OLG Frankfurt am Main, 17.01.2014 – 23 U 163/13

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 17.01.2014 – 23 U 163/13
Tenor:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 08.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-02 O 298/12, durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.02.2014
Gründe
1

I.

2

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen einer Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Zertifikats „A-Zertifikat (WKN SDL9KQ)“ zu einem Preis in Höhe von 10.169 € geltend.
3

Wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, die keiner Ergänzung bedürfen.
4

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass zum einen aufklärungspflichtige Rückvergütungen nicht vorlägen und zum anderen Schadensersatzansprüche wegen anderer Beratungspflichtverletzungen jedenfalls nicht durchsetzbar seien.
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Zwischen den Parteien sei zwar ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen, hieraus resultierende Schadensersatzansprüche seien jedoch – mit Ausnahme derjenigen, die sich auf die behaupteten verschwiegenen Rückvergütungen stützten – jedenfalls verjährt.
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Im vorliegenden Falle ergebe sich die Verjährung der Schadensersatzansprüche aus § 37a WpHG. Der mögliche Schadensersatzanspruch der Klägerin sei mit dem Erwerb des Wertpapiers entstanden, mithin am 17. Oktober 2007, entstanden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne damit am 17.10.2007 zu laufen und ende am 16.10.2010. Selbst unter Berücksichtigung einer möglichen – großzügig berechneten- Hemmung von 14 Monaten und vier Tagen vom 13.7.2008 bis zum 17.09.2009 seien die Schadensersatzansprüche bereits verjährt gewesen, als die Klage am 6.6.2012 bei dem Landgericht eingegangen sei.
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Dass die Beraterin der Beklagten vorsätzlich gegen ihre Beratungspflichten in Bezug auf das mögliche Totalverlustrisiko, das Emittentenrisiko und der angeblichen Ungeeignetheit der Geldanlage als Altersvorsorge für die Klägerin verstoßen habe, sei nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Tatsache, dass die Beraterin X der Klägerin die Produktinformation im Beratungsgespräch vor Leisten der Unterschrift übergeben habe, spreche vielmehr gegen den entsprechenden Vorsatz, Risiken bewusst verschleiern zu wollen.
8

Die Vermutung einer vorsätzlichen Pflichtverletzung bestehe allerdings dann, wenn die behauptete Pflichtverletzung im Verschweigen von Rückvergütungen liege. Im vorliegenden Falle sei die kick-back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf das hier in Rede stehende Festpreisgeschäft jedoch nicht anwendbar.
9

Die Klägerin habe die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege eines Festpreisgeschäftes von der Beklagten erworben. Dies ergebe sich bereits aus der von der Klägerin vorgelegten Abrechnung über den Kauf von Wertpapieren. Ausgabeaufschläge ergäben sich hieraus nicht. Auch die Klägerin spreche in der Klageschrift vom Kaufpreis und vom Verkauf der Zertifikate. Soweit die Klägerin im weiteren Fortgang des Prozesses bestritten habe, dass es sich um einen Festpreisgeschäft handele, sei dieses vor dem Hintergrund ihres Vortrags, sie habe die Zertifikate im Wege des Kaufs erworben, unbeachtlich.
10

Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin über die ihr beim Weiterverkauf erzielten Erträge, insbesondere ihre Gewinnmarge, aufzuklären.
11

Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege nicht vor, da eine solche nur dann anzunehmen sei, wenn aus offen ausgewiesenen Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an Dritte zahlt, Gelder hinter seinem Rücken ganz oder teilweise an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass die Bank ein dem Kunden nicht erkennbares Interesse habe, gerade diese Beteiligung zu empfehlen. Eine solche Rückvergütung im Sinne dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege damit nur bei einem Zahlungsfluss im Dreipersonenverhältnis zwischen dem Anleger, der beratenden Bank und dem Emittenten vor.
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In den Fallgestaltungen, in denen ein Kapitalmarktprodukt empfohlen bzw. vermittelt oder im Wege eines Finanzkommissionsgeschäfts im Auftrag des Kunden und für dessen Rechnung für diesen erworben wird, und der Anbieter des Produkts eine dem Kunden nicht erkennbare Umsatzprovision zahlt, wird von der allein zur Wahrung der Kundeninteressen verpflichteten Bank gleichzeitig das Absatzinteresse eines Dritten gefördert und mit diesem ihr Eigeninteresse am Vertragsschluss verknüpft. Auch hier bestehe eine Informationspflicht des Geschäftsbesorgers über Vertriebsvergütung von dritter Seite nach den §§ 675,666 BGB, §§ 384,387 HGB, so das auch in diesen Fällen die Bank eine Offenbarungspflicht, auch aus § 31 d WpHG, treffe.
13

Beim Vertrieb von Anlageprodukten im Wege des Festpreisgeschäfts – wie es hier gegeben sei – bestehe eine solche Pflicht nicht, wie auch keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltenen Gewinnmargen bestehe.
14

