OLG Frankfurt am Main, 30.09.2013 – 23 U 9/13

April 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 30.09.2013 – 23 U 9/13
Leitsatz

Zu den Voraussetzungen der Erstattung außergewöhnlicher Rechtsanwaltskosten des Güteverfahrens
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 30.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-12 O 394/11, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das am 30.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-12 O 394/11, ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

I.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an dem Medienfonds … Zweite Academy … GmbH & Co. KG in Höhe von 25.000,- € nebst einem Agio in Höhe von 1.250,- € geltend.
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Wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes wird zunächst gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3

Im Übrigen ist folgendes zu ergänzen:
4

Der Kläger zeichnete am 03. Dezember 2002 eine Beteiligung an dem … Zweite Academy … GmbH & Co. KG (künftig: Fonds) in Höhe von 25.000,00 Euro, zzgl. 5 % Agio i.H.v. 1.250,00. Dieser Medienfonds wurde von der Beklagten konzipiert und vertrieben. Die Beteiligung an dem Fonds erfolgte dergestalt, dass der Kläger sich nicht unmittelbar als Kommanditist an dieser Gesellschaft beteiligte. Vielmehr verhielt es sich so, dass der Kläger als Treugeber der A … GmbH im Rahmen eines Treuhandvertrages diese als Treuhänderin beauftragte, eine Beteiligung an dem Fonds im eigenen Namen, jedoch für Rechnungen des Klägers als Treugebers zu begründen und zu halten. Der Kläger ist damit in dieser Form lediglich wirtschaftlich an der Gesellschaft beteiligt, im Verhältnis zu Dritten außerhalb der Gesellschaft ist er jedoch kein Gesellschafter, und er wurde insbesondere nicht in das Handelsregister als solcher eingetragen.
5

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.546,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an dem Medienfonds. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, den der Kläger infolge einer nachträglichen Aberkennung der Verlustzuweisung bezüglich der Beteiligung an dem Medienfonds dadurch erleidet, dass die Steuerzahlung nicht bereits im Zeichnungsjahr, sondern erst später geleistet wird. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung im Verzug befindet. Im Übrigen hat das Landgericht die weiter auf die Zahlung entgangenen Gewinns sowie auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung des Klägers von Haftungsansprüchen gemäß § 172 Abs. 4 HGB gerichtete Klage abgewiesen.
6

Das Landgericht hat die angegriffene Entscheidung damit begründet, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei, und die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Beratungspflichten gegen diese dadurch verstoßen habe, dass sie den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Oktober bzw. November 2002 nicht davon in Kenntnis gesetzt habe, dass inzwischen zwei der drei Schadensersatzklagen gegen die B zugelassen worden seien, sich die Klagen auf den Vorwurf organisierte Kriminalität stützten und eine Schadenssumme von 225 Millionen US-Dollar drohe.
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Diese Beratungspflichtverletzung sei kausal für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen. Auch nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese nicht zugunsten des Klägers streite. Deswegen habe die Beklagte den Schadens des Klägers bezüglich des von ihm eingesetzten Kapitals zuzüglich Agio im Ergebnis wegen eines Betrages in Höhe von 2.546,17 Euro zu erstatten. Dieser Betrag berechne sich aus der Differenz zwischen der Zahlung des Klägers und den erhaltenen Ausschüttungen.
8

Weiter sei die Klage zulässig und begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehre, dass die Beklagte ihn von einem wahrscheinlichen Vermögensschaden in Gestalt von Säumniszinsen auf Steuerverbindlichkeiten freizustellen habe. Das Begehren auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten gleichfalls begründet gemäß §§ 293, 294, 295 BGB.
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Im Übrigen hat das Landgericht jedoch der Klage den Erfolg versagt. Soweit der Kläger die Feststellung begehre, dass die Beklagte ihm zum Ersatz möglicher Haftungsansprüche nach § 172 Abs. 4 HGB verpflichtet sei, sei der Feststellungantrag bereits unzulässig, da die für ein Feststellunginteresse erforderliche Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme bereits nicht dargetan sei. Die bloße Möglichkeit eines Wiederauflebens der Haftung reiche hierfür nicht aus.
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Entgangenen Gewinn in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 03.12.2001 bis zum 30. Januar 2011 aufgrund der mangelnden Nutzung des in den Fonds eingezahlten Kapitals könne der Kläger gleichfalls nicht verlangen. Die Voraussetzungen des § 252 BGB lägen nicht vor. Es gäbe keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Kapitalanleger, dem es unter anderem auch auf Steuervorteile ankomme, sein verfügbares Kapital bei Abstandnahme von einem ihm angebotenen steuersparenden Fonds dann festverzinslich angelegt habe. Es sei mindestens ebenso wahrscheinlich, dass der Kläger sich nach einer anderen steuerbegünstigten Anlage erkundigt hätte, so dass die begehrte Verzinsung nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspreche.
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Eine Ersatzpflicht ergebe sich auch nicht aus dem deliktischen Ansprüchen gemäß §§ 823 ff., 826, 849 BGB. Eine Täuschungshandlung durch die Beklagte im Sinne von § 263 StGB sei nicht nachvollziehbar dargetan.
12

Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen. Der Kläger habe nämlich bereits nicht vorgetragen, dass sein Prozessvertreter ihm außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Rechnung gestellt, und der Kläger diese dann beglichen habe.
13

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger, soweit das Landgericht ihm die Feststellung versagt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von weiteren finanziellen Nachteilen infolge eines möglich Wiederauflebens der Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB gegenüber Gläubigern der Fondsgesellschaft sowie weiteren Ansprüchen der Treuhänderin freizustellen, und soweit das Landgericht ihm den entgangenen Gewinn und die Rechtsanwaltskosten nicht zugesprochen hat.
14

Das Landgericht habe verkannt, dass grundsätzlich bei allen Publikumfonds in Form der GmbH & Co. KG, an denen sich die Anleger als Kommanditisten beteiligten, die Gefahr bestünde, dass die von der Fondsgesellschaft an die Anleger als Ausschüttung gezahlten Beträge zurückgefordert werden könnten, wenn sich herausstellen sollte, dass diese Zahlungen nicht aus Überschüssen der Gesellschaft stammten, sondern als sogenannte Einlagenrückgewähr zu qualifizieren seien. Ob es sich bei den Zahlungen der Fondsgesellschaft an den Berufungskläger um eine Einlagenrückgewähr handele, oder die Fondsgesellschaft einen Rückforderungsanspruch in Zukunft geltend machen könne, sei zwar nicht sicher, aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen. Es könne dem Berufungskläger jedoch nicht zugemutet werden, diesen Eintrittsfall abzuwarten und bis zur endgültigen Liquidation der Fondsgesellschaft abzuwarten, da dann die Ansprüche des Berufungsklägers gegenüber der Beklagten verjährt wären. Deswegen bestünde auch ein entsprechendes Feststellungsinteresse, so dass der Antrag zulässig und aufgrund der festgestellten Schadensersatzpflicht der Beklagten auch begründet sei.
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Der Berufungskläger habe zudem die Kanzlei des Klägervertreters vorgerichtlich mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, woraufhin – und das ist unstreitig – der Klägervertreter für diesen mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2010 ein Güteverfahren bei der staatliche anerkannten Gütestelle C eingeleitet habe. Mit Schreiben vom 21. März 2011 habe die Beklagte gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die Einrede der Verjährung bis zum 30.10.2011 verzichtet. Damit stünde fest, dass die hiesigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgerichtlich tätig gewesen seien. Für die hierfür entstandenen Tätigkeiten stünde ihnen eine 1,5 Gebühr nach Ziffer 2303 VV zum RVG für die Durchführung des Güteverfahrens zu. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht insofern keinen richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt. Wäre der Hinweis erteilt worden, hätte der Kläger die entsprechende Honorarrechnung vom 15.03.2011 vorgelegt. Diese Rechnung, die mit einen Betrag von 693,18 schließt und der ein Gegenstandswert von 6.775,92 Euro zur Grunde liegt, habe der Kläger zum 21.03.2011 ausgeglichen (Beweis durch Zeugnis des Kanzleiinhabers D).
16

