OLG Hamm, Urteil vom 08. März 1991 – 26 U 88/90

Mai 30, 2020

OLG Hamm, Urteil vom 08. März 1991 – 26 U 88/90
Zuständigkeit bei internationalem Kauf; Ausschluß des einheitlichen Kaufgesetzes; Klagezustellung durch das Berufungsgericht
1. Eine Klageschrift kann auch durch das Berufungsgericht an den für den Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten gemäß BGB § 176 erfolgen. Hat der Prozeßbevollmächtigte die Unterlagen in Besitz, ist ein Zustellungsmangel nach ZPO § 187 geheilt (vergleiche BGH, 1988-11-22, VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154).
2. EuGVÜ Art 5 bestimmt, daß eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem Vertragsstaat verklagt werden kann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
3. Steht fest, daß die aus einem Vertrag mit einer ausländischen Firma zu erfüllende Zahlungsverpflichtung am Sitz der deutschen Vertragspartei zu erfüllen ist, so kann eine Klage auf Zahlung vor dem hier zuständigen Gericht erhoben werden.
4. Nach EKG ist ein „Kaufpreis“ regelmäßig an der Niederlassung des Verkäufers zu leisten.
5. Ein stillschweigender Ausschluß des EKG muß hinreichend klar zum Ausdruck kommen. Werden die Vertragsverhandlungen im Ausland geführt, ist die ausländische Sprache Vertragssprache, so genügen diese Umstände allein nicht, einen realen Ausschlußwillen festzustellen. Wahl des Verhandlungsortes und Verhandlungssprache sind notwendige praktische Regelungen auf dem Wege zum Vertragsschluß und als solche für den Ausschluß des EKG ohne besondere Signifikanz (vergleiche BGH, 1985-12-04, VIII ZR 17/85, NJW 1986, 1429).

Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. Mai 1990 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Beklagten werden die Kosten des Rechtsmittels auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 15.500,– DM abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Parteien mit Sitz in … (Klägerin) und London streiten vor dem Berufungsgericht um die Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
Sie schlossen vm 6.5.1988 in London nach in englischer Sprache geführten Verhandlungen mündlich einen Vertrag über die Lieferung von bei der Klägerin aus Materialien der Firma … herzustellende Fenster und Türen; der Werklohn wurde in englischer Währung vereinbart. Diesen Vertragsschluß bestätigte die Klägerin mit Schreiben vom 9.5.1988, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 6 GA). Zuvor hatte die Beklagte schriftlich einen Vertrag mit der englischen Firma … über den Einbau solcher Fenster und Türen in mehrere Gebäude in London geschlossen; hinsichtlich dieses Vertrages („Sub Contract Document“) wird auf die Anlage zum … verwiesen, welches zu den Gerichtsakten überreicht worden ist.
Im vorliegenden Rechtsstreit klagt die Klägerin ihren Werklohn ein.
Sie hat am 13.12.1989 vor dem Landgericht ein Versäumnisurteil erwirkt, durch welches die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 144.742,08 Englische Pfund zuzüglich Zinsen zu zahlen. Dagegen hat die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.
Die Klägerin hat daraufhin beantragt,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 13.12.1989 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat unter anderem vorgetragen:
Die Klage sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Zudem seien die deutschen Gerichte nicht international zuständig.
Das Landgericht hat mittels Zwischenurteils die Klage für zulässig erklärt.
Gegen dieses Urteil, auf das verwiesen wird, hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt.
Die Beklagte wiederholt ihren Vortrag erster Instanz, ergänzt ihn und trägt unter anderem vor: Die Klage sei zum einen nach wie vor unzulässig mangels ordnungsgemäßer Klagezustellung: Die Klage habe nach dem Haager Zuständigkeitsübereinkommen von 1965 (HZÜ) i.V.m. dem englischen Recht an das „registered office“ der Beklagten erfolgen müssen, was aber nicht geschehen sei; eine Heilung dieses Mangels gemäß § 187 ZPO sei nicht erfolgt, ferner lägen die Voraussetzungen des § 295 ZPO mangels rügeloser Einlassung der Beklagten nicht vor.