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Ansprüche voll umfänglich weiter. Sie rügt, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer Verjährung der Schadensersatzansprüche gemäß § 37a WpHG ausgegangen sei, zu Unrecht nicht angenommen habe, dass die Beraterin vorsätzlich gehandelt habe und nicht erkannt habe, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen vorlägen.
15

Anlässlich der streitgegenständlichen Beratung sei sie – die Klägerin – nicht über das Verlustrisiko der Anlage und über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden. Ihr sei das Zertifikat zur Altersvorsorge empfohlen worden und schließlich sei sie nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte Rückvergütungen erhalte.
16

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht zu diesen behaupteten Pflichtverletzungen weder die benannte Zeugin X vernommen noch die Klägerin als Partei angehört bzw. vernommen.
17

Wenn die Beraterin aber gewusst habe, dass Verlustrisiken bestehen, dann hätte das Zertifikat nicht als sicher dargestellt werden dürfen. Dies sei der Beraterin X in jedem Falle bewusst gewesen, ebenso wie der Umstand, dass das Zertifikat nicht zur Altersversorge geeignet sei, ein Emittentenrisiko bestehe und dass Rückvergütungen geflossen seien. Es habe hier zumindest eine Täuschung durch Unterlassen gegeben.
18

Soweit das Urteil einen entsprechenden Vorsatz der Beraterin X mit der Begründung verneine, dass die Zeugin X die Produktinformation vor Leisten der Unterschrift übergeben habe, sei dies nicht nachzuvollziehen, da diesseits vorgetragen worden sei, dass die Klägerin auf den Inhalt dieser Produktinformation überhaupt nicht aufmerksam gemacht worden und deren Inhalt auch nicht gemeinsam durchgegangen worden sei. Die Beraterin habe gesehen, dass die Klägerin nicht den Inhalt der Broschüre zur Kenntnis nehme, sondern alleine auf die mündliche Beratung vertraue.
19

Da vorsätzliche Pflichtverletzungen vorlägen, sei § 37 a WpHG nicht einschlägig.
20

Die Klägerin habe die Zeugin X ausdrücklich dafür benannt, dass sie ihrer Aufklärungspflichtverletzungen vorsätzlich und nicht nur fahrlässig begangen habe (vgl. Bl. 218, 142 der Akte). Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht diesen Beweisantritt übergangen. Hätte das Landgericht diesen Beweis erhoben, hätte es festgestellt, dass die Zeugin X positive Kenntnis vom Verlustrisiko, dem Emittentenrisiko und den Rückvergütungen gehabt habe, und in Kenntnis dieser Risiken die Klägerin gleichwohl nicht aufgeklärt habe.
21

Ohnehin habe das Landgericht verkannt, dass gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB eine gesetzliche Vermutung auch für ein vorsätzliches Verschulden bestehe. Diese Ansicht vertrete auch der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. März 2013, Az. 19 U 215/12).
22

Da die Beklagte vortragen habe, dass die Zeugin X ordnungsgemäß aufgeklärt habe, folge hieraus deren Vorsatz zur Falschberatung, da, wenn eine solche Aufklärung eben nicht erfolgt ist, diese nur wider besseren Wissens unterlassen worden sein könne. Jede andere Annahme würde den gesamten Vortrag der Beklagtenseite als zutiefst widersprüchlich erscheinen lassen. Die Gesamtumstände führten zu einem vermuteten Vorsatz bei der hier tätig gewordenen Beraterin X.
23

Die Klägerin zitiert zudem aus einem Urteil des 17. Zivilsenat des vom 1. August 2013, Az. 17 U 66/12, in dem es wie folgt heißt:

„…Danach ist ein vorsätzliches Organisationsverschulden gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und lässt gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären…“ (vgl. Bl. 220 der Akte).

24

Auch auf Grundlage verschwiegener Rückvergütungen hätte der Schadensersatzanspruch der Klägerin zuerkannt werden müsse. Es liege kein Festpreisgeschäft vor. Aus dem Kaufbeleg über das streitgegenständliche Wertpapier sei ersichtlich, dass ein Ausgabeaufschlag gezahlt wurde. Als Ausführungskurs sei hier „101,96“ angegeben. Dieser Kurs setzte sich zusammen aus einem Anteilswert von „100“ und einem entsprechenden Ausgabeaufschlag in Höhe von „1,96“ pro Anteil. Es spiele keine Rolle, ob dies nun explizit als Ausgabeaufschlag gezeichnet wurde oder nicht. Entscheidend sei die Erkennbarkeit aus der Abrechnung. Eine solche Erkennbarkeit liege hier vor, die Klägerin habe zu Recht davon ausgehen können, dass ein Kommissionsgeschäft und kein Festpreisgeschäft vorliege. Entscheidend sei die Erkennbarkeit eines Ausgabeaufschlags. Die bloße Behauptung eines Festpreisgeschäfts durch die Beklagte sei nicht ausreichend. Die Beklagte sei für die Darstellung der Umstände, die ein Festpreisgeschäft begründen darlegungs- und beweispflichtig. In aller Regel müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass Banken Provisionsgeschäfte tätigen.
25

Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass Banken bis zum 31. Oktober 2007 grundsätzlich dazu verpflichtet gewesen seien, die Aufträge der Kunden zum Kauf von Wertpapieren als Kommissionsgeschäft auszuführen, was sich aus Z. 1 Abs. 1 S. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der Fassung 2003, die bis zum 31.10.2007 gegolten habe, ergebe. Zudem sei im Zivilprozessrecht bekannt, dass derjenige, der gegen eine erfahrungsmäßige Regel eine Ausnahme für sich in Anspruch nehme, die tatsächlichen Umstände, die diese Ausnahme belegen, darlegen müsse.
26

Es sei deswegen weiterhin davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Geschäfte als Provisionsgeschäfte getätigt wurden. Damit seien die geflossenen Rückvergütungen aber auch aufklärungspflichtig gewesen. Dem stehe auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2012, Az. XI ZR 355/11, nicht entgegen.
27

Die Klägerin beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 5.375,66 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 627,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen mit der Maßgabe, dass die Zahlung zu erfolgen hat an die B-Versicherungs AG, zu der dortigen Schadensnummer 01 – …/…

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hilfsweise

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.7.2013 aufzuheben und die Rechtssache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

30

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beklagte rügt das Vorbringen der Klägerin zu einem Organisationsverschulden der Beklagten als verspätet gem. § 531 ZPO. Substanzlos sei die Behauptung, es müsse in der Regel davon ausgegangen werden, dass Banken nur Kommissionsgeschäfte tätigen und Festpreisgeschäft die Ausnahme sein. Falsch sei die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe bewusst für die Anlageentscheidung der Klägerin wesentliche Informationen vorenthalten. Zurückgewiesen wird auch ausdrücklich der Vorwurf einer Täuschung durch Unterlassen.
31

Das Landgericht sei rechtsfehlerfrei von einer Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche ausgegangen. Nachdem die Klägerin die streitgegenständlichen Zertifikate am 17. Oktober 2007 erworben habe, seien etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Juni 2012 bereits verjährt.
32

Zu Recht habe das erstinstanzliche Gericht festgestellt, dass die Klägerin eine vorsätzliche Falschberatung nicht substantiiert dargelegt habe. Die Klägerin trage die Darlegungs-und Beweislast für einen vorsätzlichen Beratungsfehler. Greifbare Anhaltspunkte bzw. Indizien für eine etwaige vorsätzliche Pflichtverletzung der Beraterin habe die Klägerin nicht dargetan. Aus dem Klägervortrag ergäben sich keine plausiblen Anhaltspunkte, weshalb die Beraterin die Klägerin vorsätzlich über die Beschaffenheit und Geeignetheit des Zertifikats getäuscht haben sollte. Auch sei nicht ersichtlich, dass und weshalb die Beraterin das Zertifikat entgegen den Anlageinteressen der Klägerin empfohlen habe. Die Klägerin liefere keinen substantiierten Vortrag zur subjektiven inneren Einstellung der Beraterin, der auf ein vorsätzliches Verschulden schließen ließe. Falsch seien die Ausführungen in der Berufungsbegründung, sie – die Klägerin – habe erstinstanzlich ein vorsätzliches Handeln der Beraterin bzw. Indizien hierfür unter Beweis gestellt. Im Schriftsatz vom 28. Mai 2013 behaupte die Klägerin lediglich, die Beraterin habe vorsätzlich Risiken verschwiegen, konkreter Tatsachenvortrag zur Beratungssituation, insbesondere zur inneren Einstellung der Beraterin fehle dagegen.
33

Eine Vermutung für eine vorsätzliche Falschberatung bestehe nicht. Es sei mittlerweile gängige Rechtsprechung, dass bei behaupteter Verletzung von Beratungspflichten die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Vorsatzvermutung ausschließlich auf die Situation einer Verletzung der Aufklärungspflicht der Bank wegen von ihr vereinnahmter Rückvergütungen gelte. Eine Unterstellung der vorsätzlichen Falschberatung darüber hinaus und damit praktisch bei jeder Anlageberatung würde bedeuten, dass der Berater dem Anleger immer bewusst und gewollt da Schaden zufüge. Dies sei offensichtlich unrichtig und würde zudem die Annahme eines auch vom Bundesgerichtshof immer wieder betonten besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Anleger und Berater ad absurdum führen. Gegenläufiger Rechtsprechung, wonach die Vermutung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auch den Vorsatz umfasse, sei daher nicht zu folgen.
34

Ein Organisationsverschulden der Beklagten wie es sich die Klägerin zu Eigen machen wolle, liege nicht vor (vgl. Bl. 283 der Akte, am Ende). Die Klägerin trage keine Umstände vor, aufgrund derer dieser neue tatsächliche Vortrag entgegen dem Novenverbot des § 531 ZPO in der Berufung zuzulassen wäre. Einer seriösen Geschäftsbank könne zudem nicht einfach unterstellt werden, sie habe ihre Mitarbeiter angehalten, falsch zu beraten. Alleine der Umstand, dass ein Risiko existiere bedeute noch nicht, dass die Bank und der Mitarbeiter dieses Risiko vorsätzlich verschwiegen hätten.
35

