OLG Frankfurt am Main, 19.03.2014 – 15 U 267/11

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.03.2014 – 15 U 267/11
Tenor:

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 23.11.2011 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, und gibt der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme (oder zu einer etwaigen Rücknahme der Berufung) bis einschließlich 17.4.2014.
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen der angeblichen Verletzung anwaltlicher Pflichten bei der Vertretung der Klägerin in einem von ihr ohne Erfolg betriebenen Prozess gegen den A-Kreis vor dem Landgericht O1 (Az.: X). In diesem Prozess hat die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgelds verlangt mit der Begründung, sei leide an einer endogen allergischen Alveolitis (sog. „Vogelzüchterlunge“) und dadurch verursachten Folgeerkrankungen, weil Behörden des beklagten Kreises trotz Aufforderung pflichtwidrig nicht oder nur ungenügend gegen eine auf dem Grundstück ihrer Nachbarn betriebene Vogelzucht eingeschritten seien; die Klägerin hat deswegen außerdem die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht des A-Kreises begehrt.

Jahre vorher hatte die Klägerin zunächst die Grundstücksnachbarn mit einer beim Landgericht O1 (Az.: W) erhobenen Klage, die in allen Instanzen erfolglos blieb (zuletzt Beschluss des Bundesgerichtshofs [BGH] vom ….1999, …), wegen des durch deren Zuchtvögel verursachten Gesundheitsschadens in Anspruch genommen. Mit einem im Juli 2005 angebrachten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) leitete sie dann das genannte Verfahren gegen den A-Kreis ein. Nach der Ablehnung der beantragten PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage und nach mehreren Anwaltswechseln suchte die Klägerin erstmals am 27.2.2007 die Beklagte auf, die darauf vorübergehend die Vertretung der Klägerin übernahm, bis sie dem Landgericht O1 am 23.7.2007 mitteilte, dass das Mandatsverhältnis nicht mehr bestehe. Nachdem die Klägerin im Juni 2007 die angeforderten Gerichtskosten eingezahlt hatte, wurde die Klage gegen den A-Kreis im weiteren Verlauf als unbegründet abgewiesen (Urteil des Landgerichts O1 vom ….2008; Beschluss des Oberlandesgerichts O3 vom ….2009 [….]; Bl. 368 ff. Bd. II und Bl. 467 ff. Bd. III der Beiakte Az.: X LG O1).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte für den Misserfolg jener Klage verantwortlich sei. Die damit verfolgten Ansprüche gegen den A-Kreis seien erst mit Ablauf des 31.3.2007 verjährt, und die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, dies zu verhindern. Auch habe die Beklagte die Klägerin vor der Klageerhebung nicht auf die eingetretene Verjährung hingewiesen. Die Beklagte ist der Klage und den damit erhobenen Vorwürfen entgegengetreten.

Im ersten Rechtszug hat die Klägerin zuletzt beantragt, ein am 21.9.2011 gegen sie ergangenes Versäumnisurteils aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 3.381,86 € an Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den A-Kreis, 5.000 € wegen eines ihr entgangenen Schmerzensgelds des A-Kreises und vorgerichtliche Anwaltskosten von 718,40 € zu ersetzen (jeweils nebst Zinsen). Die Beklagte hat beantragt, das die Klage abweisende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 131 ff. Bd. I d.A.), auf das Bezug genommen wird, soweit sich aus diesem Beschluss nichts anderes oder zusätzliches ergibt, hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 21.9.2011 aufrechterhalten. Die Klage sei unbegründet, weil die Beklagte weder pflichtwidrig die rechtzeitige Geltendmachung unverjährter Ansprüche der Klägerin versäumt noch pflichtwidrig bereits verjährte Ansprüche der Klägerin geltend gemacht habe.

Gegen diese ihr am 9.1.2012 in vollständig abgefasster Form zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die sie bereits am 23.12.2011 eingelegt und am 28.2.2012 begründet hat. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin das Klagebegehren mit der Maßgabe weiter, dass sie im Hinblick auf das entgangene Schmerzensgeld nunmehr eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung verlangt; dabei geht sie davon aus, dass ihr gegenüber dem A-Kreis ein Schmerzensgeld von mindestens 100.000 € zugestanden hätte (Berufungsbegründung vom 28.2.2012, Bl. 212 ff. Bd. I d.A.). Die Beklagte erstrebt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil (Berufungserwiderung vom 29.8.2012, Bl. 257 ff. Bd. I d.A.).

II.

Der Senat sieht sich zu einer Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss veranlasst, weil er davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine über den Einzelfall hinausreichende grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nach den Umständen des Falles nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Erfolgversprechende Berufungsgründe in diesem Sinne sind aber nicht dargetan.

