VG Darmstadt 7. Kammer 7 L 2050/19.DA

April 26, 2020

VG Darmstadt 7. Kammer
7 L 2050/19.DA
1. Ein Bauvorhaben kann sich auf das Erscheinungsbild eines unbeweglichen Kulturdenkmals i.S. von § 18 Abs. 2 HDSchG auswirken, wenn zwischen Bauvorhaben und Kulturdenkmal eine Blickbeziehung besteht. Ob das Bauvorhaben das Kulturdenkmal auch beeinträchtigt, ist im denkmalschutzrechtlichen Zustimmungsverfahren zu klären.

2. Auf die Vorschriften über die Beteiligung der Denkmalschutzbehörde und der Denkmalfachbehörde im bauaufsichtlichen Verfahren (§§ 18 Abs. 2, 20 Abs. 5 HDSchG) kann sich der Eigentümer eines Kulturdenkmals berufen; diese sind drittschützender Natur.

3. Eine im bauaufsichtlichen Verfahren erforderliche, aber unterbliebene Beteiligung der Denkmalschutzbehörde führt nicht zur Nichtigkeit der Baugenehmigung (entgegen VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.01.2015 – 8 L 4844/14.F).

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerinnen gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung vom 06.06.2019 – BN-2018-152-4 – wird angeordnet.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

3. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2), die dieser selbst trägt, haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1) je zur Hälfte zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin zu 1) ist Eigentümerin des Grundstücks A. der Gemarkung Eberstadt, Flur B., Flurstück C., eingetragen im Grundbuch Eberstadt, Bl. F. Die Antragstellerin zu 2) ist Eigentümerin des Grundstücks E. der Gemarkung Eberstadt, Flur B., Flurstück D., eingetragen im Grundbuch Eberstadt, Bl. G. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 1) errichtete Gebäude steht als Einzelkulturdenkmal unter Denkmalschutz. Zugleich ist es, ebenso wie das auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2) errichtete Gebäude, Teil der „Gesamtanlage Leo-Tolstoi-Straße, Am Elfengrund, Friedrich-Ebert-Straße, Heidelberger Landstraße, Schillerstraße – Villenkolonie Eberstadt –“, die im Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen ist und als Gesamtanlage Denkmalschutz genießt.

Am 06.06.2019 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Antennenmastes und einer Technikeinheit. Genehmigt wurde der Bau eines Schleuderbetonmastes mit einer Höhe von 40 Metern. In 34 und 37 Metern Höhe sind Stahlbühnen mit einem Durchmesser von 3,2 Metern vorgesehen. An den Bühnen sollen MB09-, UMTS- und LTE-Antennen montiert werden. Der Antennenmast soll im nördlich des Anwesens der Antragstellerinnen gelegenen Staatswald „Der Pelz“ in der Gemarkung Darmstadt Bezirk H., Flur I., Flurstück J., errichtet werden. Die Entfernung zur Grenze der denkmalgeschützten Villenkolonie beträgt knapp 37,5 Meter, zu den Gebäuden der Antragstellerinnen etwa 50 Meter.

Die Baugenehmigung wurde der Antragstellerin zu 1) am 30.10.2019 per E-Mail übermittelt (Bl. 96 der Bauakte). Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 04.11.2019 (Bl. 105 der Bauakte) wurde die Antragstellerin zu 2) über die an die Beigeladene zu 1) erteilte Baugenehmigung unterrichtet. Mit jeweils am 11.11.2019 bei der Behörde eingegangenen Schriftsätzen vom 07.11.2019 legten die Antragstellerinnen Widerspruch ein (Bl. 124 und Bl. 140 der Bauakte).

