Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 26.01.2017 – 18 Sa 564/16

Juni 15, 2020

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 26.01.2017 – 18 Sa 564/16

Vereinbaren die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf der Basis eines bestimmten Betrages abzurechnen hat, kann dies als Verpflichtung zur Zahlung des abgerechneten Entgelts auszulegen sein.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 19.04.2016 – 5 Ca 70/16 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auslegung eines gerichtlichen Vergleichs im Hinblick auf Lohnzahlungsansprüche aus einem mittlerweile beendeten Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin war bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte geringfügig beschäftigt. Sie bezog ein monatliches Entgelt in Höhe von etwa 450 €. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.05.2015 zum 31.08.2015. Hiergegen setzte sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr. Dieser Rechtsstreit wurde vor dem Arbeitsgericht Iserlohn unter dem Aktenzeichen 5 Ca 933/15 geführt. Im Rahmen des Kündigungsrechtsstreits gab die Klägerin war zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin seit Januar 2011 (so die Beklagte) oder seit September 2006 (so die Klägerin) bei der Beklagten tätig war. Die Klägerin erhob zudem Zahlungsklage und forderte von der Beklagten Entgelt für die Monate Januar bis August 2015 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges in Höhe von 3.700,91 € brutto. Dieser Rechtsstreit wurde vor dem Arbeitsgericht Iserlohn unter dem Aktenzeichen 5 Ca 1204/15 geführt. Im Kammertermin vom 27.10.2015 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Iserlohn einen Vergleich zur Erledigung beider Verfahren. Dieser Vergleich lautet wie folgt:
„Vergleich: 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine arbeitgeberseitige, ordentliche, fristgerechte und aus betrieblichen Gründen veranlasste Kündigung vom 20.05.2015 mit Ablauf des 31.08.2015 aufgelöst worden ist. 2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis für die Monate Januar bis August 2015 ordnungsgemäß abzurechnen auf der Basis eines Betrages in Höhe von 250,00 Euro brutto monatlich. 3. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin für den Verlust dessozialen Besitzstandes eine Abfindung in entsprechender Anwendung der§§ 9, 10 KSchG in Höhe von 1.300,00 Euro brutto zu zahlen. 4. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin als Urlaubsabgeltung einen Betrag in Höhe von 450,00 Euro brutto zu zahlen. Ferner sind sich dieParteien darüber einig, dass damit sämtliche der Klägerin noch zustehende Urlaubsansprüche und etwaige Ansprüche auf Freizeitausgleich abgegolten sind. 5. Die Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auch auf die Leistung und die Führung im Arbeitsverhältnis erstreckt. 6. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt. 7. Damit sind alle Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Es liegen auch keine Tatsachen vor, aus denen sich noch weitere wechselseitige Ansprüche ergeben könnten. 8. Damit ist auch der Rechtsstreit 5 Ca 1204/15 vor dem Arbeitsgericht Iserlohn erledigt.“

Unter dem 10.11.2015 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Entgeltabrechnung über Urlaubsabgeltung in Höhe von 450 € brutto, über eine Abfindung in Höhe von 1.300 € brutto sowie über „Aushilfslohn“ für die Monate Januar bis August 2015 in Höhe von 8 x 250 € brutto. Die Abrechnung weist auf den sich ergebenden Gesamtbetrag in Höhe von 3.750 € brutto sozialversicherungsrechtliche Abzüge (RV-Beiträge) in Höhe von insgesamt 90,65 € aus. Diese Beiträge wurden von der Beklagten ordnungsgemäß abgeführt. Auf den sich aus der Abrechnung ergebenden Auszahlungsbetrag in Höhe von 3.659,35 € netto zahlte die Beklagte 1.733,35 € netto an die Klägerin. Die sich ergebende Differenz in Höhe von 1.926 € netto entspricht dem abgerechneten Entgelt für die Monate Januar bis August 2015 (8 x 250 €) abzüglich der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 90,65 €.