Es lägen auch keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen vor. Entgegen der klägerischen Behauptung trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, wer was von wem genau unter welchen Umständen erhalten habe die Klägerin. Inhaltlich falsch und ohnehin verspätet sei die klägerische Behauptung, die Banken seien bis zum 30. Oktober 2007 verpflichtet gewesen, die Aufträge ihrer Kunden zum Kauf von Wertpapieren als Kommissionsgeschäft durchzuführen. Vielmehr seien zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Erwerbs beide Formen, Kommissionsgeschäft und Festpreisgeschäft, gleichermaßen in Z. 1 Abs. 1 S. 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte bezeichnet. Auch aus dem Bericht der Verbraucherzentrale, welchen die Klägerin der Berufungsbegründung in Anlage beigefügt habe, ergebe sich für den konkreten Fall nichts.
36

Zudem liege – wie das Landgericht richtig erkannt habe – ein Verkauf im Wege des Festpreisgeschäfts vor. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen seien jedoch nur dann gegeben, wenn Teile von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsvergütungen, die der Kunde über die Bank an den Emittenten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzbezogen zurückfließen. Ein derartiger Zahlungsrückschluss sei jedoch weder dargelegt noch erkennbar. Soweit die Klägerin versuche, mit ihrem Vortrag, ihr sei der Ausgabeaufschlag von 1,96 % eindeutig erkennbar gewesen, eine aufklärungspflichtige Rückvergütung herzuleiten, scheiterte sie hiermit. Ausweislich der Wertpapierabrechnung sei eindeutig nur der Kaufpreis in Rechnung gestellt worden, nicht dagegen zusätzliche Positionen. Weder habe ein für aufklärungspflichtige Rückvergütungen kennzeichnendes Dreipersonenverhältnis bestanden, noch habe die Beklagte hinter dem Rücken der Klägerin Zahlungen von Dritten erhalten. Dass die Beklagte im Zusammenhang mit dem Festpreisgeschäft Erträge in Form eines Ausgabeaufschlags erzielt habe sei unstreitig, führe aber zu keiner anderen Betrachtung. Da allein der Umstand, dass die beratende Bank aus dem Verkauf einen Gewinn erziele, begründe keine Aufklärungspflicht.
37

Selbst – den klägerischen Vortrag als gegeben unterstellt – wenn ein Kommissionsgeschäft vorgelegen haben sollte, wäre der Sachverhalt rechtlich nicht anders zu beurteilen. Habe nämlich ein Anleger weder eine Kommissionsgebühr noch eine sonstige Vergütung an die Banken entrichtet, stelle sich die Abwicklung aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hinsicht nicht anders dar, als bei einem Eigengeschäft der Bank, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise ebenso wie dieses zu behandeln sei.
38

Anzumerken sei, dass der Vortrag der Klägerin widersprüchlich sei. So habe sie einerseits behauptet, dass das finanzielle Interesse der Beklagten für sie nicht erkennbar sei (vgl. Seite 10 der Berufungsbegründung), gleichzeitig trage sie aber vor, dass sie zu Recht von einem Kommissionsgeschäft habe ausgehen können und der Ausgabevorschlag für sie erkennbar gewesen sei (Seite acht der Berufungsbegründung)
39

Es lägen keine Beratungsfehler vor. Die entsprechende Darlegungs- und Beweislast, dass die Bank nicht richtig aufgeklärt habe, obliege der Klägerin. Aus dem klägerischen Vortrag folge eine Pflichtverletzung nicht, da der Vortrag keine konkrete Beratungssituation schildere und auch nicht den Hergang des Beratungsgesprächs darstelle.
40

Die Beratung der Klägerin sei im Übrigen auch anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Klägerin sei das Zertifikat anhand des Produktflyers vorgestellt worden. Die Klägerin habe bereits über Erfahrungen mit Zertifikaten verfügt. In Kenntnis aller Risiken habe sie sich für den Erwerb des streitgegenständlichen Zertifikats entschieden.
41

Das Landgericht habe es nicht pflichtwidrig unterlassen, eine Beweisaufnahme durchzuführen. Die Vernehmung der benannten Zeugin oder der Partei wäre auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen.
42

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

43

Der Senat beabsichtigt nach eingehender Beratung, die Berufung der Klägerin durch einen einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO i.d.F. des Gesetzes vom 21.10.2011 (BGBl. I S. 2082) zurückzuweisen, da sie nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), wie nachfolgend im Einzelnen dargelegt.
44

Auch hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung mangels Abweichens des Senats von Entscheidungen des BGH oder anderer Oberlandesgerichte noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts, da die entscheidenden Rechtsfragen geklärt sind, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO ebenfalls vorliegen.
45