Soweit sich das Landgericht davon überzeugt hat, dass die Voraussetzungen für die Verjährung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen den A-Kreis bereits vor der Einleitung des diesbezüglich seit Juli 2005 beim Landgericht O1 (Az.: X) betriebenen PKH-Verfahrens erfüllt waren, lässt das weder eine Verletzung materiellen Rechts (§ 852 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung [a.F.]) noch einen verfahrensrechtlichen Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO erkennen. Das vom Landgericht gefundene Ergebnis, die erst Ende Februar 2007 von der Klägerin aufgesuchte Beklagte sei für die Verjährung eines Anspruchs gegen den A-Kreis nicht verantwortlich, beruht deshalb nicht auf einer Rechtsverletzung, und es ist auch nicht ersichtlich, dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Berufungsangriffe rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Es liegt zunächst neben der Sache, wenn die Klägerin mit der Berufungsbegründung geltend macht, das Oberlandesgericht Frankfurt habe 2009 „eindeutig festgestellt“, dass Ansprüche gegen den A-Kreis (erst) mit Ablauf des 31.3.2007 aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten verjährt seien. Denn in dem die Berufung der Klägerin gegen den A-Kreis zurückweisenden Beschluss vom ….2009 (…; Bl. 467 ff. Bd. III der Beiakte LG O1 Az.: X) ist objektiv nur zum Ausdruck gebracht worden, dass Verjährung jedenfalls (d.h. spätestens) mit Ablauf des 31.3.2007 eingetreten sei, sodass offen bleiben könne, ob die Berufung auch aus anderen Gründen keinen Erfolg haben könne. Das ist im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Hinweisbeschluss vom 2009 (Bl. 432 ff a.a.O.) zu sehen, in dem die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung in erster Linie damit begründet worden war, es spreche viel dafür, dass die Klägerin schon seit 1997/1998 über eine für eine Rechtsverfolgung ausreichende Kenntnis der Krankheitsursache verfügt habe. Ferner waren im Hinweisbeschluss vom ….2009 durch Bezugnahme auf die Gründe zu 1. bis 4. des im PKH-Beschwerdeverfahren ergangenen Beschlusses vom ….2006 (…; Bl. 135 ff. Bd. I der Beiakte LG O1 Az.: X) die Erwägungen dazu wiederholt worden, dass der geltend gemachte Gesundheitsschaden außerhalb des Schutzbereichs einer etwa verletzten Amtspflicht liege bzw. kein Verschulden von Bediensteten des Landkreises feststellbar sei. Davon unabhängig hat schon das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Entscheidung im Vorprozess gegen den A-Kreis keine Bindungswirkung zu Lasten der Beklagten entfalten kann. Das folgt allein schon aus § 325 Abs. 1 ZPO.

Auch soweit die Klägerin mit der Berufung unverändert geltend macht, sie habe erst im Jahr 2002 endgültige Gewissheit über die Diagnose einer endogen allergischen Alveolitis erlangt, sodass die Verjährung eines Anspruchs gegen den A-Kreis vorher nicht habe beginnen können, führt das nicht zur Erfolgsaussicht des Rechtsmittels. Denn der Senat ist nach zusammenfassender Würdigung des vorliegenden Tatsachenstoffs ohne vernünftigen Zweifel überzeugt (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass die Klägerin schon seit 1999, als ihre Klage gegen ihre Nachbarn auch vor dem Bundesgerichtshof gescheitert war (Beschluss vom ….1999, …) und damit das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit feststand (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB; zur Bedeutung dieser Vorschrift für den Beginn der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs vgl. BGHZ 121, 65 [Rn. 17 in juris]), alle tatsächlichen Umstände kannte, auf die es für eine zumutbare Rechtsverfolgung gegenüber dem A-Kreis ankam. Das Landgericht hat deshalb zu Recht entschieden, dass die Verjährung eines etwaigen Amtshaftungsanspruchs schon bei der Einleitung des Rechtsstreits gegen den A-Kreis mit PKH-Antrag vom 8.7.2005 (LG O1 Az.: X) eingetreten war und daher nicht auf eine angebliche Pflichtverletzung der erst 2007 mit der Vertretung der Klägerin beauftragten Beklagten zurückgeführt werden kann.

Ansprüche auf Ersatz von aus unerlaubten Handlungen entstandenen Schäden verjährten nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. (soweit hier von Bedeutung) in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Insoweit steht hier zunächst zweifelsfrei fest, dass die Klägerin bereits lange vor dem endgültigen Scheitern ihrer Klage gegen die Nachbarn im Jahr 1999 über alle Verhaltensweisen von Bediensteten des A-Kreises informiert war, die sie diesem später in dem gegen ihn gerichteten Verfahren als haftungsbegründende Amtspflichtverletzungen vorgeworfen hat. Sie wusste insbesondere, dass ihre zahlreichen Eingaben, mit denen sie seit dem Ende der 1980’er Jahre von den Behörden ein Unterbinden der Vogelzucht ihrer Nachbarn verlangt hatte, zunächst nicht den gewünschten Erfolg hatten und dass der A-Kreis aus dem vor dem Verwaltungsgericht O4 (…) am ….1989 geschlossenen Vergleich über die Einstellung der Vogelzucht (Bl. 24 f. Bd. I der Beiakte LG O1 Az.: X) nicht alsbald nach Ablauf der den Nachbarn eingeräumten Frist vorgegangen war. Zur zeitlich letzten Amtspflichtverletzung ist es nach dem Vorbringen der Klägerin im Jahr 1996 gekommen, als beim Abriss der Vogelvoliere von ihr vorher geforderte besondere hygienische Vorsichtsmaßnahmen nicht eingehalten wurden. Auch das war der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Prozess gegen den A-Kreis schon vor der rechtskräftigen Abweisung ihrer Klage gegen die Nachbarn im Jahr 1999 bekannt.