Mit ihrer Klage, die der Beklagten am 19.01.2016 zugestellt worden ist, hat die Klägerin den restlichen Nettobetrag in Höhe von 1.926 € eingefordert. Sie hat die Auffassung vertreten, ein entsprechender Zahlungsanspruch ergebe sich aus Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.926 € netto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2016.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 ergebe sich für die Klägerin kein Zahlungs-, sondern nur ein Abrechnungsanspruch. Die Erstellung der Lohnabrechnung als Bruttoabrechnung habe nur „aus buchhalterischen Gründen“ erfolgen müssen. Tatsächlich stehe der Klägerin kein Entgeltanspruch zu, da sie ihre Arbeitsleistung im Zeitraum von Januar bis August 2015 nicht angeboten habe. Die erstellte Entgeltabrechnung stelle kein Schuldanerkenntnis dar. Etwaige Zahlungsansprüche der Klägerin seien jedenfalls nach Ziffer 7) des Vergleichs vom 27.10.2015 ausgeschlossen. Falls sich entgegen der Auffassung der Beklagten aus dem Vergleich ein Zahlungsanspruch für die Klägerin ergebe, sei die Klage unzulässig.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ziffer 2) des gerichtlichen Vergleichs vom 27.10.2015 sei gemäß §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass der Klägerin nicht nur ein Abrechnungsanspruch, sondern auch ein Anspruch auf Zahlung des abgerechneten Betrages zustehe.

Das Urteil erster Instanz ist der Beklagten am 11.05.2016 zugestellt worden. Sie hat mit einem Schriftsatz, der am 13.05.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und die Berufung mit einem am 11.07.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte meint, aus der Gegenüberstellung der Ziffern 3) und 4) des gerichtlichen Vergleichs vom 27.10.2015 (in diesen Regelungen des Vergleichs ist ausdrücklich eine Zahlungspflicht der Beklagten vorgesehen) und Ziffer 2) des Vergleichs (in dieser Regelung ist nur die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung vorgesehen) ergebe sich, dass der Klägerin kein Anspruch auf Entgeltzahlung für den Zeitraum von Januar bis August 2015 zustehe. Der Vergleich sei insoweit gar nicht auslegungsfähig, da nicht festgelegt worden sei, welche Stundenzahl für die Monate Januar bis August 2015 abzurechnen sei. Die Abrechnungsklausel sei in den Vergleich aufgenommen worden, um die Klägerin sozialversicherungsrechtlich besser zu stellen. Der Vergleich stelle eine abschließende Regelung dar. Die Klägerin habe bei Abschluss des Vergleichs bewusst auf einen Anspruch auf Zahlung etwaigen Annahmeverzugsentgelts verzichtet.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 19.04.2016 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn – 5 Ca 70/16 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Klägerin ist es auf ein Versäumnis bei der Vornahme der Protokollierung zurückzuführen, dass der Wortlaut von Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 sich nicht über eine Zahlungspflicht der Beklagte verhalte. Die Regelung unter Ziffer 2) des Vergleichs stelle einen von den Parteien gefundenen Kompromiss des Inhalts dar, dass der Klägerin Zahlungsansprüche nicht in voller Höhe des eingeklagten Annahmeverzugsentgelts zustehen sollen, sondern lediglich in Höhe von 250 € brutto monatlich. Gegenstand der Vergleichsverhandlungen sei nicht eine sozialversicherungsrechtliche Besserstellung der Klägerin gewesen. Bloße Abrechnungsansprüche der Klägerin seien zwischen den Parteien nicht im Streit gewesen. Die Ausschlussklausel unter Ziffer 7) des Vergleichs betreffe nur Ansprüche außerhalb der Vergleichsregelungen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Die Beklagte hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Es besteht keine Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf die begehrte Zahlung zusteht.

1. Die Zahlungsklage ist zulässig.

Der Klage fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Für die Klägerin gibt es keinen einfacheren Weg, die begehrte Leistung von der Beklagten zu erhalten. Insbesondere kann die Klägerin nicht die Zahlung im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 27.10.2015 erreichen.

Die Bestimmung unter Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 ist nicht vollstreckbar. Vollstreckungsurkunden – Urteile und auch Vergleiche – müssen inhaltlich den vollstreckbaren Anspruch bestimmt ausweisen; bei Zahlungstiteln ist eine betragsmäßige Festlegung erforderlich (LAG Niedersachsen, Urteil vom 02.08.2007 – 6 Sa 486/07; LAG Köln, Beschluss vom 05.07.2007 – 7 Ta 3/07, Urteil vom 26.03.2004- 4 Sa 1393/03). Daran fehlt es hier. Zwar weist Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 einen Betrag in Höhe von 250 € brutto aus, aber nicht als zu zahlende Summe, sondern lediglich als Grundlage für eine Abrechnung. Im Übrigen führt schon die im Vergleichstext vorgesehene Verpflichtung zur „ordnungsgemäßen“ Abrechnung dazu, dass die Verpflichtung nicht vollstreckbar ist (Hessisches LAG, Beschluss vom 12.03.2009 – 12 Ta 380/08), da die für eine „ordnungsgemäße“ Abrechnung erforderlichen Parameter im Vergleich nicht genannt werden.

