Amtsgericht Bonn, 114 C 453/18

Mai 6, 2019

Amtsgericht Bonn, 114 C 453/18

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühr gemäß §§ 7, 17 StVG.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der ex ante Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Senatsurteile vom 8.11.1994 BGHZ 127, 348, 350 ff. = DAR 1995, 67 m. Anm. Höfler; vom 13.12.2011 DAR 2012, 140; vom 12.7.2011 NJW 2011, 3657 Rn. 17; vom 11.1.2011 NJW 2011, 784 Rn. 10; vom 10.1.2006 Dar 2006, 386; vom 18.1.2005 VersR 2005, 558 Rn. 7, jeweils m. w. N.; vom 8.5.2012 DAR 2012, 387).
Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit sind aufgrund der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Tatsache, dass die Beklagte keine kommerzielle KfZ-Haftpflichtversicherung ist und von Anfang an um schnelle Regulierung bemüht war, nicht gegeben.
Die Erforderlichkeit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob es sich bei dem der vorgerichtlichen Tätigkeit des Rechtanwalts zugrunde liegenden Fall rechtlich um einen einfach gelagerten Fall handelt oder nicht. Sollte es sich um einen solchen einfach gelagerten Fall handeln, ist es dem Geschädigten zuzumuten, die Rechtsverfolgung eigenständig durchzuführen und ein erstmaliges Aufforderungsschreiben an den Schädiger selbst zu erstellen (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1994, Az. VI ZR 3/94).
Vorliegend handelt es sich um einen einfach gelagerten Rechtsfall, bei dem keine Notwendigkeit für die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bestand.
Einen Streit zwischen den Unfallparteien um das Unfallgeschehen und die vollständige Haftung des Beklagten für den daraus entstandenen Schaden hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Der Kläger hat seinen Prozessbevollmächtigten am 08.10.2018 beauftragt. An diesem Tag gab es jedoch keinen ersichtlichen Grund für den Kläger an dem korrekten und zügigen Regulierungsverhalten des beklagten Landes zu zweifeln. Insbesondere hatte eine erste Kontaktaufnahme zwischen den Unfallparteien auf Initiative des beklagten Landes bereits am 05.10.2018 stattgefunden. Umstände, die dazu berechtigen, Zweifel an der Zahlungsbereitschaft des beklagten Landes zu haben, wurden nicht vorgetragen. Zudem ging bereits aus der Unfallmitteilung hervor, dass der Polizeivollzugsbeamte des beklagten Landes der Unfallverursacher war.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Kläger persönlich nicht über das nötige Wissen und die nötige Erfahrung verfügt hat, um mittels eines Erstbriefes seine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Beklagten Land geltend zu machen. Wie sich aus dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des beklagten Landes ergibt, hat der Kläger bereits am 04.10.2018, also noch zu einem Zeitpunkt, bevor er sich an seinen Rechtsanwalt gewandt hatte, selbst ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Hieraus lässt sich erkennen, dass er durchaus willens und in der Lage war, die ihm zustehenden Rechte selbständig wahrzunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, im Anschluss dieses Gutachten an das beklagte Land zu übersenden, verbunden mit der Aufforderung, die sich hieraus ergebenden Beträge zu erstatten, sind von dem Kläger nicht vorgetragen worden. Dass für die schlichte Zusammenstellung der angefallenen Schadenspositionen, die sich regelmäßig bereits aus einem solchen Gutachten unschwer entnehmen lassen, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich und zweckmäßig war, lässt sich dem Vortrag des Klägers ebenfalls nicht entnehmen.
Die theoretischen Ausführungen des Klägers dazu, wie schwierig sich die Abwicklung von Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen gestalten können, treffen als solche zwar zu, jedoch stellte sich die vorliegende Sachlage bereits zum Zeitpunkt der ersten Befassung des von dem Kläger beauftragten Rechtsanwaltes mit der Angelegenheit deutlich anders dar. Insbesondere aufgrund der durch die Initiative des beklagten Landes stattgefundenen Kontaktaufnahme am 05.10.2018 war es für den Kläger erkennbar, dass dieses um eine schnelle und unkomplizierte Schadensregulierung gewillt und bereit war. Unter Berücksichtigung des geschädigtenfreundlichen Verhaltens des beklagten Landes und der sich aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB ergebenden Schadensminderungspflicht war es dem Kläger zuzumuten, das korrekte und bereits in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten an das beklagte Land zu übermitteln und erst im Falle einer fehlenden bzw. negativen Rückmeldung einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Es kann dahinstehen, ob diese Betrachtung auch im Fall einer Haftpflichtversicherung auf Seite des Unfallgegners angestellt werden kann, weil insofern wegen der Vielzahl an üblichen Kürzungen der Schadenshöhe und der fast flächendeckenden Beauftragung sogenannter „Prüfgutachter“ mit guten Argumenten daran gezweifelt wird, ob ein einfach gelagerter Fall überhaupt denkbar ist.
Schließlich sei noch angemerkt, dass sich auch aus dem weiteren Regulierungsverhalten des beklagten Landes nicht entnehmen lässt, dass der Kläger einen Anlass für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts hatte. Vielmehr bestätigt das weitere Regulierungsverhalten die zuvor vorgenommene Beurteilung des Verhaltens des beklagten Landes vor der Beauftragung des Rechtsanwalts. Die zunächst eingetretene Verzögerung bei der Regulierung ist ausschließlich auf den Umstand zurückzuführen, dass der Klägervertreter dem beklagten Land ein unzutreffendes Sachverständigengutachten übermittelte. Nach dem das Sachverständigengutachten dem beklagten Land am 15.10.2018 übermittelt wurde, nahm es nämlich mit Abrechnungsschreiben vom 17.10.2018 die Regulierung in vollem Umfang vor.
II.
Der vom beklagten Land hilfsweise gestellte Feststellungsantrag stand nicht zur Entscheidung, weil die Klage abgewiesen worden ist.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 413,90 EUR festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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