OLG Frankfurt am Main, 10.07.2013 – 7 U 217/11

April 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 10.07.2013 – 7 U 217/11
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.9.2011 abgeändert.

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 111.708,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.8.2009 sowie weitere 3.089,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit 24.8.2010 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils vollstreckten Betrags leistet.
Gründe
1

I.

Der Kläger hat bei der Beklagten als „A1“ bzw. „A2“ bezeichnete Kapitallebensversicherungen abgeschlossen, bei denen der Versicherungsnehmer einen Einmalbeitrag bzw. regelmäßige Beiträge in einen „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ einzahlt. Dafür werden ihm Anteile an diesem Pool zugewiesen. Die Beklagte setzt regelmäßig jährlich eine Dividende fest, die den Wert und damit den Rücknahmepreis der Anteile erhöht (sog. deklarierter Wertzuwachs). Sie garantiert aber keine Mindestdividende, sondern nur, dass am Ende der Laufzeit des Vertrags der Wert der Anteile höher ist als am Anfang und dass tatsächlich vorgenommene Erhöhungen nicht mehr zurückgenommen werden. Darüber hinaus kann der Versicherungsnehmer Gewinn- bzw. Überschussbeteiligungen in Form des sog. Fälligkeitsbonus erhalten, der insbesondere der Ablaufleistung und bestimmten Auszahlungen zugeschlagen werden kann. Bei Auszahlungen vor Ablauf der Laufzeit des Vertrags belastet die Beklagte den Vertragswert mit dem ggf. um einen Fälligkeitsbonus verminderten Auszahlungsbetrag, indem sie diesen Betrag anhand des Rücknahmepreises in die entsprechende Anzahl von Poolanteilen umrechnet. Bei Auszahlungen, die die Voraussetzungen eines Fälligkeitsbonus nicht erfüllen, gewährt die Beklagte unter Umständen einen Rückgabebonus oder erhöht den in Poolanteile umzurechnenden Betrag um eine sog. „Marktpreisanpassung“.
2

Die Parteien haben den Versicherungsvertrag A1 Nr. …1 (Anl K 12) vereinbart mit einem Einmalbeitrag von 250.000 €, einzuzahlen in den B Pool …, und einer Laufzeit von 78 Jahren sowie regelmäßigen, vierteljährlichen Auszahlungen von 4.687 € bis 15.9.2013. Ferner haben die Parteien den Versicherungsvertrag A Nr. …2 (Anl. K 12) geschlossen, bei dem eine Laufzeit von 12 Jahren mit jährlichen Beiträgen von 15.929 € vereinbart ist. Diese Verträge beruhen auf den Anträgen des Klägers vom 12.12.2001 (K 10).
3

Ferner hat der Kläger einen Darlehensvertrag über 277.778 € (Disagio: 10%) bei der Bank1 geschlossen (Anl. K 11). Der Darlehensbetrag ist in die Police Nr. …1 einbezahlt worden.
4

Diese Verträge sind die Bausteine eines als XRente bezeichneten Altersvorsorgekonzepts, bei dem die Darlehenssumme als Einmalbeitrag in eine Kapitallebensversicherung mit regelmäßigen Auszahlungen einbezahlt wird. Aus den regelmäßigen Auszahlungen sollen die Darlehenszinsen und ein Teil der Tilgung bzw. die für die Tilgungsversicherung erforderlichen Beiträge bezahlt werden. Als Tilgungsinstrument dient die weitere, mit regelmäßigen Beiträgen angesparte Kapitallebensversicherung. Das Konzept setzt darauf, dass die Renditen der Versicherungen so hoch sind, dass am Ende der Finanzierungsphase das Tilgungsinstrument den Darlehensbetrag erreicht und die regelmäßigen Auszahlungen die Substanz der anderen Versicherung nicht wesentlich angetastet haben, so dass aus dem verbleibenden Kapital eine Rente bezogen werden kann. Das Konzept nutzt außerdem Steuervorteile, weil das Disagio und die Zinsen als Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden können und die auf die Auszahlungen bzw. Rentenzahlungen anfallende Steuerlast geringer als die Vorteile sein soll, weil nur der Ertragsanteil und dieser zumeist zu einem geringeren Steuersatz versteuert werden muss. Dieses Konzept ist in dem Prospekt „XRente“ (Anl. K 51) erläutert.
5

Dieses Konzept wurde von der C GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, initiiert und gegenüber Dritten beworben. Die C GmbH ist im Verhältnis zur Beklagten Untervermittlerin des Versicherungsvertrags. Hauptvermittler sind von der Beklagten als „Masterdistributoren“ bezeichnete Finanzvermittler, denen die Beklagte, die in Deutschland keine Agenturen unterhält, den Vertrieb ihrer Versicherungsprodukte überlassen und mit denen sie auch Courtagevereinbarungen getroffen hatte, hier die D AG.
6

Der Kläger unterzeichnete als Antragsteller wie auch als Vermittler Risikohinweise für die „XRente“ und erklärte dabei, das Konzept verstanden zu haben (Anl K 9). Ferner unterzeichnete er eine Erklärung, wonach ihm bekannt sei, dass die Beklagte für bestimmte Aspekte seiner Beratung nicht verantwortlich sei (Anl. K 13).
7