Mit Schriftsatz vom 11.11.2019, bei Gericht am selben Tag eingegangen, haben die Antragstellerinnen vorliegenden Eilantrag gestellt. Sie rügen, dass die Baugenehmigung gegen das denkmalschutzrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoße und berufen sich auf einen Abwehranspruch. Der Antennenmast sei so hoch wie das Ludwigsmonument auf dem Darmstädter Luisenplatz und entspräche 10 Vollgeschossen. Der Antennenmast werde den historischen Charakter der Kulturdenkmäler der Antragstellerinnen zerstören, da er in schärfstem baulichen Kontrast zu den Kulturdenkmälern stehen würde. Die Vertreterin der Antragsgegnerin spreche selbst von „solch einem Mast“, den sie aus städtebaulicher Sicht nicht in der Nähe des geplanten neuen Wohngebietes „Ludwigshöhviertel“ sehen wolle. Der Standort an der Villenkolonie verkenne den Denkmalschutz zu Gunsten eines politischen Vorzeigeprojektes. Die denkmalschutzrechtliche Seite sei im Baugenehmigungsverfahren nicht gesehen worden; an keiner Stelle der Bauakte finde sich das Wort „Denkmalschutz“. Ein 40 Meter hoher LTE-Funkmast aus dem Jahr 2020 stelle womöglich den größtmöglichen Widerspruch zu denjenigen Gründen dar, welche ursprünglich zur Ausweisung der Gesamtanlage als schützenswertes Kulturgut geführt hätten und würde den schützenswerten historischen Charakter der denkmalgeschützten Gesamtanlage zerstören. Die Voraussetzungen für eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung lägen nicht vor. Das öffentliche Interesse verlange den Bau des Turms an dieser Stelle nicht, da Alternativstandorte in Betracht kämen, die nicht gesucht worden seien. Wegen der unterbliebenen Zustimmung des Beigeladenen zu 2) sei die Baugenehmigung nichtig, sofern die Beteiligung nicht noch nachgeholt werde. Auf die Verletzung der Beteiligungsvorschriften könnten sich die Antragstellerinnen berufen. Das Vorhaben sei auch bauplanungsrechtlich unzulässig.

Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß (vgl. Bl. 59 der Gerichtsakte),

die aufschiebende Wirkung der gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 06.06.2019 (Aktenzeichen BN-2018-152-4) erhobenen Widersprüche vom 11.11.2019 anzuordnen und die Vollziehung der Baugenehmigung auszusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Eilantrag abzulehnen.

Sie trägt vor, das Vorhaben bedürfe keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, denn es wirke sich nicht auf das Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Villenkolonie aus. Das wäre nur der Fall, wenn der Denkmalwert durch das Vorhaben wesentlich herabgesetzt werden würde, was hier ausgeschlossen sei. Der Standort des Funkmastes sei nicht innerhalb der Villenkolonie verortet. Der Funkturm stehe in dichtem Bewuchs und sei nach außen abgeschirmt. Eine Sichtbarkeitsanalyse habe ergeben, dass der Turm in gesamter Höhe nur in 3 km Entfernung zu sehen sei. Eine optisch störende Wechselwirkung mit der Villenkolonie werde sich nicht ergeben, da die räumliche Trennung ist zu groß sei. Der Blick – auch nur im Norden der Kolonie – müsste deutlich gehoben werden, um den Turm wahrzunehmen. Der besondere Denkmalwert der Kolonie bestehe nicht wegen einer bestimmten Gebäudesilhouette der Gesamtanlage. Die Villenkolonie werde weiterhin als alleinstehend und in sich geschlossen wahrgenommen. Eine freie Sicht vom Denkmal sei kein maßgeblicher Gesichtspunkt für den Denkmalwert eines Gebäudes. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals i. S. d. Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs liege nicht vor. Auswirkungen seien nicht bereits durch die große Nähe zu bejahen. Überdies wäre das Vorhaben im Falle einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit nach § 18 Abs. 3 Nr. 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz vom 28.11.2016 (GVBl. S. 211) – nachfolgend: HDSchG – zu genehmigen gewesen. Nach Standortalternativen sei intensiv gesucht worden; diese seien aber nicht gefunden worden. Die erteilte Baugenehmigung enthalte die denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Die Baugenehmigung sei auch nicht nichtig. Die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde und der Unteren Denkmalschutzbehörde würden von einer einheitlichen Behörde, dem Magistrat der Antragsgegnerin, wahrgenommen. Die im Stadtplanungsamt angesiedelte „Abteilung Denkmalschutz und Denkmalpflege“ habe keine selbstständige Organstellung. Einer Wahrnehmung der Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörde durch die mit der Bauaufsicht beauftragte Dienststelle stehe rechtlich nichts entgegen. Die Antragsgegnerin habe mit der Baugenehmigung „umfassend als Magistrat“ gehandelt. Auf einen Verstoß gegen das Beteiligungserfordernis nach § 20 Abs. 5 HDSchG könnten sich die Antragstellerinnen zudem nicht berufen, da diese Vorschrift nicht drittschützend sei. Das Vorhaben sei auch bauplanungsrechtlich zulässig.