Zudem ist im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Berufungsführerin sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Senat der Begründung des Landgerichts weitgehend folgt (vgl. zu diesen Kriterien den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu der Änderung in § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO, BT-Drs. 17/6406, S. 9), eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).
46

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt.
47

Es liegt jedoch kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung in der Sache nicht rechtfertigen.
48

Das Landgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
49

Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge in Form eines Einkaufsrabatts der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
50

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss. Nichts anderes gilt nach der Rechtsprechung des BGH, wenn – wie hier – fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) oder des Eigenhandels (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden. Ein Umstand, der – wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers – für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen. Dem steht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2013 – XI ZR 332/12–, juris, m.w.N.)
51

Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte von der Klägerin über den Einkaufsrabatt hinaus einen gesonderten Ausgabeaufschlag von 2,00 % verlangt und erhalten hat, nichts anderes. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist es unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse verfolgt (BGH, Urteil vom 17. September 2013 – XI ZR 332/12–, juris; BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 – XI ZR 316/11, WM 2012, 1520 Rn. 19 aE; BGH Urteil vom 16. Oktober 2012 – XI ZR 367/11 = NJW-RR 2013, 244 Rn. 28).
52

Im vorliegenden Falle ist von dem Vorliegen eines Festpreisgeschäftes auszugehen. Dies ergibt sich aus der Wertpapierabrechnung vom 17.10.2007 (vgl. Bl. 21 der Akte), in der niedergelegt ist, dass die Klägerin die 100 Stückzertifikate außerbörslich zu einem Ausführungskurs von 101,96 € erworben hat. Es ist gerichtsbekannt, dass bei Kommissionsgeschäften bei solchen Wertpapierabrechnungen regelmäßig Kommissionsgebühren aufgeführt werden, die hier gerade nicht ausgewiesen sind. Der Vortrag der Beklagten, wonach es sich hier um ein Festpreisgeschäft handelt, wird somit durch die Wertpapierabrechnung untermauert.
53

Entgegen der Ansicht der Klägerin trifft nicht die Beklagte, sondern sie als Klägerin für das Zustandekommen eines Kommissionsvertrags, aus dem sie Rechte herleiten möchte, die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2013 – XI ZR 332/12–, juris ; BGH Urteil vom 16. Oktober 2012 – XI ZR 368/11, juris Rn. 28).
54

Die Klägerin hat nicht nachvollziehbar dargetan, dass ein Wertpapierkommissionsgeschäft vorliegt. So hat sie gerade nicht vorgetragen, dass sie ausdrücklich einen entsprechenden Kommissionskaufvertrag erteilt hat. Überhaupt liegen die Einzelheiten der konkreten Auftragserteilung gänzlich im Dunkeln. Soweit die Klägerin zur Begründung des Kommissionsgeschäfts auf den Ausgabeaufschlag verweist, handelt es sich hierbei um den in der Produktbeschreibung ausdrücklich erwähnten Ausgabeaufschlag von 2 % (vgl. Bl. 18 der Akte), der jedoch nach den Angaben der Beklagten ihr – also der Beklagten – selbst zugeflossen ist. Dass der Beklagten das Agio zugekommen ist, stellt die Klägerin selbst nicht in Abrede. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht der Umstand, dass die das Festpreisgeschäft abwickelnde Bank zusätzlich ein Agio in Ansatz bringt, jedoch der Annahme eines Festpreisgeschäftes gerade nicht entgegen.
55

Sonstige nachvollziehbare Tatsachen, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Wertpapierkommissionsgeschäftes ergibt, trägt die Klägerin nicht vor.
56

Soweit die Klägerin auf einen Bericht der Verbraucherzentrale, Initiative Finanzmarktwächter vom September 2011 verweist, so folgt hieraus für die Klägerin nicht Günstiges. Dieser Bericht beschäftigt sich mit der Frage, ob die angefragten Banken zu erhaltenen Provisionen und Rückvergütungen Auskunft erteilen (vgl. Bl. 248 der Akte). Auch die Beklagte ist von der den Bericht erstellenden Verbraucherzentrale hierzu befragt worden (vgl. Bl. 252 der Akte); allerdings hat die Klägerin damals nicht von der Bank1 Zertifikate erworben, sondern von deren Rechtsvorgängerin, der Bank2. Zur Bank2 enthält der Bericht naturgemäß keine Erhebungen.
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Der vorliegende Bericht der Verbraucherzentrale enthält zudem keine Feststellungen bzw. Erhebungen zu der hier streitentscheidenden Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten überhaupt irgendwelche Zertifikate bzw. das hier streitgegenständliche Zertifikat (immer an alle Kunden oder nur an die Klägerin?) im Wege des Festpreisgeschäfts oder im Wege des Kommissionsgeschäfts verkauft hat.
58

Unerheblich ist weiter, ob die Beklagte möglicherweise die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Kommissionsgeschäfts für die Klägerin hätte erwerben müssen; entscheidend ist allein, dass im vorliegenden Falle nach den zivilprozessualen Vorgaben von einem Festpreisgeschäft auszugehen ist und keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein solches Kommissionsgeschäft getätigt wurde.
59