Die bei der Beklagten abgeschlossenen Versicherungen haben nicht die erhoffte Wertentwicklung genommen. Der Kläger ließ mit Schreiben vom 25.4.2002 und 6.9.2002 (Anl. B 24, 25) die regelmäßigen Auszahlungen reduzieren bzw. verzichtete auf einzelne Auszahlungen. Er hat die beiden Verträge im Jahr 2008 gekündigt (Anl. B 12a, b). An Rückkaufswerten erhielt er 180.976,84 € und 68.082,17 €. Der deklarierte Wertzuwachs für die Verträge betrug in den Jahren 2003 3,5% bzw. 4%, 2004 1,5% bzw. 3%, 2005 0,5% bzw. 1,5 % und 2006 je 0,5%. Ein Fälligkeitsbonus wurde nur für den B Pool … im Jahr 2005 auf 575,57 € und 2006 auf 2.024,21 € festgesetzt. Darüber wurde der Kläger mit Jahresabrechnungen (Anl. B 10 bis B 23) informiert.
8

Der Kläger verlangt von der Beklagten, so gestellt zu werden, wie er ohne den Abschluss der Verträge stünde. Seinen Schaden berechnet er aus der Differenz zwischen Ausgaben (Darlehen, Zinsen und jährliche Prämien) und zugeflossenen Einnahmen (Entnahmen und Rückkaufswerte). Diesen Betrag beziffert er auf 124.980,64 € (Bl. 41).
9

Der Kläger ist der Ansicht, über die Funktionsweise der abgeschlossenen Versicherungen, insbesondere die Prämien- und Reserven- und Überschussverwaltung, deren Eignung für den damit verfolgten Zweck und über die Renditechancen bzw. das Risiko, dass die erhoffte Rendite verfehlt werde, unzutreffend informiert worden zu sein. Die unzulängliche Aufklärung und Beratung sei der Beklagten zuzurechnen, weil sie über die Einzelheiten des Anlagekonzepts, das der Kläger ausführlich mit dem Zeugen E, dem damaligen Geschäftsführer der D AG, besprochen habe, informiert gewesen, dieses und andere fremdfinanzierte Modelle aktiv gefördert und die auf die Xrente bezogenen Unterlagen gebilligt habe. In den Gesprächen mit dem Zeugen E sei dem Kläger eine Darstellung der Vergangenheitsrenditen der Beklagten vergleichbar den Aufstellungen in Anlage K7 vorgelegt worden. Der C GmbH sei stets die aktuelle Version der Berechnungssoftware Sigma der Beklagten zur Verfügung gestellt worden, später habe sie noch eine Excel-Datei erhalten, die eine Abstimmung der Berechnung zur XRente mit den Berechnungsgrundlagen der Beklagten ermöglicht habe. Bei den Gesprächen habe der Zeuge E wiederholt angegeben, dass die Beklagte mit vergleichbaren Verträgen in den vergangenen 50 Jahren stets zweistellige Renditen (12-14%) erzielt habe und die Annahme einer zukünftigen Entwicklung von 8,5% jährlich bei weitem gerechtfertigt sei. Beides treffe aber nicht zu. Der Kläger behauptet ferner, die mit der Software der Beklagten erstellten Musterberechnungen seien falsch, weil bei Vornahme der ursprünglich beabsichtigten Auszahlungen selbst bei einer Rendite von 8,5% das Kapital aufgezehrt werde, während die Musterberechnung Anl B9 einen Erhalt des Kapitals vorspiegle (Bl. 201, Anl K 40). Die Beklagte erhebe nicht vereinbarte Garantiekosten. Es sei nicht offenbart worden, dass die zugesagten Garantien von den Versicherungsnehmern selbst getragen würden und dass Versicherungsnehmer zusätzliche Zahlungen leisten müssten. Die erwirtschafteten Renditen bzw. die durch das Glättungsverfahren gebildeten Reserven würden teilweise für andere Anleger aufgewendet. Der Kläger behauptet, dass er bei zutreffender Kenntnis und Information die zu diesen Konzepten gehörenden Verträge nicht gezeichnet hätte.
10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 124.980, 64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.8.2009 sowie weitere 3.089,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte bezweifelt die Aktivlegitimation des Klägers, weil er die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen an die Bank1 abgetreten habe und gemäß den Abtretungserklärungen nach Erledigung des Sicherungszwecks eine Rückabtretung erfolgen müsse, die nicht behauptet sei.
13

Der Kläger sei über den Inhalt der Verträge durch die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation und Poolinformation aufgeklärt worden. Eine bestimmte Rendite sei nicht garantiert gewesen. Die Verwaltung der Prämien und das Glättungsverfahren erfolgten vertragsgemäß. Angaben, die dem Kläger durch den Zeugen E gemacht worden seien, seien der Beklagten nicht zuzurechnen. Die Einzelheiten der Prämien- und Überschussverwaltung der Beklagten seien für die Entscheidung des Klägers, die Verträge abzuschließen, ohne Bedeutung gewesen. Für den Erfolg der Anlage des Klägers komme es nur darauf an, dass die erwartete Rendite eintrete. Darauf habe der Kläger spekuliert.
14

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Der Kläger habe aus den jährlichen Abrechnungen erkennen können und auch erkannt, dass sich die Verträge bei weitem nicht so entwickelt hätten, wie er das erwartet habe. Deshalb habe er auch die Auszahlung reduziert. Er habe daher Anlass gehabt, den dafür maßgeblichen Gründen nachzugehen. Das habe er in nicht verjährter Zeit aus grober Fahrlässigkeit unterlassen.
15

