OLG Frankfurt am Main, 07.03.2013 – 11 AR 219/12

April 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 07.03.2013 – 11 AR 219/12
Leitsatz

Ist auf Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt worden, ist ein erneuter Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung unzulässig.
Tenor:

Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung vom 29.06.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
1

I.

Der Antragsteller macht gegen die beiden Antragsgegnerinnen Schadensersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage geltend. Er beteiligte sich auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin zu 1) am 26.09./10.10.2000 mit einer Einlagesumme von 100.000,- DM an dem …-…fonds Nr. 125, … GmbH & Co. … KG. Die Antragsgegnerin zu 2) ist die Rechtsnachfolgerin eines Kreditinstituts, welches die obligatorische Anteilsfinanzierung übernommen hatte und laut Prospekt für die Verpflichtung zur Erbringung der vereinbarten Lizenzzahlungen einstehen sollte.
2

Der Antragsteller wirft der Antragsgegnerin zu 1) Verletzung des Anlageberatungs-vertrages vor. Die Antragsgegnerin zu 2) hafte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch ihre Rechtsvorgängerin und sei aus Prospekthaftung im weiteren Sinne verantwortlich. Die im Verkaufsprospekt ausdrücklich als Vertragspartner benannte Bank habe besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Sie habe als darlehensgebende und schuldbeitretende bzw. –übernehmende Bank eine herausragende Stellung in der gesamten Fondskonzeption innegehabt. Der Antragsteller ist der Meinung, es bestehe für die Antragsgegnerin zu 2) der ausschließliche Gerichtsstand des § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO am Sitz des Anbieters, der sich im Bezirk des Landgerichts München I befindet.
3

Der Antragsteller hatte bereits unter dem 27.07.2011 beim Oberlandesgericht München erstmals um eine Gerichtsstandsbestimmung nachgesucht. Mit Beschluss vom 23.11.2011 (34 AR 92/11) hatte sich das Oberlandesgericht München für unzuständig erklärt und die Sache an das örtlich zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwiesen. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 01.03.2012 (11 AR 137/11) das Landgericht Oldenburg als gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt.
4

Unter dem 29.06.2012 hat der Antragsteller beim Oberlandesgericht München erneut Antrag auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts – und zwar des Landgerichts München I – gestellt (Az.: 34 AR 240/12). Gleichzeitig hat er gegen beide Antragsgegner Klage zum Landgericht München I erhoben (Az.: 34 O 13404/12). In seinem Antrag vom 29.06.2012 hat der Antragsteller ergänzend dazu vorgetragen, weshalb nach seiner Auffassung jedenfalls hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) nach den §§ 32 b, 32 und 29 ZPO ein Gerichtsstand in München bestehe. Er hält eine erneute Zuständigkeitsbestimmung für zulässig, weil der erste Zuständigkeitsbestimmungsbeschluss lediglich für das bestimmte Gericht Bindungswirkung entfalte. Im Übrigen weiche der neue Zuständigkeitsbestimmungsantrag im Hinblick auf die dort enthaltenen weitergehenden Ausführungen deutlich von dem früheren Antrag ab.
5

Die Antragsgegnerinnen halten den erneuten Zuständigkeitsbestimmungsantrag für unzulässig.
6

Das Oberlandesgericht München hat sich mit Beschluss vom 20.09.2012 im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren für unzuständig erklärt und die Sache auf den Hilfsantrag des Antragstellers an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zuständig sei im vorliegenden Fall nach § 36 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehöre. Dies sei im vorliegenden Fall das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gewesen, da dieses mit dem ersten Zuständigkeitsbestimmungsverfahren befasst gewesen sei. Die spätere Befassung des Landgerichts München I als erstbefasstes Prozessgericht könne hieran nichts ändern.
7

II.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. ist jedenfalls im Hinblick auf die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Oberlandesgerichts München vom 20.09.2012 gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für den erneuten Zuständigkeitsbestimmungsantrag zuständig geworden.
8

Der Antrag ist unzulässig.
9

Der Senat hat in derselben Angelegenheit bereits mit Beschluss vom 1.3.2012 eine Gerichtsstandsbestimmung getroffen. Dieser Beschluss ist grundsätzlich bindend, und zwar selbst dann, wenn das bestimmende Gericht die tatsächliche Lage des Verfahrens nicht vollständig berücksichtigt hat oder Zuständigkeitsnormen nicht korrekt angewandt hat (vgl. BGH FamRZ 1980, 670, 671; Patzina in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl., § 37 Rdnr. 7; Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 37 ZPO Rdnr.5; Musielak/Heinrich, § 37 ZPO, 9. Aufl. Rdnr. 9). Durch den Beschluss wird das bestimmte Gericht zuständig (Zöller/Vollkommer aaO Rdnr. 6). Abänderungen des Bestimmungsbeschlusses kommen nur unter den Voraussetzungen der §§ 319 und 321 ZPO in Betracht, die hier nicht vorliegen.
10

Eine erneute Gerichtsstandsbestimmung, die faktisch zu einer Abänderung der ersten Entscheidung führen würde, kommt demnach lediglich dann in Betracht, wenn der nach der Bestimmung erhobenen Klage ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt oder andere Parteien beteiligt sind (vgl. Patzina aaO; Musielak/Heinrich aaO; OLG München NJW-RR 1988, 128). Dies macht jedoch der Antragsteller nicht geltend.
11

Im Übrigen ist ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers an einer erneuten Gerichtsstandsbestimmung nicht zu erkennen. Dem Interesse des Antragstellers an der Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts für sein Klagebegehren gegen beide Antragsgegner wurde mit dem Beschluss des Senats vom 1.3.2012 Genüge getan, auch wenn der Senat dabei seiner Anregung auf Bestimmung des Landgerichts Frankfurt a.M. (oder München I) nicht gefolgt ist. Gegen diesen Beschluss war nach § 37 Abs. 2 ZPO ein Rechtsmittel nicht zulässig. Diese Unanfechtbarkeit kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Antragsteller seinen Antrag – ggf. unter Ergänzung seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen – so oft wiederholen könnte, bis er eine ihm genehme Entscheidung erreicht hat.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.