OLG Frankfurt am Main, 18.12.2012 – 5 U 21/12

Mai 2, 2019

OLG Frankfurt am Main, 18.12.2012 – 5 U 21/12
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.01.2012 verkündete Urteil der 14. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Über den bereits vorgerichtlich von der Beklagten gezahlten Betrag von 338.108,69 € hinaus wird die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 in dem Verfahren 3/14 O 42/11 hinsichtlich eines weiteren Betrages von 355.968,– € für unzulässig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurück gewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 in dem Verfahren 3/14 O 42/11gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 375.000,– € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1

I.

Die Klägerin wendet sich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung der Beklagten aus einem gerichtlich protokollierten Vergleich.
2

Die Beklagte erbrachte Dienstleistungen in Zusammenhang mit Publikums-Film-Fonds, die von einer Tochtergesellschaft der Klägerin, der X … GmbH & Co. KG (nachfolgend: Fondsgesellschaft), aufgelegt wurden. Grundlage hierfür war zunächst eine Rahmenvereinbarung vom 16.9.2003 (Anlage K 6, Bl. 18 ff der Beiakte LG Frankfurt 3/14 O 42/11).
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Am 16.10.2003 schlossen die Klägerin und die Beklagte einen „Serviceübernahmevertrag bezüglich Geschäftsführungs- und Anlegerverwaltungspflichten“, in welchem sich die Beklagte im Wege der Erfüllungsübernahme gegenüber der Klägerin verpflichtete, mit Ausnahme der Fondsberatung alle von dieser übernommenen Fondspflichten aus einem Vertrag zwischen der Klägerin und der Fondsgesellschaft ihrerseits zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Anlage K 1 der Beiakte (Bl. 8 ff. der Akte LG Ffm. 3-14 O 42/11) Bezug genommen.
4

Am 28.12.2004 schlossen die Fondsgesellschaft und die Beklagte in Ausführung des Rahmenvertrages einen „Film-Projekt-Aufbereitungs- und -Überwachungsvertrag“, mit dem die Fondsgesellschaft die Beklagte beauftragte, sie „im Hinblick auf die Filmtranche 2004 in den Bereichen der Filmprojektentwicklung, Filmprojektauswahl, Filmproduktionsvorgaben sowie Filmproduktionsüberwachung sowie bei der Durchführung damit in Zusammenhang stehender Geschäfte zu beraten“. Hinsichtlich der von der Beklagten zu beanspruchenden Vergütung wurde in Ziff. 6 u.a. Folgendes vereinbart:
5

„Die Auftragnehmerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 3 % der Summe der zum 29. Dezember 2004 eingezahlten Pflichteinlagen (ohne freie Einlage) der Kommanditisten der Gesellschaft. Soweit auf die von der Gesellschaft zu zahlende Vergütung gesetzliche Umsatzsteuer anfällt, ist diese nur insoweit zuzüglich zu der von der Gesellschaft zu entrichtenden Vergütung zu zahlen, soweit die Gesellschaft zur Geltendmachung der Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt ist. In diesem Fall verschiebt sich die Fälligkeit der Umsatzsteuer bis zu deren Erstattung als Vorsteuer…“
6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage VGK 4, Bl. 111 ff d.A.) Bezug genommen.
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Am 21./23.12.2005 schlossen die Klägerin und die Beklagte einen weiteren „Service-Übernahmevertrag bezüglich Geschäftsführungs- und Investorenverwaltungspflichten“. In diesem verpflichtete sich die Beklagte wiederum gegenüber der Klägerin, deren Pflichten zur Geschäftsführung und zur Investorenverwaltung im Wege einer Erfüllungsübernahme zu übernehmen. Hinsichtlich der Vergütung der Beklagten wurde in § 3 Folgendes bestimmt:
8

„Als Vergütung erhält der Dienstleistungsübernehmer [Beklagte] vom Geschäftsführungsdienstleister [Klägerin] für die Erfüllungsübernahme eine jährliche Zahlung in Höhe von EUR 446.000,00. Die Vergütung ist fällig jeweils am 1. Januar eines Jahres im Voraus, beginnend mit dem 1. Januar 2005. Leistungen des Dienstleistungsübernehmers im Jahre 2004 werden nicht gesondert vergolten. Eine etwaige gesetzliche Umsatzsteuer ist zuzüglich zu der Vergütung zu zahlen, jedoch trägt der Dienstleistungsübernehmer diese insoweit, als der Geschäftsführungsdienstleister nicht zur Geltendmachung der Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt ist. Die Vergütung steht insgesamt unter dem Vorbehalt, dass die YF [Y-Fonds GmbH] eine Vergütung von der Gesellschaft für die Erfüllung der Fondspflichten erhält und ist zudem rückzahlbar, wenn diese Vergütung an die Gesellschaft zurückzuerstatten ist.“
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Wegen der weiteren Vereinbarungen wird auf die Anlage K 3, Bl. 12 ff der Beiakte 3/14 O 240/11 LG Frankfurt am Main Bezug genommen.
10