Zum anderen, so behauptet die Beklagte weiter, seien die deutschen Gerichte international nicht zuständig, weil die Parteien die englische Gerichtsbarkeit vereinbart hätten. Nach den Bedingungen des zwischen dem Hauptunternehmer der Beklagten geschlossenen Vertrages (vgl. den Hinweis oben auf den Vertrag mit der Firma) seien die englischen Gerichte zuständig; dieser Vertrag sei bereits im Vorfeld des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages an die Klägerin versandt worden; bei dem Gespräch der Parteien vom 6.5.1988 sei der Vertrag in allen Einzelheiten erläutert worden; anschließend sei dem Vertreter der Klägerin erklärt worden, daß auch der Vertrag zwischen den Parteien den Bedingungen des Hauptvertrages unterworfen werden müsse, worüber Einverständnis erzielt worden sei. Diese mündliche Vereinbarung sei nach Art. 17 EuGVÜ wirksam, weil sie einem internationalen Handelsbrauch entspreche. Auch wenn aber eine wirksame Vereinbarung fehlen sollte, fehle nach deutschem internationalem Prozeßrecht die Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Das folge aus Art. 28 EGBGB, welcher den Rechtsstreit der englischen Gerichtsbarkeit zuweise. Art. 5 EuGVÜ i.V.m. Art. 59 EKG sei nicht anzuwenden, weil die Parteien die Anwendung des EKG stillschweigend ausgeschlossen hätten; dafür spreche unter anderem, aber entscheidend, daß (siehe oben) das Sub Contract Document, welches sich ausschließlich an englischen rechtlichen und tatsächlichen Gepflogenheiten orientiere, nach der mündlichen Vereinbarung der Parteien Vertragsinhalt geworden sei. Selbst wenn aber das EKG anzuwenden sei, sei gemäß Art. 59 Abs. 1, 2. Halbsatz EKG als Erfüllungsort London anzusehen, weil die Parteien im vorliegenden Fall eine Bringschuld vereinbart hätten; Aushändigungsort der Sachleistung sei London (Vereinbarung „free site in London“); Erfüllungsort von Sach- und Geldleistung seien dann identisch, wenn die Lieferung Zug-um-Zug zu erfolgen habe oder ein Fernkauf mit Lieferung zum Bestimmungsort des Käufers vereinbart sei. Da aber Art. 59 EKG I 1. Alternative in diesem Fall nicht eingreife (siehe oben), bestimme sich der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art. 5 EuGVÜ i.V.m. Art. 27 f. EGBGB. Danach sei englisches Recht maßgeblich; nach diesem Recht sei der Erfüllungsort in England gelegen; danach lägen Erfüllungsort und Gerichtsstand in England.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Bezüglich des Vortrages der Parteien im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Gerichtsakten überreichten Unterlagen verwiesen.
Der Senat hat die (erneute) Zustellung der Klageschrift veranlaßt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, …, … und … Außerdem ist der Geschäftsführer der Beklagten, …, gemäß § 141 ZPO angehört worden. Auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin zum 8.3.1991 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist nicht mangels ordnungsgemäßer Klagezustellung unzulässig. Ferner ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.
I.
