur indirekt und reflexartig besteht (BGH a. a. O. S. 2425 Tz. 32 ff.).

Bei der damit vorzunehmenden Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ist davon auszugehen, dass das gesetzliche Leitbild durch § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgegeben ist, wonach der Darlehensnehmer als Entgelt für die Überlassung der Darlehensvaluta einen laufzeitabhängigen Zins zu entrichten hat. Zum gesetzlichen Leitbild gehören dagegen trotz der Erwähnung von Kreditwürdigkeitsprüfungs- und Bearbeitungskosten im Berechnungsbeispiel im Anhang zu § 6 PrAngVO (in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung) und trotz der Erwähnung von Bearbeitungskosten in den Gesetzesmaterialen zu § 12 Abs. 2 VerbrKrG solche laufzeitunabhängigen Kosten nicht (BGH a. a. O. S. 2428 Tz. 70 ff.).

Der Bundesgerichtshof hat in den genannten Urteilen vom 13.05.2014 formularmäßig vereinbarte Bearbeitungsentgelte gegenüber Verbrauchern für unangemessen gehalten, weil damit folgende, nicht bloß unerhebliche Nachteile für die Kunden bei der Vertragsabwicklung verbunden seien (BGH a. a. O., S. 2429 Tz. 77 ff.):

a) Das Bearbeitungsentgelt werde üblicherweise nicht separat erhoben, sondern mitkreditiert, so dass der Kunde bis zur vollständigen Tilgung des Entgelts zugleich Zinsen hierauf zu zahlen habe.

b) Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung wirke sich das Bearbeitungsentgelt zu Lasten des Kunden aus, weil es bei nur kurzer Laufzeit in voller Höhe bei der Beklagten verbleibe. Zugleich könne die Beklagten als weitergehenden Ersatz für den ihr entgangenen Gewinn und einen etwaigen Zinsverschlechterungsschaden eine gem. § 502 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB auf 1 % gedeckelte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Müsse sie die Bearbeitungskosten in den Zins einkalkulieren, stünde ihr zum Ausgleich ihrer Kosten und sonstigen Schäden allein die gedeckelte Vorfälligkeitsentschädigung zu.

Durch die Bearbeitungsgebühr steige damit bei nur kurzer Vertragslaufzeit der im Darlehensvertrag genannte effektive Jahreszins beträchtlich an.

c) Der vollständige Einbehalt des Bearbeitungsentgelts sei geeignet, das jederzeitige Ablösungsrecht aus § 500 Abs. 2 BGB zu gefährden.

Das Verbot, Bearbeitungsentgelte in allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbaren, greife zwar in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit ein. § 307 BGB stelle jedoch eine taugliche Schranke im Sinne von Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG dar, um den Eingriff zu rechtfertigen. Die Inhaltskontrolle sei verfassungsrechtlich zum Schutz der Privatautonomie der Verbraucher geboten, um im Sinne praktischer Konkordanz die erforderliche Waffengleichheit zwischen Klauselverwendern und Verbrauchern herzustellen (BGH a. a. O. S. 2429 Rz. 85 ff.).

Von den vorgenannten Argumenten des Bundesgerichtshofs trifft jedenfalls der unter b) Satz 1 genannte Grund auf den gewerblichen Kontokorrentkreditnehmer zu, dass das Bearbeitungsentgelt auch bei nur kurzer Laufzeit bei der Beklagten verbleibt. Dies ist zugleich der schwerwiegendste der genannten Nachteile.

Ob die Klausel über das Bearbeitungsentgelt auch gegenüber unternehmerisch handelnden Kunden unangemessen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Landgerichte unterschiedlich beurteilt. Der 17. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat die Unangemessenheit mit folgender Begründung verneint:

Wenn auch in der Geschäftswelt eine situative Unterlegenheit des Vertragspartners des Verwenders bestehen könne, gelte im unternehmerischen Rechtsverkehr dennoch, dass die Beteiligten typischerweise über größere rechtsgeschäftliche Erfahrung verfügten. Ein geringeres Schutzbedürfnis könnte sich somit allgemein aus der Geschäftsgewandtheit und Erfahrung des Unternehmers ergeben. Bei der Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, sei daher auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs Rücksicht zu nehmen und darüber hinaus den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung zu tragen. Von einem gewerblichen Unternehmen sei dabei zu erwarten, dass es seine Kosten sorgfältig kalkuliere und deshalb einer ihm gegenüber verwendeten Klausel besondere Aufmerksamkeit schenke. Diese Kostenkalkulation gehöre zum Kernbereich kaufmännischer Tätigkeit. Es sei deshalb in einer marktwirtschaftlichen Ordnung Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Vertrag für ihn als Kunde akzeptabel sei. Von einem Unternehmen, das zur Finanzierung bestimmter Vorhaben ein Darlehen in Anspruch nehme, könne grundsätzlich erwartet werden, dass dieses – wie hier – eindeutig bestimmte Bearbeitungsentgelte in eine Kostenanalyse einbeziehen und damit verbundene Risiken und Chancen überblicke (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13 = NJW 2014, 2708, 2712 f. Tz. 43 ff.). Gerade der Kläger, der im Immobilienbereich in besonderer Weise Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Darlehensfinanzierung aufweise, besitze im Zweifel genügend eigenen Sachverstand, um die Angemessenheit der als Einmalzahlung zu erbringenden Bearbeitungsgebühr im Verhältnis zu den in Form einer Erhöhung des Zinssatzes weiterzugebenden Kosten abzuschätzen (so auch OLG Dresden, Urteil vom 03.08.2016 – 5 U 138/16 = WM 2016, 1980). Zudem werde die Vereinbarung einer zu Beginn des Vertragsverhältnisses anfallenden einmaligen Vergütung zu Vertragsbeginn als abzugsfähige Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 EStG einen steuerlich günstigen Effekt haben und könne das Entgelt auch bei der Rückabwicklung des Darlehens dauerhaft als Aufwand geltend gemacht werden (so auch OLG Hamburg, Urteil vom 27.04.2016 – 13 U 134/15, Bl. 260 ff. d.A.). Die neben der Bonitätsprüfung vorgenommenen Erwägungen im Rahmen der Risikoüberprüfung sowie der Beurteilung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Vorhabens erfolgten zwar zumindest überwiegend im eigenen Interesse der finanzierenden Bank, das Ergebnis einer objektiven Einschätzung fördere jedoch auch eine tragfähige Selbstkontrolle der Bonität des Unternehmens in dessen Interesse. Das gleiche gelte für die Überprüfung der Kostenkalkulation sowie die von außen beurteilte Einschätzung der Rentabilität des finanzierten Projekts. Danach sei die positive Einschätzung des Vorhabens für einen kaufmännischen Gewerbebetrieb, insbesondere für eine im Immobilienbereich tätige Gesellschaft, mehr als nur ein reflexhafter Nebeneffekt (Urteil vom 12.10.2016 – 17 U 165/15 = ZIP 2016, 2211, 2213, f., nicht rechtskräftig; für die Zulässigkeit der Klausel gegenüber einem Bauträger OLG Köln, Urteil vom 13.07.2016 – 13 U 140/15 = WM 2016, 1985, 1988).

Für auch gegenüber einem Unternehmen unangemessen halten die Klausel z. B. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2016 – 3 U 110/15; Urteil vom 13.04.2016 – 19 U 110/15 = ZIP 2016, 2057; Urteil vom 16.03.2017 – 3 U 62/16; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.07.2016 – I-7 U 109/15 = WM 2016, 1983, 1984 f. u. a. mit der Erwägung, dass Unternehmer häufiger und dringender auf Bankkredite angewiesen seien als Privatverbraucher, spreche dagegen, sie als weniger schutzbedürftig anzusehen. Dem ist zu folgen. Das Hauptargument derjenigen, die die Klausel gegenüber einem Unternehmer für wirksam halten, sind dessen Erfahrung im Geschäftsleben und seine zu erwartenden Fähigkeit, Kosten jeder Art einzukalkulieren. Diese Begründung rechtfertigt es nicht, die Klausel als angemessen im Sinne von § 307 BGB anzusehen, weil dies für alle Nebenentgeltklauseln gelten würde, so dass diese durchwegs im unternehmerischen Verkehr als wirksam angesehen werden müssten. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht § 310 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB, wonach auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Es mag zwar zutreffen, dass im Kreditgewerbe derartige Bearbeitungsentgeltklauseln gegenüber gewerblichen Kreditnehmern häufig gestellt werden. Die Bedenken gegen die Unangemessenheit des laufzeitunabhängigen Entgelts werden dadurch nicht ausgeräumt. Gerade wenn die Laufzeit des Kredits bei Vertragsschluss nicht bestimmt ist und der Kredit dann nur für kurze Zeit in Anspruch genommen wird, ergeben sich die erheblichen Nachteile auch für den gewerblichen Kunden.

Die Verjährungseinrede der Beklagten ist unbegründet. Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des §§ 199 Abs. 1 BGB begann für den Rückforderungsanspruch erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen; zuvor war dem Kläger die Erhebung eine Rückforderungsklage nicht zumutbar (BGHZ 103,115; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.07.2016 – I-7 U 109/15 = WM 2016, 1983, 1985; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.03.2017 – 3 U 62/16). Die am 29.11.2014 eingereichte und am 13.01.2015 zugestellte Klage hat deshalb gemäß §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO den Lauf der Verjährung noch rechtzeitig gehemmt.

Neben der Rückzahlung des geleisteten Bearbeitungsentgeltes kann der Kläger gemäß § 818 Abs. 1 BGB Herausgabe der Nutzungen verlangen, die die Beklagte aus dem unrechtmäßig vereinnahmten Bearbeitungsentgelt tatsächlich gezogen hat. Dass die beklagte Bank solche Nutzungen gezogen hat, entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1975 – V ZR 184/73; Urteil vom 08.10.1987 – VII ZR 185/86; Urteil vom 12.05.1998 – XI ZR 79/97; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.3.2017 – 3 U 62/16). Deren Höhe mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist unstreitig geblieben. Für einen darüber hinausgehenden Nutzungsersatz (Antrag zu 2.) hat der Kläger dagegen nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 ZPO zuzulassen. Wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit derartiger Bearbeitungsentgeltklauseln gegenüber unternehmerischen Kreditnehmern ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Herstellung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten.

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