Schließlich habe das Landgericht auch rechtsfehlerhaft die entgangene Eigenkapitalverzinsung nicht zugesprochen. Das Gericht habe nicht in Erwägung gezogen, den entgangenen Zins nach § 287 ZPO zu schätzen, obwohl der Kläger erstinstanzlich vorgetragen habe, dass er den Zeichnungsbetrag sicher angelegt und eine Verzinsung von 4 % erzielt hätte. Der Kläger habe hierdurch seinen Darlegungslasten genügt, weil eine gewisse Wahrscheinlichkeit ausreiche, dass nach den gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer anderen Anlagemöglichkeit dieser Gewinn erzielt worden wäre. Das Landgericht hätte zumindest begründen müssen, weswegen es von der gesetzlichen Möglichkeit der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO keinen Gebraucht gemacht habe. Die Abweisung der entgangenen Kapitalverzinsung beruhe auf eine Verkennung der BGH-Rechtsprechung hierzu.
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Der Kläger beantragt,

I. das angefochtene Urteil des LG Frankfurt am Main vom 30.11.2012, Az. 2/12 O 394/11, teilweise abzuändern und die Berufungsbeklagte zu verurteilen, dem Berufungskläger über den landgerichtlichen Tenor hinaus:
1. Zinsen in Höhe von 4 % aus einem Betrag in Höhe von € 26.250,00 vom 03.12.2002 bis zum 29.12.2006,
2. Zinsen in Höhe von 4 % aus einem Betrag in Höhe von € 26.071,18 für den Zeitraum vom 30.12.2006 bis zum 31.12.2009,
3. Zinsen in Höhe von 4 % aus einem Betrag in Höhe von € 2.546,18 für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 30.01.2011 sowie
4. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem in Ziffer I.1. sowie aus den Zinsen gemäß Ziffer I.1., I.2. und I.3. seit dem 31.01.2011
Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der von dem Berufungskläger am 03.12.2002 gezeichneten Beteiligung an der … II. Academy … GmbH & Co. Beteiligungs KG (nominal Kommanditbeteiligung: 25.000,00 €) zu zahlen.
II. Die Berufungsbeklagte wird weiter verurteilt, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 693,18 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
III. Es wird weiter festgestellt, dass die Berufungsbeklagte den Berufungskläger von weiteren finanziellen Nachteilen infolge eines möglichen Wiederauflebens der Haftung (§ 172 Abs. 4 HGB) gegenüber Gläubigern der Fondsgesellschaft sowie etwaige Ansprüchen der Treuhänderin freizustellen hat.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

19

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit dadurch die Klage abgewiesen wird, durch Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Die Beklagte meint, dass dem Kläger kein Anspruch auf Freistellung von den Rechtsfolgen des § 172 Abs. 4 HGB zustünde, was bereits daraus folge, dass der Kläger eben gerade nicht als Kommanditist an der fraglichen Fondsgesellschaft beteiligt gewesen sei. Weil der Kläger sich nur mittelbar als Treugeber über die Treuhänderin beteiligt habe, könnten hier keine Ansprüche gegen über dem Kläger im Sinne von § 172 Abs. 4 HGB im Raume stehen (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az. II ZR 211/09 = BGH WM 2012, 1184-1188 [BGH 23.04.2012 – II ZR 211/09]).
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Zu Recht habe das Landgericht auch den Anspruch auf entgangenen Gewinn abgewiesen. Der Vortrag in der Berufungsbegründung des Klägers bringe dazu nichts wesentlich Neues. Insbesondere lege der Kläger nach wie vor nicht näher dar, welche andere Anlage er anstelle der streitgegenständlichen Steuerbeteiligung gewählt hätte, die ihm eine Rendite von 4 % pro Jahr sicher eingebracht hätte, und so auch unter Berücksichtigung gegebenenfalls einer Versteuerung Kapitaleinkünften.
21