In einem Vorprozess (LG Frankfurt am Main, 3/14 O 42/11) beanspruchte die hiesige Beklagte von der hiesigen Klägerin Vergütung aus den Serviceübernahmeverträgen vom 16.10.2003 und 21./23.12.2005. In der mündlichen Verhandlung am 2.9.2011 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
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„1. Die Beklagte zahlt an die Klägerin zur Abgeltung der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 800.000,00 € inklusive Mehrwertsteuer.
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2. Für alle 2011 von der Klägerin geleisteten und noch geschuldeten Tätigkeiten zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Vergütung von einmalig 200.000,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer.
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3. Damit sind alle Vergütungsforderungen der Klägerin bis Ende 2011 aus den zwei streitgegenständlichen Serviceübernahmeverträgen sowie aus dem streitgegenständlichen Rahmenvertrag sowie die in diesem Rechtsstreit von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen, insbesondere Schadensersatzforderungen abgegolten. Gleichfalls abgegolten sind die streitgegenständlichen Forderungen der Klägerin auf Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten.
14

4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Serviceübernahmevertrag vom 16.10.2003 (K1) zum 31.12.2010 geendet hat.
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5. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass der Serviceübernahmevertrag vom 21./23.12.2005 (K3) mit Ablauf des 31.12.2011 enden wird, ohne dass es noch einer diesbezüglichen gesonderten Erklärung bedarf.
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6. Die Parteien halten fest, dass dieser Vergleich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz geschlossen wird. Die Beklagte hält an den gegen die Klageforderung erhobenen Einwand ausdrücklich nicht weiter fest.
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7. Von den Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs tragen die Klägerin 15 % und die Beklagten 85 %.
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8. Die Klägerin behält sich den Widerruf dieses Vergleichs durch schriftliche Anzeige zu Gericht vor bis zum 09.09.2011.
19

Die Beklagte behält sich den Widerruf dieses Vergleichs durch schriftliche Anzeige an das Gericht bis zum 23.09.2011 vor.“
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Nach Eintritt der Bestandskraft des Vergleiches forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 28.9.2011 zur Zahlung des Gesamtbetrages von 1.038.000,– € bis zum 7.10.2011 auf. Die Klägerin zahlte hierauf einen Teilbetrag von 338.108,69 €. Am 7.10.2011 trat die Fondsgesellschaft einen von ihr behaupteten Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem Film-Projekt-Aufbereitungs- und –überwachungsvertrag vom 28.12.2004 über 355.968,00 € an die Klägerin ab.
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Mit ihrer Vollstreckungsabwehrklage wendet sich die Klägerin gegen die Vollstreckung der Beklagten aus dem Vergleich vom 2.9.2011 wegen des Restbetrages von 699.891,31 €. Hierzu hat sie sich zunächst auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Vorlage einer Rechnung gemäß § 14 UStG berufen. Darüber hinaus hat sie die Aufrechnung mit behaupteten Gegenansprüchen aus abgetretenem und eigenem Recht erklärt.
22

Zunächst hat sich die Klägerin auf eine Aufrechnung mit der ihr von der Fondsgesellschaft am 7.10.2011 abgetretenen Forderung in Höhe von 355.968,00 € gestützt. Diese hat sie im Hinblick auf die Regelung in Ziff. 6 des Vertrages zwischen der Fondsgesellschaft und der Beklagten vom 28.12.2004 unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) für begründet gehalten. Denn mit Bescheid vom 25.3.2011 habe das Finanzamt A lediglich einen Vorsteuerabzug in Höhe von 1,12 % akzeptiert. Einen Betrag in Höhe von 98,88 % der von der Fondsgesellschaft an die Beklagte gezahlten Umsatzsteuer in Höhe von 226.838,40 € und 133.161,60 € = 360.000,00 € habe daher die Beklagte zu tragen.
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Hinsichtlich der erklärten Aufrechnung mit einer eigenen Forderung in Höhe von 343.923,31 € hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass insoweit ebenfalls ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehe. Hintergrund sei die Vergütungsregelung in § 3 des Service-Übernahmevertrages vom 21./23.12.2005. Wegen der Versagung des Vorsteuerabzugs in Höhe von 98,88 % hätte die Y-Fonds GmbH (YF) an die Fondsgesellschaft einen Betrag in Höhe von 343.923,31 € zurückerstatten müssen. Da die an die Beklagte gemäß § 3 des Vertrages vom 21./23.12.2005 zu zahlende Vergütung unter dem Vorbehalt stehe, dass die YF eine Vergütung für die Erfüllung der Fonds-Pflichten erhalte, sei der Regress gegen die Beklagte eröffnet.
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Die Klägerin hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 240/11 vor dem Landgericht Frankfurt am Main für unzulässig zu erklären;
gemäß den §§ 769 Abs. 1, 770 ZPO im Urteil anzuordnen, dass eine Anordnung zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 240/11 vor dem Landgericht Frankfurt am Main gegen Sicherheitsleistung bis zur Rechtskraft des Urteils aufrecht erhalten wird,
die Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 240/11 vor dem Landgericht Frankfurt am Main herauszugeben.

25

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und die Beschlüsse des Landgerichts zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aufzuheben.

