OLG Frankfurt am Main, 09.02.2017 – 17 U 199/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 09.02.2017 – 17 U 199/16
Tenor:

In dem Rechtsstreit (…)

werden die Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.
Gründe

I.

Die Kläger wenden sich mit der Berufung gegen die Abweisung ihrer im Wesentlichen auf Feststellung der Umwandlung eines Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichteten Klage.

Die Kläger schlossen als Verbraucher mit der Beklagten am 14.03.2008 einen Darlehensvertrag unter Vertrag Nr. … über einen Nennbetrag von 60.000 €. Gesichert wurde das Darlehen durch eine Buchgrundschuld mit persönlicher Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung auf dem Beleihungsobjekt Straße2, Stadt2. Der Darlehensvertrag enthält auf Seite 5 f. folgende Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer

Der Darlehensnehmer ist an seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages nicht mehr gebunden, wenn er sie binnen zwei Wochen widerruft. Bei mehreren Darlehensnehmern steht dieses Widerrufsrecht jedem einzelnen Darlehensnehmer allein zu.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z. B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristablauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer

ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und

die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde

zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an nachstehende Adresse der Bank1:

Bank1 E-Mail-Anschrift: www.bank1.de

Straße1 Telefax-Nummer: …

Stadt1

Widerrufsfolgen

Hat der Darlehensnehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten, so kann er sein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogenen Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Kann der Darlehensnehmer die von der Bank erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren – beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistung ausgeschlossen ist -, so ist er verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass der Darlehensnehmer die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass er die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt hat. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann der Darlehensnehmer vermeiden, wenn er die Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nimmt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss der Darlehensnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Absendung seiner Widerrufserklärung erfüllen. Die Bank1 muss ihre Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen 30 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen.

Ende der Widerrufsbelehrung“

Die gesamte Widerrufsbelehrung ist schwarz eingerahmt. Wegen der weiteren Art der Gestaltung und des Inhalts des Vertrages wird auf Anlage K 1, Bl. 10 ff. d.A., Bezug genommen.

In der Folgezeit stellte die Beklagte die Darlehensvaluta zur Verfügung. Die Kläger leisteten Zahlungen für Zins- und Tilgung in Höhe von insgesamt 47.205,00 €.

Mit Anwaltsschreiben vom 17.02.2015 (Anlage K 2, Bl. 20 ff.) forderten die Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf anzuerkennen, dass den Klägern hinsichtlich des streitgegenständlichen Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht zusteht. Nachdem die Beklagte dies mit Schreiben vom 22.04.2015 (Anlage BK 3, Bl. 26 ff.) zurückgewiesen hatte, erklärten die Kläger mit Schreiben des Klägervertreters vom 07.10.2015 (Anlage K 4, Bl. 29 ff.) den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Widerruf sei wirksam. Der Darlehensvertrag hätte zeitlich unbefristet widerrufen werden können, da die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und nicht dem Deutlichkeitsgebot nach § 495 BGB a.F. i.V.m. § 355 Abs. 2 BGB a.F. entspreche. Sei sie nicht geeignet gewesen, die gesetzliche Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns sei nicht eindeutig. Ihr sei nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass der Beginn der Widerrufsfrist davon abhängt, dass der Verbraucher neben der Widerrufsbelehrung auch im Besitz einer seine eigene Willenserklärung enthaltenden Vertragsurkunde sein muss. Vielmehr könne durch die von der Beklagten verwendete Formulierung bei dem Verbraucher der Eindruck entstehen, dass die Frist schon am Tag nach dem Eingang des Darlehensangebotes beginne.