Schließlich verkenne der Kläger, dass er schließlich seit dem Jahr 2002 Steuervorteile von rund 13.000 Euro erzielt habe, diese Steuervorteile aber offensichtlich gerade nicht mit einer Rendite von 4 % reinvestiert habe.
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Schließlich stünde dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Die Beklagte stellt in Abrede, dass der Kläger dem Klägervertreter einen gesonderten Auftrag zur vorgerichtlichen Tätigkeit erteilt habe. Der Vortrag des Klägers in der Berufungsschrift hierzu wird als verspätet gerügt und die Beklagte bestreitet weiter, dass der Kläger den Betrag von EUR 693,18 Euro an den Klägervertreter zur Auszahlung gebracht hat. Sei meint zudem, dass die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bereits deswegen nicht in Betracht käme, weil es den hiesigen Klägervertretern hinlänglich bekannt gewesen sei, dass die Beklagte außergerichtlich zu einer Zahlung nicht bereit gewesen sei.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß erhoben, § 517, 522 Abs. 2 ZPO.
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In der Sache selbst hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.
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Der Berufung ist der Erfolg zu versagen, soweit der Kläger entgangenen Gewinn beansprucht. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von entgangenem Gewinn in Höhe von 4 % auf die jeweils beanspruchte streitgegenständliche Summe verneint.
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Zum entgangenen Gewinn hat der Kläger erstinstanzlich lediglich vorgetragen,

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„hätte die Klagepartei die gegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet, hätte sie den Gesamtbetrag der eigenfinanzierten Anlage zuzüglich Agio festverzinslich etwa in Festgeld, Bundesanleihen oder ähnliches angelegt“.
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Die Berufungsbegründung enthält keinen substantiellen darüber hinausgehenden tatsächlichen Vortrag. Auf diese Grundlage ist ein entgangener Gewinn durch den Kläger jedoch nicht schlüssig dargetan.
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Ein auf Ersatz eines Zinsschadens gerichteter Anspruch des Klägers könnte zunächst aus § 252 Abs. 2 BGB folgen. Ein solcher Anspruch ist dann zu bejahen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre, dass der Kläger für das eingesetzte Kapital ansonsten einen Gewinn von 4 % pro Jahr erwirtschaftet hätte. Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig; § 252 Abs. 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung.
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Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Anleger darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer anderen Anlage geschätzt erzielt worden wäre. An diese Darlegung sind zwar keine strengen Anforderungen zu stellen, vielmehr genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit (BGH-WM 2002, 909 (911) [BGH 18.02.2002 – II ZR 355/00]. Anderseits hat der BGH auch erkannt, dass es bereits zweifelhaft erscheint, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine Geldanlage überhaupt Gewinn erwirtschaftet (BGH, Urteil vom 24.04.2012, XI ZR 360/11).
32

Im vorliegenden Falle ist bei der Schätzung der erzielbaren Rendite zudem die von dem Kläger behauptete Alternativanlage einer Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die tatsächlich von dem Kläger getätigten Anlagen zu unterziehen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Juli 2013 – 23 U 165/12–, juris; BGH, Urteil vom 28.05.2012, XI ZR 262/10).
33

Im vorliegenden Falle ist damit zu berücksichtigten, dass der Kläger sich
– im Jahre 2000 sich an dem E … Immobilienfonds,
– im Jahr 1998 an dem Medienfonds …,
– im Jahr 2000 an dem VIP 3 Medienfonds,
– im Jahr 2002 in dem hier streitgegenständlichen Fonds und dann
– im Jahr 2003 an den VIP 3 Medienfonds beteiligt hat.
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Es handelt sich hierbei eindeutig um Beteiligungen, die einen starken steueroptimierenden Aspekt beinhalten. Dementsprechend fügt es sich auch ins Bild, dass der Kläger in seiner persönliche Anhörung vor dem Landgericht am 12. Oktober 2012 hierzu befragt ausdrücklich erklärt hat, dass sein Anlageziel
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„immer dasselbe war und auch klar war“ (vgl. Bl. 218 d. A.).
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Der Kläger hat hierzu wörtlich erklärt:
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„Ich wollte eine steueroptimierte Anlage“ (vgl. Bl. 218 d. A.).
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Vor dem Hintergrund dieser Anlageziele des Klägers erscheint es damit gänzlich unplausibel, dass der Kläger, wenn er sein Geld nicht in den streitgegenständlichen Fonds investiert hätte, dann in Bundesanleihen oder andere festverzinsliche Papiere investiert hätte.
39

