OLG Frankfurt am Main, 01.07.2014 – 4 U 68/14

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 01.07.2014 – 4 U 68/14
Tenor:

In dem Rechtsstreit … weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.02.2014, Az. 2-08 O 221/13, nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
1

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung bezüglich der Anlage in den geschlossenen Schiffsfonds X GmbH und Co. KG im Jahr 2007.
2

Der Beklagte führte eine freie Beratungsfirma, wobei zwischen den Parteien seit Jahren eine Geschäftsbeziehung bestand. Bereits im Jahr 1999 hatte der Beklagte dem Kläger eine Schiffsbeteiligung vermittelt. Bezüglich der streitgegenständlichen Anlage führten der zu diesem Zeitpunkt schon im Ruhestand befindliche Kläger und der Beklagte im Frühjahr 2007 mehrere Telefongespräche, wobei der Beklagte dem Kläger die Möglichkeit der Zeichnung der hier streitgegenständlichen Schiffsbeteiligung konkret vorschlug. Der Beklagte übersandte dem Kläger den Verkaufsprospekt. In einer E-Mail vom 26.03.2007 äußerte der Kläger gegenüber dem Beklagten Bedenken, woraufhin ein Telefonat zwischen den Parteien stattfand.
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Am 27.03.2007 zeichnete der Kläger die streitgegenständliche Beteiligung für einen Gesamtbetrag von EUR 10.000,- zzgl. Agio in Höhe von EUR 500,- und zahlte das Geld ein. Der Kläger begehrt Rückzahlung des geleisteten Betrages abzüglich erhaltener Ausschüttungen Zug um Zug gegen Übertragung der Kapitalbeteiligung, Freistellung von der Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung, dass der Beklagte sich mit der Übertragung im Annahmeverzug befinde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Parteien im Termin vom 24.01.2014 informatorisch angehört und der Klage sodann mit Urteil vom 14.02.2014 ganz überwiegend stattgegeben.
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Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Beratungsvertrag ganz überwiegend zu. Ein Beratungsvertrag sei konkludent zustande gekommen. Der Beklagte habe seine Pflicht zur anlegergerechten Beratung verletzt, da der Kläger eine sichere Anlage gewollt habe, während der Beklagte ihm eine Anlage in einem geschlossenen Schiffsfonds der Risikoklasse 5 empfohlen habe. Dem Beklagten sei indes bekannt gewesen, dass der Kläger eine sichere Anlage haben wolle. Bereits aus diesem Grund habe der Beklagte daraus, dass der Kläger auf seine Empfehlung bereits im Jahr 1999 eine andere Schiffsbeteiligung erworben habe, nicht schließen können, dass eine höhere Risikobereitschaft des Klägers bestanden habe. Der Beklagte habe sich vor Abschluss des Geschäfts nicht die erforderliche Sicherheit verschafft, dass der Kläger die Risiken des empfohlenen Produkts in jeder Hinsicht verstanden habe. Eine hinreichende Risikoaufklärung über das Totalverlustrisiko sei nicht erfolgt. Der Kläger habe in seiner E-Mail vom 26.03.2007 explizit danach gefragt. Die Angaben des Beklagten in dem Telefongespräch seien vor diesem Hintergrund zur Aufklärung über das bestehende Verlustrisiko nicht ausreichend gewesen. Es könne offen bleiben, ob der Beklagte das Totalverlustrisiko nicht hinreichend aufgeklärt bzw. verschleiert habe. Das Vertretenmüssen des Beklagten werde nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet, wobei die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens greife. Verjährung der Schadensersatzansprüche sei nicht eingetreten, da ein Kennenmüssen konkreter Anhaltspunkte für den Kläger erst ab dem Jahr 2011 vorliege, in welchem der Kläger eine Rückzahlung habe leisten müssen. Zu ersetzen sei der entstandene Schaden in Höhe des Zahlbetrags abzüglich erhaltener Ausschüttungen, dies Zug um Zug gegen Übertragung der streitgegenständlichen Anteile. Der Zinsanspruch bestehe nur in eingeschränkter Höhe, Freistellung von Rechtsanwaltskosten könne nicht verlangt werden. Der Feststellungsantrag sei begründet.
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Einen Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten vom 25.03.2014 hat das Landgericht mit Beschluss vom 31.03.2014 zurückgewiesen.
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II.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht begründete Berufung des Beklagten, der seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte rügt fehlerhafte Tatsachenfeststellung und fehlerhafte Rechtsanwendung.
9