Hat damit die Klägerin bereits nicht dargelegt, dass der Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Zertifikats von Dritten aus offen ausgewiesenen Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsvergütungen, die die Klägerin über die Beklagte an diesen Dritten gezahlt hat, Vergütungen hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte zurückgeflossen sind, ist eine Aufklärungspflicht der Beklagten über solche Rückvergütungen nicht gegeben. Eine Pflichtverletzung der Beklagten scheidet damit insoweit aus
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Wegen der weiteren von der Klägerin behaupteten Beratungspflichtverletzungen,

• Verschweigen des Verlustrisikos der Anlage,
• Empfehlung des Zertifikats Altersversorge,
• keine Aufklärung über das Emittentenrisiko

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hat das Landgericht zu Recht von einer Aufklärung der Beratungssituation durch Vernehmung der Zeugin X und der Klägerin als Partei abgesehen, da Schadensersatzansprüche wegen dieser angeblichen Pflichtverletzungen jedenfalls gemäß § 37 a WpHG verjährt sind.
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Soweit die Klägerin meint, die ihr anempfohlenen streitgegenständlichen Zertifikate seien nicht anlegergerecht und sie sei auch nicht über das Verlustrisiko aufgeklärt worden, bestehen bereits starke Bedenken daran, ob dieser Vortrag schlüssig eine Pflichtverletzung der Beklagten zu begründen vermag.
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Denn ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Umsatzberichtes, Bl. 63 ff. der Akte, hatte die Klägerin vor der Zeichnung des streitgegenständlichen Zertifikats bereits drei Zertifikate und Aktienfonds erworben. So hat nämlich die Beklagte im Juni 2005 in ein C-Zertifikat, im März 2006 ein D-Zertifikat und im Juni 2007 ein E-Zertifikat gezeichnet. Vor dem Hintergrund dieses Anlageverhaltens erscheint die Empfehlung des streitgegenständliche Zertifikats an die Klägerin nicht von vornherein ungeeignet.
64

Soweit darüber hinaus die Klägerin behauptet, sie sei über Risiken nicht hingewiesen worden, eine richtige Beratung habe nicht stattgefunden und sie habe auch die – unstreitig ausgehändigte – Produktinformation nicht zur Kenntnis genommen, steht diese schriftsätzliche Einlassung in unüberbrückbaren Widerspruch zu dem Inhalt ihres Schreibens an die Bank2 vom 15.10. 2008 (vgl. Bl. 24 der Akte). Hieraus ergibt sich nämlich, dass die Beraterin X sehr wohl mit der Klägerin auch über die Risiken der Anlage gesprochen hat und dabei auch das Infoblatt durchgesprochen wurde. So schreibt nämlich die Klägerin in diesem Schreiben:

„Auf das Risiko im Infoblatt habe ich nachgefragt, und zu bedenken gegeben, dass ich die Börsenkurse nicht täglich beobachten könne…“ (vgl. Bl. 24 der Akte).

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Hieraus ergibt sich damit, dass der Produktflyer, wie er als Anlage K1 zur Akte gelangt ist (vgl. Bl. 17-20 der Akte) entgegen der Behauptung der Klägerin sehr wohl Gegenstand der Beratung war, dass die Klägerin diesen bei der Beratung inhaltlich zumindest teilweise zur Kenntnis genommen hat, und dass mit der Klägerin auch die Funktionsweise des Zertifikats, nämlich dass die Zahlungen aus dem Zertifikat maßgeblich davon abhängen, wie sich die zu Grunde liegenden Basiswerte entwickeln, besprochen wurde.
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Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die Beklagte die Klägerin nicht über

• das Verlustrisikos der Anlage,
• und das Emittentenrisiko aufgeklärt hat bzw.
• fehlerhaft das Zertifikat zur Altersversorge empfohlen hat,

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da die aus diesen angeblichen Pflichtverletzungen resultierenden Schadensersatzansprüche – wie das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat – jedenfalls gemäß § 37a WpHG verjährt sind.
68

Die inzwischen aufgehobene Vorschrift ist noch auf Ansprüche anwendbar, die vom 1. April 1998 bis zum 4. August 2009 entstanden sind (§ 43 WphG). In diesen Zeitraum fällt der Auftrag der Klägerin vom 17.10.2007. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht der Schaden eines Anlegers, der sich aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, mit dem Erwerb der Anlage (vgl. BGHZ 162 (306); BGH vom 24.03.2011 III ZR 81/10; BGH vom 8.03.2005 XI ZR 170/04; OLG Frankfurt vom 15.04.2011 – 19 U 213/10 Tz. 19; OLG Frankfurt vom 2.08.2006 – 23 U 287/05, Tz 18). Denn mit Abschluss des Geschäfts unterliegt der Anleger den vertraglichen Verpflichtungen und es kommt zu einer konkreten Vermögensgefährdung (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 2013 – 16 U 191/12–, juris).
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Nachdem die dreijährige Verjährung am 17. Oktober 2007 zu laufen begann und damit grundsätzlich mit Ablauf des 16.10.2010 endete, wobei zusätzlich die durch die Verhandlungen der Parteien gemäß § 203 BGB bewirkt der Hemmung von 14 Monaten und vier Tagen anzusetzen ist, ist bezüglich der streitgegenständlichen Ansprüche Ende Dezember 2011 die Verjährung der Schadensersatzansprüche eingetreten. Die erst im Juni 2012 erhobene Klage vermochte damit den Eintritt der Verjährung nicht mehr zu hemmen.
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Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht davon aus, dass auch im vorliegenden Fall die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für eine vorsätzliche Beratungspflichtverletzung trifft.
71

Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt, die der Senat teilt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 2013 – 16 U 191/12–, juris ; OLG Frankfurt vom 4. März 2011 – 19 U 210/10; OLG Frankfurt vom 15. April 2011 – 19 U 213/10; OLG Frankfurt vom 18.02.2011 – 23 U 69/19; OLG Frankfurt vom 17.04.2012 – 9 U 61/11, Tz 14).
72

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Vorliegen einer besonders schweren Interessenkollision der beratenden Bank ausnahmsweise bei Bestehen einer objektiven Pflichtverletzung das vorsätzliche Handeln der beratenden Mitarbeiter vermutet wird (BGH vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07; BGH vom 15.04.2010 – III ZR 196/09), nicht auf das hier streitgegenständliche Anlageprodukt, das Zertifikat „A-Zertifikat (WKN SDL9KQ)“ übertragbar. Kern dieser Rechtsprechung zur Vorsatzvermutung ist der gegen die Bank erhobene Vorwurf, dass im Dreipersonenverhältnis – also bei Einschaltung eines Vertriebsmittlers – hinter dem Rücken des Kunden, Teile der Ausgabeaufschläge, Verwaltungsgebühren oder sonstige offen ausgewiesene Beiträge, wie etwa Provisionen, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft bzw. die Emittentin zahlt – in der Regel umsatzabhängig – wieder zurück an die beratende Bank fließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (BGH aaO.; BGH Beschluss vom 9.3.2011 – XI ZR 191/10). Der Unrechtsvorwurf gegen die Bank liegt hier in dem Umstand, dass eine Fehlvorstellung über die Neutralität der Bank hervorgerufen wird, da der Kunde nicht erfährt, dass versteckt Gelder an die Bank zurückfließen („Kick-Back-Zahlungen“). In dieser versteckten zusätzlichen Gewinnmarge der Bank, die ihre Neutralität bei der Beratung in Frage stellt, liegt das besondere Unwerturteil (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 2013 – 16 U 191/12–, juris). Verdeckte Rückzahlungen oder vergleichbar pflichtwidrige Ausgleichszahlungen sind im vorliegenden Fall- wie dargestellt – jedoch nicht zu erkennen.
73

Die Unterstellung der vorsätzlichen Falschberatung über die Fallgruppe der Rückvergütungen hinaus und damit praktisch bei jeder Anlageberatung durch eine Bank würde zudem bedeuten, dass der Berater dem Anleger immer bewusst und gewollt Schaden zufüge. Dies ist offensichtlich unrichtig und steht zudem der Annahme eines auch vom Bundesgerichtshof immer wieder betonten besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Anleger und Berater entgegen und würde dessen Annahme ad absurdum führen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. März 2011 – XI ZR 33/10, Rn. 41 =, BGHZ 189, 13-32).
74

Eine Vermutung für ein vorsätzliches Handeln wegen der weiteren von der Klägerin behauptete Beratungspflichtverletzungen besteht damit nicht, § 280 BGB.
75

Aus dem Urteil des BGH vom 24. September 2013 – XI ZR 204/12–, juris = BGH WM 2013, 2065-2069 [BGH 24.09.2013 – XI ZR 204/12], folgt nichts Anderes, da diese aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts zum Gegenstand hatte.
76

Die Feststellungen des Landgerichts, dass sich für eine vorsätzliche Verletzung der weiteren Beratungspflichten der Beklagten aus dem Vortrag der Klägerin keine Anhaltspunkte ergeben, sind zu Recht und mit zutreffender Begründung erfolgt.
77

Entgegen ihrer Darstellung in der Berufungsbegründung hat die Klägerin erstinstanzlich gerade nicht in das Wissen der Zeugin X gestellt, dass diese – die Zeugin – die Klägerin vorsätzlich falsch beraten habe (vgl. Bl. 218 der Akte). Soweit die Klägerin auf ihren Schriftsatz vom 28. Mai 2013, Seite 3 verweist (vgl. Bl. 142 der Akten), bezieht sich dieser Beweisantritt nur darauf, dass der Beraterin X das Emittentenrisiko und Totalverlustrisiko bekannt gewesen sei.
78