Darüber hinaus steht für den Senat aber auch ohne vernünftigen Zweifel fest, dass die Klägerin schon vor 1999 eine für den Verjährungsbeginn ausreichende Kenntnis von Tatsachen hatte, aus denen sich die von ihr geltend gemachte Ursächlichkeit des Betriebs der Vogelzuchtanlage für ihre Lungenkrankheit und damit für den von ihr erlittenen Schaden ergab.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., auf die auch bei der Anwendung der seit 1.1.2002 geltenden Regelung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB weitgehend zurückgegriffen werden kann (vgl. etwa BGH NJW-RR 2008, 1495 [BGH 27.05.2008 – XI ZR 132/07] m.w.N. [Rn. 32 in juris]), stets unterschieden hat zwischen der Kenntnis des Schadens und der Kenntnis des Schadensumfangs. Der „Schaden“ im Sinne von § 852 Abs. 1 BGB a.F. wurde dabei, soweit es wie hier um die Folgen einer bestimmten Rechtsgutsverletzung geht, als sog. Schadenseinheit verstanden. Das bedeutet, dass die von § 852 Abs. 1 BGB a.F. für den Verjährungsbeginn vorausgesetzte Kenntnis des Schadens nicht etwa eine genaue Kenntnis des Geschädigten von Schadensumfang und/oder Schadenshöhe erfordert. Für den Verjährungsbeginn genügt vielmehr, wenn der Geschädigte davon Kenntnis erlangt hat, dass eine unerlaubte Handlung überhaupt zu einem Schaden geführt hat, ohne dass dieser Schaden schon in seinen einzelnen Elementen und Ausprägungen überschaubar sein müsste. Um die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen, genügt mit anderen Worten bereits die allgemeine Kenntnis von dem Schaden; wer sie erlangt hat, dem gelten auch solche Folgezustände als bekannt, die im Zeitpunkt der Erlangung jener Kenntnis überhaupt nur als möglich voraussehbar waren (vgl. zu allem: BGH NJW 1997, 2448 [BGH 03.06.1997 – VI ZR 71/97] [Rn. 12 in juris]).

Nach diesen Grundsätzen, von denen abzuweichen der Senat keinen Anlass hat, kommt es nicht entscheidend darauf an, wann der Klägerin einzelne Folgewirkungen bzw. -erkrankungen der durch Vogelallergene verursachten Lungenkrankheit bekannt geworden sind. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche, aber auch ausreichende Kenntnis von dem infolge der Vogelzucht auf dem Nachbargrundstück erlittenen Gesundheitsschaden hatte die Klägerin vielmehr schon, als ihr bekannt war, dass sie überhaupt an einer Lungenkrankheit leidet, die ursächlich auf die von den Nachbarn gehaltenen Vögel zurückzuführen ist. Zu berücksichtigen ist weiter, dass es für den Verjährungsbeginn nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig allein auf die Kenntnis von Tatsachen ankommt, welche die Tatbestandsvoraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen, nicht dagegen darüber hinaus auch darauf, ob der Gläubiger aus diesen Tatsachen zutreffende rechtliche Schlüsse zieht (vgl. BGH NJW 2008, 2427 [BGH 08.05.2008 – VII ZR 106/07] m.w.N. [Rn. 12 in juris]; BGH NJW-RR 2008, 1495 [BGH 27.05.2008 – XI ZR 132/07] m.w.N. [Rn. 32 in juris]). Dabei muss nicht einmal die Tatsachenkenntnis so weit gehen, dass der Geschädigte bereits alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben (BGH NJW-RR 2008, 1495 [BGH 27.05.2008 – XI ZR 132/07] m.w.N. [a.a.O.]). Der Verjährungsbeginn setzt schließlich nicht voraus, dass der Geschädigte bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können; es genügt vielmehr, wenn es dem Geschädigten möglich ist, wenigstens eine Feststellungsklage zu erheben, die zwar Erfolg verspricht, aber auch Risiken birgt (BGH a.a.O., m.w.N.).

Danach ist auch nicht entscheidend, ob die Klägerin nach ihren Vorstellungen erst seit einer 2002 durchgeführten weiteren Diagnostik über einen endgültigen und absolut sicheren Nachweis für eine endogen allergische Alveolitis verfügt. Vielmehr ist wesentlich, dass die Klägerin nach Überzeugung des Senats im Hinblick auf ihre Lungenerkrankung und deren Ursache schon Jahre vorher jedenfalls so viele tatsächliche Umstände kannte, dass ihr eine zumindest Erfolg versprechende, wenn auch nicht risikofreie Rechtverfolgung möglich war.

Dabei kann offen bleiben, ob schon der subjektiven Überzeugung der Klägerin von der Ursächlichkeit der Vogelhaltung auf dem Nachbargrundstück für ihre Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sie gerade dazu veranlasste, bereits seit dem Ende der 1980’er Jahre bei den Behörden wiederholt und massiv zu intervenieren, entscheidende Bedeutung zukommt. Denn auf eine ausreichende Tatsachenkenntnis im genannten Sinne weist jedenfalls spätestens der Umstand hin, dass die Klägerin seit 1996 einen Prozess gegen die Grundstücksnachbarn betrieben hat, mit dem sie von diesen eben wegen einer Gesundheitsschädigung infolge der Vogelzucht Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangte (LG O1 Az.: Az.: W). Da die Klägerin in diesem Prozess anwaltlich vertreten war und keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen des Prozessbevollmächtigten dargetan oder ersichtlich sind, kann davon ausgegangen werden, dass der damalige Anwalt der Klägerin die ihm von dieser mitgeteilten Tatsachen nach pflichtgemäßer Prüfung für ausreichend hielt, um eine zumindest Erfolg versprechende Klage zu erheben.