– Das Landgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Beratungsvertrages bejaht. Ein solcher sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Das Landgericht habe unzutreffend auf die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages zwischen Bankberater und Anlageinteressent abgestellt. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auf den Beklagten als selbstständig Tätigen nicht anwendbar. Vorliegend habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden, im Rahmen derer der Beklagte lediglich dazu verpflichtet gewesen sei, den Kläger über sämtliche wesentliche Aspekte, die für die streitgegenständliche Schiffsbeteiligung von erheblicher Bedeutung gewesen seien, zu unterrichten. Eine umfassende anleger- und anlagegerechte Beratung sei nicht geschuldet worden.
10

– Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nur sichere Kapitalanlagen bei dem Beklagten nachgefragt habe. Die entsprechenden Ausführungen seien bereits auf Beklagtenseite durch den Tatbestandsberichtigungsantrag vom 25.03.2014 beanstandet worden. Der Beklagte habe mit Schriftsatz vom 04.01.2013 in ausreichend substantiierter Weise konkret bestritten, dass es dem Kläger bei allen von ihm über den Beklagten getätigten Kapitalanlagen darum gegangen sei, ausschließlich sichere Kapitalanlagen zu tätigen. Dem Kläger habe keineswegs die notwendige Risikobereitschaft für die ihm vom Beklagten angebotene streitgegenständliche Schiffsbeteiligung gefehlt.
11

– Soweit das Landgericht seine Ausführungen im Wesentlichen auf die Angaben des Klägers selbst im Rahmen seiner informatorischen Anhörung vom 24.01.2014 gestützt habe, berücksichtige dies nicht, dass der Beklagte diese Angaben stets bestritten habe. Der Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger ausschließlich sichere Kapitalanlagen hätte haben wollen. Zudem habe dem Kläger unstreitig vor der Anlageentscheidung, nämlich vor Abfassung der E-Mail und Führung des Telefonats, der Prospekt vorgelegen.
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– Selbst wenn eine Pflichtverletzung des Beklagten darin zu sehen sei, dem Kläger eine riskantere Kapitalanlage empfohlen zu haben, als dies der vorhandenen Risikobereitschaft des Klägers entsprochen hätte, sei für den Kläger ein erhebliches Mitverschulden gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen. Der Kläger habe unstreitig den Prospekt zur Kenntnis genommen und dabei jedenfalls auch die für die streitgegenständliche Schiffsbeteiligung wesentlichen Risiken wahrnehmen können. Insbesondere sei ihm dadurch das Totalverlustrisiko bekannt gewesen, was auch seine E-Mail vom 26.03.2007 aufzeige. Selbst wenn der Beklagte diese Risikohinweise im Rahmen des Prospektes gegenüber dem Kläger mündlich verharmlost hätte, hätte der Kläger nicht ohne weiteres den angeblichen Beschwichtigungen des Beklagten hinsichtlich der bestehenden Risiken vertrauen dürfen. Zwar sei ein Mitverschulden des Anlageinteressenten bei Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen anzurechnen. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffe aber Konstellationen, in denen der Anleger die im Prospekt enthaltenen Risikohinweise entweder vor der Anlageentscheidung nicht zur Kenntnis habe nehmen können oder den ihm zur Verfügung gestellten Prospekt überhaupt nicht gelesen, sondern ausschließlich auf die Ausführungen des Anlageberaters vertraut habe. Dies sei bzgl. des Klägers gerade nicht der Fall gewesen.
13

– Der Beklagte habe stets bestritten, die Risikohinweise des Prospektes zu der streitgegenständlichen Schiffsbeteiligung gegenüber dem Kläger in irgendeiner Form verharmlosend dargestellt zu haben. Der Kläger habe seine diesbezügliche Behauptung nicht beweisen können. Zudem habe er im Rahmen seiner informatorischen Anhörung auch zugestanden, sich an konkrete Aussagen des Beklagten nicht erinnern zu können.
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15

III.

Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, hat in der Sache nach einstimmiger Überzeugung des Senats jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
16

Das Landgericht hat in seinem Urteil die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
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Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
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Zutreffend hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 280 BGB bejaht.
19

1)

Das Landgericht ist in seinen Entscheidungsgründen zutreffend von dem Bestehen eines konkludent geschlossenen Anlageberatungsvertrages ausgegangen. Ein solcher kommt dann konkludent zustande, wenn ein Anlageinteressent bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Kreditinstitutes oder eines Beratungsunternehmens in Anspruch nimmt und dieses sich auf eine Beratung einlässt (Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 280 Rz. 47 m. Nw. aus der Rspr.). Dies ist vorliegend hinsichtlich des Beklagten der Fall, der unter der Bezeichnung „Y“ eine freie Beratungsfirma geführt und in dieser Funktion den Kläger schon viele Jahre vor Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage als Kundenberater betreut hat.
20

Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung einwendet, die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum konkludenten Zustandekommen von Anlageberatungsverträgen beziehe sich allein auf Bankberater, ist dies nicht zutreffend. Auch mit Beratungsunternehmen kann ein Beratungsvertrag konkludent geschlossen werden, wobei der Beklagte mit seiner Firma entsprechende Dienstleistungen erbracht und den Kläger über viele Jahre bei seinen Vermögensanlagen betreut hat. Soweit der Umfang von Aufklärungspflichten von bankgebundenen und freien Beratern divergiert (zum Beispiel im Hinblick auf Rückvergütungen, BGH, Urt. v. 19.07.2012, Az. III ZR 308/11, mit grds. Ausführungen zu einer gebotenen typisierenden Abgrenzung zwischen bankgebundenem und freiem Anlageberater), kommt es auf solche Unterscheidungen vorliegend nicht streiterheblich an. Ein stillschweigender Abschluss eines Beratervertrages ist bereits zu bejahen, wenn der Berater erkennt, das der Kunde das Ergebnis der Beratung zur Grundlage einer Anlageentscheidung machen will (BGH, Urt. v. 06.07.1993, Az. XI ZR 12/93, juris Rz. 12). Dass dies für den Kläger der Fall war, zeigt bereits der Inhalt der an den Beklagten gerichteten E-Mail vom 26.03.2007, auf die am Folgetag ein Telefonat erfolgte.
21

2)

Soweit das Landgericht eine schuldhafte Verletzung der aus dem Beratervertrag folgenden Pflicht zur anlegergerechten Beratung bereits mit der Begründung bejaht hat, der Beklagte habe eine Anlage in einen geschlossenen Schiffsfonds der Risikoklasse 5 empfohlen, obwohl der Kläger eine sichere Anlage gewollt habe, tragen diese Ausführungen nicht. Zwar beinhaltet die Verpflichtung zu anlegergerechter Beratung, das Anlageziel des Kunden mit Blick auf sichere Geldanlagen oder die Bereitschaft zur Übernahme von Risiken und einschlägiges Fachwissen abzuklären, wobei eine Aufklärungspflicht auch besteht, wenn der konkrete Auftrag vom Anlageziel des Kunden oder seinem bisherigen Risikoprofil abweicht (BGH, Urt. v. 13.07.2004, Az. XI ZR 178/03, juris Rz. 23). Soweit das Landgericht aber davon ausgegangen ist, dass der Kläger bei den bisher getätigten Anlagen stets gewünscht habe, dass diese sicher seien, und dies im unstreitigen Teil des Tatbestandes auch aufgeführt hat, ist dies unzutreffend. Zwar hat das Landgericht den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten vom 25.03.2014 mit Beschluss vom 31.03.2014 zurückgewiesen. Diese Zurückweisung erfolgte jedoch zu Unrecht, da der Beklagte in ausreichender Weise erstinstanzlich bestritten hat, dass der Kläger in den Jahren vor Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage bei seinen Anlageentscheidungen stets auf Sicherheit der Anlage bedacht gewesen sei. Bereits die Art der vom Kläger zuvor getätigten Kapitalanlagen – so bereits die Zeichnung eines anderen Schiffsfonds im Jahr 1999 – spricht im Übrigen dagegen. Auch bei seiner informatorischen Anhörung im Termin vom 24.01.2014 hat der Kläger eine solche Aussage nicht gemacht. Insofern ist ein Verstoß des Beklagten gegen die Verpflichtung zu anlegergerechter Beratung im Hinblick auf das allgemeine Anlageprofil des Kunden nicht nachgewiesen.
22