2. Die Zahlungsklage ist auch begründet.

Anspruchsgrundlage für die Forderung der Klägerin ist Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015. Der Vergleich enthält insoweit eine – allerdings inhaltlich unbestimmte und deshalb nicht vollstreckbare – Zahlungspflicht hinsichtlich des Entgelts für die Monate Januar bis August 2015.

a) Das folgt aus einer interessen- und sachgerechten Auslegung des Vergleichs.

aa) Auch die Auslegung von gerichtlichen Vergleichen richtet sich nach den Regeln der Vertragsauslegung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.09.2009 – 3 Sa 307/09). Insoweit gelten folgende Grundsätze (BAG, Urteil vom 10.12.2014 – 10 AZR 63/14; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.02.2014 – 5 Sa 280/13):

Gemäß §§ 133, 157 BGB sind Verträge und damit auch Prozessvergleiche so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso ist die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt.

bb) Nach diesen Grundsätzen ist Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 im Sinne einer Zahlungspflicht der Beklagten auszulegen.

Zwar schuldet die Beklagte nach dem Wortlaut von Ziffer 2) des Vergleichs lediglich die (ordnungsgemäße) Abrechnung. Eine bloße Abrechnungsverpflichtung stellt nur die Bestätigung der ohnehin bestehenden Rechtslage dar (BAG, Urteil vom 18.03.2009 – 5 AZR 192/08) und schafft keinen von den gesetzlichen Vorgaben unabhängigen Schuldgrund (vgl. zum Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt Hessisches LAG, Urteil vom 11.11.2009 – 2 Sa 569/09). Allerdings lässt der Wortsinn auch andere Deutungsmöglichkeiten zu. Dem Wort „abrechnen“ wird auch die Bedeutung beigemessen, dass eine (endgültige) Rechnung aufzustellen und zu bezahlen ist (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Ausgabe 1986), oder dass mit jemandem eine Geldangelegenheit in Ordnung gebracht wird (Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache, 1977). Der Wortsinn des Begriffs „Abrechnung“ umfasst danach nicht nur das Erstellen eines Zahlenwerks, sondern auch die Begleichung der sich aus dem Zahlenwerk ergebenden Ansprüche. Dass die vergleichsweise eingegangene Verpflichtung zur „Abrechnung“ als Zahlungspflicht auszulegen sein kann, entspricht allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. etwa BAG, Urteil vom 19.05.2004 – 5 AZR 434/03, Urteil vom 11.07.1985 – 2 AZR 108/84; LAG Brandenburg, Urteil vom 06.03.2003 – 2 Sa 525/02; LAG Köln, Urteil vom 28.10.1994 – 13 Sa 807/94). Der endgültige rechtsgeschäftliche Sinngehalt lässt sich erst durch die Vornahme weiterer Auslegungsschritte klären.

Im Streitfall ist nach der Regelungssystematik des Vergleichs zunächst zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf Geldansprüche der Klägerin in den Ziffern 3) und 4) des Vergleichs eindeutige Zahlungspflichten der Beklagten geregelt sind, während unter Ziffer 2) des Vergleichs eine bloße Abrechnungspflicht vorgesehen ist. Das spricht dafür, Ziffer 2) des Vergleichs, der Lesart der Beklagten folgend, nicht als Festlegung eines Zahlungsanspruchs zu begreifen. Dieses Auslegungsergebnis wäre aber nicht interessengerecht und widerspräche dem insoweit maßgeblichen Grundsatz von Treu und Glauben.

Dabei kommt es entscheidend auf die objektive Erklärungsbedeutung an, also darauf, wie ein objektiver Erklärungsempfänger die Vereinbarungen unter Ziffer 2) des Vergleichs verstehen durfte (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.09.2009 – 3 Sa 307/09). Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers hat sich die Beklagte, indem sie der Regelung unter Ziffer 2) des Vergleichs vom 27.10.2015 zustimmte, nicht nur zur Abrechnung, sondern zur Zahlung verpflichtet. Dafür spricht bereits, dass Ziffer 2) des Vergleichs nicht lediglich die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung vorsieht; vielmehr ist auch die Basis der Abrechnung genannt (250 € brutto monatlich). Wenngleich der Beklagten darin zuzustimmen ist, dass die Erteilung einer Abrechnung nicht notwendigerweise eine Zahlung zur Folge haben muss („Nullabrechnung“), so ist doch im praktischen Arbeitsleben der Regelfall der, dass das abgerechnete Entgelt auch gezahlt wird. § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO sieht, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, eine Abrechnung nur dann vor, wenn auch eine Zahlung erfolgt.