So entspricht es auch der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass nicht unterstellt werden kann, dass ein Anleger, der sich an einem Steuermodell beteiligt hat, bei Kenntnis der Beratungsfehler dann ausgerechnet in einen Sparvertrag oder in eine Festgeldanlage investiert hätte, vielmehr liegt dann die Annahme nahe, dass der Kläger als Alternative zu der gezeichneten Anlage ebenfalls eine unternehmerische Beteiligung mit Verlustzuweisung gewählt hätte, um Steuervorteile zu erzielen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Juli 2013 – 23 U 165/12–, juris;). Anlagen in Form einer unternehmerischen Beteiligung mit Verlustzuweisungen sind typischerweise jedoch gerade nicht in einer festen Verzinsung bzw. einer garantierten Rendite verbunden, sondern mit bloßen Gewinnchancen bei entsprechenden Risiken. Eine Vergleichbarkeit der unternehmerischen und riskanten Fondsbeteiligung mit einer Festgeldanlage ist daher nicht gegeben.
40

Damit ist die plausible Darlegung eines erstattungsfähigen entgangenen Gewinns seitens des Klägers nicht erfolgt.
41

Schließlich stehen dem Kläger gegenüber der Beklagten auch keine Deliktszinsen i.S.d. §§ 826, 849, 246 BGB zu. Insoweit fehlt es bereits an der Darlegung der Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte. Nicht jede Nichterfüllung vertraglicher oder nachvertraglicher Pflichten ist sittenwidrig, dies ist vielmehr nur dann zu bejahen, wenn besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten als sittlich verwerflich erscheinen lassen (Sprau in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 826 Rn. 22; Oechsler in: Staudinger, BGB, Neubearb 2009, § 826 BGB, Rn. 180; BGH, Urt. v. 19.10.2010 – VI ZR 124/09, juris, Rn. 12 m.w.N.).
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Eine deliktische Haftung erfordert daher, dass der gesetzliche Vertreter der Beklagten den dem Kläger entstandenen Schaden vorsätzlich herbeigeführt hätte. Hierbei trägt der Kläger insbesondere die Beweislast für den danach erforderlichen Vorsatz des gesetzlichen Vertreters der Beklagten, da er als Anspruchsteller alle Tatsachen zu beweisen hat, aus denen er seinen Anspruch herleitet (vgl. BGH WM 2012, 260-262 [BGH 20.12.2011 – VI ZR 309/10] m.w.N., = Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10–, juris). Auf die im Rahmen der vertraglichen Pflichtverletzungen geltende Regelung des § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB kann der Kläger sich hierbei nicht berufen.
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Nach dieser Maßgabe sind deliktische Ansprüche nicht erkennbar, da es jedenfalls an den für eine deliktische Haftung erforderlichen subjektiven Tatbestandsmerkmalen mangelt (vgl. insofern Urteil des Senats vom 08. Juli 2013 – 23 U 132/12–, juris; Urteil des Senats vom 26. Juli 2013 – 23 U 165/12–, juris).
44

Die Berufung hat weiter keinen Erfolg, soweit der Kläger nunmehr die für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemäß Nr. 2303 VV RVG geltend macht.
45

Vorweg ist zu bemerken, dass das Landgericht nicht rechtsfehlerhaft einen Hinweis im Sinne von § 139 ZPO hierzu unterlassen hat, da es sich bei den beanspruchten Rechtsanwaltskosten um bloße Nebenforderungen handelt, bezüglich derer gemäß § 139 Abs. 4 ZPO gerade keine Hinweispflicht des Gericht besteht.
46

Auch bezüglich der – erstmals mit der Berufung geltend gemachten – Gebühr gemäß Nr. 2303 VV RVG für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens steht dem Kläger gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung zu, da die Durchführung des Güteverfahrens weder erforderlich und zweckmäßig war.
47

Der Kläger kann nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten ersetzt verlangen, sondern nur solche Kosten, die aus seiner Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH WM 2011, 2139 [BGH 04.05.2011 – VIII ZR 171/10]; BGHZ 66, 182 (192)). Ersatzfähig sind demnach Aufwendungen für alle Maßnahmen, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung, seinen Anspruch vorprozessual oder prozessual zu verfolgen, als sachdienlich zur Rechtsverfolgung anzusehen sind (vgl. Ernst Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 286 Rn. 154).
48