3)

Allerdings hat der Beklagte seine vertragliche Aufklärungspflicht dadurch verletzt, dass er den Kläger als Anlageinteressenten hinsichtlich der in der E-Mail vom 26.03.2007 nachgefragten Risiken nicht ausreichend aufgeklärt bzw. diese nicht ausreichend erläutert hat.
23

a)

Seitens des Beklagten war dem Kläger gegenüber eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände geschuldet, die für dessen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren (BGH, Urt. v. 01.12.2011, Az. III ZR 56/11, juris Rz. 9).
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Diese Verpflichtung besteht im Rahmen des Anlageberatungsvertrages ebenso wie bei Vorliegen eines bloßen Anlagevermittlungsvertrages in Form eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrages (Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 280 Rz. 52). Insofern ist die Abgrenzung zwischen beiden Vertragstypen und rechtliche Einordnung des geschlossenen Vertrages vorliegend nicht streitentscheidend.
25

Der Kläger hat nach der erfolgten Übersendung des Prospekts in der an den Beklagten gerichteten E-Mail vom 26.03.2007 Nachfragen bzw. Bedenken bezüglich der vorgeschlagenen Beteiligung an dem streitgegenständlichen Schiffsfonds geäußert. Ob der Kläger solche Bedenken auch bereits vor Übersendung des Verkaufsprospekts geäußert hat, wie das Landgericht im unstreitigen Teil seines Tatbestandes aufführt, kann dahinstehen. Insofern kommt es auch nicht auf den diesbezüglich von Beklagtenseite gestellten Tatbestandsberichtigungsantrag und dessen Zurückweisung durch das Landgericht an. Denn es ist zwischen den Parteien zumindest unstreitig, dass der Kläger die E-Mail vom 26.03.2007 an den Beklagten geschrieben hat und daraufhin noch ein Telefonat zwischen den Parteien geführt wurde; beides geschah vor Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage.
26

Zwar kann es als Mittel der Aufklärung ausreichen, den Verkaufsprospekt auszuhändigen, wenn dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die notwendigen Informationen verständlich und wahrheitsgemäß zu vermitteln, und dies so rechtzeitig erfolgt, dass die Inhalte des Prospekts von dem Anleger noch zur Kenntnis genommen werden können (BGH, Urt. v. 05.03.2009, Az. III ZR 17/08, juris Rz. 12).
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Vorliegend hat aber nicht allein die Übersendung des Prospekts zu der Anlageentscheidung des Klägers geführt. Vielmehr hatte der Kläger gerade nach Erhalt des Prospekts weitere Nachfragen an den Beklagten im Hinblick auf die Geeignetheit der Anlage und die Risikoausrichtung, die er in der E-Mail vom 26.03.2007 an den Beklagten artikuliert hat. Bei dem auf diese E-Mail folgenden Telefonat zwischen den Parteien hat sich der Beklagte auch nicht darauf beschränkt, auf den Inhalt des Prospekts zu verweisen, sondern den Kläger gerade im Hinblick auf das dort aufgeführte Totalverlustrisiko beruhigt und dieses damit in schuldhafter Weise und kausal für die Anlageentscheidung des Klägers verharmlost.
28