Darüber hinaus sei die Belehrung auch in Bezug auf die Widerrufsfolgen fehlerhaft. Der Hinweis auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs entspreche nicht der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damals geltenden Fassung. Vorliegend fehle der Hinweis, dass die Verpflichtung, gegebenenfalls Wertersatz leisten zu müssen, auch dann besteht, wenn der Darlehensnehmer die empfangene Leistung nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren kann. Zudem erwecke die Belehrung den Eindruck, dass die Verpflichtung zum Wertersatz in jedem Fall bestehe, und zwar auch dann, wenn der Darlehensnehmer die von der Bank erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren kann. Nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV bestehe diese Verpflichtung jedoch nur „gegebenenfalls“. Schließlich habe die Beklagte auch von dem Gestaltungshinweis Nr. 6 der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-Info Gebrauch gemacht und den entsprechenden Zusatz für finanzierte Geschäfte angeführt, obwohl es sich vorliegend nicht um ein Fernabsatzgeschäft gehandelt habe.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da kein Feststellungsinteresse der Kläger bestünde. Unabhängig davon sei die Klage unbegründet, da der Widerruf erst nach Ablauf der durch die den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung in Gang gesetzte Zweiwochenfrist erklärt und damit verfristet sei.

Zunächst komme es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung der seinerzeit gültigen Muster-Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. entspreche, da die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 und S. 3 BGB a.F. genüge. Insbesondere sei die Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns eindeutig und lasse keinen Zweifel daran, dass der Fristbeginn neben dem Empfang der Widerrufsbelehrung auch den Erhalt einer die Vertragserklärung des Darlehensnehmers enthaltenden Vertragsurkunde voraussetzt. Soweit nach der Belehrung nicht bereits die Aushändigung des Darlehensantrags des Verbrauchers (vgl. § 355 BGB Abs. 2 S. 3 BGB a.F.), sondern erst die Aushändigung der Vertragsurkunde den Fristlauf in Gang setzt, bewirke dies ein Hinausschieben der Widerrufsfrist und komme damit den Interessen des Darlehensnehmers zugute. Der Begriff der Vertragsurkunde lasse auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher hinreichend deutlich erkennen, dass ein schriftlicher Vertrag die Unterschrift beider Vertragsparteien auf dem Vertragsformular erfordert. Die in der Belehrung verwendete Formulierung habe daher nicht den falschen Eindruck erwecken können, dass es sich schon bei dem von noch keiner oder nur einer Vertragspartei unterzeichneten Vertragsformular um die genannte „Vertragsurkunde“ handele.

Auf die Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs könne eine Fehlerhaftigkeit der Belehrung nicht gestützt werden, da gemäß § 355 BGB a.F. insoweit schon keine gesetzliche Aufklärungspflicht bestanden habe. Unabhängig davon könne der vermeintlich fehlende Zusatz „ggf.“ keine Irreführung des Verbrauchers begründen, da sich jedenfalls aus der Gesamtschau der Belehrung ergebe, dass die Verpflichtung zum Wertersatz durch Nichtinanspruchnahme der Leistung der Bank vermieden werden könne. Der Hinweis, dass der Darlehensnehmer nach einem Widerruf die vertraglichen Verpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss, sei lediglich ein zutreffender Hinweis auf die Rechtslage gem. §§ 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F., 346 Abs. 2 BGB.

Schließlich hat die Beklagte vorsorglich den Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung erhoben.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 522 Abs.2 S. 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage auf Feststellung, dass sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe sowie Freistellung bzw. Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet, da die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts bei dessen Ausübung bereits abgelaufen gewesen sei. Die von der Beklagten zu dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag erteilte Widerrufsbelehrung habe die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt. Die Belehrung genüge den zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Vorschriften. So sei insbesondere die Beschränkung auf eines von mehreren, nach dem Gesetz möglichen fristauslösenden Ereignissen, nämlich hier auf den Erhalt der Widerrufserklärung und der Vertragsurkunde bzw. einer Abschrift davon unschädlich. Für den Verbraucher sei unzweideutig erkennbar, dass der Fristbeginn vom Vorliegen dieser beiden Dokumente abhängt. Auch der Begriff „Vertragsurkunde“ sei hinreichend deutlich und nicht geeignet, bei einem juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher Verwirrung hinsichtlich des Fristbeginns zu stiften. Die Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs begründe keine Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Auch das Fehlen des Zusatzes „gegebenenfalls“ bei der Wertersatzpflicht schade nicht, da der Text der Belehrung dem Gesetzeswortlaut des § 346 Abs. 2 BGB entspreche und zutreffend darauf hinweise, dass nach dem Gesetz bei einem Rückabwicklungsschuldverhältnis grundsätzlich Wertersatz zu leisten sei. Auch wenn die Pflicht zum Wertersatz u.U. nach § 346 Abs. 3 BGB entfallen könne, so stelle dies bei einem Darlehensvertrag eine eher fernliegende Sonderkonstellation dar, über die die Beklagte nicht habe belehren müssen. Ein Irrtum des Verbrauchers dahingehend, dass er immer Wertersatz leisten müsse, könne auch deshalb nicht entstehen, da die Belehrung den Hinweis auf die Möglichkeit zur Vermeidung der Wertersatzpflicht enthalte, nämlich durch Nichtinanspruchnahme der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist. Entgegen der Auffassung der Kläger werde auch nicht in irreführender Weise lediglich über die Pflichten des Verbrauchers belehrt, da ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass die „beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren“ sind.

