OLG Hamm, Urteil vom 22. Januar 2001 – 8 U 66/00

April 19, 2020

OLG Hamm, Urteil vom 22. Januar 2001 – 8 U 66/00
Befugnisse eines für die Auflösung einer Anwaltssozietät bestimmten Schiedsgutachters; Verbindlichkeit des Schlichterspruchs und gerichtliche Billigkeitsprüfung
1. Ist in einem Vertrag über die Errichtung einer Anwaltssozietät eine geplante Schiedsgerichtsvereinbarung mangels Einigung der Parteien nicht zustande gekommen, so kann die in dem Vertrag getroffene Regelung, wonach bei Auflösung der Sozietät ein „Vermittlungsverfahren“ durchzuführen ist, als Schiedsgutachterabrede anzusehen sein.
2. Ein Schiedsgutachter hat grundsätzlich die Tatumstände festzustellen, die Tatfragen zu entscheiden und gegebenenfalls rechtlich einzuordnen, ohne daß er befugt ist, verbindliche Verpflichtungen für die Parteien festzustellen.
3. Soll das Vermittlungsverfahren nach den vertraglichen Vereinbarungen zur endgültigen Beilegung der Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Auflösung der Anwaltssozietät führen (wobei sich die Parteien dem Einigungsvorschlag des Vermittlers/Schiedsgutachters unterwerfen), ist dies dahin auszulegen, daß dem Schiedsgutachter die Kompetenz eingeräumt ist, eine verbindliche Entscheidung über die die Auflösung der Sozietät betreffenden Fragen zu treffen.
4. Dem Gericht obliegt in diesem Falle die Billigkeitskontrolle nach BGB § 319. Der Schlichterspruch ist nur dann nicht verbindlich, wenn er offensichtlich unrichtig ist. An das Vorliegen der offenbaren Unrichtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen; sie ist gegeben, wenn die Ausführungen des Schiedsgutachters so lückenhaft sind, daß selbst ein Fachmann das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann, sowie bei schwerwiegenden Mängeln in der Begründung.
5. Die Partei, die die offenbare Unrichtigkeit des Schlichterspruchs geltend macht, muß Tatsachen vortragen, aus denen sich dem Sachkundigen die Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt.
6. Auch nach Verkündung des Schlichterspruchs ist eine Nachholung der schriftlichen Begründung des Schlichterspruchs möglich.
vorgehend LG Bochum, 16. Februar 2000, 4 O 440/99, Urteil
nachgehend BGH, 16. Juli 2001, II ZR 71/01, Revision verworfen
Tenor
Das Urteil des Landgerichts Bochum vom 16.02.2000 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 81.001,00 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 04.11.1999 zu zahlen.
Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.
Die Kosten 1. Instanz trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 95.000 DM, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kann, abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Das Urteil beschwert den Beklagten um mehr als 60.000 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach Auflösung ihrer Anwaltssozietät um die Berechtigung einer Ausgleichsforderung in Höhe von 81.001,00 DM.
Im Jahre 1995 gründeten die Parteien eine Sozietät. Dieser legten sie den Sozietätsgründungsvertrag vom 03.08.1995 zugrunde. Wegen der Fassung im einzelnen wird auf Bl. 17 ff. verwiesen. Der dort eingangs erwähnte Sozietätsvertrag ist nicht geschlossen worden.
Im Streit der Parteien ist die Regelung des § 16 des Sozietätsgründungsvertrages (Bl. 30,31), die folgenden Wortlaut hat:
„(1)
Die Sozien verpflichten sich gegenseitig, bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Auslegung oder Wirksamkeit oder über ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten zunächst ein Vermittlungsverfahren durchzuführen. Zu diesem Zwecke haben die Sozien sich auf einen Vermittler zu einigen. Kommt eine Einigung auf einen Vermittler binnen angemessener Frist (z.B. binnen höchstens einem Monat ab Aufforderung) nicht zustande, ist der Vermittler von der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu bestellen. Die Sozien unterwerfen sich schon jetzt dem Einigungsvorschlag des Vermittlers.