26

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass kein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Rechnung gemäß § 14 UStG bestehe, weswegen der restliche Vergleichsbetrag fällig sei. Weiter hat sie die Auffassung vertreten, dass die Aufrechnung mit den behaupteten Gegenansprüchen unzulässig sei, da diese zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits bekannt gewesen seien und dennoch kein Aufrechnungsvorbehalt in den Vergleich aufgenommen worden sei. Ausweislich Ziff. 3 des Vergleiches seien alle Vergütungsforderungen der Beklagten aus den zwei streitgegenständlichen Service-Übernahmeverträgen abgegolten worden, was auch die Geltendmachung von Gegenforderungen ausschließe. Hinsichtlich des Gegenanspruchs aus abgetretenem Recht hat sich die Beklagte zudem auf die Vorschrift des § 404 BGB berufen. Im Übrigen hat sie das Vorliegen der behaupteten Forderungen sowie entsprechende Zahlungen bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 231 ff d.A.) sowie die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
28

Mit Urteil vom 13.1.2012 (Bl. 229 ff d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB wegen von der Beklagten noch nicht ordnungsgemäß gestellter Rechnungen im Sinne von § 14 UStG hat das Landgericht verneint. Im Übrigen hat es eine Aufrechnung gegen die Vergleichsforderung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben für unzulässig sowie die behaupteten Aufrechnungsforderungen nicht für schlüssig dargelegt gehalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 233 ff d.A.) Bezug genommen.
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Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Rechtsschutzziel weiter. Hierzu wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Neu trägt sie vor, dass – was unstreitig ist – das Finanzamt A mit Schreiben vom 7.2.2012 der Fondsgesellschaft im Falle der Durchführung des Einspruchsverfahren mit einer vollständigen Aberkennung des Vorsteuerabzugs, also einer „Verböserung“ des Bescheides vom 25.3.2011 gedroht habe, woraufhin die Fondsgesellschaft den von ihr zunächst eingelegten Einspruch zurückgenommen habe.
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Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 240/11 vor dem Landgericht Frankfurt am Main für unzulässig zu erklären und
gemäß §§ 770, 769 Abs. 1 ZPO anzuordnen, dass die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 42/11 vor dem LG Frankfurt am Main gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 720.000,00 € bis zur Rechtskraft des Urteils aufrechterhalten wird.

31

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

32

Hierzu wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Hinsichtlich der Rücknahme des Einspruchs rügt sie ihre mangelnde Beteiligung.
33

Mit Beschluss vom 9.2.2012 hat der Senat die Zwangsvollstreckung aus dem Prozessvergleich vom 2.9.2011 bis zum Erlass des Berufungsurteils gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 720.000,00 € einstweilen eingestellt (Bl. 320 d.A.). Einen Antrag auf Aufhebung dieses Beschlusses hat der Senat mit Beschluss vom 26.4.2012 (Bl. 478 d.A.) zurückgewiesen.
34

In der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2012 hat der Senat der Beklagten einen Schriftsatznachlass zur Erklärung „zur Frage der Kenntnis der Klägerin im Zusammenhang mit der zur Aufrechnung gestellten Forderung … sowie zum Einspruchsverfahren insgesamt“ gewährt. Binnen der gewährten Frist hat die Beklagte vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Y Fonds GmbH ein leitender Mitarbeiter der Klagepartei gewesen sei und an diese regelmäßig berichtet habe. Dies sei der Beklagten bekannt gewesen, weswegen sie von einer Kenntnis der Klägerin hinsichtlich der Forderung der Fondsgesellschaft habe ausgehen dürfen. Weiter trägt die Beklagte vor, hinsichtlich Ziff. 6 des Vertrag vom 28.12.2004 sei es gemeinsames Verständnis der Vertragsparteien gewesen, dass eine Rückforderung gezahlter Umsatzsteuer seitens der Fondsgesellschaft hätte ausgeschlossen sein sollen, wenn diese (zunächst) die entrichtete Umsatzsteuer als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt habe geltend machen können. Aus diesem Grund habe die Fondsgesellschaft nie die Absicht habt, Rückforderungsansprüche aus Ziff. 6 des Vertrages gegen die Beklagte geltend zu machen.
35

Hinsichtlich des Einspruchsverfahrens trägt die Beklagte vor, dass ihr eigener Umsatzsteuerbescheid für 2004 im März 2011 bestandskräftig geworden sei.
36

Da ihr deshalb eine Reduzierung ihrer Umsatzsteuerpflicht gegenüber dem Finanzamt nicht mehr möglich sei, sie ihr durch die mangelnde Information der Fondsgesellschaft ein Schaden in Höhe von 49.655,18 € entstanden, mit dem sie hilfsweise die Aufrechnung gegen die abgetretene Forderung der Fondsgesellschaft erklärt.
37