Dies kann jedoch ohne Beweisaufnahme als wahr unterstellt werden. Denn entscheidend für die Annahme einer vorsätzlichen Pflichtverletzung ist nicht, dass der Beraterin X bestimmte Risiken einer Anlage positiv bekannt sind, sondern dass sie wissentlich und willentlich über diese nicht aufklärt. Gerade Letzteres stellt die Klägerin jedoch nicht unter Beweis.
79

Bei einfachen Aufklärungs- oder Beratungsfehlern – und solche stehen hier im Raum – kann bereits ohne Beweisaufnahme ein fehlender Vorsatz festgestellt werden, wenn keine Anhaltspunkte für einen Vorsatz vorliegen bzw. der Anspruchsteller Entsprechendes nicht substantiiert behauptet hat (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 U 87/12–, juris ; OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.05.2011, 17 U 82/12).
80

Die der beratenden Bank obliegende Darlegungs- und Beweislast, sie habe nicht vorsätzlich gehandelt, betrifft eine so genannte negative Tatsache. Zudem handelt es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache bei der Person des Handelnden, die sich nur aus äußeren Umständen rückschließen lässt. Dass eine seriöse Geschäftsbank wie die Beklagte ihre Mitarbeiter anhält, die eigenen Kunden fehlerhaft zu beraten, oder dass der Berater einen solchen Vorsatz selbst hat, kann ohne entgegenstehende Indizien regelmäßig ausgeschlossen werden. Eine Bank will im Regelfall eine Dienstleistung an ihren Kunden erbringen und mit diesem die Geschäftsbeziehung dauerhaft fortsetzen. Insofern kann unterstellt werden, dass sie selbst Interesse an einer fehlerfreien und qualitativ hochwertigen Beratung hat. Die Abwesenheit von Indizien für einen Vorsatz lässt daher bei einfachen Aufklärungs- oder Beratungsfehlern ohne weitere Beweisaufnahme den Schluss zu, der Bankberater habe nicht vorsätzlich gehandelt. Etwas anderes gilt dann, wenn kein einfacher Aufklärungs- oder Beratungsfehler vorliegt, weil beispielsweise sich die beratende Bank über Gesetzesvorschriften oder Richtlinien hinweggesetzt hat, das Produkt abweichend zu wesentlichen Angaben im Kurzprospekt oder der Produktinformation dargestellt hat oder sonstige offensichtliche Fehler begangen hat (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 16.03.2011, 9 U 129/10; OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 U 87/12–, juris).
81

Im vorliegenden Falle hat die Klägerin unstreitig die vierseitige Produktinformation erhalten, in der über die wesentlichen Chancen und Risiken aufgeklärt wird. Ausweislich der vorgerichtlichen Korrespondenz der Klägerin hat sie diese Produktinformation mit der Beraterin der Beklagten auch – mindestens zum Teil – durchgesprochen. In dieser Produktinformation wird die Funktionsweise des Zertifikats beschrieben und insbesondere sowohl auf das Totalverlustrisiko als auch auf das Emittentenrisiko hingewiesen Die Annahme, dass die Beraterin X vorsätzlich falscher Angaben zu dem streitgegenständlichen Zertifikat machen wollte, ist damit – gänzlich fern liegend.
82

Nachdem die Klägerin bereits zuvor drei Zertifikate gezeichnet hatte, liegt auch ein vorsätzlicher Verstoß der Mitarbeiterin der Beklagten X gegen den Grundsatz der anlegergerechte Beratung fern, da die Empfehlung des streitgegenständlichen Zertifikats sich in das bisherige Anlageverhalten der Klägerin einfügt.
83

Soweit die Klägerin sich mit der Berufung erstmals auf ein angebliches Organisationsverschulden der Beklagten beruft, dringt sie hiermit nicht durch. Der Vortrag hierzu entbehrt jeglicher Substanz. Zudem hat die Beklagte ein Organisationsverschulden bestritten. Einen Grund, weswegen dieser in der Berufungsinstanz neue Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzulassen wäre, trägt die Klägerin nicht vor, so dass bereits wegen des Novenverbotes die Klägerin mit diesem tatsächlichen Vortrag in der Berufungsinstanz ausgeschlossen ist.
84

Mangels Hauptforderung stehen der Klägerin auch die begehrten Nebenforderungen nicht zu. Fraglich ist zudem, weswegen die Klägerin meint, Zahlung an die B-VersicherungsAG verlangen zu können. Ein Rechtsschutzinteresse scheint hier nicht gegeben. Wenn und soweit die B-VersicherungsAG meint, einen Erstattungsanspruch für die von ihr an die Klägerin gffs. erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten zu haben, möge sie diesen selber einklagen. Einer gewillkürten Prozessstandschaft mangelt es jedenfalls am erforderlichen rechtliches Interesse.
85

Schließlich regt der Senat an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Im Falle einer Rücknahme entstehen – abgesehen von den ohnehin anfallenden Anwaltskosten – lediglich 2 Gerichtsgebühren (KV 1222 Nr. 1 GKG). Wird demgegenüber die Berufung förmlich durch Beschluss zurückgewiesen, verbleibt es bei der 4 – fachen Gerichtsgebühr (KV 1220 GKG).

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