In Bezug auf das Güteverfahren mangelt es hieran.
49

Ist wie hier – wie dem Gericht aus einer Vielzahl von Fällen aus eigener Anschauung zur Kenntnis gelangt ist – der Schuldner bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – XI ZR 148/11–, juris). Dies gilt bei den hier beanspruchten Kosten für die Durchführung eines Güteverfahrens umso mehr, als im vorliegenden Falle die Durchführung eines Güteverfahrens gem. § 15a EGZPO gerade nicht obligatorisch war. Die Durchführung eines Güteverfahrens erscheint dabei auch deswegen in besonderem Maße unzweckmäßig, weil die Prozessbevollmächtigten des Klägers – was sie erstinstanzlich unter Beweisantritt so vorgetragen haben – daneben auch ein außergerichtliches Anspruchsschreiben gefertigt haben und hierfür eine 2,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV RVG von dem Kläger erhalten haben wollen (vgl. Seite 41 und 42 der Klageschrift). Neben den außergerichtlichen Anspruchsschreiben die Durchführung eines nicht obligatorischen Güteverfahrens zu betreiben war nicht zweckmäßig.
50

Die Berufung ist weiter nicht begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihn von weiteren finanziellen Nachteilen infolge eines möglichen Wiederauflebens der Haftung gemäß §172 Abs. 4 HGB gegenüber Gläubigern der Fondsgesellschaft freizustellen.
51

Auch wenn man als richtig unterstellt, die Ausschüttungen an die Anleger beruhten nicht auf erwirtschafteten Renditen, sondern seien als (teilweise) Einlagenrückgewähr zu werten, kommt eine Inanspruchnahme des Klägers nach §§ 171, 172 HGB keinesfalls in Betracht. Da der Kläger nämlich gerade nicht Kommanditist der … Zweite Academy … GmbH & Co. Beteiligungs KG geworden ist, sondern er sich nur mittelbar als Treugeber der A … GmbH, die dann als Kommanditistin im Handelsregister eingetragen worden ist und als Treuhänderin für den Kläger handelte, an dem Fonds beteiligt hat, können Ansprüche gegen den Kläger i. S. v. §171 HGB bzw. § 172 Abs. 4 HGB, von welchen die Beklagte den Kläger dann freizustellen hätte, nicht gegeben seien. Da der Kläger selbst nicht Kommanditist, sondern als Treugeber nur wirtschaftlich über die Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, kann nur die Treuhänderin Anspruchsgegnerin eines auf §§ 171, 172 HGB gestützten Anspruchs sein. Auch Gläubiger der Gesellschaft können ihn insoweit nicht in Anspruch nehmen, so dass es an einer Grundlage für eine mögliche Freistellungsverpflichtung fehlt (vgl. BGH WM 2012, 1184-1188 [BGH 23.04.2012 – II ZR 211/09] m.w.N.).
52

Allenfalls ergeben sich Freistellungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution daraus, dass möglicherweise nach dem Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und der A … GmbH der Treugeber – damit der Kläger – die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten freistellen muss, die die Treuhänderin für ihn eingeht oder die aus der Haftsumme des Treuhänders gemäß dem Handelsregistereintrag resultieren.
53

Solche Freistellungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten sind jedoch jedenfalls verjährt.
54

Der vom Kläger verfolgte Schadensersatzanspruch aus Beratungsverschulden unterliegt nach dem Schuldrechtmodernisierungsgesetz seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB bzw. nach der ultimo-Regel des § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB der zehnjährigen Verjährungsfrist.
55

Freistellungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten wegen möglicher Ansprüche der der A … GmbH sind jedoch jedenfalls nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB verjährt.
56

Die diesbezüglichen Schadensersatzansprüche sind am 03.12.2002 entstanden, da nach der ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt ist (vgl. BGHZ 162, 306-313). Nachdem der Kläger ab dem 03.12.2002 entgangenen Gewinn beansprucht hat der Senat dieses Datum als Zeitpunkt des Erwerbs der streitgegenständlichen Beteiligung angesetzt, was zudem mit den Angaben im Zeichnungsschein korrespondiert.
57

Damit trat jedoch die Verjährung des Freistellungsanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten wegen möglicher Ansprüche der der A … GmbH mit dem Ablauf des 03.12.2012 ein; die erstmals mit Berufungsbegründung am 25.03.2013 klageweiser Geltendmachung dieser Ansprüche vermochte den Lauf der Verjährung nicht mehr zu hemmen.
58

Die Kostenentscheidung für die Berufung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
59

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Weder hat die Sache eine grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 ZPO.

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