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Dies gilt nicht, soweit der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 4.12.2012 (Bl. 631 ff. d.A.) neues tatsächliches Vorbringen enthält.
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Die Akte LG Frankfurt 3/14 O 42/11 war im Berufungsverfahren beigezogen.
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II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere scheitert die Zulässigkeit nicht an einer mangelnden Bevollmächtigung des Rechtsanwalts RA1, der die Berufungsschrift vom 25.1.2012 unterzeichnet hat (Bl. 270 d.A.). Denn unstreitig war RA1 zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung zugelassener Rechtsanwalt und als solcher in der Düsseldorfer Kanzlei der Klägervertreter tätig. Der Umstand, dass er auf deren Briefbogen (Bl. 261 RS d.A.) nicht aufgeführt war, ist entgegen der Auffassung der Beklagten insoweit unschädlich. Denn durch die (zwar nur in Kopie – Bl. 474 – zur Akte gereichten, als solche jedoch unstreitige) Vollmacht, bevollmächtigte die Klägerin „für alle Verfahren in allen Instanzen… – je einzeln – alle Rechtsanwälte der vorgenannten Gesellschaft (B …), insbesondere die Rechtsanwälte …“. Dies ist nach der Auffassung des Senats dahingehend zu verstehen, dass sich die Vollmacht nicht nur auf die im Einzelnen genannten (fünf) oder die auf dem Briefbogen aufgeführten Rechtsanwälte, sondern auf alle in der B … tätigen Rechtsanwälte bezieht, ohne dass es auf das jeweilige Beschäftigungsverhältnis („Partner“, Angestellter oder freier Mitarbeiter) ankommt.
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Hinzu kommt, dass der – in der Vollmacht explizit genannte – Rechtsanwalt RA2 die Berufungseinlegung im Verlauf der Instanz ausdrücklich genehmigt hat, was ausreichend ist (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17.4.1984, GmS-OBG 2/83, BGHZ 91, S. 111 ff., zit. nach juris, Rn.13 m.w.N. unter Hinweis auf § 89 Abs. 2 ZPO).
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Auch im Übrigen ist die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Hierbei legt der Senat den Antrag der Klägerin dahingehend aus, dass er nur die Vollstreckungsmöglichkeiten betrifft, die über die unstreitig vorgerichtlich geleistete Teilzahlung von 338.108,69 € hinausgehen.
42

Die erhobene Vollstreckungsabwehrklage ist gemäß § 767 ZPO hinsichtlich eines Betrages von 355.968,– € begründet. In dieser Höhe ist die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 im Verfahren 3/14 O 240/11 vor dem Landgericht Frankfurt am Main unzulässig, da die Vergleichsforderung insoweit durch eine nach Vergleichsschluss wirksam erklärte Aufrechnung erloschen ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
43

Die von der Klägerin erklärte Aufrechnung mit der ihr von der Fondsgesellschaft abgetretenen Forderung aus dem Vertrag vom 28.12.2004 über einen Betrag von 355.968,– € ist wirksam und hat daher gemäß § 389 BGB die Vergleichsforderung zum Erlöschen gebracht.
44

Da die Klägerin die zur Aufrechnung gestellte Forderung erst am 7.10.2012 und damit nach dem Vergleichsschluss erworben hat, handelt es sich um eine Einwendung, die gemäß § 767 Abs. 2 ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden kann (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 767, Rn. 12 „Aufrechnung“ m.w.N.).
45

Die Klägerin hat das Bestehen der Forderung sowie deren Abtretung schlüssig vorgetragen, ohne dass die Beklagte dem erheblich entgegengetreten ist. Der zur Aufrechnung gestellte Anspruch folgt dabei direkt aus Ziff. 6 des Vertrages zwischen der Fondsgesellschaft und der Beklagten vom 28.12.2004 i.V.m. § 398 BGB. Denn aus der Formulierung, dass die Fondsgesellschaft auf die Rechnungen der Beklagten nur insoweit Umsatzsteuer zu zahlen hat, soweit sie ihrerseits zur Geltendmachung der Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt ist, folgt unmittelbar ein vertraglicher Anspruch auf Erstattung von wegen der Aberkennung des Vorsteuerabzugs zu viel geleisteter Vergütung. Wollte man dies verneinen, bestünde ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB.
46