Mit Beschluss vom 29.11.2019 ist die Beigeladene zu 1) dem Verfahren notwendig (§ 65 Abs. 2 VwGO) beigeladen worden. Die Beigeladene zu 1) beantragt,

den Antrag abzulehnen (vgl. Bl. 232 der Gerichtsakte).

Sie tritt dem Vorbringen der Antragsgegnerin bei und bekräftigt, dass Beteiligungsrechte nach § 20 Abs. 5 HDSchG nicht drittschützender Natur seien. Ein Abwehrrecht der Antragstellerinnen folge auch nicht aus § 18 Abs. 2 HDSchG. Diese Vorschrift verlange eine erhebliche Beeinträchtigung der Antragstellerinnen, die durch das Bauwerk nicht gegeben sei, da sich der Antennenmast auf das Erscheinungsbild der Villenkolonie nicht auswirke. Die Villenkolonie sei als geschlossene Gesamtanlage primär lediglich für sich zu betrachten. Die umliegende Bebauung sei dabei zu vernachlässigen und falle nicht ins Gewicht. Aus den vorgenannten Gründen sei die Einholung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nicht erforderlich gewesen. Selbst wenn eine Genehmigungsbedürftigkeit gegeben sei, sei die erteilte Genehmigung nicht gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 4 HessVwVfG nichtig.

Mit Beschluss vom 29.11.2019 ist der Beigeladene zu 2) dem Verfahren einfach (§ 65 Abs. 1 VwGO) beigeladen worden. Er tritt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, dem Vorbringen der Antragstellerinnen bei und führt im Wesentlichen ergänzend aus, das Vorhaben sei gemäß § 18 Abs. 2 HDSchG genehmigungsbedürftig. Auswirkungen auf den Bestand und das Erscheinungsbild genügten; für die Frage der Genehmigungsbedürtigkeit komme es auf eine tatsächliche Beeinträchtigung nicht an. Die erteilte Baugenehmigung sei gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 4 HessVwVfG wegen unterbliebener Beteiligung des Beigeladenen zu 1) nichtig. Der streitige Antennenturm sei für die Grund- und Mindestversorgung an Telekommunikationsleistungen nicht erforderlich, weshalb eine Genehmigung nach § 18 Abs. 3 Nr. 3 HDSchG nicht erteilt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst der beigezogenen Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag ist gemäß §§ 80 a Abs. 3 i. V. mit § 80 Abs. 5 VwGO zulässig. Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann das Gericht auf dessen Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen, wenn dieser keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerinnen entfällt gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Es erscheint möglich, dass das Vorhaben subjektive öffentliche Rechte der Antragstellerinnen als Nachbarn beeinträchtigt. Als solche Rechte kommen § 18 Abs. 2 und 3 und § 20 Abs. 5 HDSchG i. V. mit § 9 Abs. 1 Satz 2 HDSchG in Betracht. Eine Antragsbefugnis der Antragstellerinnen ist somit zu bejahen (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

Der zulässige Antrag ist auch begründet. Dem Antrag eines Dritten auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 a Abs. 3 VwGO ist stattzugeben, wenn die Baugenehmigung offensichtlich dessen Rechte verletzt. Denn in diesem Fall kann ein überwiegendes Interesse der Bauherrschaft oder der Öffentlichkeit an einer sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung nicht bestehen. Umgekehrt ist der Antrag des Dritten abzulehnen, wenn die Baugenehmigung ihn offensichtlich nicht in eigenen Rechten verletzt. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens über den Rechtsbehelf des Dritten offen, hat das Gericht eine Abwägung der beteiligten privaten und öffentlichen Interessen vorzunehmen, die für oder gegen eine sofortige Ausnutzung der Baugenehmigung sprechen. Bei dieser Abwägung hat das Gericht zum einen das Gewicht der beteiligten Interessen und das konkrete Ausmaß ihrer Betroffenheit zu berücksichtigen. Zum anderen hat es zu würdigen, ob der Rechtsbehelf des Dritten – auch unter Berücksichtigung des von ihm eventuell glaubhaft gemachten Tatsachenvorbringens – wahrscheinlich Erfolg haben wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16.12.1991 – 4 TH 1814/91 –, juris, Rdnr. 47).

