OLG Frankfurt am Main, 25.06.2014 – 19 U 206/13

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 25.06.2014 – 19 U 206/13
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Oktober 2013 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

I.

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Die Parteien streiten um Auskunft über anlässlich einer Anlageberatung erzielte Provisionen. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 118 f. d.A.).
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (Bl. 116 – 121 d.A.).
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Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bei einem Beratungsvertrag, der als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter zu qualifizieren sei, zwar grundsätzlich ein Auskunftsanspruch nach § 666 BGB bestehe. Die Erforderlichkeit der Auskunft setze aber ein konkretes Auskunftsinteresse des Anspruchstellers voraus. Ein solches bestehe in Beratungsfällen für den Erhalt von Zuwendungen nur dann, wenn die Zuwendung solchen Charakter habe, dass ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB oder eine Herausgabepflicht nach § 667 BGB in Betracht komme. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall.
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Der Kläger hat gegen das ihm am 04.11.2013 zugestellte Urteil (Bl. 126 d.A.) am 27.11.2013 Berufung eingelegt (Bl. 131 d.A.) und dieses Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.02.2014 (Bl. 137 d.A.) am 04.02.2014 begründet (Bl. 139 ff. d.A.).
6

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Er macht zunächst geltend, dass ein Auskunftsanspruch nicht verlange, dass der Anleger den Sachverhalt so konkret vortrage, dass sich auf dieser Basis schon ohne weiteres ein Schadensersatzanspruch ergeben könne. Weiterhin macht die Berufung geltend, dass sie zum Bestehen eines Drei-Personen-Verhältnisses und damit einer konkret bestehenden Gefahr einer Interessenkollision vorgetragen habe. Weiterhin ist der Kläger der Ansicht, dass sich aus seinem Vortrag im Schriftsatz vom 27.05.2013 ergebe, dass bei dem streitgegenständlichen Fonds mehr als 27 % der Anlagesumme in Vertriebsprovisionen geflossen seien.
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Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.10.2013, Az.: 2/10 O 63/12, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte Zahlungen, insbesondere Provisionen oder Rückvergütungen, aus und im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung des Klägers vom 30.03.2007 zur A mbH & Co. KG erhalten hat, insbesondere durch den Fonds, Fondsinitiatoren oder sonstige an dem Geschäft Beteiligte.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
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Sie ist zudem der Ansicht, dass der Kläger fehlerhaft davon ausgehe, dass 27 % der Anlagesumme in Vertriebsprovisionen geflossen seien. Nach den Angaben im Emissionsprospekt betrage die Gesamtinvestition ca. 248 Mio. EUR, die in Höhe von ca. 160 Mio. EUR durch Eigenkapital und in Höhe von ca. 132 Mio. EUR durch Fremdkapital finanziert werden sollte. Für die Kosten der Kapitalbeschaffung seien knapp 25 Mio. EUR veranschlagt worden, mithin weniger als 10 % der Gesamtinvestition. Letztlich komme es jedoch auf diesen Aspekt nicht an, da nach Ansicht der Beklagten ein Ersatzanspruch, zu dessen Vorbereitung die Auskunftsklage dienen solle, jedenfalls verjährt sei. Denn nach seinem eigenen Vorbringen in der Replik vom 27.05.2013 habe der Kläger aus einem von ihm im Jahr 2009 gegen die Beklagte angestrengten Vorprozess im Zusammenhang mit dem Erwerb von Lehman-Zertifikaten positiv gewusst, dass die Beklagte für den Vertrieb von Anlageprodukten Provisionen und Rückvergütungen erhalte. Damit habe der Kläger bereits im Jahr 2009 alle anspruchsbegründenden Umstände sowie die Person des Schuldners gekannt. Verjährung sei damit Ende des Jahres 2012 eingetreten. Da die Erhebung einer isolierten Auskunftsklage nicht zu einer Hemmung des Leistungsanspruchs führe, sei ein etwaiger Schadensersatz- oder Herausgabeanspruch nicht mehr durchsetzbar. Deshalb sei die mit der vorliegenden Klage verlangte Auskunft auch nicht erforderlich. Zudem sei auch die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens im vorliegenden Fall nicht gegeben.

II.

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Die Berufung ist unbegründet. Auch der erkennende Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zusteht, wenn auch aus zum Teil anderen Erwägungen als das Landgericht.
12

1.