Die vertragliche Vereinbarung ist eindeutig. Ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Umsatzsteuer zuzüglich zu der entrichteten Vergütung besteht nur, „soweit die (Fonds-)Gesellschaft zur Geltendmachung der Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt ist.“ Ausweislich des – mittlerweile bestandskräftigen – Umsatzsteuerbescheids des Finanzamts A für das Jahr 2004 ist dies in Höhe von 355.968,– € nicht der Fall. Nimmt man nicht bereits eine direkt aus dem Vertrag folgende Erstattungspflicht an, ergibt sich diese jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB, da der zunächst gegebene Rechtsgrund (Vorsteuererstattung) infolge des Rückforderungsbescheids des FA A vom 25.03.2011 weggefallen ist. Soweit die Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in ihrem Schriftsatz vom 26.11.2012 unter Beweisantritt vorträgt, dass die Fondsgesellschaft nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien bei Vertragsunterzeichnung auch das Risiko tragen sollte, falls sich die steuerliche Beurteilung bezüglich der Vorsteuerabzugsberechtigung „künftig ändert“, ist bereits unklar, ob hiermit der vorliegende Fall erfasst sein sollte. Denn es geht nicht um eine „künftige Änderung“ im Sinne einer Änderung künftiger Sachverhalte, sondern um eine Rückforderung seinerzeit zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer. Selbst wenn jedoch hierin eine nach dem Vortrag der Beklagten relevante „künftige Änderung“ der steuerlichen Beurteilung liegen sollte, ist der Vortrag der Beklagten gemäß § 296 a ZPO für die Entscheidung nicht zu berücksichtigen, da er erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz erfolgt ist. Er ist auch nicht von der in der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2012 gewährten Schriftsatzfrist gedeckt. Denn diese bezog sich ausdrücklich nur auf die Frage der Kenntnis der Klägerin im Zusammenhang mit der zur Aufrechnung gestellten Forderung sowie auf das finanzamtliche Einspruchsverfahren. Eine Schriftsatzfrist zu neuem Vortrag hinsichtlich des Vertrages zwischen der Beklagten und der Fondsgesellschaft vom 28.12.2004 wurde von dem Senat nicht gewährt. Insoweit bedurfte es auch weder eines Hinweises gemäß § 139 Abs. 2 ZPO noch der Gewährung einer Frist. Denn sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien ausführlich zu der streitgegenständlichen Vereinbarung in Ziff. 6 des Vertrages vom 28.12.2004 und deren Auslegung vorgetragen (so z.B. die Beklagte in ihren Schriftsätzen vom 15.12.2011, Seite 7/8, Bl. 215/216 d.A., und vom 21.06.2012, Seite 3 (Bl. 502 d.A.). Insoweit hat die Beklagte lediglich die Auffassung vertreten, die zur Aufrechnung gestellte Forderung sei von Wortlaut von Ziff. 6 des Vertrages nicht umfasst. Ein von diesem abweichendes Verständnis der Parteien bei Vertragsschluss macht die Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend.
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Die Wirksamkeit der Abtretung der Forderung am 07.10.2011 durch die Fondsgesellschaft an die Klägerin ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
48

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Geltendmachung der Aufrechnung seitens der Klägerin nicht ausgeschlossen. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Wortlauts des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs. Denn nach dessen Ziff. 3 sollten lediglich alle Vergütungsforderungen der Klägerin bis Ende 2011 aus den zwei in dem Verfahren 3/14 O 98/11 LG Frankfurt am Main streitgegenständlichen Service-Übernahmeverträgen abgegolten sein. Abgetreten wurde jedoch ein Regressanspruch im Zusammenhang mit dem zwischen der Fondsgesellschaft und der Beklagten geschlossenen Vertrag vom 28.12.2004. Dieser war in dem Verfahren 3/14 O 98/11 LG Frankfurt am Main nicht streitgegenständlich. Auch ist die Aufrechnung mit einer an den Aufrechnenden abgetretenen Forderung nicht etwa grundsätzlich ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 9.12.1992, VIII ZR 218/91, BGHZ 120, S. 387 ff; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 767, Rn 12 „Gläubigerwechsel“).
49

Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht die Geltendmachung der Aufrechnung auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung die Aufrechnung mit einer bei Vergleichsschluss bereits bestehenden Forderung nach Treu und Glauben jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Aufrechnende das Bestehen der Forderung kannte und sich dennoch die Aufrechnung in dem Vergleich nicht vorbehalten hat (so bereits das RG, Urteil vom 23.5.1928, RGZ 121, S. 177, 179; BGH, a.a.O., zitiert nach Juris, Rn 28, OLG Köln, Urteil v. 16.7.2002, 22 U 6/02, VersR 2003, S. 511, zitiert nach Juris Rn 19 ff). Von diesen Fällen unterscheidet sich der vorliegende jedoch dadurch, dass im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bzw. seiner Bestandskraft am 23.09.2011 die Forderung noch der Fondsgesellschaft und nicht der Klägerin zustand. Ob – wie dies die Beklagte behauptet – der Klägerin bekannt war, dass der Fondsgesellschaft die streitgegenständliche Forderung gegenüber der Beklagten zustand, bedarf für das Ergebnis keiner Entscheidung. Denn unstreitig stand sie im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht der Klägerin zu. Auch gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine Absprache o. Ä. hinsichtlich einer Abtretung. Auch wenn die Klägerin (d. h. ihre gesetzlichen Vertretungsorgane, mithin die Vorstandsmitglieder) das Bestehen einer Forderung auf Seiten der Fondsgesellschaft kannte, so wusste sie nicht, ob es in der Folge zu einer Abtretung dieser Forderung an die Klägerin kommen würde, insbesondere, ob und unter welchen Bedingungen die Fondsgesellschaft hierzu bereit sein würde.
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Auch ist die Beklagte insoweit nicht schutzwürdig. Denn der streitgegenständliche Prozessvergleich vom 02.09.2011 bezieht sich lediglich auf Forderungen zwischen den Parteien. Forderungen Dritter, hier also der Fondsgesellschaft, sind durch ihn nicht erfasst. Die Beklagte musste daher in jedem Fall damit rechnen, von der Fondsgesellschaft im Fall des Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen in Anspruch genommen zu werden. Dadurch, dass die Forderung an die Klägerin abgetreten wurde und nun von dieser im Wege der Aufrechnung geltend gemacht wird, hat sich insoweit nichts geändert. Ein Verbot der Klägerin, sich Forderungen Dritter zwecks Erfüllung der Verpflichtung aus dem Vergleich abtreten zu lassen, ist weder dem Wortlaut des Vergleichs noch seinem Sinn und Zweck zu entnehmen. Nicht erheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten, dass die Fondsgesellschaft (zunächst) nicht die Absicht gehabt habe, die streitgegenständliche Forderung gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Denn auch wenn dies zutrifft, war sie jederzeit befugt, ihre Meinung zu ändern. Gesichtspunkte einer Verwirkung macht weder die Beklagte geltend, noch sind diese ersichtlich.
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Die abgetretene Forderung besteht in der vollen Höhe von 355.968,00 €.
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Der von der Beklagten erhobene Einwand eines Mitverschuldens der Fondsgesellschaft, welcher der Klägerin gemäß § 404 BGB entgegengehalten werden könnte, greift nicht durch. Insofern macht die Beklagte geltend, dass die Fondsgesellschaft ihren Einspruch gegen den Bescheid vom 25.3.2011 nicht hätte zurück nehmen dürfen, sondern stattdessen – gegen den zu erwartenden verbösernden Bescheid – Klage vor dem Finanzgericht hätte erheben müssen.
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Insofern kann für das Ergebnis dahinstehen, ob vorliegend die Grundsätze eines „Mitverschuldens“ gemäß § 254 BGB überhaupt anwendbar sind, obgleich die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch geltend macht. Ggf. käme eine entsprechende vertragliche Nebenpflicht der Fondsgesellschaft, das finanzielle Interesse der Beklagten zu berücksichtigen, in Betracht.
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Denn jedenfalls müssen Rechtsbehelfe gegen behördliche Entscheidungen nur eingelegt werden, soweit sie hinreichende Erfolgsaussichten haben (BGH, Urteil vom 23.05.1991, III ZR 73/90, MDR 1991, S. 1139, zit. nach juris Rn. 8 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 254, Rn 45). Dies hat die – da es sich um eine ihr günstige Einwendung handelt – insoweit darlegungsbelastete Beklagte nicht vortragen. Vielmehr hat sie lediglich die inhaltliche Richtigkeit des Steuerbescheids „bestritten“. Der Senat kann daher nicht feststellen, dass eine Weiterverfolgung des Einspruchs gegen den Rückforderungsbescheid vom 25.3.2011 bzw. eine Klage vor dem Finanzgericht Erfolg versprechend gewesen wären. Während der Rückforderungsbescheid vom 25.3.2011 (Bl. 127 d.A.) inhaltlich nicht begründet wird, sondern nur pauschal auf die (nicht mitgeteilten) “Ergebnisse der … durchgeführten Außenprüfung“ Bezug nimmt, wertet das Schreiben vom 7.2.2012 (Bl. 414 ff d.A.) die behauptete Filmvertriebstätigkeit der Fondsgesellschaft als Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO und stellt im Falle einer Aufrechterhaltung des Einspruchs eine Verböserung in Form einer vollständigen Streichung des Vorsteuerabzuges in Aussicht. Inwiefern diese Einschätzung des Finanzamts unzutreffend gewesen sein soll, hat die Beklagte – auch nachdem diese Frage in der mündlichen Verhandlung am 06.11.2012 angesprochen wurde – nicht vorgetragen. Die Voraussetzungen einer Pflichtverletzung der Fondsgesellschaft dadurch, dass sie nach der Androhung sogar einer Verböserung des Bescheides (Streichung auch der anerkannten Vorsteuerabzugsfähigkeit in Höhe von 1,12 %) ihren Einspruch zurück nahm, hat die Beklagte deshalb nicht dargetan. Dies gilt auch, soweit ggf. erst durch die Rücknahme des Einspruchs und damit Bestandskraft der Steuerrückforderung die Aufrechnungsforderung fällig geworden sein sollte.
55

Auch die in dem Schriftsatz der Beklagten vom 26.11.2012 hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch in Höhe von 49.655,18 € greift nicht durch. Insoweit behauptet die Beklagte, dass ihr eigener Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2004 im März 2011 bestandskräftig geworden sei, weswegen sie keine Möglichkeit mehr habe, bei dem Finanzamt eine geänderte Umsatzsteuererklärung einzureichen. Wäre dies noch möglich gewesen, hätte sie den erhaltenen Betrag von 2.250.000,00 € statt – wie geschehen – als Nettovergütung als Bruttovergütung ausgewiesen. Bei einem seinerzeitigen Steuersatz von 16 % wäre statt 310.344,82 € (2.250.000,00 € x 0,16) lediglich ein um 49.655,18 € geringerer Umsatzsteuerbetrag angefallen.
56