Ein Abwehrrecht des Dritten gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung besteht nur, wenn

• ein genehmigtes Vorhaben gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung nicht vorliegen,

• die verletzten Vorschriften auch zum Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt, also nachbarschützend sind und

• durch das rechtswidrige Vorhaben eine tatsächliche Beeinträchtigung des Nachbarn hinsichtlich der durch die Vorschriften geschützten nachbarlichen Belange eintritt

(vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16.12.1991 – 4 TH 1814/91 –, juris, Rdnr. 48 ff.).

Die Antragstellerinnen und der Beigeladene zu 2) wenden zu Recht ein, dass die Baugenehmigung unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des denkmalschutzrechtlichen Einvernehmens der Denkmalfachbehörde bedurft hätte, das jedoch mangels Beteiligung des Beigeladenen zu 2) nicht vorliegt.

Gemäß § 18 Abs. 2 HDSchG bedarf der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, wer in der Umgebung eines unbeweglichen Kulturdenkmals Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals auswirken kann.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei dem Tatbestandsmerkmal „Umgebung“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der mangels gesetzlicher Ausgestaltung der Auslegung bedarf. Als denkmalschutzrechtlich relevante Umgebung im Sinne von § 18 Abs. 2 HDSchG ist der Bereich zu qualifizieren, in dem Blickbeziehungen zwischen Kulturdenkmal und der geplanten Anlage bestehen werden (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 30.12.1994 – 3 UE 2544/94, juris, Rdnr. 19). Zur denkmalschutzrechtlichen Umgebung gehört der Umkreis des Kulturdenkmals, auf den es ausstrahlt und der es in denkmalpflegerischer Hinsicht seinerseits beeinflusst (vgl. Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 25.01.2005 – 1 LA 124/04 –, NJOZ 2005, 2445 [2446]). Daraus folgt, dass alle Objekte, die an einem Standort, von dem aus man wesentliche Teile des Kulturdenkmals wahrnimmt, zusammen mit dem Denkmal in den Blick kommen, zu dessen Umgebung zählen (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18.04.2013 – 5 K 3268/11 –, juris, Rdnr. 28). Wie weit die Umgebung eines Kulturdenkmals im Einzelfall reicht, lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern hängt mit der Art, der Größe, der historischen Funktion (z. B. intendierte städtebauliche Dominanz) sowie mit dem Standort und der Eigenart des Umfelds des konkreten Objekts zusammen, in das es hineinkonzipiert oder mit dem es geschichtlich verwurzelt ist (Davydov in Viebrock, Hessisches Denkmalschutzgesetz, 4. Auflage 2018, § 18 Rdnr. 13).

Vorliegend ist angesichts der Nähe zur Grenze der Villenkolonie von nur wenigen Metern und der Mächtigkeit des 40 Meter hohen Turms, der zumindest im nördlichen Teil der Villenkolonie in Blickbeziehung zu der Gesamtanlage stehen wird, das Tatbestandsmerkmal einer baulichen Anlage in der Umgebung eines unbeweglichen Kulturdenkmals zu bejahen. Die Kammer geht vorläufig nach Aktenlage davon aus, dass der Turm die Baumwipfel, die nach dem wechselseitigen Vorbringen in ca. 15 bis 25 Meter Höhe liegen, mit 40 Metern jedenfalls deutlich überschreitet und herausragt und im nördlichen Bereich der Villenkolonie gut sichtbar sein wird.

Auch das Tatbestandsmerkmal des Sich-auswirken-Könnens auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals ist jedenfalls im vorliegenden summarischen Prüfungsverfahren zu bejahen. Auswirken bedeutet nicht, dass das Kulturdenkmal durch die bauliche Anlage beeinträchtigt sein muss. Auswirken bedeutet nur, dass die bauliche Anlage am Standort des geschützten Kulturdenkmals wahrgenommen werden kann. Wie dargelegt, bestehen zwischen Kulturdenkmal und zu errichtendem Antennenturm Blickbeziehungen, die es ausreichend sein lassen, von einer Auswirkung auszugehen. Ob die Auswirkungen des benachbarten Bauvorhabens den Bestand oder das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals beeinträchtigen, also negativ beeinflussen, und wie erheblich die Beeinträchtigung ggf. ist, obliegt der Prüfung der Genehmigungsbehörde, die dies im Einvernehmen mit der Denkmalfachbehörde zu beurteilen hat (vgl. Davydov in Viebrock, a. a. O., § 18 Rdnr. 15).

