Landesarbeitsgericht Hamm: Beschluss vom 16.12.2016 – 1 Sa 1203/16

Juni 15, 2020

Landesarbeitsgericht Hamm: Beschluss vom 16.12.2016 – 1 Sa 1203/16

Richten sich die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs und die Kosten des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits nach § 98 ZPO , fehlt einem Antrag auf Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO das Rechtsschutzbedürfnis. Die den Antrag zurückweisende Entscheidung lässt die gebürenprivilegierende Wirkung des abgeschlossenen Vergleichs entsprechend Vorbemerkung Nr. 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht entfallen.

Tenor:

Unter Zurückweisung des Antrags des Klägers auf Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits wird klarstellend festgestellt, dass die Kosten des Vergleichs und des durch den Vergleich erledigten Berufungsverfahrens als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger hat von der Beklagten Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.650 € nebst Zinsen aus einem Sozialplan gefordert und dazu die Auffassung vertreten, ihm stünde dieser Betrag über die bereits gezahlten 157.150 € hinaus zu. Das Arbeitsgericht hat die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Zweitinstanzlich haben die Parteien am 16.12.2016 folgenden Vergleich geschlossen:

Der Kläger beantragt,

Die Beklagte erhielt Gelegenheit zu rechtlichem Gehör.

II.

a) Der Antrag des Klägers ist unzulässig. Dem Kläger steht für eine Entscheidung nach § 91a ZPO kein Rechtsschutzbedürfnis zu. An einem solchen fehlt es dann, wenn das Rechtsschutzziel der antragstellenden Partei bereits erreicht ist, weil über das Begehren schon entschieden ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO 31. Aufl. 2016, Vor § 253 Rn. 18a). Hier liegt eine Kostenentscheidung bereits vor. Denn nach der gesetzlichen Fiktion des § 98 ZPO gelten die Kosten des abgeschlossenen Vergleichs und des dadurch erledigten Berufungsrechtsstreits angesichts des am 16.12.2016 zustande gekommenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben.

Nach § 98 ZPO gelten diese Kosten als gegeneinander aufgehoben, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Parteien haben ausweislich des Vergleichstexts weder über die Kosten des Vergleichs noch über diejenigen des durch den Rechtsstreit erledigten Berufungsverfahrens eine anderweitige Kostenregelung getroffen. Dieser Annahme steht nicht entgegen, meint der Kläger mit Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Sachsen-Anhalt vom 16.04.2013 (10 W 8/123), die Regelung des § 98 ZPO sei für ihn angesichts des Umstands, dass er etwa 90 % seiner Forderung realisiert habe, unbillig. Der zitierten Entscheidung lag zugrunde, dass sich die Parteien im Vorfeld der dortigen Entscheidung darauf verständigt hatten, die Verpflichtung zur Kostentragung ausdrücklich einer gerichtlichen Entscheidung zu unterwerfen. Dies wurde versehentlich nicht im Vergleichstext protokolliert.

Auch die Entscheidung des BGH vom 25. Mai 1988 (VIII ZR 148/87) ist nicht einschlägig. Dort ist geregelt, wie mit der Verpflichtung zur Kostentragung umzugehen ist, wenn im Wege des Vergleichs eine Rücknahme der Berufung vereinbart wird, die Parteien aber eine dieser prozessualen Lage entsprechende Vereinbarung zur Kostentragung versehentlich nicht in den Vergleich aufnehmen. In einer solchen Konstellation ist abweichend von § 98 S. 2 ZPO ausnahmsweise eine Entscheidung über die Kostentragung entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO möglich (so auch LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2010 – 26 Sa 2128/09).

Für eine richterliche Entscheidung nach § 91a ZPO bestand hier demnach angesichts der durch die gesetzliche Regelung bereits erfolgten Kostenverteilung kein Raum mehr.

b) Die durch die gesetzliche Fiktion in § 98 ZPO gegebene Kostenverteilung belastet den Kläger auch nicht unbillig. Zwar hat der Kläger in der Berufungsinstanz durch den Abschluss des dortigen Vergleichs etwa 90 % der eingeforderten Zahlung realisiert. Doch ist dies im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich die Beklagte im Berufungsverfahren nach wie vor bereitgefunden hatte, einen bereits im erstinstanzlichen Verfahren angebotenen Vergleichsvorschlag – auch jenseits der für den Kläger prozessual ungünstigen Situation – zu wiederholen. Das Berufungsgericht hat diesen Vorschlag erneut aufgegriffen, sah aber keine Veranlassung, den Parteien im Hinblick auf die Kostentragung etwas anderes vorzuschlagen, als es der gesetzlichen Regelung in § 98 ZPO entsprach.

c) Diese Entscheidung löst keine besonderen Kosten aus. Sie führt insbesondere nicht dazu, dass nun die durch den Vergleich vom 16.12.2016 gegebene Gebührenprivilegierung entfällt.

Die Gerichtsgebühr entfällt nach § 34 GKG gem. Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG vollständig, wenn das Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen wird. Diese Kostenprivilegierung greift jedoch nur dann, wenn das gesamte Verfahren – einschließlich der angefallenen außergerichtlichen Kosten und der Gerichtskosten – durch Vergleich erledigt wird. Insbesondere lässt eine – wie hier vom Kläger beantragte – Entscheidung nach § 91a ZPO die Kostenprivilegierung im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren grundsätzlich entfallen, wie sich den Gebührentatbeständen in Nr. 8221, 8222 Nr. 3 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG entnehmen lässt. Doch ändert der nun gefasste Beschluss, mit dem der Antrag auf Erlass einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO als unzulässig zurückgewiesen wurde, im Hinblick auf seine fehlenden materiellen Wirkungen nichts daran, dass angesichts der Fiktionswirkung des § 98 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits insgesamt im Wege des Vergleichs entschieden worden ist. Die Gebührenprivilegierung blieb damit trotz der ergangenen Entscheidung erhalten. Es bestand deshalb keine Veranlassung, dem Kläger angesichts einer von ihm ausgelösten aber erfolglosen Entscheidung die Kosten des Berufungsrechtsstreits insgesamt aufzuerlegen.

d) Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 91a Abs. 2 ZPO, 78 S. 2 ArbGG, 574 Abs. 1, Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

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