Unschädlich sei auch die – mangels Vorliegens eines Fernabsatzgeschäft des überflüssige – Aufnahme des Gestaltungshinweises Nr. 6. Der Hinweis gebe lediglich die gem. § 312 d Abs. 6 BGB a.F. bei Fernabsatzgeschäften gesondert aufklärungspflichtigen Rechtsfolgen eines Rückabwicklungsgeschäfts nach § 357 Abs. 1 BGB wieder.

Schließlich verstoße die Belehrung auch in ihrer äußeren Gestaltung nicht gegen das Deutlichkeitsgebot. Die Belehrung hebe sich durch die Umrahmung ausreichend deutlich vom restlichen Text ab. Sie befinde sich auf einer separaten Seite und sei drucktechnisch durch verschiedene Absätze und fettgedruckte Überschriften klar und übersichtlich gestaltet und gegliedert.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie machen geltend, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung fehlerfrei sei. Tatsächlich sei die Belehrung missverständlich und irreführend. Dies folge bereits daraus, dass nach der von der Beklagten verwendeten Formulierung der Beginn der Widerrufsfrist davon abhängen soll, dass sich der Darlehensnehmer im Besitz „dieser Widerrufserklärung“ befindet. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss v. 16.10.2015, Az. 4 W 16/15) vertreten sie die Ansicht, indem die Belehrung den Fristbeginn von dem Besitz der „Widerrufserklärung“ statt dem Besitz der „Widerrufsbelehrung“ abhängig mache, genüge sie nicht den von dem BGH (Urt. v. 28.06.2011, Az. XI ZR 349/10) gestellten Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung.

Die Kläger wiederholen zudem ihre bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, die Belehrung informiere unzureichend über den Fristbeginn, da der Eindruck entstehen könne, die Widerrufsfrist beginne, ohne dass der Verbraucher im Besitz seiner eigenen Vertragserklärung sei.

Die Kläger beantragen,

1.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis zu der Darlehensnummer … über ein Darlehen im Nennbetrag von 60.000 € durch Widerruf vom 07.10.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
2.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Rechtsschutzversicherer der Kläger, die A Versicherung AG, Straße3, Stadt3, vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1024,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senates in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die landgerichtliche Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Absatz ein ZPO).

Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Feststellungsantrag zulässig ist. Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung folgt aus der mit Erhebung der Feststellungsklage verbundenen Möglichkeit einer prozesswirtschaftlich sinnvollen, endgültigen Streitbeilegung. Eine Feststellungsklage kann trotz der grundsätzlich vorrangigen Möglichkeit Leistungsklage zu erheben, zulässig sein, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH, Beschluss vom 17.01.2012 – XI ZR 254/10 – Rn. 7, juris). Davon ist hier insbesondere deshalb auszugehen, weil bei einer beklagten Bank hinreichende Gewähr dafür besteht, sie werde sich an ein Feststellungsurteil auch insoweit gebunden sehen, als ihr Prozessgegner auf der Grundlage der Feststellung Zahlung verlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 17.01.2012 – XI ZR 254; Urteil vom 30.05.1995 – XI ZR 78/94 -, Rn.17, juris), zumal die Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs, die nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen eintreten, höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015 – XI ZR 116/15 – Rn.7, juris).