Dies hat das Landgericht aufgrund der Parteianhörung fehlerfrei festgestellt.
29

aa)

Das Landgericht hat den Sachvortrag der Parteien zulässig und im Ergebnis überzeugend im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Erkenntnisquelle genutzt. Ruh In diesem Rahmen sind die nach § 141 ZPO erfolgten Anhörungen der Parteien verwertbar (Zöller-Greger, ZPO, 30.A. § 286 Rz. 14).
30

Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts ist als solche nicht zu beanstanden, sodass das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, da die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind.
31

Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung rügt, das Landgericht habe die informatorische Anhörung der Parteien falsch gewürdigt, insbesondere sei kein Beweis erhoben worden und die seitens des Landgerichts nur informatorisch erfolgte Anhörung des Klägers nicht aussagekräftig, ist dies unzutreffend.
32

Vorliegend war keine Konstellation gegeben, in der zwingend eine Parteivernehmung der Parteien seitens des Landgerichts hätte erfolgen müssen. Insbesondere ging es nicht um die Aufklärung eines Vieraugengesprächs, bei dem aufgrund der prozessualen Konstellation ein Gesprächsteilnehmer Partei, ein anderer Zeuge war und erst nach dem Gebot der prozessualen Waffengleichheit die Aussagen grundsätzlich gleichwertig zu würdigen gewesen wären. Zudem kann dem Gebot der prozessualen Waffengleichheit auch dann genügt werden, wenn in der geschilderten Konstellation lediglich eine persönliche Anhörung der Partei nach § 141 ZPO erfolgt (BGH, Urt. v. 16.07.1998, Az. I ZR 32/96, juris Leitsatz 4). Insofern war es seitens des Landgerichts ausreichend, die Parteien im Termin vom 14.01.2014 zur Aufklärung des Sachverhalts jeweils persönlich zu hören. Die Erklärungen der Parteien gehören als zulässige Erkenntnisquelle der Beweiswürdigung zum Inhalt der Verhandlung im Sinne des § 286 ZPO (Zöller-Greger, ZPO, 30.A., § 141 Rz. 1, § 286 Rz. 14).
33

bb)

Das Landgericht hat sich in seinen Entscheidungsgründen in nicht zu beanstandender und damit für den Senat bindender Weise auf die nachvollziehbaren Angaben des Klägers gestützt.
34

Der Kläger hat bei seiner Anhörung angegeben, der Beklagte habe auf die Nachfrage nach einem Totalverlustrisiko versichert, dass eigentlich nichts passieren könne. Er könne sich bei dem Schiff nicht vorstellen, dass der Ernstfall eintrete, sonst würde er die Anlage nicht empfehlen. Zwar konnte der Kläger den genauen Wortlaut des Telefonats diesbezüglich nicht mehr wiedergeben, darauf kommt es aber nicht an. Denn der Kläger hat nachdrücklich geschildert, er sei nach dem Gespräch aufgrund der Aussagen des Beklagten absolut beruhigt gewesen und hätte ansonsten die Anlage nicht gezeichnet. Er habe dem Beklagten gegenüber immer wieder betont, dass ihm die Sicherheit der Anlage in seiner persönlichen Situation wichtig sei.
35

Der Beklagte hingegen hat bei seiner Anhörung nur wenig präzise Angaben zu dem mit dem Kläger geführten Telefonat nach Erhalt der E-Mail vom 26.03.2007 gemacht und damit letztlich keine belastbaren Ausführungen zu den Inhalten dieses Telefonats gemacht. Er hat lediglich angegeben, in dem Prospekt seien Chancen und Risiken klar aufgeführt, er habe dem Kläger gegenüber Risiken und wirtschaftliche Gesichtspunkte erläutert. Auch einen Bezug des Telefonats zu den vom Kläger in der E-Mail vom 26.03.2007 nachgefragten konkreten Risiken hat der Beklagte nicht dargelegt. Er hat vielmehr keinerlei Details einer solchen dem Kläger gegenüber erfolgten inhaltlichen Erläuterung anzugeben vermocht, sondern letztlich zum konkreten Inhalt des mit dem Kläger geführten und für die Anlageentscheidung des Klägers ausschlaggebenden Telefonats keine belastbaren Angaben gemacht.
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Auch der Beklagte hat bei seiner Anhörung aber bekundet, dass der Kläger in dem Telefonat mit ihm seine Angst vor den Risiken artikuliert habe. Wie der Beklagte in seiner Funktion für den Kläger mit dieser Angst des Klägers im Telefonat umgegangen ist, hat er wiederum nicht dargelegt.
37

