OLG Frankfurt am Main, 04.02.2013 – 16 U 112/12

April 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 04.02.2013 – 16 U 112/12
Tenor:

Die Berufungen beider Parteien gegen das am 3.5.2012 verkündete Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweilige Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

Die Klägerin nimmt im Wege der Stufenklage ihre Tochter, die Beklagte, auf Rechenschaftslegung in Anspruch. Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
2

Das Landgericht hat mit Urteil vom 3.5.2012 dem Begehren der Klägerin teilweise Rechnung getragen und im übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
3

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie ihr jeweiliges erstinstanzliches Begehren, soweit das Landgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat, weiterverfolgen.
4

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
und im Wege der Anschlußberufung
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin schriftlich und mit Originalbelegen dokumentierte Rechenschaft abzulegen über die während der Bevollmächtigung für die Klägerin getätigten Geschäfte und Verfügungen, die diese unmittelbar oder mittelbar durch Dritte seit 1. Januar 2001 bis zum Widerruf der ihr erteilten Vollmachten am 10. Juni 2010 vorgenommen hat, insbesondere über folgende Geschäfte und Verfügungen betreffend die folgenden Geld-, Wertpapier- und Sachvermögen:
b) über das bei der Bank1 in O1 verwaltete Geld- und Wertpapiervermögen der Klägerin, insbesondere über alle Geschäfte betreffend die Konten mit den Nummern …1, …2, …3, …4, …5, …6, …7,
c) über die bei der Bank1 in O2 verwalteten Konten, insbesondere über alle Geschäfte und Verfügungen betreffend die Konten mit den Nummern …8, und …9 mit ihren allfälligen Unterkonten;
e) über die Höhe und den Verbleib des Erlöses aus dem Verkauf der Liegenschaft in der „Straße1“, O3 einschließlich dazugehöriger Dokumentation
i) über den Verbleib folgender Hausratsgegenstände und Dokumente aus dem Anwesen Straße2, O2:
(Von der Darstellung der nachfolgenden Aufstellungen wird abgesehen
– die Red.)

6

Die Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
8

II.

Die Berufung beider Parteien sind zulässig, jedoch unbegründet.
9

Zur Berufung der Beklagten:
10

Sie wendet sich gegen die ihr durch das landgerichtliche Urteil auferlegte Auskunftspflicht hinsichtlich einer Reihe von Konten der Klägerin, für die sie für einen zwischen den Parteien umstrittenen Zeitraum Vollmacht hatte.
11

Das Landgericht hat zutreffend einen Auskunftsanspruch der Klägerin hinsichtlich der einzelnen Konten bejaht. Ein solcher Anspruch resultiert aus den Auftragsverhältnissen, die den jeweils der Beklagten erteilten Vollmachten zugrunde gelegen haben. Ob und inwieweit die Beklagte ihrer sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften bereits nachgekommen ist oder nicht, ändert nichts an dem grundlegenden Bestehen einer Auskunftsverpflichtung und kann daher auf die Berufung der Beklagten nicht zur Abweisung der Klage führen. Denn die Frage, ob die Beklagte in hinreichendem Maße wahrheitsgemäß Auskunft erteilt hat, ist der weiteren Stufe der Stufenklage vorzubehalten und kann gegebenenfalls erst nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch die Beklagte entschieden werden.
12

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, daß sie hinsichtlich der Konten über keine Unterlagen mehr verfüge, diese vielmehr bereits an die Klägerin übergeben habe. Im übrigen könne sie über die Konten auch deswegen keine Auskünfte mehr erteilen, weil ihr aufgrund des Entzugs der Vollmachten zu den Konten bei den Banken selbst keine Auskünfte mehr erhalten könne.
13

Für einen Auskunftsanspruch ist zwar erforderlich, daß sich der Berechtigte – hier die Klägerin – nicht selbst in zumutbarer Weise die erforderlichen Informationen verschaffen kann (Palandt-Grüneberg, BGB, 70/211, § 260 Rdnr. 7). Diese Voraussetzung sieht der Senat im weiteren nicht als gegeben an, denn die Klägerin als Kontoinhaberin ist jederzeit in der Lage, sich durch ein Auskunftsverlangen gegenüber ihrer Bank, gegenüber der sie auch allein berechtigt ist, die erforderlichen Unterlagen zu verschaffen und sich über die entsprechenden Geldflüsse von und zu den in Frage stehenden Konten und damit über die von der Beklagten getätigten Geschäfte zu verschaffen.
14