(2)
Wird eine Meinungsverschiedenheit oder die Streitigkeit nicht im Rahmen der Vermittlung binnen angemessener Frist beigelegt, werden alle Streitigkeiten aus diesem Vertrage unter den Sozien und/oder ihren Rechtsnachfolgern (auch Streitigkeiten zwischen einem oder mehreren Sozien einerseits und der Sozietät andererseits), durch ein Schiedsgericht unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden. Der Schiedsvertrag ist in einer besonderen Urkunde niederzulegen und beizufügen.“
Ein Schiedsvertrag ist unstreitig nicht geschlossen worden.
Entsprechend dieser Regelung haben sich die Parteien anläßlich der Auflösung der Sozietät auf den Justitiar der Arbeitgeberverbände …, Herrn Rechtsanwalt M G als Vermittler geeinigt. Dieser führte unter Beteiligung der Parteien mehrere Vermittlungsgespräche. Unter dem 18.10.1999 fällte Rechtsanwalt G einen Schlichtungsspruch, wegen dessen Inhalts im einzelnen auf Bl. 38, 39 Bezug genommen wird. Zu Ziffer 5 hieß es, dass der Beklagte an den Kläger eine Abstandssumme von 95.000 DM zahlt und damit alle Forderungen aus der Sozietätsauseinandersetzung erledigt sind.
Der Kläger hat auf diesen Betrag den hälftigen Wert des Anlagevermögens auf der Zeitpunktbasis 30.06.1998 — nach Ziffer 6 des Schlichtungsspruchs 31.396,00 DM — mit 15.698,00 DM angerechnet, davon abgesetzt den hälftigen Betrag von 1.699,00 DM für vom Beklagten mitgenommene Gegenstände, und ist zu einer Forderung von 81.001,00 DM gelangt, die er nach Verweigerung der Zahlung seitens des Beklagten zum Gegenstand der Klage gemacht hat. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Schlichterspruch sei verbindlich, der Beklagte mithin zur Zahlung verpflichtet, hinsichtlich der Zinsen ab Zugang des Schlichtungsspruchs am 28.10.1999.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 81.001,00 DM nebst 4 % Zinsen ab 28.10.1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Auffassung nach ist der Schlichterspruch nicht wirksam, u. a. wegen der fehlenden Begründung.
Das Landgericht hat mit seinem Urteil, auf dessen Gründe (Bl. 108 ff.) verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Im wesentlichen hat es darauf abgestellt, der Schlichterspruch sei wegen fehlender Begründung offenbar unrichtig und unwirksam. Als Auseinandersetzungsforderung sei die Klage nicht schlüssig begründet.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch weiter, und zwar mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass dieser ausschließlich aus dem Schlichterspruch geltend gemacht werde (Bl. 130).
Er rügt, die Kammer habe verfahrenswidrig nicht darauf hingewiesen, dass die Gültigkeit des Schlichterspruchs an einer mangelnden Begründung scheitere (Bl. 131).
In der Sache sei die Kammer zutreffend von einer Schiedsgutachtenabrede mit Unterwerfungserklärung, aber mit der gerichtlichen Kontrolle nach § 319 I 1 BGB ausgegangen. Seiner Auffassung nach ist eine offensichtliche Unwirksamkeit nicht aus der fehlenden Begründung herzuleiten. Beiden Parteien seien aus den Verhandlungen die Gründe für den Schlichterspruch bekannt gewesen. Einigkeit habe auch darüber bestanden, dass der Schlichterspruch nicht habe begründet werden müssen (Beweis: RA G — Bl. 133, 178 — und Schreiben vom 14.04.2000 — Bl. 137 –). Insoweit verstoße der Beklagte gegen § 242 BGB, wenn er sich auf die fehlende Begründung berufe. Zumindest durch die jetzt vorliegende Begründung im Schreiben vom 14.04.2000, die der Schlichter seinem Vorschlag zugrundegelegt habe, sei der Fehler geheilt. Zwischen den Parteien habe Einigkeit dahin bestanden, dass der Schlichter einen verbindlichen Vorschlag unterbreiten könne und solle (Beweis: RA G — 177 –), der eine Entscheidung nach billigem Ermessen habe beinhalten sollen (Bl. 178). Der Beklagte habe sein grundsätzliches Einverständnis mit dem Schlichterspruch während der zahlreichen Schlichtungsgespräche zum Ausdruck gebracht (Beweis: Rechtsanwalt M — Bl. 189).