Dem lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin der für sie nachteilige Ausgang jenes Rechtsstreits im hier entscheidenden Punkt nicht entgegen halten. Denn wie die Klägerin in dem Verfahren gegen den A-Kreis mit der Beschwerdeschrift ihres damaligen Bevollmächtigten vom 17.10.2005 (Bl. 62 ff. Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1) noch selbst zutreffend hat vortragen lassen, beruhte die Abweisung ihrer Klage gegen die Nachbarn nicht etwa tragend darauf, dass die Verursachung des Gesundheitsschadens durch die Vogelzucht nicht nachweisbar sei. Vielmehr ist der gegen die Nachbarn betriebene Rechtsstreit erfolglos geblieben, weil das Landgericht O1 mit seinem – bis zum Bundesgerichtshof vergeblich angegriffenen – Urteil vom ….1997 (Az.: W) zu dem Ergebnis gekommen war, dass etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Nachbarn verjährt seien, weil die Klage gegen diese nicht rechtzeitig erhoben worden sei.

Die dagegen gerichtete Berufung hat die Klägerin – wie bereits vom Landgericht O1 in seinem Beschluss vom ….2006 und in seinem Urteil vom ….2008 (jeweils Az.: X, dort Bl. 107 ff. Bd. I und Bl. 368 ff. Bd. II) näher ausgeführt – u.a. damit begründet, dass die „extremen Folgen der endogenallergischen Alveolitis erst im Jahre 1997/1998 festgestellt“ worden seien. Das ist aber ein starkes Indiz dafür, dass die Klägerin jedenfalls seit 1998 (auf weiter zurückliegende Zeiträume kommt es im vorliegenden Fall nicht entscheidend an) eine für eine zumutbare Rechtsverfolgung ausreichende Tatsachenkenntnis von ihrem Gesundheitsschaden und seiner Ursache hatte.

Die Klägerin hat im Übrigen im Verfahren gegen den A-Kreis selbst wiederholt – zuletzt mit der am 3.12.2009 angebrachten Gehörsrüge gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss vom ….2009 (…) – die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass der Vortrag zu ihrer durch die Zuchtvögel ausgelösten Erkrankung schon im Vorprozess gegen die Nachbarn hätte bewiesen werden können, falls das dazu als Beweismittel angebotene medizinische Sachverständigengutachten eingeholt worden wäre (Bl. 495 ff. Bd. III der Beiakte Az.: X LG O1). Demnach geht auch die Klägerin davon aus, dass bereits damals eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung möglich war, was ihren Gesundheitsschaden und seine Ursache angeht. Insoweit ist unerheblich, dass das Landgericht O1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen hat. Denn das war nach seinem Standpunkt, dass etwaige Ansprüche gegen die Nachbarn jedenfalls schon verjährt seien, nur konsequent, weil es demnach für die Entscheidung nicht darauf ankam, ob der von der Klägerin vorgebrachte haftungsbegründende Sachverhalt wirklich zutraf. Für das damals nachfolgende Berufungsverfahren gilt nichts anderes.

Dass die Klägerin schon während des Vorprozesses gegen ihre Nachbarn eine für eine Rechtsverfolgung ausreichende Tatsachenkenntnis von ihrem Gesundheitsschaden und seiner Ursache hatte, wird durch weitere gewichtige Anhaltspunkte überzeugend untermauert. So ist es der Klägerin nach dem von ihr im Verfahren gegen den A-Kreis als Beweismittel vorgelegten Abhilfebescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales O4 vom Juni 1998 (Tagesdatum auf der Kopie nicht lesbar; Bl. 41 Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1) gelungen, mit einem von ihr eingelegten Widerspruch vom 17.6.1997 die Anerkennung eines GdB von 80 v.H. zu erreichen. Dabei wurden nach der Begründung des Abhilfebescheids an gesundheitlichen Beeinträchtigungen in erster Linie berücksichtigt „Allergische Lungenerkrankung, Lungenfunktionsstörung, Lungenemphysem, Rückwirkungen auf das Herz“ (a.a.O.). Da es sich beim Versorgungsamt um eine Behörde handelt, die den für die zu treffende Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu prüfen hat, lässt dieser Abhilfebescheid den ausreichend sicheren Schluss zu, dass schon damals aussagekräftige medizinische Befunde, insbesondere zu der allergisch bedingten Grunderkrankung der Lunge, Vorgelegen haben müssen. Gegenteilige Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht dargetan. Sie hat sich im Gegenteil zu den dem Versorgungsamt seinerzeit zugänglichen Befunden in Schweigen gehüllt, obwohl der genannte Abhilfebescheid schon wiederholt thematisiert worden ist.