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass die vom Kläger behaupteten fehlerhaften Angaben des Zeugen E nicht bei der Anbahnung eines Versicherungsvertrags des Klägers mit der Beklagten erfolgt, sondern zu geschäftlichen Zwecken der C GmbH erfolgt seien. Die Beklagte habe auch keine eigenen Aufklärungspflichten verletzt, denn der Musterberechnung sei keine zweistellige Vergangenheitsrendite, sondern nur eine solche von 8,5% zugrunde gelegt und eine Rendite von 6% als gerechtfertigt erwartbar angenommen worden, so dass der Kläger mit erheblichen Schwankungen habe rechnen müssen. Dass die Rendite nicht garantiert sei, habe der Kläger gewusst. Der Kläger sei auch nicht unzutreffend über das Glättungsverfahren und die Poolverwaltung informiert worden. Das Konzept, das der Kläger verfolgt habe, sei auch nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Ein auf fälschlich geweckten Renditeerwartungen beruhender Schadensersatzanspruch sei auch verjährt, weil der Kläger anhand der Abrechnungen habe feststellen können, dass die Renditeprognosen unrealistisch seien.
16

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zur Begründung der Berufung führt der Kläger aus, dass auch er auf die Angaben des Vertriebs der Beklagten habe vertrauen dürfen, zumal er auch die Absicht, selbst einen Vertrag zu schließen, kundgegeben habe. Das Landgericht habe seinen Vortrag, dass der in den Musterberechnungen suggerierte Kapitalerhalt auch bei der angenommenen Wertentwicklung von 8,5% tatsächlich nicht eintrete, sondern bei Durchführung der vorgesehenen Entnahmen das Kapital verzehrt werde, nicht berücksichtigt. Die Bedeutung der von dem Zeugen E herausgestellten Vergangenheitsrenditen liege darin, dass eine langjährig gute Ertragslage bei einem Anleger auch positive Zukunftserwartungen wecke. Es sei nur aus Vorsichtsgründen mit 8,5% gerechnet worden; die kleine Einschränkung auf der letzten Seite widerspreche einer Erwartung von 8,5% nicht. Bezüglich der Poolverwaltung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und wendet sich insbesondere gegen die Ansicht des Landgerichts, dass es darauf ankomme, dass die Versicherungsbedingungen eine Poolverwaltung, wie sie tatsächlich erfolge, nicht ausschlössen. Entscheidend sei, ob die Bedingungen dies zuließen bzw. ob die Beklagte dies offenbart habe. Verjährung sei entgegen der Annahme des Landgerichts nicht eingetreten, weil die jährlichen Abrechnungen die Aufklärungspflichtverletzungen nicht offenbart hätten. Die Einzelheiten der Poolverwaltung und deren Abweichung gegenüber der früheren Darstellung der Beklagten seien erst ab 2006 durch die Broschüre „…“ (Anl. K 19) bekannt geworden. Da der Fälligkeitsbonus vor allem für die zu erwartende Ablaufleistung bedeutsam sei, komme es auch nicht darauf an, dass in den Jahren vorher kein solcher Bonus ausgewiesen werde.
17

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.9.2011, Az. 2-23 O 334/10 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 124.980, 64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.8.2009 sowie weitere 3.089,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

19

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und vertieft ihr Vorbringen insbesondere im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangenen, ähnliche Sachverhalte betreffenden Urteile des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 und im Hinblick auf den gerichtlichen Hinweis vom 3.1.2013 und die Erörterung dieses Gesichtspunkts in der mündlichen Verhandlung am 27.2.2013.
20

Die Beklagte wendet sich generell gegen die Zurechnung der Angaben von Vermittlern, die als Makler nicht im Auftrag der Beklagten handelten. Die Beklagte müsse beim Abschluss von Kapitallebensversicherungsverträgen auch nicht die bei der Vermittlung von Kapitalanlagen bestehenden Informations- und Aufklärungspflichten erfüllen.
21

Im Besonderen wendet die Beklagte sich gegen die Zurechnung vom Kläger behaupteter Angaben des Zeugen E, weil zwischen dem Kläger, der selbst sachkundig sei, und anderen Vermittlern bzw. der Beklagten kein Anbahnungsverhältnis mit Beratungspflichten, sondern ein allgemeiner Kontakt über eine geschäftliche Zusammenarbeit bestanden habe. Der Kläger habe sich die Anlage durch seine Gesellschaft selbst vermittelt. Der Kläger habe das Xrente-Konzept selbst entwickelt und sei daher auch insoweit nicht beratungsbedürftig gewesen.
22

Gegenüber dem Kläger seien auch keine unzutreffenden Renditeerwartungen geweckt worden; insbesondere habe der Kläger, der die Software der Beklagten sogar zur Erstellung seiner eigenen Musterberechnung eingesetzt habe, auch den Hinweis gekannt, dass die Beklagte die Erwartung einer Rendite von 6% als gerechtfertigt angesehen habe.
23