Insofern steht fest, dass es im Rahmen des zwischen den Parteien geführten Telefonats seitens des Beklagten nicht bei einem bloßen Verweis auf die im Prospekt beschriebenen Risiken verblieben ist. Vielmehr hat der Kläger seine Anlageentscheidung gerade aufgrund des ihn in Bezug auf die schriftlich dargelegten Risiken beruhigenden Telefonats getroffen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass die im Telefongespräch erfolgten Angaben des Beklagten zur Aufklärung über die bestehenden Risiken – gerade aufgrund der Nachfragen des Klägers zu dem ihm übermittelten Prospekt – nicht ausgereicht haben. Vielmehr haben die Angaben des Beklagten in dem von den Parteien geschilderten Kontext die im Prospekt enthaltenen Informationen zum Totalverlustrisiko gerade verharmlost, was zur Bejahung der Pflichtverletzung des Beklagten führt.
38

b)

Der Aufklärungsmangel begründet bereits die Vermutung, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung von dem Geschäft abgesehen hätte und der Schaden nicht eingetreten wäre (Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 280 Rz. 39, 54 b). Zudem hat der Kläger bei seiner Anhörung im Termin vom 14.01.2014 auch ausdrücklich und nachvollziehbar bekundet, dass er die Anlage bei einer Inaussichtstellung des Totalverlustrisikos durch den Beklagten nicht gezeichnet hätte.
39

c)

Ein Mitverschulden des Klägers besteht nicht. Ein solches ist in der Regel bei Auskunftserteilung ausgeschlossen, da ein Vertragspartner, der eine unrichtige Auskunft erteilt, dem anderen Teil nicht entgegenhalten kann, dass dieser auf die Auskunft vertraut hat. Ein Mitverschulden kann ausnahmsweise nur dann vorliegen, wenn nach den Umständen des Falles konkreter Anlass zu Misstrauen bestand oder wenn der Anleger die Anlage anhand des vorgelegten Prospekts nicht auf Schlüssigkeit überprüft hat (Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 254 Rz. 14, § 280 Rz. 52). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger stand zu dem Beklagten in einem seit Jahren gewachsenen Geschäfts- und Vertrauensverhältnis. Die Nachfrage des Klägers erfolgte erst nach Übersendung des Prospekts und war durch eine zumindest kursorische Lektüre des Prospekts gerade ausgelöst worden, was der Wortlaut der E-Mail vom 26.03.2007 des Klägers an den Beklagten belegt. Insofern hat der dem Kläger vorliegende Prospekt konkret zu Nachfragen bei dem Beklagten geführt. Diese Nachfragen des Klägers erfolgten gerade aufgrund der dem Beklagten zugeschriebenen Kompetenz und seiner zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren bestehenden Funktion für den Kläger. Wenn ein Anleger im Vertrauen auf die bestehende Kompetenz und vor dem Hintergrund eines Informationsgefälles eine Anlageentscheidung trifft, ist ihm nicht unter Verweis auf den Text des Prospekts ein Mitverschulden anzulasten, wenn es ihm – wie hier erfolgt – gerade auf die Erläuterungen des Beraters zu diesem Prospekt ankommt.
40

IV.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 522 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die Berufung des Beklagten sind gegeben. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Umfang und Schwierigkeit der Sache sowie ihrer Bedeutung für die Parteien nicht geboten.
41

Der Beklagte erhält nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme – ggf. zur Vermeidung weiterer Kosten auch zur Rücknahme der Berufung – binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

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