Die förmliche Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung ist Prozeßvoraussetzung (vgl. Baumbach, ZPO, 44. Aufl., Grundzüge vor § 253, 3 E a). Die Klage ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht ordnungsgemäß, nämlich nicht an ihr „registered office“ zugestellt worden. Ob das zutrifft, kann offenbleiben: Der Senat, dem die Zuständigkeit zur weiteren Sachbehandlung als Berufungsgericht angefallen ist (vgl. dazu Baumbach-Albers, ZPO, 48. Aufl., Grundzüge vor §§ 511 f., 1 C) hat die (erneute) Zustellung der Klageschrift vorsorglich veranlaßt, nachdem die Ordnungsgemäßheit der Zustellung auch in zweiter Instanz (vgl. Schriftsätze der Parteien vom 15.1. und 21.1.1991) streitig geblieben ist (vgl. zur Wiederholung einer Zustellung die Hinweise bei Stein-Jonas-Schumann, 20. Aufl., § 270, Rn. 21 – 23). Diese Zustellung ist an den für den Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten der Beklagten (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 302 b GA) gemäß § 176 BGB erfolgt; diese Norm gilt im Fall einer Zustellung in einem in Deutschland anhängigen Rechtsstreit (BGH NJW 76, 478, 480); eine Zustellung gemäß den HZÜ ist nicht mehr geboten. Im übrigen würde ein etwaiger Mangel des ersten Zustellungsverfahrens jetzt gemäß § 187 ZPO geheilt sein, nachdem die zuzustellenden Schriftstücke als Folge der durch Verfügung vom 25.1.1991 getroffenen Maßnahmen des Senats in den Besitz des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gelangt sind (vgl. BGH NJW 89, 1154).
II.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben.
Sie folgt aus Art. 5 EuGVÜ i.V.m. Art. 59 EKG.
Art. 5 EuGVÜ bestimmt, daß eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem Vertragsstaat verklagt werden kann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die im vorliegenden Rechtsstreit in Rede stehende Verpflichtung, die Pflicht der Beklagten zur Zahlung des Werklohns, ist am Sitz der Klägerin, also in Bielefeld, zu erfüllen, mithin kann die Beklagte vor dem Landgericht Bielefeld verklagt werden. Daß die Zahlungspflicht am Sitz der Klägerin zu erfüllen ist, folgt aus dem hier anzuwendenden Art. 59 Abs. 1, 1. Halbsatz, wonach der „Kaufpreis“ regelmäßig an der Niederlassung des Verkäufers zu leisten ist. Das EKG ist hier anzuwenden, weil die Voraussetzungen des Art. 1 EKG vorliegen und weil die Parteien die Anwendung des Gesetzes nicht nach Art. 3 EKG ausgeschlossen haben.
1.
Deutschland und Großbritannien, in denen die Parteien ihre Niederlassung haben, sind Vertragsstaaten des EKG. Es handelt sich vorliegend bei dem Vertrag der Parteien um einen Werklieferungsvertrag im Sinne von §§ 1 und 6 EKG; nach Wortlaut und Zweck dieser Vorschriften ist nicht danach zu unterscheiden, ob eine vertretbare oder nicht vertretbare Sache geliefert worden ist (vgl. Dölle, EKG, Art. 6, Anm. 1).
2.
Die Parteien haben die Anwendung des EKG nicht gemäß Art. 3 EKG stillschweigend – ausdrücklich ist unstreitig nichts vereinbart – ausgeschlossen.
Ein solcher Ausschluß muß – auch im Licht des Vereinheitlichungszwecks des EKG- hinreichend klar zum Ausdruck kommen (vgl. auch BGH NJW 86, 1429): Ein realer, auf Ausschluß des EKG gerichteter Wille muß zum Ausdruck gebracht werden; er kann sich beispielsweise aus den besonderen Gegebenheiten des Falles und auch aus bestimmten typischen Umständen ergeben.
Hier wird ein solcher Wille nicht deutlich.
2.1.