Der Kläger sei auch über die Verwaltung der Prämien, insb. das Glättungsverfahren und die Garantiekosten zutreffend informiert worden; er habe als professioneller Vermittler die Einzelheiten der Prämienverwaltung den Vertragsunterlagen entnehmen können. Entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofs stehe der Beklagten kein freies Ermessen bei der Reservenbildung zu, sie sei vielmehr an ihre Geschäftsgrundsätze gebunden und werde aktuarisch und behördlich beaufsichtigt. Es treffe auch nicht zu, dass die mit Beiträgen eines Versicherungsnehmers erwirtschaftete Rendite zur Gewährleistung der Garantien für andere Versicherungsnehmer, also zu einer Quersubventionierung verwendet werden könne. Diese Annahme des Bundesgerichtshofs beruhe auf einem unzutreffenden Verständnis des Sachverhalts. Die Garantien würden aus der von der Beklagten am Kapitalmarkt insgesamt erzielten Rendite bedient. Diese Rendite erwirtschafte die Beklagte mit dem Gesamtvolumen des bei ihr eingezahlten, auf dem Kapitalmarkt investierten Kapitals. Die Beklagte lege die Einmalbeiträge nicht separat an und verteile daher auch nicht deren Erträge an andere Kunden. Ein Teil der Erträge werde in Reserven überführt, die zur Absicherung von Garantieansprüchen dienten. Garantien würden zuerst aus den Reserven des jeweiligen Pools erbracht. Wenn diese nicht ausreichten, greife die Beklagte in sehr geringem Umfang auf die Gesamtreserven des F-Fund zurück. Die gebildeten Reserven stünden den Versicherungsnehmern auch vollständig zu; sie profitierten daran vollständig über die Boni. Schon während der Laufzeit und nicht erst bei Auszahlungen erfolge eine rechnerische Zuteilung; der Fälligkeitsbonus werde, soweit er anfalle, dem Versicherungsnehmer in der jeweiligen Höhe ausgewiesen und, soweit er auf Teilauszahlungen entfalle, bereits während der Vertragslaufzeit ausgeschüttet. Die Beklagte garantiere lediglich nicht, dass die als Bonus zugeteilten Reserven bei negativen Entwicklungen erhalten blieben.
24

Die Grundsätze der Poolverwaltung seien für die Anlageentscheidung der Anleger unerheblich. Auch für den Kläger habe nur die Erwartung einer hohen Rendite eine Rolle gespielt. Unter Zugrundelegung welcher Poolverwaltung die Beklagte diese Renditen erziele, sei für den Kläger uninteressant. Der Kläger hätte auch, selbst wenn er sich gegen den Abschluss der Versicherungsverträge mit der Beklagten entschieden hätte, andere fremdfinanzierte Anlagen gewählt und nicht insgesamt davon Abstand genommen. Die Kausalitätsvermutung erstrecke sich auch nicht auf den Abschluss des Darlehensvertrags. Jedenfalls sei der Schaden nach dem Schutzzweck der jeweiligen Aufklärungspflicht zu begrenzen. Aus der vermeintlich unzureichenden Aufklärung über die Poolverwaltung sei dem Kläger aber kein Schaden entstanden. Jedenfalls müssten erzielte Steuervorteile angerechnet und ein erhebliches Mitverschulden des Klägers, der selbst sachkundig und seinen Kunden selbst auskunftspflichtig sei, berücksichtigt werden. Es sei auch treuwidrig, wenn sich der Kläger bei selbst vermittelten Anlagen auf unzutreffende Angaben Dritter berufe.
25

Verjährung sei auch bezüglich der vermeintlichen Verletzung der Pflicht zur Aufklärung über die Poolverwaltung eingetreten, weil der Kläger wie alle Versicherungsnehmer 2006 ein Schreiben der Beklagten erhalten habe, dem ein „F Newsletter“ beigefügt gewesen sei, in dem auf die Bezugsmöglichkeit der „…“ hingewiesen worden sei. Der Kläger habe diese Informationen spätestens im Jahr 2006 gekannt. Jedenfalls sei er als professioneller Vermittler gehalten gewesen, diese Informationen zur Kenntnis zu nehmen, so dass ihm jedenfalls grobe Fahrlässigkeit zur Last falle.
26

II.

Die Berufung des Klägers ist im Wesentlichen begründet. Das Landgericht hat die Klage, abgesehen von Nebenforderungen, zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger kann, weil die Beklagte eine ihm gegenüber bestehende Aufklärungspflicht verletzt hat, verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne den Abschluss der Verträge stünde. Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt.
27

Die Aktivlegitimation des Klägers für die erhobenen Ansprüche besteht ungeachtet der Sicherungsabtretung an die den Einmalbeitrag finanzierende Bank und unabhängig von der Frage, ob diese Zession durch Abwicklung des Darlehens erledigt ist, weil Ansprüche aus Verschulden beim Vertragsschluss von der Sicherungszession nicht umfasst sind. Nach den vorformulierten Abtretungserklärungen (Anl. B 7 a,b), bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, hat der Kläger seine „gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus dem … Versicherungsvertrag“ an die finanzierende Bank abgetreten. Solche Abtretungserklärungen umfassen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden nicht (BGH U.v. 11.7.2012, Az. IV ZR 286/10, zit. nach juris, Rdn. 17).
28

Die Beklagte hätte den Kläger vor dem Abschluss des Vertrags darüber aufklären müssen, dass die mit den Prämien der Versicherungsnehmer erwirtschafteten Erträge nicht nur für die Policen des Pools, in den der jeweilige Versicherungsnehmer investiert, sondern auch für Garantieansprüche anderer Versicherungsnehmer verwendet werden kann.
29

Die Beklagte ist bei der Anbahnung eines Vertragsschlusses über die A und A1-Police verpflichtet, Anleger über die für den Anlageentschluss besonders bedeutsamen Umstände verständlich und vollständig zu informieren. Soweit dies durch Vermittler nicht oder inhaltlich unvollständig oder unzutreffend geschieht ist, muss die Beklagte sich dies zurechnen lassen, weil sie den Vertrieb und damit auch die Erfüllung ihrer eigenen Informationspflichten anderen Finanzvermittlern überlassen hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, Az. IV ZR 164/11, zit. nach juris, Rdn. 51, 53).
30

Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Versicherungsnehmer wie hier der Kläger selbst Geschäftsführer einer mit der Vermittlung der Versicherungsverträge der Beklagten befassten Gesellschaft ist und das hier abgeschlossene Hebelmodel selbst entworfen hat. Es handelt sich um eine die Beklagte gegenüber den Vertragsinteressenten treffende Aufklärungspflicht, die auf dem vorvertraglichen Schuldverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer als Anlageinteressent und dem Versicherer als künftigem Vertragspartner des Anlegers beruht. Dieses Rechtsverhältnis besteht unabhängig davon, ob der Interessent den Vertrag über einen Vermittler abschließt oder ihn sich selbst vermittelt, also direkt mit der Beklagten abschließt und eine Provision für ein Eigengeschäft erhält. Die Beklagte muss auch gegenüber solchen Vertragsinteressenten sicherstellen, dass sie die für den Anlageentschluss maßgeblichen Informationen erhalten.
31

Die von der Beklagten gegen die Annahme solcher Pflichten, gegen ihre Herleitung und gegen die Zurechnung des Verhaltens von Vermittlern vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch.
32

Der Umstand, dass die mit der Beklagten abgeschlossenen Verträge Versicherungsverträge sind, rechtfertigt es nicht, von der entsprechenden Anwendung der für Kapitalanlagen geltenden Aufklärungspflichten abzusehen. Der Grund der Aufklärungs- und Informationspflichten ist nicht der Charakter des Geschäfts als Versicherungsvertrag oder Kapitalanlage, sondern der Umstand, dass es sich um ein nicht aus sich heraus verständliches Produkt handelt, das der Anleger mit dem Ziel, das eingesetzte Kapital zu vermehren, zeichnet. Informationspflichten werden wegen der Komplexität eines Anlageprodukts und deshalb, weil Lebensversicherer in Konkurrenz mit den Anbietern anderer Kapitalanlagen stehen, in Schrifttum und Rechtsprechung seit längerem auch für Versicherungsverträge bejaht (Schwintowski aaO.; von Stebut, ZIP 1992, 1698, 1702 mwNw; Kieninger NVersZ 1999, 118f.; Römer, VersR 1998, 1313, 1314, 1316; Prölss/Martin-Schneider, VVG, 28. Aufl., Vor § 150 Rdn. 30, 80; BGHZ 147,373). Es handelt sich daher bei der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um die Konkretisierung einer anlassbezogenen Beratung, die aufgrund der Eigenart des Produkts bei dessen Vermittlung immer besteht. Die von der Beklagten erwähnte Entscheidung (BGH VersR 2005, 1565 [BGH 12.10.2005 – IV ZR 162/03]), die auf die ausschließliche Maßgeblichkeit des Versicherungsrechts abstellt, bezieht sich auf die Anwendbarkeit des § 172 VVG a.F., also auf die Möglichkeit einer einseitigen Änderung von Versicherungsbedingungen im Interesse aller Versicherungsnehmer und hat mit der hier zu beurteilenden Frage nichts zu tun. Dass die von der Beklagten angebotene Police nicht aus sich heraus verständlich, sondern ein kompliziertes Produkt ist, liegt auf der Hand und kann nicht ernsthaft bestritten werden. Da ein Anleger bei der Auswahl zwischen verschiedenen Anlageprodukten auch Kapitallebensversicherungen in Betracht zieht, gibt es keinen sachlichen Grund, den Anbieter solcher Versicherungsverträge geringeren Informationspflichten zu unterwerfen als die Anbieter anderer Anlageformen. Es trifft auch zu, dass die vereinbarte Versicherungsleistung neben dem Anlagezweck nur untergeordnete Bedeutung hat. Die vereinbarte Todesfallleistung kann bei dem von der Beklagten gebildeten Beispiel eines Wertverfalls der Anlage den üblichen Rückkaufswert erheblich übersteigen. Dennoch ist sie von untergeordneter Bedeutung, weil derjenige, der die Police „A1“ zeichnet, keine Risikolebensversicherung abschließen, sondern für den Einmalbeitrag eine optimale Rendite erhalten will. Es wäre unsinnig, eine Versicherungsleistung zu bezahlen, die darin besteht, die um ein Prozent erhöhte Prämie im Versicherungsfall zurückzuerhalten. Eine solche Versicherungsleistung könnte auch ein Sparbuch erfüllen. Die Risikokomponente ist dem Vertrag ersichtlich beigefügt, damit der Vertrag als Versicherungsvertrag im einkommensteuerlichen Sinn gelten kann und aufsichtsrechtlich auch von einer Versicherungsgesellschaft angeboten werden darf; im Übrigen ist er ein rein partiarisches Rechtsverhältnis, so dass die Anlageentscheidung auch nur durch die Bedingungen, unter denen der Anleger am Ertrag teilnehmen kann, bedingt sein kann, also durch die Einzelheiten der Beitragsverwaltung und durch die Renditeaussichten. Deshalb hat der Anleger auch ein mit den Interessenten anderer Anlageformen gleichgeartetes Informationsbedürfnis hinsichtlich der für die Anlageentscheidung besonders bedeutsamen Umstände. Dass es sich bei fondsgebundenen Lebensversicherungen, die von deutschen Gesellschaften angeboten werden, ähnlich verhält, führt dazu, dass auch bei solchen Verträgen weitergehende Informationspflichten angenommen werden (vgl. Prölss/Martin-Schneider aaO.); eine die Beklagte diskriminierende Sonderbehandlung ist daher nicht erkennbar. Aus der Regelung der Informationspflicht in § 6 Abs. 6 VVG kann die Beklagte schon deshalb nichts herleiten, weil es diese Regelung bei Abschluss der hier fraglichen Verträge noch nicht gab. Überdies ist nicht ersichtlich, dass bei einem gerade Renditezwecke verfolgenden komplexen Produkt die produktbezogene Beratungspflicht des Versicherers inhaltlich anders als diejenige des Anbieters einer Anlage ausfallen sollte. Auf die versicherungsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Quelle dieser Pflicht kommt es daher nicht an.
33