Soweit die Antragsgegnerin auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2012 – 10 A 2037/11 –, juris, verweist und ihm die Definition entnehmen will, unter „Auswirkung auf das Erscheinungsbild eines Denkmals“ sei zu verstehen, dass der mit dem Erscheinungsbild angesprochene Denkmalwert durch das Vorhaben wesentlich herabgesetzt werde, vermag die Kammer dem Urteil diese Aussage nicht zu entnehmen. Das nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz vom 11.03.1980 (GV. NRW. 1980, 226) – nachfolgend: NRWDSchG – kennt keine Zweiteilung zwischen „Auswirkungen auf das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals“ als Vorfrage einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit und „Beeinträchtigung des Kulturdenkmals“ als im denkmalschutzrechtlichen Verfahren zu klärende Tatsachenfrage. In Nordrhein-Westfalen ist der Bauaufsichtsbehörde lediglich aufgegeben, „die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend diesem Gesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen“ (§ 9 Abs. 3 Satz 1 NRWDSchG). Materiell ist dies der Fall, wenn Gründe des Denkmalschutzes dem Vorhaben nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9 Abs. 2 NRWDSchG). Die in Hessen bestehende Verpflichtung, schon bei Auswirkungen auf den Bestand und das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals eine Landesbehörde am Genehmigungsverfahren zu beteiligen, existiert in Nordrhein-Westfalen nicht. Dort sind denkmalschutzrechtliche Belange einer von vielen Einzelaspekten, die im bauaufsichtlichen Verfahren im Rahmen einer Interessenabwägung von einer einzigen Behörde zu berücksichtigen sind.

Nach dem hier geltenden hessischen Landesrecht hätte die Baugenehmigung der Beteiligung der Unteren Denkmalschutzbehörde bedurft. Im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahren schließt die Baugenehmigung die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ein (§ 9 Abs. 3 Satz 2 HDSchG). Im Baugenehmigungsverfahren wird sie in Form einer internen Zustimmung, an der die Untere Denkmalschutzbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege beteiligt sind, eingeholt.

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 3 Hessische Bauordnung vom 28.05.2018 (GVBl. S. 198) – nachfolgend: HBO – gilt ein für die Erteilung der Baugenehmigung erforderlicher förmlicher Mitwirkungsakt (Benehmen, Einvernehmen, Zustimmung) einer anderen Stelle als erteilt, wenn er nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Ersuchens verweigert wird; von dieser Frist abweichende Regelungen durch Rechtsvorschrift bleiben unberührt. Eine solche abweichende Regelung sieht § 20 Abs. 2 Satz 3 HDSchG vor: Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung gilt drei Monate nach Eingang des vollständigen Genehmigungsantrags als erteilt, wenn diese Frist nicht aus wichtigem Grund um bis zu drei Monate verlängert worden ist.

Ein denkmalschutzrechtliches Zustimmungsverfahren wurde bisher nicht durchgeführt. Der Hinweis der Antragsgegnerin, eine ggf. unterbliebene Beteiligung des Stadtplanungsamtes, das innerkommunal die Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörde wahrnehme, sei unbeachtlich, weil die Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörde und der Unteren Bauaufsichtsbehörde in kreisfreien Städten vom Magistrat (§§ 4 Abs. 2 HDSchG, 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBO) – einer einheitlichen Behörde – wahrgenommen würden, von der Bauaufsichtsamt und Denkmalschutzamt nur rechtlich unselbstständige Teile seien, trifft zwar zu, verfängt aber nicht.

Abgesehen davon, dass das Bauaufsichtsamt neben dem Umweltamt, dem Grünflächenamt, dem Vermessungsamt, Hessen-Forst auch das Stadtplanungsamt der Antragsgegnerin um Zustimmung zum Bauantrag nach § 70 Abs. 1 HBO gebeten hat und das Stadtplanungsamt dem Vorhaben sogar ausdrücklich zugestimmt hat (Bl. 24 der Bauamtsakte), liegt darin nicht die erforderliche denkmalschutzrechtliche Zustimmung. Auch eine Zustimmungsfiktion ist nicht eingetreten.