Ob ggf. die Fondsgesellschaft pflichtwidrig handelte und sich daher – ggf. infolge einer Nebenpflichtverletzung – gegenüber der Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht haben könnte, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls fehlt es an der für einen Anspruch erforderlichen Kausalität zwischen einer möglichen Pflichtverletzung und dem von der Beklagten behaupteten Schaden. Denn der Rückforderungsbescheid des Finanzamts A hinsichtlich der streitgegenständlichen Vorsteuer stammt vom 25.03.2011. Dass die Fondsgesellschaft bereits zuvor von der Steuerrückforderung Kenntnis hatte, behauptet die Beklagte nicht. Normale Postlauf- und Bearbeitungszeiten unterstellt, kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte die Mitteilung von der Steuerrückforderung vor Ende März 2011 und damit vor Bestandskraft ihres eigenen Steuerbescheides für das Jahr 2011 erreicht hätte. Auch wenn die Fondsgesellschaft die Beklagte unverzüglich von dem Steuerbescheid in Kenntnis gesetzt hätte, hätte diese ihren eigenen Umsatzsteuerbescheid daher nicht mehr ändern können.
57

Die Aufrechnungsforderung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verjährt. Mangels einer bestimmten Vereinbarung gilt die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB, welche mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entsteht und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt bzw. ohne grober Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Da der Fondsgesellschaft (und ggf. der Klägerin) erst durch den Steuerbescheid des Finanzamtes A vom 25.3.2011 bekannt wurde, dass und in welchem Umfang die Vorsteuer für das Jahr 2004 aberkannt wurde, hätte die Verjährungsfrist somit erst Ende des Jahres 2011 überhaupt zu laufen begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war die vorliegende Klage bereits rechtshängig und damit gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB Hemmung der Verjährung eingetreten.
58

Ebenso wenig kommt eine Verwirkung in Betracht. Auf Grund der – gerade im Hinblick auf die umsatzsteuerrechtliche Problematik formulierten – Bestimmungen in den Verträgen musste die Beklagte mit einer Rückforderung wegen zu Unrecht erhobener Umsatzsteuer rechnen. Ein –betätigtes- Vertrauen darauf, dass die Fondsgesellschaft keine Rückforderungsansprüche geltend machen würde, trägt die Beklagte nicht vor.
59

Anders als hinsichtlich der Forderung aus abgetretenem Recht greift die von der Klägerin mit einem behaupteten Anspruch aus eigenem Recht erklärte Aufrechnung in Höhe von 343.923,31 € nicht durch.
60

Denn die Klägerin berühmt sich eines Anspruchs auf Rückzahlung ihrer Auffassung nach zu viel gezahlter Vergütung aus dem Service-Übernahmevertrag vom 21./23.12.2005. Gerade die der Beklagten aus diesem Vertrag zustehende Vergütung war jedoch in dem Vorverfahren LG Frankfurt am Main 3/14 O 42/11 streitgegenständlich und zur Abgeltung der Vergütung u.a. aus diesem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin in dem streitgegenständlichen Vergleich zur Zahlung von über 1 Mio. € brutto. In Ziff. 3 des Vergleiches wurde ausdrücklich geregelt: „Damit sind alle Vergütungsforderungen der Klägerin bis Ende 2011 aus den zwei streitgegenständlichen Serviceübernahmeverträgen … abgegolten“. Danach hat sich die Klägerin zur Zahlung eines festen Betrages zur Abgeltung der in ihrer Höhe streitigen Vergütung u.a. aus dem Vertrag vom 21./23.12.2005 verpflichtet. Im Gegenzug hat die Beklagte auf eine höhere Vergütung verzichtet. Nach dem Empfängerhorizont kann diese Einigung nur dahingehend verstanden werden, dass die im gegenseitigen Nachgeben vereinbarte Summe (bis Ende 2011) endgültig und von der Klägerin auch tatsächlich zu zahlen, jedenfalls aber eine Aufrechnung ausgeschlossen sein sollte. Ob durch die Formulierung auch die gesonderte Geltendmachung einer Vergütungs-Rückzahlung z.B. in einem neuen Prozess ausgeschlossen werden sollte, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Angesichts dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob die Klägerin bei Vergleichsschluss den für die Fondsgesellschaft ungünstigen Steuerbescheid des Finanzamtes A vom 25.3.2011 kannte. Denn jedenfalls war ihr die Regelung in § 3 des Vertrages vom 21./ 23.12.2005 bekannt, nach der die von ihr an die Beklagte gezahlte Vergütung insgesamt unter dem Vorbehalt stand, dass die DMBF GmbH eine Vergütung von der Fondsgesellschaft erhalten würde. Dennoch hat sie in den am 2.9.2011 geschlossenen Vergleich keinen entsprechenden Vorbehalt aufnehmen lassen.
61