Mit der Annahme solcher Informationspflichten werden auch nicht europarechtliche Bestimmungen verletzt. Nach der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der durch die Rechtsprechung angenommenen Aufklärungspflicht um eine gegen Art. 31 Abs.3 RL 92/96/EWG verstoßende Anordnung weiterer Informationen, weil die Pflicht, über für den Anlageentschluss besonders bedeutsame Umstände zu informieren, zu unbestimmt sei. Ein solcher Verstoß liegt aber nicht vor. Die Rechtsprechung konkretisiert den Inhalt bestehender Informationspflichten in Fällen, in denen es sich bei dem Versicherungsvertrag der Sache nach um ein Anlageprodukt handelt. Europarechtlich darf ein Versicherer, der Versicherungsverträge wie die A-Policen anbietet, als verpflichtet angesehen werden, in seinen Policenbedingungen bzw. Verbraucherinformationen Einzelheiten des Glättungsverfahrens und der poolübergreifenden Verwendung von Reserven für Garantien zu offenbaren. Denn die Anlage 4 zu § 10a VVG a.F. sah vor, dass Informationen über die Berechnung der Überschussbeteiligung in den Verbraucherinformationen enthalten sein müssen. Darum handelt es sich bei diesen Modalitäten der Prämienverwaltung. Solche Informationen sieht auch die Richtlinie vor. Die angenommene Informationspflicht hat ihre Grundlage auch nicht in dem Unterschied englischer und deutscher Versicherungsprodukte; weder der Senat noch der Bundesgerichthof haben einen solchen Unterschied zum Anlass genommen, der Beklagten besondere Informationspflichten aufzuerlegen.
34