Dass ein objektiver Erklärungsempfänger Ziffer 2) des Vergleichs redlicherweise als Festschreibung einer Zahlungsverpflichtung verstehen durfte, ergibt sich aus einer Berücksichtigung der Parteiinteressen und dem Zweck des Vergleichs. Mit dem Vergleich sollte nicht nur der Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern auch der Rechtsstreit über Ansprüche der Klägerin auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges beigelegt werden. Die Abfindungszahlung gemäß Ziffer 3) des Vergleichs stellt einen Kompromiss im Hinblick auf den Bestandsschutzrechtsstreit dar. Legt man den Vortrag der Klägerin zu ihrer Beschäftigungszeit (9 Jahre) zugrunde, ergibt sich eine „Regelabfindung“ in Höhe eines halben Monatseinkommens je Beschäftigungsjahr von ca. 2.000 €; nach dem Vortrag der Beklagten (Beschäftigungszeit 4,5 Jahre) ergibt sich eine „Regelabfindung“ von ca. 1.000 €. Der im Vergleich vorgesehene Abfindungsbetrag liegt dazwischen. In der Regelung unter Ziffer 2) des Vergleichs ist ein Kompromiss im Hinblick auf den Rechtsstreit über das Annahmeverzugsentgelt zu erblicken. Der Betrag in Höhe von 250 € brutto monatlich entspricht etwa der Hälfte dessen, was die Klägerin als Annahmeverzugsentgelt monatlich eingefordert hatte. Dass es insoweit bei der bloßen Abrechnung bleiben sollte, wäre unverständlich und käme einem Verzicht der Klägerin auf das geforderte Annahmeverzugsentgelt gleich. Durch die Abführung von Beiträgen zur Rentenversicherung in Höhe von ca. 90 € für einen Zeitraum von acht Monaten wird die Klägerin nicht nennenswert begünstigt. Dass die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgibt, hinter einem halben Monatseinkommen je Beschäftigungsjahr zurückbleibt (wenn man den Vortrag der Klägerin zur Beschäftigungszeit zugrunde legt) und auch noch nahezu vollständig auf das eingeforderte Annahmeverzugsentgelt verzichtet, kann nicht ernsthaft angenommen werden. Insbesondere sind keine Hinweise darauf ersichtlich, dass das Arbeitsgericht der Klage unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges keinerlei Erfolgsaussichten beimaß.

b) Die Höhe der Zahlungspflicht, die sich aus Ziffer 2) des Vergleichs ergibt, ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben. Die Höhe des Anspruchs entspricht der Abrechnung, die die Beklagte selbst erstellt hat.

c) Die Ausschlussklausel unter Ziffer 7) des Vergleichs vom 27.10.2015 steht der Forderung der Klägerin nicht entgegen. Die Klausel erfasst nur Ansprüche außerhalb des Vergleichs („damit“ sind alle Ansprüche erledigt). Der Anspruch der Klägerin ist aber kein Anspruch außerhalb des Vergleichs, sondern ergibt sich aus dessen Ziffer 2).

d) Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klage ist der Beklagten am 19.01.2016 zugestellt worden. Damit traten die Wirkungen der Rechtshängigkeit ein (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO). Die Pflicht zur Verzinsung des Betrages beginnt analog § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglos eingelegten Berufung zu tragen.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Insbesondere musste das Berufungsgericht keinen allgemeinen Rechtssatz zu der Frage aufstellen, wie man eine im Vergleichswege übernommene Verpflichtung zur „Abrechnung“ des Arbeitsverhältnisses zu verstehen hat und ob eine solche Verpflichtung grundsätzlich als Zahlungspflicht auszulegen ist (in diese Richtung wohl LAG Köln, Urteil vom 28.10.1994 – 13 Sa 807/94). Das Ergebnis der Auslegung des Vergleichs beruht hier auf den besonderen Umständen des Streitfalls.

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