Hinzu kommt, dass die Klägerin das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Regressforderung nicht schlüssig vorgetragen hat. Sie stützt ihren Regress auf § 3 Satz 4 des „Serviceübernahmevertrages“ vom 21./23.12.2005, wonach die von ihr an die Beklagte gezahlte Vergütung insgesamt unter dem Vorbehalt steht, dass die YF eine Vergütung von der Fondsgesellschaft für die Erfüllung der Fonds-Pflichten erhält und diese rückzahlbar ist, wenn die Vergütung an die Gesellschaft zurück zu erstatten ist. Die Klägerin behauptet, dass infolge der Vorsteuerrückforderung des Finanzamts A vom 25.3.2011 die Fondsgesellschaft den auf die an die YF gezahlte Vergütung entfallenden Umsatzsteuerbetrag in Höhe von 98,88 % zurückgezahlt habe. Hierzu sei diese gemäß Ziff. 9 eines zwischen der Fondsgesellschaft und der YF GmbH geschlossenen Fondsberatungs-, Platzierungsprospekterstellungs-, Geschäftsführungs- und Investorenverwaltungsvertrages (an dem weder die Klägerin noch die Beklagte beteiligt waren) verpflichtet gewesen. Die Leistungen, die von der YF GmbH an die Fondsgesellschaft zu erbringen waren, seien im Wesentlichen von der Klägerin übernommen und von dieser (durch den Vertrag vom 21./23.12.2005) auf die Beklagte übertragen worden. Die Rückzahlbarkeit von Vergütungen durch die Y-Fonds GmbH an die Fondsgesellschaft habe dazu geführt, „dass im Konzernkreis der Klägerin ein finanzieller Nachteil“ entstanden sei, der „nach den vertraglichen Regelungen des Service-Übernahmevertrages der Beklagten zugewiesen“ sei (Klageschrift, S. 20 (Bl. 101 d.A.).
62

Entgegen der Auffassung der Klägerin begründet § 3 Satz 4 des Vertrages vom 21./23.12.2005 keine Ausgleichspflicht für jedweden „finanziellen Nachteil“ der „im Konzernkreis der Klägerin“ entsteht. Voraussetzung für einen Regress ist vielmehr ausdrücklich, dass die YF GmbH von der Fondsgesellschaft für die Erfüllung ihrer Fonds-Pflichten keine Vergütung erhält. Dies jedoch behauptet die Klägerin nicht. Sie trägt vielmehr selbst vor, dass die Fondsgesellschaft an die YF die vereinbarte Vergütung gezahlt hat und letztere lediglich den auf diesen entfallenden Umsatzsteuerbetrag zurückfordert.
63

Hinzu kommt, dass ausweislich § 3 Satz 2 des Vertrages vom 21./23.12.2005 lediglich Vergütungen für Tätigkeiten ab dem 1.1.2005 umfasst. Gemäß Satz 3 werden zuvor im Jahre 2004 erbrachte Leistungen der Beklagten ausdrücklich nicht vergolten. Der streitgegenständliche Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes A vom 25.3.2011 betrifft jedoch lediglich die für das Jahr 2004 geltend gemachte Vorsteuer und damit überhaupt einen anderen Zeitraum.
64

Die Klägerin stützt ihren Anspruch nicht auf § 3 Abs. 3, 2. Halbsatz, wonach die Beklagte Umsatzsteuer nur beanspruchen kann, soweit die Klägerin zur Geltendmachung der von Vorsteuer berechtigt ist. Dass dies nicht der Fall war, behauptet die Klägerin nicht.
65

Die Klägerin ist auch nicht befugt, die Zahlung des Betrages von 343.923,31 € bis zur Vorlage einer § 14 UStG entsprechenden Rechnung seitens der Beklagten gemäß § 273 BGB zurück zu behalten, da dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB, Fallgruppe des venire contra factum proprium) verstieße. Zwar entspricht die Formulierung des Vergleichs nicht den Anforderungen von § 14 Abs. 4 UStG, zumindest da sie weder den anzuwendenden Steuersatz noch den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag ausweist (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG). Auch besteht grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht des Schuldners, bis der Gläubiger ihm eine § 14 UStG entsprechende Rechnung erteilt (Bunjes/Korn, UStG, 11. Aufl., § 14, Rdnr. 31; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl. § 271 Rn 7). Jedoch hat die Klägerin vorliegend der Formulierung des Vergleichs zugestimmt und diesen auch nach Prüfung während der Widerrufsfrist nicht widerrufen. Des Weiteren hat sie – ohne einen entsprechenden Vorbehalt zu machen – den von ihr als berechtigt angesehenen Teilbetrag von 338.108,69 € am 14.10.2011 an die Beklagte gezahlt. Die „plötzliche“ Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts unter Hinweis auf die umsatzsteuerrechtlichen Erfordernisse gemäß § 14 UStG im vorliegenden Verfahren ist daher treuwidrig.
66

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
67

Die die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
68

Die Anordnung der Möglichkeit einer Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 2.9.2011 folgt aus §§ 770, 769 Abs. 1 ZPO.
69

Sie war geboten, da der Senat die Vollstreckungsgegenklage teilweise abgewiesen hat und die Anordnung vom 9.2.2012 mit Erlass des Urteils gegenstandslos wird.
70

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
71

Der nicht nachgelassener Schriftsatz der Klägerin vom 04.12.2012 (Bl. 631 ff. d.A.) war, soweit er neues tatsächliches Vorbringen enthält, nicht zu berücksichtigen, § 296a ZPO. Ein Anlass zur Wiedereröffnung der – verfahrensfehlerfrei – geschlossenen mündlichen Verhandlung besteht nicht.

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