Zu den besonders bedeutsamen Umständen, über die aufzuklären sei, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 11.7.2012, Az. IV ZR 164/11, zit. nach juris, Rdn. 58 – 60) die poolübergreifende Reservenbildung, die eine Quersubventionierung ermögliche. Der Senat, der dieser Rechtsprechung folgt, kann den hiergegen gerichteten Einwänden der Beklagten nicht entnehmen, dass der Bundesgerichtshof von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Die Beklagte legt selbst dar, dass bei nicht ausreichenden Reserven der jeweiligen Pools auf die Gesamtreserven im F Fund zurückgegriffen wird. Diese Gesamtreserven sind mit der Gesamtheit des in den F Fund eingezahlten Kapitals erwirtschaftet. Das bedeutet aber zwangsläufig, dass es sich um Reserven handelt, die auch mit dem Kapital erwirtschaftet wurden, das Anleger anderer Pools eingezahlt haben. Daraus folgt aber, dass das Risiko, dass die Reserven eines Pools zur Erfüllung der dort entstehenden Garantieansprüche nicht ausreichen, auch von anderen Anlegern getragen wird, der Ertrag der Anlage also nicht nur von der Entwicklung der dem Pool des Anlegers zugeordneten Erträge abhängt, sondern auch davon, wie sich die anderen Pools entwickeln. Genau dieser Sachverhalt wird in der Broschüre „…“ in dem Abschnitt „Management der Fondsgeschäfte“ dargestellt. Danach (S. 60 Anl K 19) sei der F Fund nominell u.a. zur Festlegung der Boni unterteilt; diese verschiedenen Vermögensgruppen könnten dazu dienen, die Bonuszahlungen für verschiedene Gruppen von Policen festzulegen, während es derzeit keine Unterteilung für die Deckung von Garantiekosten gebe; Belastungen zur Deckung der Garantiekosten würden auf alle F-Policen umgelegt. Soweit die Beklagte bestreitet, dass Quersubventionen erfolgen, versteht sie darunter ersichtlich etwas anderes als diese von ihr selbst eingeräumte Beteiligung des Gesamtfonds an der Aufbringung erforderlicher Garantiekosten. Denn sie will unter Quersubvention den Einsatz einem Vertrag bereits bindend zugeschriebener Renditen zugunsten anderer Verträge verstehen. Dass eine Quersubventionierung in diesem Sinne stattfindet, ist in der Tat dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen und von ihr auch nicht zugestanden. Dies ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten selbst eingeräumte Möglichkeit, dass aus den Gesamtreserven Garantieansprüche verschiedener Pools gedeckt werden können, eine Beteiligung der Anleger am Anlagerisiko anderer Pools darstellt. Ob die hierfür erforderlichen Gesamtreserven freie Vermögenswerte (vgl. S. 52 Anl K 19) sind oder ob, wie die Beklagte vorträgt, die Reserven jedenfalls rechnerisch vollständig den Versicherungsnehmern zugeordnet sind, macht dabei keinen Unterschied , weil die Zuteilung der Reserven als Bonus lediglich vorläufig ist, also gerade auch deshalb wieder entfallen kann, weil sie – teilweise – für Garantiekosten anderer Pools verwendet werden müssen. Dass die poolübergreifende Reservenbildung für die Versicherungsnehmer auch vorteilhaft sein kann, weil die Beklagte, wie sie vorträgt, durch diese Art der Prämienverwaltung der Notwendigkeit enthoben ist, für jeden Pool gesondert Reserven zu bilden und dadurch insgesamt größere Renditechancen hat, rechtfertigt es nicht, von der Aufklärung über den damit unter Umständen verbundenen Nachteil abzusehen.
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Der Kläger ist über diesen Umstand nicht aufgeklärt worden. Die Formulierungen in den Policenbedingungen, dass die Pools deutlich abgegrenzt seien, die Unterteilung in Pools aber lediglich zum Zweck der Berechnung von Leistungen erfolge und die Vermögenswerte des Pools der Beklagten gehörten, verdeutlichen nicht, dass die Garantiekosten auch aus Gesamtreserven gedeckt werden können. Dass der selbst als Vermittler tätige Kläger aus anderen Quellen besser informiert und daher nicht aufklärungsbedürftig war, ist nicht ersichtlich. Auch die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Kläger über die Prämien- und Poolverwaltung besser informiert war, als er selbst in der Klageschrift (Bl. 20) vorgetragen hat; sie hat vielmehr auf diesen Kenntnisstand des Klägers Bezug genommen (Bl. 462).
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Bei vollständiger Information hätte der Kläger sein eigenes Anlagemodell nicht gezeichnet. Für die Kausalität einer Aufklärungspflichtverletzung für den Anlageentschluss spricht eine tatsächliche Vermutung (BGH aaO. und BGH U.v. 8.5.2012, Az. XI ZR 262/10), deren Widerlegung zur Beweislast der Beklagten steht. Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Kläger auch bei näherer Kenntnis der Grundsätze der Poolverwaltung die Verträge geschlossen hätte, weil ihn dies in seiner Erwartung, eine ausreichende Rendite erzielen zu können, nicht hätte zweifeln lassen. Die auf Antrag der Beklagten durchgeführte Parteivernehmung des Klägers hat diese Behauptung aber nicht bestätigt. Der Kläger hat vielmehr ausgesagt, dass er definitiv nicht abgeschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass mit den Pools etwas vermischt wird, und zwar auch dann nicht, wenn ihm gesagt worden wäre, dass die poolübergreifende Reservenbildung Voraussetzung dafür sei, dass besonders hohe Renditen erzielt werden könnten. Er sei insbesondere wie jeder seiner Kunden davon ausgegangen, dass das Versprechen, dass die Policen nicht an Wert verlieren, von der Gesellschaft garantiert und durch ausgewiesene Reserven dargestellt werde. Wenn er hätte befürchten müssen, mit seinen Mitteln dafür eintreten zu müssen, dass ein anderer Pool zuvor Verlust gemacht hat, dann hätte er vom Abschluss Abstand genommen. Aufgrund dieser Aussage des Klägers kann nicht festgestellt werden, dass er in Kenntnis des Umstands, dass Garantien unter Umständen aus den Gesamtreserven des F-Fund bestritten werden, die Verträge abgeschlossen hätte, weil der Kläger nach seiner Darstellung davon ausgegangen ist, dass die für Garantien erforderlichen Mittel nicht aus den mit den Prämien erwirtschafteten Reserven bestritten werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann daraus, dass der Kläger mit den beiden Versicherungsverträgen in unterschiedliche Pools investiert hat, nicht geschlossen werden, dass es ihm auf eine Abgrenzung der Pools nicht angekommen sei.
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Die von dem Kläger erhobenen Ansprüche sind nicht verjährt. Ansprüche aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen, auch wenn sie auf Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten von Informationsmaterialien gestützt werden, und aus Verletzung von Aufklärungspflichten verjähren nicht in der für die Prospekthaftung im engeren Sinn geltenden Frist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 311 Rdn. 67, 72 mit Hinweis auf BGH NJW 2010, 1077 [BGH 07.12.2009 – II ZR 15/08]). Sie verjähren auch nicht in der Frist des § 12 Abs. 1 VVG a.F., weil diese Vorschrift solche Ansprüche nicht erfasst (BGH U.v. 11.7.2012, IV ZR 164/11, zit. nach juris, Rdn. 68). Für diese Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährung nach §§ 195, 199 BGB. Danach ist Verjährung nicht eingetreten. Verjährungshemmende Maßnahmen hat der Kläger im Jahr 2009 durch Anbringung eines Güteantrags (Bl. 227, Anl. K 44) und während dadurch bewirkter, fortdauernder Hemmung durch Erhebung der Klage im Juli 2010 ergriffen, so dass Verjährung eingetreten ist, wenn der Kläger über die maßgeblichen Umstände bereits 2006 informiert oder aus grober Fahrlässigkeit nicht informiert war. Die Behauptung der Beklagten, er habe im Jahr 2006 die Broschüre „…“ gekannt, hat der Kläger nicht bestätigt. Er hat vielmehr bekundet, erst aus Presseveröffentlichungen von der poolübergreifenden Reservenbildung erfahren zu haben. Ob der Kläger das von der Beklagten erwähnte Rundschreiben, in dem auf die Broschüre hingewiesen wurde, gekannt hat, ist unerheblich, weil es nicht als grob fahrlässig anzusehen wäre, wenn der Kläger einem solchen Hinweis nicht nachgegangen wäre. Es ist nicht grob fahrlässig, wenn ein Anleger im Hinblick auf die besondere Bedeutung der persönlichen Beratung durch einen Vermittler die – vollständige – Lektüre von Unterlagen unterlässt, die er bei oder nach dem Vertragsschluss erhält (BGH U.v. 27.9.2011, Az. VI ZR 135/10, WM 2011, 2129). Da den Gläubiger auch keine Obliegenheit trifft, im Interesse des Schuldners an einem baldigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben, kann dem Kläger auch nicht, weil er selbst Vermittler ist und die schlechte Wertentwicklung der Verträge bemerkt hat, als schlechthin unverständlich vorgeworfen werden, dass er einem Hinweis auf weitere Informationsmöglichkeiten nicht nachgegangen ist. Die Kenntnis der Jahresabrechnungen hat dem Kläger lediglich vermittelt, dass sich der deklarierte Wertzuwachs und der auf regelmäßige Auszahlungen gewährte Fälligkeitsbonus nicht erwartungsgemäß entwickeln. Über die poolübergreifende Reservenbildung hat der Kläger dadurch keine Kenntnis erlangt. Die diesen Umstand betreffende Aufklärungspflichtverletzung betrifft auch einen von den Renditeerwartungen des Klägers verschiedenen Sachverhalt, so dass die wegen dieser Aufklärungspflichtverletzung laufende Verjährung auch dann nicht vollendet wäre, wenn der Kläger schon vor dem Jahr 2005 hätte erkennen können, dass die erwartete Rendite sich nicht einstellen würde.
38