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, da das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass durch den von den Klägern erklärten Widerruf der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde. Die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S.2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (a.F.), Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs im Oktober 2015 bereits abgelaufen. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hat die Widerrufsfrist wirksam in Gang gesetzt.

Die von der Beklagten den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung genügt dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.. Dies hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden (Senat, Beschluss vom 02.05. 2016, – 17 U 4/16 – ; Beschluss vom 29.08.2015 – 17 U 25/16 – ). Das Deutlichkeitsgebot erfordert u.a., dass die Belehrung dem Verbraucher die Rechtslage deutlich vor Augen führt. Die Belehrung muss sich daher innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch deutlich herausheben (BGH, Urteil vom 23.06.2009-XI ZR 156/08 -, Rn. 24, Juris). Dies ist hier der Fall. Die Belehrung ist durch eine schwarze Umrahmung optisch hervorgehoben und durch Absätze und fettgedruckte Überschriften klar gegliedert. Sie ist zudem gesondert zu unterschreiben, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Verbraucher die Belehrung zur Kenntnis nimmt (vgl. Senat, Beschluss vom 29.12.2015 – 17 U 139/15-, Rn. 41, juris).

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Belehrung auch hinsichtlich des Fristbeginns weder undeutlich noch unklar. Nach der von der Beklagten erteilten Belehrung beginnt der Lauf der Frist für den Widerruf einen Tag nachdem dem Darlehensnehmer ein Exemplar der Widerrufserklärung und die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt wurde. Die Belehrung entspricht damit den gesetzlichen Vorgaben gem. § 355 Abs. 2 BGB a.F. und ist inhaltlich eindeutig. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Fristbeginn ebenfalls von der Aushändigung einer Belehrung über das Widerrufsrecht (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.) und – da es sich um einen schriftlich abzuschließenden Vertrag handelt (§ 492 Abs. 1 S. 1 BGB) – der Zurverfügungstellung der Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags des Verbrauchers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrages abhängig (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.). Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Widerrufsbelehrung nicht dahingehend unklar, dass die Widerrufsfrist unabhängig davon zu laufen beginne, ob der Verbraucher neben der Widerrufsbelehrung auch im Besitz einer seine eigene Willenserklärung enthaltenden Vertragsurkunde ist. Zutreffend hat das Landgericht darauf verwiesen, dass der Begriff der Vertragsurkunde für einen juristischen Laien unmissverständlich ist. Dass ein Vertrag nicht durch einseitige Erklärung oder ein Angebot zustande kommt, sondern eine Erklärung beider Parteien voraussetzt, ist dem durchschnittlichen Verbraucher bekannt. Da nach der Belehrung der Fristlauf den Besitz der Vertragsurkunde bzw. einer Abschrift derselben voraussetzt, steht außer Frage, dass der Fristlauf nicht ausgelöst wird, solange der Verbraucher lediglich im Besitz des Darlehensangebotes der Bank ist. Jedem verständigen Verbraucher wird insoweit einleuchten, dass mit der Übergabe eines erst noch zu unterzeichnenden Vertragsformulars noch kein schriftlich abzuschließender Vertrag zu Stande gekommen sein kann, sondern das Zustandekommen vielmehr ein von beiden Seiten unterzeichnetes Vertragsdokument voraussetzt. Der Begriff der Vertragsurkunde, der vom Gesetz selbst in Abgrenzung zum Antrag des Verbrauchers verwendet wird, bedarf insoweit auch keiner erläuternden Bezeichnung.

Dass hier der Fristbeginn – anders als in § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. vorgesehen – nicht zusätzlich davon abhängt, dass dem Verbraucher dessen eigener schriftlicher Antrag oder eine Abschrift des Antrags zur Verfügung gestellt wird, ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht zu beanstanden. § 355 BGB a.F. ist insoweit kein zwingendes Recht, als zu Gunsten des Verbrauchers von dieser Vorschrift abgewichen werden darf. Dies hat der Gesetzgeber mit § 361 Abs. 2 BGB in der aktuellen Fassung deklaratorisch festgestellt (BGH, Urteil vom 15.05.2014 – III ZR 118/08 -, Rn. 17, juris). Indem nach der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung erst mit Erhalt des Darlehensvertrages bzw. einer Abschrift desselben der Lauf der Frist auslöst wird, wird der Beginn der Frist hinausgeschoben, was zugunsten des Verbrauchers wirkt.

