OLG Frankfurt am Main, 14.03.2013 – 11 U 66/12

April 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 14.03.2013 – 11 U 66/12
Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 15.6.2012, Az. 7 O 268/11, wird auf seine Kosten verworfen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 13.810,76 EUR festgesetzt.
Gründe
1

I.

Der Kläger hat gegen das ihm am 20.6.2012 zugestellte Urteil des Landgerichts Wiesbaden am 20.7.2012 Berufung eingelegt. Am 20.8.2012 ging beim Landgericht Wiesbaden per Telefax ein – dorthin adressierter – Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ein (Bl. 166 d.A.). Hiervon wurde das Büro des Klägervertreters am 21.8.2012 telefonisch vom Landgericht Wiesbaden in Kenntnis gesetzt. Eine Kanzleiangestellte nahm daraufhin telefonisch Kontakt mit der Geschäftsstelle des Senats auf (vgl. Aktenvermerk Bl. 163 d.A.). Mit Schriftsatz vom 24.8.2012 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, das Verlängerungsgesuch vom 20.8.2012 sei lediglich vorsorglich von einer Auszubildenden versandt worden und versehentlich falsch adressiert worden. Tatsächlich sei bereits am 15.8.2012 ein Fristverlängerungsgesuch per Briefpost an das Oberlandesgericht gesandt worden (Bl. 161, Bl. 190 d.A.). Nach Mitteilung, dass ein solches Gesuch nicht eingegangen sei, übersandte der Kläger am 20.9.2012 die Berufungsbegründungsfrist und beantragte hinsichtlich der verstrichenen Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führte er aus, sein Verlängerungsgesuch vom 15.8.2012 müsse auf dem Postweg verloren gegangen sein. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 187 ff d.A. Bezug genommen.
2

Nach Hinweis des Senats, dass ein Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei (Bl. 214 d.A.), trug der Kläger mit Schriftsatz vom 22.10.2012 im Einzelnen zum Zustandekommen der beiden Verlängerungsgesuche vom 15.8.2012 und vom 20.8.2012 vor, unter Beifügung von eidessstattlichen Versicherungen der jeweils beteiligten Mitarbeiterinnen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 236 ff d.A. Bezug genommen.
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II.

1) Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der bis zum 20.8.2012 laufenden Frist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden ist. Ein Fristverlängerungsgesuch ist – in Form des Schriftsatzes vom 20.8.2012 – erst nach Ablauf dieser Frist beim Berufungsgericht eingegangen, so dass dem Gesuch nicht mehr stattgegeben werden konnte.
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2) Der Antrag, dem Kläger wegen Versäumnis der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, war zurückzuweisen, weil der Kläger einen Wiedereinsetzungsgrund nicht innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.
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Hierzu wäre eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe erforderlich gewesen, aus denen sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht (BGH NJW 2008, 3501, 3502 [BGH 03.07.2008 – IX ZB 169/07] m.w.Nw.; NJW 2011, 458, 460 [BGH 21.10.2010 – IX ZB 73/10]). Dieser geschilderte Sachverhalt kann zwar auch nach Fristablauf noch erläutert oder vervollständigt werden (vgl. BGH VersR 2010, 508, 509; NJW 2011, 458, 460 [BGH 21.10.2010 – IX ZB 73/10]); neuer Tatsachenvortrag nach Fristablauf kann jedoch nicht mehr berücksichtigt werden (BGH NJW 1998, 2678 [BGH 12.05.1998 – VI ZB 10/98]).
6

Der Klägervertreter hat innerhalb der Monatsfrist mit Schriftsatz vom 20.9.2012 lediglich anwaltlich versichert, der – in Kopie dem Wiedereinsetzungsgesuch beigefügte – Schriftsatz vom 15.8.2012 sei an diesem Tage ausgefertigt, durch den Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden und durch eine Kanzleimitarbeiterin am selben Tag in einen noch an diesem Tag zur Leerung vorgesehenen Briefkasten der Deutschen Post eingeliefert worden. Weiter hat er zur allgemeinen Behandlung von zur Unterschrift vorgesehenen Schriftstücken in seiner Kanzlei vorgetragen. Dies genügt mangels hinreichender Konkretisierung nicht den oben dargestellten Anforderungen. So fehlt es etwa an einer Darstellung, welche Mitarbeiterin den Schriftsatz verfertigt und wer ihn zur Post gebracht haben soll.
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Mit Schriftsatz vom 22.10.2012 – also nach Ablauf der spätestens mit Empfang der schriftlichen Mitteilung vom 29.8.2012 (Bl. 164 d.A.) begonnenen Wiedereinsetzungsfrist – hat der Klägervertreter dargelegt, dass das in Rede stehende Fristverlängerungsgesuch vom 15.8.2012 gerade nicht im üblichen Geschäftsgang, wie er im Schriftsatz vom 20.9.2012 vorgetragen worden war, gefertigt wurde, sondern dass ausnahmsweise eine nur freiberuflich tätige und nicht in die allgemeine Kanzleiorganisation eingebundene Mitarbeiterin den Schriftsatz verfertigt und später auch zur Post gegeben habe. Dabei handelt es sich um einen anderen Sachverhalt, als er im Schriftsatz vom 20.9.2012 geschildert worden war, denn im Zusammenhang mit der anschließenden Darstellung der allgemeinen Praxis konnte der Vortrag in diesem Schriftsatz nur dahingehend verstanden werden, dass auch mit dem konkreten Schriftsatz entsprechend verfahren worden war. Wegen dieses Widerspruchs kann das neue Vorbringen nicht mehr als (zulässige) Konkretisierung der lapidaren Aussage im Schriftsatz vom 20.9.2012 gewertet werden, der Schriftsatz sei am 15.8.2012 ausgefertigt, unterzeichnet und zum Briefkasten gebracht worden. Diese Aussage erscheint vielmehr als bloße Behauptung ins Blaue hinein, die erfolgt ist, ohne dass der Klägervertreter sich der Mühe unterzogen hätte, die behauptete Fertigung, Unterzeichnung und Weiterleitung des konkreten Schriftsatzes im Einzelnen nachzuvollziehen. Damit ist auch das Wiedereinsetzungsgesuch mangels rechtzeitiger Darlegung und Glaubhaftmachung eines die Wiedereinsetzung begründenden Sachverhaltes verfristet.
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3) Aus diesem Grunde war die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zu verwerfen.

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