Zur Höhe seiner Forderung verweist der Kläger auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bochum vom 16.02.2000 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 81.001,00 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 04.11.1999 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und ihm zu gestatten, eine etwa erforderliche Sicherheitsleistung auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft zu erbringen.
Der Beklagte verteidigt das Urteil. Er meint, es liege schon keine wirksame Schiedsgutachter — oder Schiedsrichterabrede vor. Deshalb habe der Kläger seinen Anspruch vollumfänglich darzulegen und zu beweisen, was bisher nicht geschehen sei. Hilfsweise beruft er sich weiterhin auf die Unwirksamkeit des Schlichtungsspruchs, der mangels Begründung unwirksam sei. Dieser Mangel sei nicht heilbar. Die in 2. Instanz vorgelegte Begründung sei selbst offenbar unrichtig, denn sie sei nicht nachvollziehbar und berücksichtige seine Einwendungen nicht ausreichend. Eine Einigung über eine Abstandssumme sei nie getroffen worden (Beweis: Rechtsanwältin M — Bl. 161 –). Dem Protokoll vom 22.06.1999 (Bl. 36, 37) habe er sofort mit Schreiben vom 29.09.1999 (Bl. 173 – 175) widersprochen.
Wegen des weitergehenden Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst ihren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat Erfolg … Der Kläger kann auf der Grundlage des sog. Schlichtungsspruchs des Rechtsanwalts G vom 18.10.1999 Zahlung von 81.001,00 DM verlangen.
1.
Der Schlichtungsspruch stellt allerdings keine verbindliche Entscheidung eines Schiedsgerichts dar.
Eine Schiedsrichterabrede ist nach Auffassung beider Parteien nicht getroffen worden. Eine Schiedsvereinbarung ist eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nicht vertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu unterwerfen (Begriffsbestimmung in § 1029 Abs. 1 ZPO n.F.). Das Schiedsgericht entscheidet einen Rechtsstreit anstelle des staatlichen Gerichts.
So liegt der Fall hier indes nicht. Dies folgt aus § 16 (2) des Vertrages unzweifelhaft, da man eine gesonderte Urkunde noch schaffen wollte. Dies ist unstreitig nicht geschehen.
2.
Die Parteien haben aber mit der Regelung in § 16 (1) des Vertrages eine als Schiedsgutachtenabrede im engeren Sinne zu verstehende Vereinbarung getroffen.
Ein Schiedsgutachter hat Tatumstände festzustellen und Tatfragen zu entscheiden, ohne daß er befugt ist, darüber zu befinden, welche Verpflichtungen sich daraus für die Parteien ergeben (BGHZ 9, 143). Die Tätigkeit des Schiedsgutachters braucht sich allerdings nicht auf die Vermittlung einzelner Tatbestandsmerkmale zu beschränken, es kann ihm auch deren rechtliche Einordnung übertragen werden (BGH NJW 1975, 1556).
Vorliegend kann die Vereinbarung nach den Vorstellungen der Parteien, die damals den Sozietätsgründungsvertrag als vorläufige, noch ausfüllungsbedürftige Regelung angesehen haben, als vorgeschaltetes Vermittlungsverfahren verstanden werden, um eine möglichst schnelle Regelung erzielen zu können. Dies wird deutlich, wenn man § 16 (2) hinzunimmt, der die endgültige Entscheidung eines Schiedsgerichts vorsah, wenn der Streit binnen angemessener Frist nicht beigelegt werden konnte.
Das Vermittlungsverfahren sollte auch zu einer endgültigen Beilegung einer Auseinandersetzung führen können.
Dies bestätigt die Fassung des § 16 (1) a. E., wonach sich die Sozien „schon jetzt“ dem Einigungsvorschlag des Vermittlers unterwerfen. Darin drückt sich der Wille der Parteien aus, diesen Vorschlag als verbindlich zu behandeln.