Die Belehrung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie an einer Stelle anstatt des richtigen Begriffs „Widerrufsbelehrung“ das Wort „Widerrufserklärung“ enthält. Es liegt insoweit ein Schreibversehen vor, das für jeden unbefangenen Leser offenkundig ist. Nach dem Wortlaut beginnt die Frist für die Abgabe der Willenserklärung einen Tag nach Erhalt „dieser Willenserklärung“. Dass dies wegen des darin enthaltenen Zirkelbezugs keinen Sinn ergibt, kann keinem Zweifel unterliegen. Gleiches gilt für das von der Beklagten an dieser Stelle tatsächlich Gemeinte. Dass dort statt „Widerrufserklärung“ richtig das Wort „Widerrufsbelehrung“ hätte stehen sollen, ergibt sich unmissverständlich aus dem Gesamtzusammenhang. Zum einen enthält der Text die Angabe, dass der Fristablauf von dem Erhalt eines Exemplars „dieser“ Widerrufserklärung abhängt. Bereits der Gebrauch des Demonstrativpronomens macht deutlich, dass es sich um den dem Leser vorliegenden Text handelt. Bestätigt wird dies dadurch, dass der fragliche Passus in der Überschrift ausdrücklich als „Widerrufsbelehrung“ bezeichnet wird und mit den Worten „Ende der Widerrufsbelehrung“ schließt. Der von den Klägern in Bezug genommene Beschluss des Kammergerichts vom 16.10.2015, Az. 4 W 16/125, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Auch wenn der dortige Sachverhalt – soweit aus dem Beschluss über die Beschwerde gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags ersichtlich – hinsichtlich der Verwechslung der Begriffe „Widerrufsbelehrung“ und „Widerrufserklärung“ Parallelen zu dem hier zu entscheidenden Fall aufweist, ist die rechtliche Wertung des KG nicht übertragbar. Dem Beschluss ist zu der hier zu entscheidenden Frage, ob nämlich wegen des fraglichen Schreibversehen das Deutlichkeitsgebot (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.) nicht gewahrt ist, nichts zu entnehmen. Das Kammergericht hat sich mit der vorliegenden Begriffsverwechslung in einem anderen juristischen Kontext befasst, nämlich bei der Prüfung der Frage, ob die Belehrung von der seinerzeit gültigen Musterbelehrung abweicht. Dabei ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass das fragliche Schreibversehen eine erhebliche inhaltliche Veränderung darstellt. Hier geht es jedoch nicht um die Frage der Musterkonformität der Belehrung, sondern darum, ob die Belehrung gegen das Deutlichkeitsgebot nach § 495 BGB a.F. i.V.m. § 355 Abs. 2 BGB a.F. verstößt. Das ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.