Dem Vorbehalt der britischen Regierung nach Art. 5 des Einführungsübereinkommens kommt in diesem Zusammenhang – Feststellung des oben bezeichneten realen Willens – keine selbständige Bedeutung zu (vgl. BGH a.a.O.). Als im vorliegenden Fall zu berücksichtigende besondere Gegebenheiten und typische Umstände sind von der Beklagten u.a. betont worden und sind zu würdigen: Der Vertrag ist am 6.5.1988 in London geschlossen worden; es ist in englischer Sprache verhandelt worden; der Werklohn ist in englischer Währung zu zahlen; der Werklohn ist „net monthly“ zu begleichen, was bedeutet (vgl. den Vortrag der Parteien Bl. 243, 303 GA), daß er erst am Ende des auf den Lieferzeitpunkt (so die Beklagte Berufungsbegründung Bl. 12) oder auf die Rechnungslegung (so die Klägerin im Schriftsatz vom 18.2.1991, Bl. 303 GA) folgenden Monat zu zahlen ist; nach dem Vortrag der Beklagten waren die Fenster gemäß den geltenden britischen technischen Normen und Standards zu liefern. All diese Umstände rechtfertigen es nicht, einen realen Ausschlußwillen festzustellen; so sind die Wahl etwa des Verhandlungsortes und der Verhandlungssprache notwendige praktische Regelungen auf dem Wege zum Vertragsschluß und als solche für die hier erörterte Frage ohne besondere Signifikanz: die Vereinbarung etwa des technischen Standards eines bestimmten Landes folgt sachgerechten Erwägungen angesichts der Tatsache, daß das Werk in diesem Lande auf Übereinstimmung mit den Standards geprüft werden könnte, z. B. in sicherheitstechnischer Hinsicht, spricht aber im übrigen nicht zwingend für den Willen der Vertragsparteien, das Rechtsgeschäft darüber hinaus auch nach den – unvereinheitlichten – Rechtsnormen des Landes, in welches geliefert wird, auszurichten.
2.2.
Die Beklagte beruft sich im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Erfolg darauf, die Parteien hätten den Vertrag ausschließlich dem englischen Recht unterstellt, sie hätten sich nämlich auf den Hauptvertrag, das zwischen der Beklagten und der Firma … vereinbarte Sub Contract Document, bezogen und hätten geregelt, daß dessen Bedingungen, so auch die Nrn. 32 a und 32 c, welche den Gerichtsstand und die Anwendung englischen Rechts regeln, auch im Verhältnis der Parteien zueinander anzuwenden seien.
Es kann offenbleiben, ob unter solchen Umständen ein stillschweigender Ausschluß festzustellen gewesen wäre, ob etwa der Umstand, daß nach englischem Recht nur bei positiver Rechtswahl das EKG anzuwenden ist, sich im vorliegenden Zusammenhang als stillschweigender Ausschluß des EKG ausgewirkt hätte (vgl. dazu Piltz, NJW 86, 1406).
Denn den ihr obliegenden Beweis für diesen Vortrag hat die Beklagte nicht geführt.: Einerseits hat der Zeuge … vor dem Senat unter anderem bekundet, bei den Vertragsgesprächen in London am 6.5.1988 habe das Sub Contract Document auf dem Tisch gelegen, man sei diesen Hauptvertrag Punkt für Punkt durchgegangen, es sei klar gemacht worden, daß englisches Recht zu gelten habe; diesen Vertrag habe er zuvor schon Herrn … von der Firma … übersandt gehabt. Bezüglich des Inhalts der Aussage des Zeugen … im einzelnen und auch der anderen vor dem Senat vernommenen Zeugen wird auf den Inhalt der Berichterstattervermerks verwiesen. Der Zeuge … hat zur Erkenntnisbildung nicht Entscheidendes beitragen können. Andererseits haben die Zeugen … und … ausgesagt, der oben bezeichnete Vertrag habe nicht auf dem Tisch gelegen, er sei nicht erörtert worden, es sei mit Sicherheit nicht gesagt worden, es sollten die englischen Gerichte zuständig sein und englisches Recht solle gelten. Der schriftliche Vertrag sei ihm (…) zuvor nicht bekannt gewesen. Zumal die Aussage des Zeugen …, der als Engländer nicht im Verdacht steht, Erörterungen der vom Zeugen … bezeugten Art aus sprachlichen Gründen nicht mitbekommen zu haben, hat solche Absprachen entschieden verneint („definitely not“). Für entsprechende Feststellungen fehlt also jegliche Grundlage; ebensowenig kann festgestellt werden, daß die Klägerin oder die Firma … das Sub Contract Document schon vor dem Gespräch vom 6.5.1988 in Händen hatten.
3.