Damit geht die Aufgabe des Vermittlers über die Aufgaben eines Schiedsgutachters im üblichen Sinne hinaus. Der Vermittler hatte Tatsachen zu ermitteln, zu bewerten und schließlich eine Regelung zu treffen. Ihm war von den Parteien im Rahmen des zunächst durchzuführenden Vermittlungsverfahrens die Aufgabe eines verbindlich entscheidenden Schlichters zu.
Nach dem Regelungszweck des § 16 sollte im Rahmen der Vermittlung letztlich auch eine Auseinandersetzung der Sozietät möglich sein. Jedenfalls ist nichts dafür erkennbar, dass insoweit eine Ausnahme gelten sollte. Das Verhalten der Parteien spricht auch für diese Wertung, da sie sich mit den die Auseinandersetzung der Sozietät betreffenden Fragen in dem Vermittlungsverfahren befasst haben.
3.
Der Schlichtungsspruch unterliegt der Billigkeitskontrolle nach § 319 BGB. Dies sieht auch der Kläger so. Einer solchen Kontrolle hält der Spruch Stand.
a.
Die Parteien haben nämlich nicht mehr die vorgesehene Vereinbarung getroffen, Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu überantworten, das unter Ausschluß des ordentlichen Rechtswegs endgültig entscheiden sollte, falls das Vermittlungsverfahren nicht binnen angemessener Frist zur Streitbeilegung geführt hat.
Sie haben auch keine Vereinbarung dahin getroffen, dass auch der Einigungsvorschlag des Vermittlers ohne jede Kontrolle bleiben sollte. Deswegen rechtfertigt sich die Überprüfung des Schlichterspruchs nach § 319 BGB.
b.
Der Schlichterspruch ist in Anwendung des § 319 BGB für die Parteien nur dann nicht verbindlich, wenn er offenbar unrichtig ist. Nicht jeder Fehler führt zur offenbaren Unrichtigkeit. Sie muß sich vielmehr einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter — wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung — aufdrängen; dabei sind an das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit strenge Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls der mit der Bestellung eines Schiedsgutachters verfolgte Zweck in Frage gestellt würde, ein möglicherweise langwieriges und kostspieliges Prozeßverfahren zu vermeiden (BGH, v. 9.6.1983 — III ZR 41/82, MDR 1984, 28 = NJW 1983, 2244, 2245; BGH, v. 16.11.1987 — II ZR 111/87, MDR 1988, 381 = NJW-RR 1988, 506; BGH, v. 21.4.1993 — XII ZR 126/91, NJW-RR 1993, 1034, 1035).
Eine offenbare Unrichtigkeit des Gutachtens ist auch dann gegeben, wenn die Ausführungen des Sachverständigen so lückenhaft sind, daß selbst der Fachmann das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann (BGH, v. 16.11.1987 — II ZR 111/87, MDR 1988, 381 = NJW-RR 1988, 506). Auch bei der Anwendung falscher Bewertungsmaßstäbe liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor (BGHZ 9, 195, 198 f). Generell ist von einer offenbaren Unrichtigkeit bei schwerwiegenden Mängeln in der Begründung auszugehen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 319 Rn. 5 m.w.N.). Denn bei schwerwiegenden Begründungsmängeln liegt zumindest nahe, daß auch das Ergebnis falsch sein muß. Anders wäre es nur dann, wenn zufällig das Ergebnis durch andere Fehler, die sich im Ergebnis in etwa gleicher Höhe gegenteilig auswirken, wieder ausgeglichen würde (vgl. BGHZ 9, 195, 198).
Eine Partei, die sich auf die offenbare Unrichtigkeit der Leistungsbestimmung beruft, muß Tatsachen vortragen, aus denen sich dem Sachkundigen die Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt (BGH NJW 1984, 43, 45; v. 9.6.1983 — III ZR 41/82, MDR 1984, 28, NJW-RR 1993, 2244, 2245).
c.
