OLG Frankfurt am Main, 30.06.2014 – 12 U 55/14

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 30.06.2014 – 12 U 55/14
Tenor:

Der Antrag des Beklagten vom 17. Juni 2014 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 25. Februar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000,00 € festgesetzt.
Gründe

I.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25. Februar 2014 der Zahlungsklage über 25.000,00 € stattgegeben. Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 5. März 2014 zugestellte Urteil legte diese für den Beklagten rechtzeitig am 7. April 2014 Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014, der am selben Tag beim Oberlandesgericht Frankfurt einging, stellten sie den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat, dem antragsgemäß entsprochen wurde. Am Tag des Fristablaufs, dem 5. Juni 2014, ist per Telefax die Berufungsbegründung vom 3. Juni 2014 beim Berufungsgericht eingegangen; auf dem Schriftsatz hat die Unterschrift der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gefehlt. Am 6. Juni 2014 ist beim Berufungsgericht der Originalschriftsatz – ebenfalls ohne Unterschrift – nebst der mit Unterschrift versehenen beglaubigten Abschrift eingegangen.

Nach Hinweis des Gerichts auf die fehlende Unterschrift hat die Prozessbevollmächtigte des Beklagten per Fax am 18. Juni 2014 (erneut) eine diesmal unterschriebene Berufungsbegründung eingereicht und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht, sie habe die bereits unterschriebene Berufungsbegründung am 5. Juni 2014 an die Anwaltsgehilfin … mit der Anweisung übergeben, die Berufungsbegründungsschrift vorab per Fax zu übersenden, auszufertigen und nach Unterschrift der beglaubigten Abschrift in den Postlauf zu geben. Frau … habe vor der Versendung per Fax die Berufungsbegründung zunächst auf ihren Schreibtisch gelegt und dann versehentlich ein Glas Wasser über der unterschriebenen Berufungsbegründung verschüttet. Die Anwaltsgehilfin habe die Berufungsbegründungsschrift dann nochmals ausgedruckt und mit der beglaubigten Abschrift an die Beklagtenvertreterin in einer Unterschriftenmappe weitergeleitet, ohne diese über den Vorfall in Kenntnis zu setzen. Nach Rückgabe der Unterschriftenmappe habe die Anwaltsgehilfin die Berufungsbegründung gefaxt und den kompletten Schriftsatz zum Postausgang gegeben.

Die Beklagtenvertreterin trägt vor, dass sie davon ausgegangen sei, das Original bereits unterschrieben zu haben, weshalb sie nur die beglaubigten Abschriften unterzeichnet habe.

II.

1) Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, dass sie nicht innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist, § 520 Abs. 2 S. 1 und S. 3 ZPO. Die am 5. Juni 2014 beim Berufungsgericht per Fax eingegangene Berufungsbegründung konnte die Frist nicht wahren, weil sie nicht von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gemäß § 130 Nr. 6 ZPO unterzeichnet war. Die unterzeichnete beglaubigte Abschrift ist nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 6. Juni 2014 eingegangen und konnte schon deshalb die Frist nicht wahren.

2) Der Beklagte hat infolge eines ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschuldens seiner Prozessbevollmächtigten die Frist zur Begründung der Berufung versäumt.

Die Beklagtenvertreterin hatte der Mitarbeiterin zwar die konkrete Einzelanweisung erteilt, den unterzeichneten Schriftsatz per Fax an das Berufungsgericht zu übersenden. Diese Einzelanweisung hätte bei ihrer Befolgung die Fristwahrung gewährleistet. In der Regel ist der Prozessbevollmächtigte nicht verpflichtet, die Ausführung einer klaren Anweisung nachzuprüfen, wenn deren Erledigung keine besonderen Schwierigkeiten erkennen lässt. Dieser Grundsatz galt hier aufgrund der besonderen Umstände aber nicht. Für die Beklagtenvertreterin musste bereits auffällig sein, dass ihr mit der Unterschriftenmappe nicht nur die beglaubigte Abschrift zur Unterzeichnung vorgelegt worden ist, sondern erneut auch das Original der Berufungsbegründung, von der sie meinte, diese bereits unterschrieben zu haben. Dies allein hätte Anlass geboten, den Schriftsatz auf das Vorhandensein der notwendigen Unterschriften zu kontrollieren.

Dieser Umstand bot auch Anlass zu besonderer Aufmerksamkeit und Prüfung, ob die Anweisung ausgeführt worden war. Die Unterschriftenmappe enthielt keinen Nachweis, dass ihre Einzelanweisung bezogen auf die Vorabübersendung per Telefax auch ausgeführt wurde und damit die fristgebundene Eilsache erledigt war. Die Weisung, einen Schriftsatz sofort per Fax zu versenden, ersetzt nicht die regelmäßig gebotene allgemeine Anweisung, dass die Fristwahrung erst nach Ausdrucken des Sendeberichts vermerkt werden darf. Anlass für die Beklagtenvertreterin zu glauben, so ihr Vorbringen, dass die Berufungsbegründungsschrift bereits gefaxt worden war, bestand hier nicht. Zur Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze wie überhaupt zur Organisation der Fristenkontrolle und dem Führen des Fristenkalenders im Büro der Beklagtenvertreterin hat diese keine Angaben gemacht. Unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben sind bei Fehlen jedes Vortrags nicht anzunehmen.

3) Bei der eingeschalteten Mitarbeiterin handelte es sich schließlich auch nicht um die „normaler Weise“ für das Sekretariat der Beklagtenvertreterin zuständige Mitarbeiterin, sondern eine Mitarbeiterin die auf einer anderen Etage sitzend als Urlaubsvertretung eingesprungen war und die in ihrer Eidesstattlichen Versicherung „eine Vielzahl von Telefonaten und daraus resultierende Hektik“ angab. Auch diese besondere Situation der Urlaubsvertretung hätte nach den besonderen Umständen eine Prüfung nahegelegt, ob die Anweisung, für deren Ausführung es keine Anhaltspunkte gab, zuverlässig ausgeführt worden war.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwertfestsetzung liegt der Umfang der beabsichtigten Anfechtung zu Grunde.

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