Die Indizwirkung dieses Abhilfebescheids wird weiter verstärkt durch den ebenfalls von der Klägerin selbst in das Verfahren gegen den A-Kreis eingeführten Arztbericht des Fachbereichs Humanmedizin des C-Krankenhauses O3 vom 17.6.1997 mit (u.a.) der Diagnose „Exogen allergische Alveolitis“ und der Anamneseangabe, dass die Klägerin deswegen schon seit sechs Monaten das verschreibungspflichtige Medikament Urbason einnehme (Bl. 26 Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1). Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen in der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin und ihrer Tochter an den A-Kreis vom 30.7.2003 (Bl. 43 ff. Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1). Darin hieß es u.a., mit dem eben erwähnten Arztbericht vom 17.6.1997 sowie einem (in den hier interessierenden Gerichtsverfahren von der Klägerin nicht vorgelegten) Befundbericht eines B vom 17.10.1997 sei der Beweis für die Erkrankung der Klägerin an exogen allergischer Alveolitis durch die Vogelzuchtanlage erbracht, da entsprechende Lungenfunktionsbefunde gesichert worden seien; schon 1993 und 1996 erhobene Befunde hätten „gesicherte Beweise“ für diese Erkrankung erbracht, wovon die Klägerin wegen Versäumnissen von Ärzten allerdings „erst im Laufe des Jahres 1997“ Kenntnis erlangt habe.

Weiter wurde in dem Schriftsatz des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin und ihrer Tochter an den A-Kreis vom 30.7.2003 (a.a.O.) dargetan, dass es über ärztliche Befunde hinaus seit längerer Zeit auch andere objektivierbare Anhaltspunkte für den Ursachenzusammenhang zwischen der Vogelzucht und den Gesundheitsbeeinträchtigungen gegeben habe. So wurde berichtet, dass die Beschwerden zur Winterzeit, wenn Garten und Balkon nicht für Aufenthalte im Freien genutzt wurden, zurückgegangen seien und dass sich ein akuter Erkrankungszustand der Klägerin und ihrer Tochter, der sich Anfang März 1993 eingestellt habe, seit die Vögel wieder in der offenen Voliere gehalten worden seien, nach dem fluchtartigen Umzug in eine Zweitwohnung innerhalb weniger Tage gebessert habe. Auch solche Indiztatsachen hätten bei der Prozessführung verwertet werden können. Dass sie erstmals ab Frühjahr 1993 und erneut ab 1.3.1994 gezwungen gewesen sei, sich zum Zweck einer Allergenkarenz auswärts einzumieten, macht die Klägerin im Übrigen auch in dem beim Senat anhängigen Parallelverfahren … geltend (Klageschrift vom 18.6.2013 zum Az.: V LG O3; Bl. 143 f. Bd. I jener Akte).

Das Schreiben des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin und ihrer Tochter an den A-Kreis vom 30.7.2003 ist schließlich deshalb bemerkenswert, weil dort nur im Hinblick auf das Ausmaß kardiologischer Folgeerkrankungen der Lungenkrankheit geltend gemacht wurde, dass die Klägerin davon erst Anfang 2003 „umfassende Kenntnis erhalten“ habe (Bl. 48 Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1), während das Vorliegen der Grunderkrankung – wie ausgeführt – als schon seit 1997 „gesichert“ bezeichnet worden war. Erst als das Landgericht O1 mit Beschluss vom ….2005 (Bl. 56 ff. Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1) die Bewilligung von PKH mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt und das u.a. mit eingetretener Verjährung begründet hatte, ließ die Klägerin mit der dagegen gerichteten Beschwerde vom 17.10.2005 (Bl. 62 ff. Bd. I a.a.O.) erstmals vortragen, sie habe erst nach einem CT des C-Krankenhauses O3 im Jahre 2002 Kenntnis vom Schaden gehabt, während die behandelnden Ärzte vorher einen Zusammenhang ihrer Atemwegserkrankung mit der Vogelzuchtanlage „kategorisch ausgeschlossen“ hätten (Bl. 63 Bd. I a.a.O.). Der darin liegende Widerspruch sowohl zu den Ausführungen im außergerichtlichen Schriftsatz vom 30.7.2003 als auch zu den erwähnten Urkunden (Arztbericht des Fachbereichs Humanmedizin des C-Krankenhauses O1 vom 17.6.1997; Abhilfebescheid des Versorgungsamts vom Juni 1998) liegt derart auf der Hand, dass er den Schluss auf ein rein prozessbedingtes Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom 17.10.2005 und in den die dortige Darstellung aufgreifenden späteren Schriftsätzen der Klägerin zulässt.

Nach zusammenfassender Würdigung der genannten Umstände hat der Senat auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgebrachten Gegenargumente keinen vernünftigen Zweifel daran, dass sie spätestens seit 1998 eine nach den oben dargestellten Grundsätzen ausreichende Tatsachenkenntnis von dem erlittenen Gesundheitsschaden an sich und seiner Ursache hatte. Ob sie damals auch schon alle weiteren schädlichen Folgen der Grunderkrankung überblicken konnte und/oder bereits über absolut sichere Beweismittel verfügte, spielt aus den oben genannten Gründen keine entscheidende Rolle. Seit … 1999, als der erfolglose Rechtsstreit gegen die Nachbarn mit der Entscheidung des BGH (…) seinen rechtskräftigen Abschluss fand, hatte die Klägerin dann auch Kenntnis vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1 S. 2 BGB). Zu diesem Zeitpunkt waren deshalb alle Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung eines etwaigen Amtshaftungsanspruchs wegen des durch die Vogelzucht verursachten Gesundheitsschadens erfüllt. Da die dreijährige Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. demnach schon 1999 zu laufen begonnen hat, war die Verjährung auch unter Beachtung der Überleitungsvorschriften zu dem seit dem 1.1.2002 geltenden Verjährungsrecht (Art. 229 § 6 EGBGB) längst vollendet, als die Klägerin mit dem am 11.7.2005 beim Landgericht O1 eingegangenen PKH-Antrag vom 8.7.2005 das Verfahren gegen den A-Kreis einleitete. Etwaige Pflichtverletzungen der erst 2007 in dieser Angelegenheit beauftragten Beklagten konnten sich deshalb im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs gegen den A-Kreis nicht mehr schädlich auswirken.