Der dem Kläger entstandene Schaden besteht darin, dass er in die abgeschlossenen Versicherungsverträge Eigenkapital eingezahlt hat, dass er zur Finanzierung des Einmalbeitrags Darlehensverbindlichkeiten eingegangen ist und Zinsen bezahlt hat. Die Ansicht der Beklagten, ein Schaden sei nicht entstanden, trifft nicht zu. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht schützt die Autonomie des Anlegers, der aufgrund vollständiger Informationen in die Lage versetzt werden soll, sich für oder gegen eine Anlage zu entscheiden. Wenn der Kläger sich bei zutreffender Aufklärung gegen die Anlage entschieden hätte, muss er im Wege des Schadensersatzes auch so gestellt werden, als ob er die Anlage überhaupt nicht gezeichnet hätte. Der Ersatzanspruch beschränkt sich deshalb auch nicht darauf, den Kläger so zu stellen, als ob es die von ihm beanstandete poolübergreifende Reservenbildung nicht gegeben hätte. Der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 3.12.1991 (VersR 1992, 592 [BGH 03.12.1991 – XI ZR 300/90]) und vom 20.3.2007 (NJW 2007, 2396 [BGH 20.03.2007 – XI ZR 414/04]) geht fehl, weil im hier zu entscheidenden Fall nicht nur eine eingeschränkte Pflicht zur Erteilung von Auskünften besteht, sondern die Beklagte verpflichtet ist, die Versicherungsnehmer über alle für die Anlageentscheidung besonders bedeutsamen Umstände verständlich und vollständig zu informieren.
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Der Anspruch des Klägers ist auch nicht wegen eines Mitverschuldens zu kürzen. Dies kommt bei der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten nur unter besonderen Umständen in Betracht, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Auskünfte verlassen darf. Auch unter Berücksichtigung der beruflichen Tätigkeit des Klägers kann aber nicht festgestellt werden, dass er unter Verletzung der in eigenen Angelegenheiten gebotenen Sorgfalt die mit der poolübergreifenden Reservenbildung verbundenen Risiken nicht erkannt hat, weil die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen dazu keine Hinweise enthalten.
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Dem Kläger ist der Schaden entstanden, den er in der Klageschrift (Bl. 41) dargelegt hat. Dabei ist unstreitig, dass er das Darlehen bei der Bank1 aufgenommen hat und den Einmalbeitrag von 250.000 € in die A1-Police investiert hat. Aus der Darlehensaufnahme folgt zugleich, dass der Kläger bis zur Rückführung die vereinbarten Zinszahlungen zu erbringen hatte. Sie belaufen sich einschließlich der Kontoführungsgebühren für das Darlehenskonto auf 86.217,65 € (Bl. 40, Übersicht Anlage BK 2 und Kontoauszüge Anlage BK1 zum Schriftsatz vom 25.2.2013). Während der Kläger behauptet hat, an Entnahmen 69.601 € erhalten zu haben, hat die Beklagte die Entnahmen auf 70.130,33 € beziffert. Dem ist der Kläger nicht im Einzelnen entgegengetreten, so dass von dem höheren Betrag auszugehen ist. Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger in die A-Police fünf gleiche Jahresbeiträge zu je 15.929 € eingezahlt hat, denn sämtliche Jahresabrechnungen zeigen für das erste Jahr nur eine Einzahlung von 3.185 € (beispielhaft: Anlagen B 20 und B 11). Dies führt zu dem von der Beklagten angegebenen Einzahlungsbetrag von 66.901,80 (Bl. 104), den bzw. die ihm zugrundeliegenden Jahresabrechnungen der Kläger gleichfalls nicht im Einzelnen bestritten hat. Daher ist die Schadensberechnung des Klägers (Bl. 41) auf der Ausgabenseite um 12.743,20 zu vermindern und auf der Einnahmenseite um 529,33 € zu erhöhen, so dass sich ein Saldo von 111.708,11 € ergibt. Etwaige Steuervorteile, die der Kläger erzielt haben mag, waren nicht schadenmindernd zu berücksichtigen, weil die Ersatzleistung ihrerseits insoweit steuerpflichtig wäre und nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. BGH U.v. 1.3.2011, Az. XI ZR 96/09).
41

Zinsen gebühren dem Kläger wegen Verzugs der Beklagten; sie hat die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 4.8.2009 zurückgewiesen.
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Ersatz für die Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten kann der Kläger nach den §§ 280, 249 BGB, hierauf entfallende Zinsen unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit verlangen. Insoweit hat die Beklagte Einwände nicht erhoben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

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