Bei einem orderbegleitenden Beratungsvertrag handelt es sich um einen unentgeltlichen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter im Sinne der §§ 611, 675, 662 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.04.2007, III ZR 75/06; Urt. v. 03.03.2011, III ZR 170/10, jeweils zitiert nach Juris), bei dem grundsätzlich die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach § 666 BGB Anwendung findet.
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Zwar setzt § 666 BGB seinem Wortlaut nach keinen Anspruch voraus, dessen Durchsetzung die begehrte Auskunft vorbereiten soll (Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 666 Rn. 3 m.w.N.). Jedoch ist der Auskunftsanspruch aus § 666 BGB lediglich eine aus dem Auftragsverhältnis folgende, unselbstständige Nebenpflicht, die grundsätzlich abhängig vom Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag ist, dessen Absicherung er dient und daher im Allgemeinen isoliert weder abgetreten noch gepfändet werden kann (vgl. BGHZ 107, 104 -111, Rn. 16).
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Mithin soll die Vorschrift des § 666 BGB bei einer am Normzweck orientierten Auslegung nur der Information des Auskunftsberechtigten über die Geschäfte, die der Auskunftspflichtige in seinem Interesse geführt hat, dienen. Deshalb ist trotz der Selbstständigkeit der Informationspflichten aus § 666 BGB anerkannt, dass sich Inhalt und Grenzen dieser Pflichten stets auf das konkrete Rechtsverhältnis zu beziehen und auf dieser Grundlage nach Treu und Glauben am Maßstab der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit zu orientieren haben (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 666 Rdnr. 1; OLG Frankfurt, Urt. v. 05.07.2013, 10 U 166/12, Rn. 27; Urt. v. 29.02.2012,19 U 188/11, Rn. 17, jeweils zitiert nach Juris).
15

Die Erfüllung der Informationspflichten aus § 666 BGB ist jedenfalls dann nicht „erforderlich“, wenn feststeht, dass der Gläubiger des Informationsanspruchs aufgrund der Informationen und Rechenschaftslegung keinesfalls etwas fordern könnte.
16

2.

Dies ist vorliegend der Fall. Ein Auskunftsanspruch des Klägers ist nicht gegeben, da ein Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Aufklärung über Rückvergütungen oder eine andere Form der Provision verjährt ist (§§ 280, 214 BGB).
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Zwar hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erst in der zweiten Instanz erhoben, aber dennoch ist kein Fall des § 531 Abs. 2 ZPO gegeben, da der Tatsachenvortrag, auf den die Einrede der Verjährung nunmehr gestützt wird, bereits erstinstanzlich von Seiten des Klägers vorgetragen worden ist.
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Entsprechend seinem Vortrag im Schriftsatz vom 27.05.2013 weiß der Kläger seit einem Rechtsstreit wegen der Zeichnung von Lehman-Zertifikaten im Jahre 2009, dass die Beklagte für den Vertrieb von Anlageprodukten Provisionen und Rückvergütungen erhält. Die erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist nötig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (st. Rspr. des BGH, Urt. v. 08.04.2014, XI ZR 341/12, Rn. 27, m.w.Nachw., zitiert nach Juris). Diese Kenntnis hatte der Kläger zum einen aufgrund des B-Prozesses, denn für eine erfolgversprechende Klage ist es nicht erforderlich gewesen, dass der Kläger die genaue Höhe einer möglichen Rückvergütung bzw. Provision kannte. Zum anderen trägt der Kläger selber vor, Kenntnis von einer Innenprovision aufgrund des Prospektes erlangt zu haben.
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Mithin begann die für einen Schadensersatz- oder Herausgabeanspruch maßgebliche Regelverjährungsfrist des § 195 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB), also mit Abschluss des Jahres 2009, zu laufen. Daher ist mit Ablauf des Jahres 2012 für einen Schadensersatz- oder Herausgabeanspruch wegen Verschweigens von Rückvergütungen oder Provisionen Verjährung eingetreten.
20

Die Verjährung ist auch nicht durch die vorliegend geltend gemachte Auskunftsklage unterbrochen worden. Zwar hemmt die als Stufenklage erhobene Leistungsklage die Verjährung, selbst wenn zunächst nur der Auskunftsanspruch gestellt ist; anders ist dies jedoch bei der bloßen Auskunftsklage – wie hier vorliegend – die für den Leistungsanspruch keine Hemmung bewirkt, selbst wenn in ihr die Erhebung der Leistungsklage angekündigt wird (Palandt/Ellenberger,a.a.O., § 204 Rn. 2).
21

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
22

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
23

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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