Soweit die Kläger monieren, dass die Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs nicht der Belehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV in der damals geltenden Fassung entspricht, begründet dies keine Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Die von der Beklagten verwendete Belehrung ist gesetzeskonform, so dass es auf die Frage, ob die Belehrung von der Musterbelehrung abweicht, nicht ankommt. Die von der Beklagten insoweit erteilte Widerrufsbelehrung in Bezug auf den die Rechtsfolgen betreffenden Teil ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Einwand der Kläger, es fehle der Hinweis darauf, dass im Falle des Widerrufs auch die Beklagte zur Rückgabe der empfangenen Leistung verpflichtet sei, greift nicht durch. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einem Haustürgeschäft eine Widerrufsbelehrung, welche lediglich über die Pflichten des Verbrauchers im Falle des Widerrufs, nicht jedoch über dessen wesentliche Rechte informiert, nicht ordnungsgemäß (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2007, VII ZR 122/06, NJW 2007, 1946, juris-Rn. 11). Abgesehen davon, dass außerhalb des für die Haustürsituation beschränkten Anwendungsbereichs der § 312 Abs. 2 BGB ohnehin keine detaillierte Rechtsfolgenbelehrung erforderlich ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 05.08.2015, 23 U 178/14, juris-Rn. 55; OLG Celle, Beschluss vom 14.07. 2014, 3 W 34/14, juris-Rn. 16; Senat, Beschluss vom 28. 01. 2016,17 U 124/15; Beschluss vom 29. 06.2016, 17 U 50/16), bringt die vorliegende Widerrufsbelehrung in ausreichender Weise zum Ausdruck, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und gezogenen Nutzungen herauszugeben sind. Das Wort „beiderseits“ lässt hinreichend deutlich die für beide Seiten mit einem wirksamen Widerruf verbundenen Folgen erkennen. Insoweit genügt der Hinweis auf die Notwendigkeit, die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und gegebenenfalls gezogenen Nutzungen herauszugeben (Senat, Beschluss vom 28.01.2016, 17 U 124/15; Beschluss vom 29.06. 2016, 17 U 15/16). Auf die Pflichten bis zur Erklärung des Widerrufs musste daher nicht explizit hingewiesen werden.

Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich eine Fehlerhaftigkeit der Belehrung auch nicht damit begründen, durch das Fehlen des Wortes „ggfls.“ im Zusammenhang mit dem zu leistenden Wertersatz werde der falsche Eindruck erweckt, die Verpflichtung zum Wertersatz bestünde in jedem Falle. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf verwiesen, dass sich aus dem Belehrungstext gerade keine unbedingte Verpflichtung ergibt. Vielmehr enthält die Belehrung den Hinweis, dass die Verpflichtung nicht in jedem Fall besteht und insbesondere dadurch vermieden werden kann, dass der Verbraucher die Leistung bis zum Widerruf nicht in Anspruch nimmt.

Schließlich ist die Belehrung hinsichtlich der Widerrufsfolgen auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie auch über den Widerruf von Fernabsatzgeschäften belehrt, obwohl es sich vorliegend nicht um ein solches Geschäft handelt. Die Aufnahme des Gestaltungshinweises Nr. 6 des Musters zur Anlage 2 der BGB-InfoV bei einer nicht im Wege des Fernabsatzes vereinbarten Finanzdienstleistungen wirkt nicht irreführend, da der in dem Gestaltungshinweis widergegebene Rechtsatz auch auf Fälle zutrifft, in denen ein Fernabsatzgeschäft nicht vorliegt; er ist dann lediglich nicht aufklärungsbedürftig. Der in die streitgegenständliche Belehrung aufgenommene Gestaltungshinweises Nr. 6 stellt den Umfang der Wertersatzpflicht für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechts klar: Dem Verbraucher wird erläutert, dass er trotz seines Widerrufs verpflichtet bleiben kann, seine bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dieser Hinweis war auch im vorliegenden Fall sachlich korrekt, denn § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. verwies wegen der Rechtsfolgen des Widerrufs auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Rücktritt gem. §§ 346 ff. BGB (vgl. OLG Frankfurt, Verfügung vom 21. Dezember 2015 – 19 U 116/15 -, Rn. 50 f., juris).

Da die Kläger hinsichtlich des streitgegenständlichen Darlehensvertrages ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, war dieses zum Zeitpunkt der Ausübung erloschen, so dass ein Widerruf bereits unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr in Betracht kam. Auf die Frage, ob das Recht zum Widerruf verwirkt oder dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich sein könnte, kommt es damit nicht mehr an.

Da der Senat dem Rechtsmittel der Kläger aus den oben genannten Gründen keinerlei Aussicht auf Erfolg beimisst, wird aus Kostengründen angeregt, eine mögliche Rücknahme der Berufung zu überdenken.

Den Klägern wird Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Binnen gleicher Frist können beide Parteien zur Frage des Gebührenstreitwerts in zweiter Instanz Stellung nehmen, wobei der Senat beabsichtigt, den Streitwert nach dem Wert der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016, XI ZR 366/15, WM 2016,454, TZ. 12) – hier 47.205,00 € – zu bemessen.

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