Das denkmalschutzrechtliche Beteiligungsverfahren beginnt mit Vorlage aller für die Beurteilung des Vorhabens und der Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört auch die Erklärung, dass die erbetene Zustimmung als Untere Denkmalschutzbehörde erteilt wird. Wird das innerkommunal zuständige Stadtplanungsamt nicht ausdrücklich als Untere Denkmalschutzbehörde in Anspruch genommen, sondern will das Bauaufsichtsamt die denkmalschutzrechtliche Stellungnahme selbst abgeben, bedarf es – im Außenverhältnis wäre dies ausreichend – zumindest eines ausdrücklichen Aktenvermerks, dass und warum dem Vorhaben auch denkmalschutzrechtlich zugestimmt wird. Eine Zustimmungsfiktion scheidet in diesem Fall aus.

Im Anschreiben an das Stadtplanungsamt finden sich keine Hinweise auf die Beteiligung dieses Amtes in seiner Funktion als Untere Denkmalschutzbehörde (anders beim Umweltamt [vgl. Bl. 18 der Bauamtsakte]; hier wird die Funktion der Unteren Naturschutzbehörde ausdrücklich im Adressfeld erwähnt). Auf die Zustimmungsfiktion und die besondere Frist nach § 20 Abs. 2 Satz 3 HDSchG wird im Schreiben an das Stadtplanungsamt ebenfalls nicht hingewiesen. Es finden sich in der vorgelegten Bauakte auch sonst keine Erklärungen des Stadtplanungsamtes oder ein Aktenvermerk des Bauaufsichtsamtes, die als denkmalschutzrechtliches Einvernehmen nach § 18 Abs. 3 HDSchG gewertet werden könnten.

Unabhängig vom Fehlen einer innerkommunalen denkmalschutzrechtlichen Zustimmung liegt ein Beteiligungsverstoß auch darin, dass weder das Stadtplanungsamt noch das Bauaufsichtsamt in Wahrnehmung der Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörde die Denkmalfachbehörde – mithin das Landesamt für Denkmalpflege (vgl. § 5 Abs. 1 HDSchG) – an ihrer Entscheidung beteiligt haben. Dazu waren sie verpflichtet (§ 20 Abs. 5 HDSchG). Im Fall der Nichteinigung zwischen Unterer Denkmalschutzbehörde und Denkmalfachbehörde ist die Weisung der Obersten Denkmalschutzbehörde – das ist gegenwärtig gemäß Nr. 621 des Beschlusses über die Zuständigkeit der einzelnen Ministerinnen und Minister nach Art. 104 Abs. 2 der Verfassung des Landes Hessen vom 04.04.2019 (GVBl. S. 56) das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst – einzuholen. Dieses gesetzlich vorgeschriebene Verfahren ist, was die Antragsgegnerin auch nicht bestreitet, nicht eingehalten worden.

Die unterlassene Beteiligung führt zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Eine Heilung kann gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 i. V. mit Abs. 2 HessVwVfG zwar noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Durch die Beiladung der Denkmalfachbehörde zu diesem Eilverfahren ist die vorgeschriebene Beteiligung jedoch nicht erfolgt, da – wie dargelegt – nur das formgerechte Ersuchen das Beteiligungsverfahren einleitet.

Unzutreffend ist die von den Antragstellerinnen und dem Beigeladenen zu 2) unter Berufung auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.01.2015 – 8 L 4844/14.F – BeckRS 2015, 42663, Rdnr. 38) und auch von Davydov (in Viebrock, a. a. O., § 20 Rdnr. 13,) vertretene Auffassung, die Baugenehmigung sei wegen der unterbliebenen Beteiligung der Denkmalfachbehörde sogar nichtig, wenn die Beteiligung nicht bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werde.

Zutreffend ist vielmehr, dass ein nichtiger Verwaltungsakt unheilbar ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 HessVwVfG) und die vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main erwogene Heilungsmöglichkeit nichtiger Verwaltungsakte nicht besteht. Fehler, die zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes führen, können nur durch einen vollständig neu zu erlassenden Verwaltungsakt behoben werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 45 Rdnr. 3).

Angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 44 Abs. 3 Nr. 4 HessVwVfG, wonach die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche, aber unterbliebene Mitwirkung einer anderen Behörde den Verwaltungsakt gerade nicht nichtig macht, fehlt es dieser Behauptung zudem an einer tragfähigen Grundlage. Auch sonst liegen die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit der Baugenehmigung (§ 44 Abs. 1 HessVwVfG) nicht vor. Die Nichtbeteiligung des Landesamtes für Denkmalpflege ist angesichts der zwischen den Beteiligten gerade umstrittenen Reichweite des Denkmalschutzes im Umgebungsbereich weder als „besonders schwerwiegender Fehler“ zu werten, noch ist dieser Fehler bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände – nämlich nach Sichtung von Literatur und Rechtsprechung zu § 18 Abs. 2 HDSchG – auch offensichtlich. Die Kammer hält die Baugenehmigung für rechtswidrig, aber für wirksam.

Die Antragstellerinnen können sich auf die fehlende Zustimmung durch die Untere Denkmalschutzbehörde sowie die unterbliebene Beteiligung der Denkmalfachbehörde berufen, denn die Beteiligungspflichten dienen neben öffentlichen Interessen auch den privaten Interessen des Denkmaleigentümers. Diese Vorschriften sind drittschützend.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass ein Denkmaleigentümer berechtigt ist, die denkmalschutzrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn dieses Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 – BVerwG 4 C 3.08 –, juris, Rdnr. 5, zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz). Zwar liege die Unterschutzstellung eines Kulturdenkmals allein im öffentlichen Interesse. Der Gesetzgeber handele aber widersprüchlich, wenn er einerseits das Kulturdenkmal unter Schutz stelle und den Eigentümer zu dessen Erhaltung verpflichte, andererseits aber erhebliche Beeinträchtigungen des Kulturdenkmals durch Vorhaben in dessen Umgebung zuließe. Insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 GG müsse der denkmalschutzrechtliche Umgebungsschutz – soweit er objektiv geboten ist – dem Eigentümer einen Abwehranspruch vermitteln (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 – BVerwG 4 C 3.08 –, juris, Rdnr. 17).

In der Folgezeit wurde auch für die Rechtslage in Hessen ein denkmalschutzrechtlicher Drittschutz obergerichtlich anerkannt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 09.03. 2010 – 3 A 160/10 –, juris, Rdnr. 61, zum HDSchG in der Fassung vom 05.09.1986 [GVBl. I S. 269], in Form eines „denkmalschutzrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme“). Ob der Antennenmast die Denkmalwürdigkeit der geschützten Villenkolonie i. S. d. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erheblich beeinträchtigt, unterfällt in Hessen auch der Beurteilung der Denkmalfachbehörde. Auf die Einhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens hat der Eigentümer einen subjektiv-öffentlichen Anspruch. Sowohl § 18 Abs. 2 HDSchG ist drittschützender Natur (so schon Hessischer VGH, Urteil vom 09.03.2010 – 3 A 160/10 –, juris, Rdnr. 61, zur Vorgängerregelung des § 16 Abs. 2 HDSchG 1986), als auch die Verpflichtung zur Beteiligung des Beigeladenen zu 2) nach § 20 Abs. 5 HDSchG, um dem gesetzgeberischen Ziel aus § 9 Abs. 1 Satz 2 HDSchG gerecht zu werden.

Nach Auffassung der Kammer ist das denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nicht in der Weise teilbar, dass die Tätigkeit der Unteren Denkmalschutzbehörde auch subjektiv-öffentlichen Interessen dient, die Mitwirkung der Denkmalfachbehörde innerhalb dieses Verfahrens dagegen nicht (so aber Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 22.05.2019 – 13 K 91.18 –, juris, Rdnr. 26, zu der in der Sache mit § 20 Abs. 5 HDSchG übereinstimmenden Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 1 Denkmalschutzgesetz Berlin [DSchG Bln] vom 24.04.1995, BerlGVBl. S. 274). Es handelt sich vielmehr um ein einheitliches Verfahren, das den Schutz von Kulturdenkmälern bezweckt und in das die Untere Denkmalschutzbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege ihre jeweilige Sachkunde einbringen. Die vom Hessischen VGH zuerkannte drittschützende Wirkung des Genehmigungsverfahrens ist eine einheitliche, die alle Teile des Genehmigungsverfahrens, mithin auch den innerbehördlichen Abstimmungsteil nach § 20 Abs. 5 HDSchG umfasst.