Nach Lage des Falles führt der Umstand, dass dem Schlichterspruch vom 18.10.1999 keine Begründung beigegeben war, nicht zu dessen Unwirksamkeit. Dem Schlichterspruch ist die Begründung nachträglich gegeben worden. Rechtsanwalt G hat die Begründung für seinen Schlichterspruch als Anlage zu seinem Schreiben vom 14.04.2000 schriftlich gefertigt. Der Kläger hat diese Begründung mit der Berufungsbegründung überreicht und sie damit in den Rechtsstreit eingeführt. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, sie sei von dem Schlichter nicht mit der gebotenen Neutralität, etwa im Blick auf den ihm bekannt gewordenen Streitstand dieses Verfahrens, erstellt worden. Schließlich ist er auch nicht dem Vortrag entgegen getreten, dass der Schlichter die Begründung mit diesem Inhalt seinem Schlichtungsspruch zugrunde gelegt habe, wie das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Schlichters vom 14.04.2000 ausweist.
Es bestehen keine übergreifenden Rechtsgrundsätze, die zum Schutz und im Interesse des Beklagten gegen das Nachholen der schriftlichen Begründung anzuführen sein könnten. Der Schlichterspruch schaffte keine Rechtskraft wie ein Urteil. Es lief keine Frist zu seiner Anfechtung. Dem Beklagten blieben alle Möglichkeiten, sich durch Inanspruchnahme staatlicher Gerichte gegen den Schlichterspruch zu wehren. In einem gerichtlichen Verfahren standen ihm alle Verteidigungsmöglichkeiten offen. Mögliche Kostenbelastungen konnte er nach §§ 93,97 II ZPO abwehren, wie sich hier an der vom Senat getroffenen Kostenentscheidung zeigt.
d.
Eine Partei, die sich auf die offenbare Unrichtigkeit der Leistungsbestimmung beruft, muß Tatsachen vortragen, aus denen sich dem Sachkundigen die Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt (BGH NJW 1984, 43, 45; v. 09.06.1983 — III ZR 41/82, MDR 1984, 28, NJW-RR 1993, 2244, 2245).
Soweit der Beklagte im Rahmen des § 319 BGB über die Rüge fehlender Begründung hinaus mit weiteren Argumenten darauf abhebt, der Schlichterspruch sei unwirksam, etwa mit dem Vortrag, seine Einwendungen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden, ist der dazu gegebene Vortrag nicht ausreichend.
Der Rahmen des billigen Ermessens ist für den Schiedsgutachter, hier für den Schlichter, weit gesteckt, sodass nicht jede nachteilige Folge iSd § 319 BGB bedeutsam werden kann. Ein substantiierter Vortrag hätte erforderlich gemacht, dass der Beklagte zunächst aus seiner Sicht die Auseinandersetzung der zwischen den Parteien bestehenden Sozietät mit konkreten Sachverhalten und Zahlen darstellt. Erst dann kann beurteilt werden, ob und in welcher Weise dies mit der Regelung des Schlichterspruchs nicht im Einklang steht, dass dessen Ergebnis im Blick auf § 319 BGB nicht mehr hingenommen werden kann. Der Vortrag des Beklagten greift jedoch nur einzelne Vorgänge auf, ohne die Gesamtschau zu eröffnen. Es mag deshalb zutreffend sein, dass einzelne Punkte anders zu beurteilen sein können, auch, dass noch einzelne Angelegenheiten hätten einbezogen werden können (Angelegenheit T). Es bleibt dabei, dass – das Vorbringen des Beklagten einmal als richtig unterstellt – eine Gesamtbewertung und -abwägung nicht möglich ist.
5.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§286,288 BGB. Der Beklagte ist ab 04.11.1999in Verzug geraten. Mit Schreiben vom 03.11.1999 hat er den Schlichterspruch und damit die Erfüllung der Zahlungsfrist ernsthaft und endgültig verweigert.
6.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 2, 546, 709 Nr. 10, 713 ZPO. Die Kosten der Berufungsinstanz waren dem Kläger aufzuerlegen, da er mit Vortrag obsiegt hat, den er bereits in 1. Instanz hätte vorbringen können. Schon in 1. Instanz war das Fehlen der Begründung durch den Beklagten gerügt worden. Dazu hat der Kläger erst in der Berufungsbegründung substantiiert vorgetragen.

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