Unabhängig davon kann aber nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte ihrerseits noch über Unterlagen verfügt, welche Aufschluß über die Konten geben können. Daß sie über solche Unterlagen nicht mehr verfügt und auch sonst nicht mehr in der Lage ist, die gewünschten Auskünfte über die von ihr getätigten Kontenbewegungen zu geben, ändert aber – wie ausgeführt – nichts an der grundsätzlichen Auskunftsverpflichtung, wie sie auch das Landgericht, auf dessen Ausführungen im weiteren verwiesen wird, bejaht hat.
15

Die Berufung der Beklagten war demnach zurückzuweisen.
16

Zur Berufung der Klägerin:
17

Zum einen macht die Klägerin hinsichtlich der von ihr zu den Bankkonten erhobenen Ansprüche geltend, daß das Landgericht den Umfang der von der Beklagten zu erteilenden Auskunft unrichtigerweise sowohl der Zeit als auch hinsichtlich einzelner Konten beschränkt habe.
18

Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Landgerichts, daß die für die Schweizer Konten erteilten Vollmachten nicht „konzernweit“ gelten. Dafür ist allein schon die Überlegung maßgebend, daß es einem Vollmachtgeber möglich sein muß, die von ihm erteilte Vollmacht auf bestimmte Bereiche zu beschränken, wie sie sich u.a. aus der hier vorgenommenen Begrenzung ergeben. Die von dem Klägervertreter für richtig gehaltene Ausweitung der Vollmacht auf übergeordnete Einheiten widerspricht schon dem Interesse des Vollmachtgebers selbst und ist daher von vornherein ausgeschlossen. Insofern hat es bei der vom Landgericht richtigerweise vorgenommenen Einschränkung zu verbleiben. Die Berufung der Klägerin bleibt in dieser Hinsicht erfolglos.
19

Im übrigen ist die von dem Landgericht getroffene Entscheidung ebenfalls nicht zu beanstanden.
20

Vorab sei darauf hingewiesen, daß insoweit, als die Klägerin eine Verletzung der Hinweispflichten des Landgerichts aus § 139 ZPO rügt, diese Verletzung nur dazu führt, daß das Vorbringen, das getätigt worden wäre, wäre die Hinweispflicht nicht verletzt worden, in der Berufungsinstanz zu würdigen ist. Dies setzt allerdings voraus, daß ein solches Vorbringen auch tatsächlich erfolgt, die bloße Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht führt insoweit nicht weiter.
21

Antrag zu 1e:
22

Insoweit folgt der Senat dem angefochtenen Urteil, die durch die Ausführungen in der Berufung auch nicht in erheblichem Umfang in Frage gestellt worden sind. Die Klägerin weiß, welcher Betrag aus dem Verkauf sich ergeben hat und daß er auf einem ihrer Konten eingegangen ist. Ob und inwieweit dieser Verkaufserlös dort verblieben ist, ist eine Frage des Umgangs der Beklagten mit den Konten der Klägerin; insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
23

Antrag zu 1 i und j:
24

Hinsichtlich dieser Anträge ist die Berufung ebenso ohne Erfolg. Nachdem das Landgericht einen Anspruch mangels hinreichender Konkretisierung der herausverlangten Gegenstände abgelehnt hat, wäre es Sache der Klägerin gewesen, dies in der Berufung nachzuholen. Dies hat sie indes nicht getan; auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung wird insoweit verwiesen. Der in dem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vorgenommene Hinweis der Klägerin auf eine Gattungsschuld geht an der Sache vorbei.
25

Nach alledem war die Berufung der Klägerin insgesamt zurückzuweisen.
26

Soweit die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, war die zu treffende Kostenentscheidung nach § 91a ZPO dem Schlußurteil des Landgerichts vorzubehalten.
27

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 709, 713 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.
29

Die Revision war nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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