Nach Art. 59 Abs. 1 Halbsatz 1 EKG ist der „Kaufpreis“ regelmäßig und so auch hier am Sitz der Niederlassung des Verkäufers zu leisten. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht Art. 59 Abs. 1 Halbsatz 2 EKG anzuwenden, wonach die Zahlungspflicht, wenn die Zahlung gegen Aushändigung der Sache – also Zug-um-Zug – zu erfolgen hat, an dem Ort (Erfüllungsort) zu bewirken ist, an dem die Aushändigung vorgenommen worden ist. Denn eine solche Zahlung Zug-um-Zug ist nach dem schriftlichen (vgl. z.B. Vortrag Bl. 243, 303 GA) und darüber hinaus auch nach dem ausdrücklichen mündlichen Vortrag der Parteien im Senatstermin gerade nicht vereinbart worden, wie es die Beklagte vorprozessual bereits mit Schreiben vom 14.5.1988 (vgl. Bl. 185 GA) betont hatte; jetzt trägt sie ausdrücklich vor (vgl. Bl. 12 der Berufungsbegründung), jede Lieferung sei erst am Ende des auf den Lieferzeitpunkt folgenden Monats zu bezahlen.
Ebensowenig kann festgestellt werden, daß eine modifizierte Zug-um-Zug Leistung etwa in Form der Zug-um-Zug zu bewirkenden Hingabe einer Bankgarantie vereinbart worden wäre. Die Abrede „guaranteed by a bankers guarantee“ (vgl Bl. 5 GA) kann von ihrem Wortlaut her nicht in dieser Weise ausgelegt werden. Die Parteien sind darüber hinaus gemäß Verfügung vom 8.1.1991 dazu aufgefordert worden, dazu Stellung zu nehmen, wie die hier behandelte Abrede auszulegen ist. Sie haben weder schriftlich noch mündlich bei der Erörterung der Aufforderung im Senatstermin Umstände vorgetragen, welche die Feststellung einer Zug-um-Zug Abrede der hier behandelten Art rechtfertigen. Unabhängig davon spricht auch die Auftragsbestätigung der Klägerin (Bl. 5 GA), (deren Maßgeblichkeit in jedem einzelnen Punkt hier aber wegen des zuvor Ausgeführten nicht im einzelnen untersucht zu werden braucht) davon, daß die Lieferung zu erfolgen habe „… after receipt of your … payment-guarantee“, also nach Empfang der erörterten Garantie.
Schließlich verweist die Beklagte im vorliegenden Zusammenhang (vgl. dazu Bl. 13 Berufungsbegründung) ohne Erfolg auf den Passus der Auftragsbestätigung „terms of delivery: free site in London“ (siehe den Vortrag der Beklagten Bl. 126 GA, gemeint ist: Auslieferung … frei Baustelle in London). Dabei handelt es sich um eine Abrede darüber, unter welchen Bedingungen die Ablieferung zu erfolgen habe. Es ist darüber hinaus bei Auslegung dieser Vertragsbestimmung an und für sich und in ihrem Zusammenhang mit den übrigen, oben behandelten Abreden der Parteien nicht gerechtfertigt (vgl. aber den Vortrag der Beklagte Bl. 12 und 13 der Berufungsbegründung), den Vertrag der Parteien unter Hinweis auf die hier behandelte Vertragsbestimmung – etwa mit Hilfe der Deduktion, das eigentliche Schwergewicht des Rechtsgeschäftes liege in London – als Fernkauf zu qualifizieren und auf diese Weise zur Anwendung des Art. 59 Abs. 1, 2. Halbsatz zu gelangen.
4.
Die Anwendung des Art. 5 EuGVÜ i.V.m. Art. 59 Abs. 1, 1. Halbsatz EKG ist entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht wegen Vereinbarung der englischen Gerichtsbarkeit gemäß Art. 17 EuGVÜ ausgeschlossen. Eine solche Vereinbarung kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden; dazu wird auf die obige Beweiswürdigung verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 f. ZPO.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 399.000,– DM.

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