Aber selbst wenn man annehmen könnte, dass das 2005 eingeleitete PKH-Verfahren die Verjährung doch noch bis zum Ablauf von sechs Monaten seit dem Abschluss des Beschwerdeverfahrens beim Oberlandesgericht (…) gehemmt habe (§ 204 Abs. 2 S. 1 BGB; zur Unerheblichkeit der anschließenden Gehörsrüge der Klägerin gegen die Beschwerdeentscheidung vom ….2006 für die Hemmung vgl. BGH NJW 2012, 3087 [BGH 10.05.2012 – IX ZR 143/11] [Rn. 12 ff. in juris]), ist auch nicht einmal nachvollziehbar dargetan, dass ein (unterstellter) Verjährungsablauf am 31.3.2007 durch ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten verursacht worden sei bzw. von ihr durch pflichtgemäßes Verhalten noch hätte verhindert werden können. Denn soweit die Klägerin dazu schlicht geltend macht, die Beklagte hätte rechtzeitig bis zum 31.3.2007 eine Klage einreichen oder wenigstens (wie später mit Schriftsatz vom 31.5.2007 geschehen) die Absicht zur Erhebung der Klage mit der gleichzeitigen Bitte um Anforderung des Gerichtskostenvorschusses anzeigen müssen (Klageschrift vom 31.12.2010), genügt das allein nicht zur schlüssigen Darlegung, dass die Verjährung ohne die geltend gemachte Pflichtverletzung rechtzeitig gehemmt worden wäre. Das gilt erst recht für die summarische Behauptung, in der Zeit vom ersten Mandantengespräch am 27.2.2007 bis zum 31.3.2007 sei es der Beklagten „in tatsächlicher Hinsicht möglich“ gewesen, „verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu erbringen“ (Einspruchsschrift vom 30.9.2011). Denn nach dem Stand, den das Verfahren Az.: X LG O1 zu dem Zeitpunkt erreicht hatte, als die Klägerin erstmals die Beklagte aufsuchte, wäre eine Hemmung der Verjährung nur noch durch Klageerhebung zu erreichen gewesen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), ohne dass aber das Vorbringen der Klägerin aufzeigt, dass eine rechtzeitige Klageerhebung (§ 253 Abs. 1 ZPO) möglich gewesen wäre.

Soweit die Klägerin mit Schreiben an die Beklagte vom 27.3.2007 (B 1; Bl. 54 f. Bd. I d.A.) zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Einreichung eines Schriftsatzes mit einem PKH-Antrag bzw. die Weiterführung der Klage „mit PKH-Antrag“ erwarte, wäre damit keine Hemmung der Verjährung zu erreichen gewesen. Denn nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB kann nur der erstmalige PKH-Antrag in derselben Angelegenheit eine die Verjährung hemmende Wirkung entfalten, und hier war bereits aufgrund des im Juli 2005 angebrachten Antrags ein mit der Beschwerdeentscheidung vom ….2006 (…) abgeschlossenes PKH-Verfahren durchgeführt worden. Für die unter diesen Umständen als Hemmungstatbestand allein noch in Frage kommende Klageerhebung wiederum hätte es entgegen den Vorstellungen der Klägerin aber weder genügt, bis zum 31.3.2007 eine Klage „einzureichen“, noch (wie später mit Schriftsatz vom 31.5.2007 geschehen) die Absicht zur Erhebung der Klage auf eigene Kosten mit der gleichzeitigen Bitte um Anforderung des Gerichtskostenvorschusses anzuzeigen. Denn die Erhebung einer Klage erfolgt erst mit der Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO), und dass eine Zustellung der Klage bis zum 31.3.2007 hätte bewirkt werden können, hat die Klägerin selbst nicht dargelegt.

Unter diesen Umständen kann deshalb nur maßgebend sein, ob die Beklagte mit den Maßnahmen, die sie nach Auffassung der Klägerin bis zum 31.3.2007 hätte ergreifen müssen, auch dafür hätte Sorge tragen können, dass die spätere Zustellung der Klageschrift zurückwirkt auf den Zeitpunkt des Eingangs eines vor Ablauf des 31.3.2007 an das Gericht übermittelten Schriftsatzes. Dies wiederum wäre aber nach § 167 ZPO in jedem Fall nur möglich gewesen, falls die Klage im Nachgang zu einem bis 31.3.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz „demnächst“ hätte zugestellt werden können. Voraussetzung für eine Zustellung der Klage wäre jedoch nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG (hier i.d.F. vom 1.4.2005 bis 11.12.2008) die vorherige Einzahlung der Gerichtsgebühr für das Verfahren gewesen. Da die Übernahme des Mandats die Beklagte nicht dazu verpflichtete, mit den Gerichtskosten in Vorlage zu treten, hätte die Klägerin selbst unverzüglich den Kostenvorschuss leisten müssen. Denn dass eine Klage „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden ist, kann mit Blick auf den nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschuss nach ständiger Rechtsprechung nur angenommen werden, wenn die Klägerpartei den Vorschuss nach Anforderung innerhalb eines Zeitraums von höchstens etwa zwei Wochen einzahlt (BGHZ 179, 230 m.w.N. [Rn. 16 in jurisj).