Die Antragstellerin zu 1), deren Grundeigentum ein Einzelkulturdenkmal ist, das in Sichtweite zum geplanten Antennenmast liegt, kann sich auf die drittschützende Wirkung des § 20 Abs. 5 HDSchG ebenso berufen, wie die Antragstellerin zu 2), deren Gebäude zwar nicht selbst unter Denkmalschutz steht, das aber in einer Villenkolonie liegt, die als Gesamtanlage Denkmalschutz genießt. Jedenfalls der Eigentümer des in unmittelbarer Nähe zum streitgegenständlichen Antennenmast gelegenen Grundeigentums, das dem Denkmalschutz unterfällt, ist entsprechend dem Rechtsgedanken aus §§ 1004, 1011 BGB berechtigt, sich als einzelner Grundstückseigentümer auf den allen Eigentümern zustehenden Denkmalschutz des Denkmalensembles zu berufen. Da die Liegenschaft der Antragstellerin zu 2) ebenfalls in Sichtweite zum geplanten Antennenmast liegt, ist das der Fall.

Ist – wie hier – das erforderliche denkmalschutzrechtliche Einvernehmen nicht beantragt worden und ist offen, ob es erreicht wird – hiergegen spricht zumindest die Äußerung des Beigeladenen zu 2) im Schriftsatz vom 14.02.2020, wonach er die denkmalschutzrechtliche Genehmigung versagen wird –, ist die Kammer nicht gehalten, die von den zuständigen Behörden erst noch durchzuführenden Prüfungen an ihrer Stelle vorwegzunehmen. Im gewaltengeteilten Rechtsstaat sind die Verwaltungsgerichte vor allem für die Überprüfung getroffener Behördenentscheidungen zuständig. Ein möglicher Beurteilungsspielraum, der sich aus dem Konflikt zwischen Denkmalschutz einerseits und öffentlichem Interesse an einer möglichst flächendeckenden Mobilfunkversorgung andererseits ergibt, fällt vor allem den zuständigen Verwaltungsbehörden zu. Das Verwaltungsgericht hat diesen Beurteilungsspielraum nicht selbst auszufüllen, sondern nur zu prüfen, ob die getroffene Entscheidung innerhalb des Beurteilungsspielraums liegt (vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 114 Rdnr. 78 ff.).

Da der Ausgang des Beteiligungsverfahrens offen ist, besteht kein Raum für die Anwendung von § 46 HessVwVfG. Ob die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen ist (§ 18 Abs. 3 HDSchG), bedarf keiner Klärung in diesem Verfahren. Die von den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob den Antragstellerinnen zusätzlich ein baurechtlicher Abwehranspruch zusteht, bedarf derzeit ebenfalls keiner Klärung.

Da die Antragstellerinnen bereits durch die Nichteinhaltung des gesetzlichen Verfahrens in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzt sind und im summarischen Eilverfahren auch eine tatsächliche Beeinträchtigung der Antragstellerinnen durch die erteilte Baugenehmigung nicht von vornherein ausgeschlossen ist, hat der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche anzuordnen, Erfolg.

Die zusätzlich begehrte Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung (§ 80 Abs. 4 VwGO) ist im Verfahren nach § 80 a Abs. 3 VwGO nicht vorgesehen (vgl. § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO). Insoweit ist der Antrag abzulehnen. Eine neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mögliche Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) kommt gegenwärtig nicht in Betracht, da der Verwaltungsakt bisher nicht vollzogen wurde.

Die Kosten des Verfahrens sind zur Hälfte der Antragsgegnerin und – da sie einen eigenen Antrag gestellt hat – zur Hälfte der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen (§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO). Der Teil des Antrags, mit dem die Antragstellerinnen unterliegen, fällt nicht ins Gewicht und bleibt bei der Kostenentscheidung außer Betracht (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO), zumal die zusätzlich begehrte Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche in der Sache erreicht wird. Da sich der Beigeladene zu 2) am Kostenrisiko nicht beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, von der Anordnung der Erstattungsfähigkeit seiner außergerichtlichen Kosten abzusehen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG, wobei das Gericht in Übereinstimmung mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 vorliegend einen mittleren Streitwert von 10.000,00 EUR in der Hauptsache für angemessen erachtet. Da sich die Anträge auf verschiedene Grundstücke beziehen, setzt die Kammer je einen Wert von 10.000,00 EUR an, den sie wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung im Eilverfahren halbiert.

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