OLG Frankfurt am Main, 27.01.2012 – 17 U 183/11

Mai 15, 2019

OLG Frankfurt am Main, 27.01.2012 – 17 U 183/11
Tenor:

Die Berufung der Klägerin vom 01.09.2011 gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2-14 O 9/11 – vom 29.07.2011 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gründe
1

I.

Die Berufung war gemäß § 522 Absatz 1, Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gemäß § 520 Absatz 1, Satz 2 ZPO vom Vorsitzenden verlängerten Frist begründet worden ist.
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Mit Verfügung vom 04.10.2011 (Bl. 184 d.A.) hat der Senatsvorsitzende auf den Fristverlängerungsantrag der Klägerin vom 04.10.2011 (Bl. 185 d.A.) die Berufungsbegründungsfrist zunächst antragsgemäß bis zum 04.11.2011 verlängert. Mit Schriftsatz vom 11.10.2011 (Bl. 189/190 d.A.) hat die Klägerin beantragt, das Ruhen des Verfahrens im gegenseitigen Einverständnis anzuordnen.
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Vor dem Hintergrund eines mit dem Senatsvorsitzenden geführten Telefonats haben die Klägervertreter sodann am 04.11.2011 (vorab) per Telefax einen Schriftsatz eingereicht, in dem sie ihren Antrag, Ruhen des Verfahrens im gegenseitigen Einverständnis anzuordnen, wiederholt und zudem im erklärten Einverständnis mit dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten darum gebeten haben, die Frist zur Berufungsbegründung um einen weiteren Monat bis zum 05.12.2011 zu verlängern. Der Vorsitzende hat mit Verfügung vom 04.11.2011 (Bl. 195 d.A.) antragsgemäß die Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.12.2011 verlängert.
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Die Berufungsbegründung vom 12.01.2012, die am 13.01.2012 per Telefax bei Gericht eingegangen ist, war verfristet. Gemäß § 251 Satz 2 ZPO hatte der Beschluss des Senats vom 08.11.2011, mit dem das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist, auf den Lauf der in § 233 ZPO bezeichneten Frist zur Berufungsbegründung keinen Einfluss.
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Der Senat teilt die im Schriftsatz der Klägervertreter vom 12.01.2012 vertretene Rechtsansicht, der Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens sei zugleich als Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung auszulegen gewesen, nicht. Zwar ist der Klägerseite zuzugeben, dass eine Partei bei der Auslegung ihrer Prozesserklärung nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden darf. Soweit sich die Klägerin insoweit aber auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.11.2009 (Az.: XI ZR 14/09, MDR 2010, 164, [BGH 10.11.2009 – XI ZB 15/09] abgedruckt in juris) beruft, verkennt sie die dort genannten Auslegungsgrenzen. Wörtlich heißt es in Rn. 9 der vorstehend zitierten Entscheidung:
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„Dabei bestimmen allerdings, was die Rechtsbeschwerde übersieht, nicht allein die tatsächlichen Interessen der erklärenden Partei das Verständnis der abgegebenen Erklärung. Vielmehr müssen sich diese aus den im Zeitpunkt der Erklärung äußerlich in Erscheinung tretenden Umständen ersehen lassen. Maßgebend ist unter Beachtung der durch die gewählte Formulierung gezogenen Auslegungsgrenzen der objektiv zum Ausdruck kommende Wille des Erklärenden (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2006 – IV ZB 38/05, NJR-RR 2006, 862, Tz. 13, vom 30.Mai 2007 – XII ZB 82/06, NJW 2007, 3640, Tz. 26 und vom 24. März 2009 – VI ZB 89/08, MDR 2009, 760).“
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Dem schließen sich die erkennenden Senatsmitglieder an. Danach eröffnet vorliegend (wie auch in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall) zunächst bereits der Wortlaut des im Schriftsatz vom 11.10.2011 enthaltenen klägerischen Antrags keinen Raum für eine Auslegung als doppelte Prozesserklärung, die sowohl auf die Anordnung des Ruhens des Verfahrens als auch auf die (zweite) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gerichtet wäre. Denn im Gegensatz zum Antrag vom 04.11.2011 weist der Schriftsatz vom 11.10.2011 keinen Bezug zu einer weiteren, d.h. über die bereits bis zum 04.11.2011 gewährte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hinausgehenden, Fristverlängerung auf. Auf telefonischen Hinweis haben die Klägervertreter sodann mit Schriftsatz vom 04.11.2011 den bislang zu vermissenden (zweiten) Fristverlängerungsantrag gestellt. Dieser war jedoch ausdrücklich bis zum 05.12.2011 befristet. Der Wortlaut dieses Gesuchs vom 04.12.2011 eröffnet, da er eindeutig ist, keinen Raum für eine Auslegung, die Fristverlängerung werde bis zum Zeitpunkt des (ungewissen) Ende des Ruhens des Berufungsverfahrens beantragt.
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II.

Der Wiedereinsetzungsantrag war zurückzuweisen, da die Berufungsklägerin keine Tatsachen vorgetragen hat, wonach sie, wie von § 233 ZPO gefordert, ohne Verschulden an der Wahrung der – bis zum 04.11.2011 verlängerten – Berufungsbegründungsfrist gehindert war.
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III.

Gemäß § 97 Absatz 1 ZPO fallen der Klägerin die Kosten ihres erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zur Last.

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