Dass die Klägerin diesem Erfordernis im Nachgang zu einem bis zum 31.3.2007 bei Gericht eingereichten Schriftsatz hätte genügen können, ist indes nicht dargetan und traf nach ihrem Vorbringen in dem Verfahren gegen den A-Kreis auch nicht zu. Denn mit Telefax ihres vor der Beklagten mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalts D vom 22.1.2007 (Bl. 187 f. Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1) hatte die Klägerin (u.a.) beantragt, ihr die einzuzahlenden Gerichtskosten bis 30.4.2007 zu stunden, weil sie diese wegen einer finanziellen Notlage und mangels Kreditwürdigkeit nicht eher aufbringen könne. Über die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin bis Ende April 2007 hätte die Beklagte auch nicht mit einem Antrag hinweghelfen können, die Klage ausnahmsweise vor der Einzahlung des Kostenvorschusses zuzustellen. Denn in diesem Sinne hatte das Landgericht O1 bereits den Antrag des vorher tätigen Rechtsanwalts D vom verstanden und dazu mit Verfügung vom 8.2.2007 (Bl. 189 f. Bd. I a.a.O.) unter Verweis auf die vorangegangenen Entscheidungen, mit denen PKH mangels Erfolgsaussicht verweigert worden war, zu Recht darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 14 Nr. 3 GKG (hier i.d.F. vom 1.7.2004 bis 31.7.2013) davon abgesehen werden kann, die Zustellung von der Einzahlung des Kostenvorschusses abhängig zu machen, nicht erfüllt seien. Deshalb hätte auch ein etwaiger (erneuter) Antrag der Beklagten auf Zustellung der Klage ohne Kostenvorschuss keinen Erfolg haben können.

Dass die Beklagte – bei unterstelltem Ablauf der Verjährungsfrist erst am 31.3.2007 – den Eintritt der Verjährung noch hätte verhindern können, ist danach entgegen den nur floskelartig begründeten Vorwürfen der Klägerin nicht erkennbar. Dass die Klägerin im Juni 2007 den Kostenvorschuss für die Klage schließlich eingezahlt hat, widerlegt insbesondere auch nicht die mit dem Antrag ihres vorherigen Rechtsanwalts D vom 22.1.2007 dargelegte aktuelle Zahlungsunfähigkeit bis Ende April 2007.

Nach alledem schuldet die Beklagte in Ermangelung einer für einen Schaden ursächlichen Pflichtverletzung zunächst keinen Ersatz des Schmerzensgelds, das die Klägerin nach ihren Vorstellungen vom A-Krels hätte verlangen können. Ferner ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, der Klägerin ihr entstandene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 3.381,86 € zu ersetzen. Soweit es sich um Kosten handelt, mit denen die Klägerin nicht belastet worden wäre, falls ihre Klage gegen den A-Kreis Erfolg gehabt hätte, folgt das schon daraus, dass der Misserfolg dieser Klage aus den bereits genannten Gründen nicht auf einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten beruht. Aber auch soweit die Klägerin im Sinne einer Hilfsbegründung geltend macht, sie sei mit unnützen Prozesskosten belastet worden, weil die Beklagte ihr nicht von der Klageerhebung gegen den A-Kreis abgeraten habe, kann sie damit nicht durchdringen.

Die Klägerin verkennt zunächst anerkannte Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast, wenn sie mit der Berufungsbegründung meint, die Beklagte treffe die „volle Beweislast“ für ihre Behauptung, die Klägerin über die fehlende Erfolgsaussicht einer Klage gegen den A-Kreis aufgeklärt zu haben. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt vielmehr derjenige, der – wie hier die Klägerin – eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast. Das gilt auch dann, wenn es darum geht, dass eine pflichtgemäße Aufklärung oder Beratung unterlassen worden sein soll. In diesem Fall werden die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die angebliche Pflichtverletzung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie sie beraten bzw. aufgeklärt habe. Dem Anspruchssteller obliegt dann aber der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (vgl. zu allem: BGH NJW 2008, 371 [BGH 11.10.2007 – IX ZR 105/06] m.w.N. [Rn. 12 in juris]).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dargetan, dass sie die Klägerin am 31.5.2007 darauf hingewiesen habe, dass Erfolgsaussichten der Klage gegen den A-Kreis so gut wie ausgeschlossen seien, und dies durch Vorlage eines Gesprächsvermerks von diesem Tag (B 2; Bl. 56 Bd. I d.A.) untermauert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der zum Sachverhalt angehörte Vertreter der Beklagten weiter angegeben, dass nach einem weiteren Vermerk vom 27.3.2007 schon zu einem früheren Zeitpunkt ein entsprechender Hinweis erfolgt sei (Bl. 122 Bd. I der Akte). Es wäre daher nunmehr Sache der Klägerin gewesen, diese Darstellung zu widerlegen, was indessen nicht geschehen ist. Das Bestreiten der Echtheit des vorgelegten Gesprächsvermerks vom 31.5.2007 genügt dafür nicht, und wenn in diesem Zusammenhang in der Berufungsbegründung von einer „Aktennotiz ohne Aktenzeichen“ die Rede ist, ist das zudem unverständlich. Denn in dem einleitenden Satz des von der Beklagten vorgelegten Vermerks sind ausdrücklich unter Angabe der entsprechenden Aktenzeichen (Y und X) zwei Verfahren (zum einen der Klägerin, zum anderen ihrer Tochter) genannt, so dass kein vernünftiger Zweifel besteht, dass sich der Vermerk u.a. auf das von der Klägerin vor dem Landgericht O1 unter dem Aktenzeichen X gegen den A-Kreis betriebene Verfahren bezieht.

Auch der Hinweis darauf, dass die Beklagte damals nach den Verlautbarungen in anderen Schriftstücken nur von einer drohenden Verjährung ausgegangen sei, hilft nicht weiter. Ob die Beklagte für durch die Klage gegen den A-Kreis entstandene Prozesskosten haftet, hängt nämlich nicht entscheidend davon ab, ob sie – gerade – wegen eingetretener Verjährung von dieser Klage abgeraten hat oder nicht. Maßgebend ist vielmehr, ob sie der Klägerin das Kostenrisiko ausreichend vor Augen geführt hat, und dafür genügte der von der Beklagten unwiderlegt behauptete Hinweis, dass sie eine Erfolgsaussicht der Klage gegen den A-Kreis für so gut wie ausgeschlossen halte.

Unabhängig davon könnte im Übrigen nicht festgestellt werden, dass eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung seitens der Beklagten ursächlich war für den geltend gemachten Kostenschaden. Denn der Klägerin war in dem Verfahren X LG O1 bereits mit der Ablehnung ihres PKH-Antrags mangels hinreichender Erfolgsaussicht (Beschluss des Landgerichts O1 vom ….2005, Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts O1 vom ….2006, Beschluss des Oberlandesgerichts O2 vom ….2006 ) unmissverständlich deutlich gemacht worden, dass sie nicht ernstlich damit rechnen konnte, mit der beabsichtigten Klage gegen den A-Kreis zu obsiegen. Dass sie sich davon aber in keiner Weise beeindrucken ließ, zeigt das persönliche Schreiben der Klägerin vom 18.4.2006 (Bl. 143 Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1), mit dem sie mitteilte, die Klagen (ihre eigene sowie die der Tochter) würden auch ohne Bewilligung von PKH „auf jeden Fall weitergeführt werden“. Auch der Antrag des vor der Beklagten mit der Vertretung der Klägerin beauftragten Rechtsanwalts D vom 22.1.2007, der Klägerin den einzuzahlenden Gerichtskostenvorschuss bis 30.4.2007 zu stunden (Bl. 187 f. Bd. I der Beiakte Az.: X LG O1), hat zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin entschlossen war, die Klage gegen den A-Kreis zu erheben, obwohl sie durch die vorangegangenen gerichtlichen Entscheidungen im PKH-Verfahren eindeutig auf die fehlende Erfolgsaussicht und damit auch auf das drohende Kostenrisiko hingewiesen worden war.

Unter diesen besonderen Umständen des Einzelfalles ist die tatsächliche Vermutung für beratungsgerechtes Verhalten, von der in der Regel ausgegangen werden kann, so stark erschüttert, dass sie der Klägerin nicht zu Gute kommen kann. Es lässt sich deshalb zum einen nicht feststellen, dass das angebliche Unterlassen eines Hinweises der Beklagten auf eine so gut wie ausgeschlossen scheinende Erfolgsaussicht der Klage gegen den A-Kreis für den weiteren Verlauf ursächlich gewesen ist. Zum anderen ist der Vortrag der Beklagten, trotz Erteilung eines solchen Hinweises habe sich die Klägerin von der Klage nicht abhalten lassen, nach den Umständen des Falles plausibel und kann daher auch nicht deshalb als unbeachtlich oder gar widerlegt angesehen werden, weil diese Darstellung nicht glaubhaft scheine.

Da nach alledem nicht erkannt werden kann, dass der Klägerin die in der Hauptsache geltend gemachten Schadensersatzansprüche zustehen, kann der als Nebenforderung weiterverfolgte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ebenfalls keinen Erfolg haben.

Ist der Senat aus den genannten Gründen davon überzeugt, dass die Berufung insgesamt keine Erfolgsaussicht hat, so ist von ihrer Zurückweisung durch Beschluss auch nicht deshalb abzusehen, weil die Streitsache grundsätzliche Bedeutung hat oder Fragen aufwirft, die zur Fortbildung des Rechts oder zur. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die der Senat auf der Grundlage bereits geklärter Rechtssätze treffen kann. Da die Klägerin mit der Berufung nur auf ihrem schon in erster Instanz mit zutreffendem Ergebnis geprüften Standpunkt beharrt, sind schließlich auch keine Gründe ersichtlich, die eine mündliche Verhandlung geboten scheinen lassen (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

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