LAG Hamm, Beschluss vom 08.08.2014 – 12 Ta 301/14

Juni 28, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 08.08.2014 – 12 Ta 301/14

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 17.04.2014 – 2 Ca 564/13 – abgeändert.

Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung ihrer Verpflichtung aus dem Urteil des Arbeitsgericht Herford vom 05.02.2014, 2 Ca 564/13, nämlich den Gläubiger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiter weiter zu beschäftigen ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- €, für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit ersatzweise für je 500,- € je ein Tag Zwangshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer E G, festgesetzt.

Die Schuldnerin hat die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu tragen.

Die Schuldnerin kann die Vollstreckung aus diesem Beschluss durch Erfüllung abwenden.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.726,-€
Gründe

I. Die Schuldnerin ist durch Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 05.02.2014 verurteilt worden, den Gläubiger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiter weiter zu beschäftigten. Im Kündigungsschutzverfahren streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützte ordentlichen Kündigung, die die Beklagte auf dem Hintergrund eines Interessenausgleichs und Sozialplans am 27.03.2013 ausgesprochen hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (LAG Hamm, 11 Sa 728/14). Termin zur Berufungsverhandlung steht am 28.08.2014 an. Zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungstitels hat der Gläubiger beim Arbeitsgericht Herford die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Schuldnerin beantragt. Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 17.04.2014 zurückgewiesen, weil der titulierte Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unbestimmt sei.

Gegen diesen ihm am 05.05.2014 zugestellten und wegen seiner weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss hat der Gläubiger mit am 16.05.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass es ausreichend sei für eine hinreichende Bestimmung der Tätigkeit, wenn Antrag und Urteilsausspruch schlagwortartig umreißen, in welcher Funktion der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll und sich weitere Aspekte der zuletzt ausgeübten Tätigkeit aus dem Urteil ergeben. Die Schuldnerin ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, die tatsächlichen Arbeitsbedingungen, zu denen der Beschwerdeführer beschäftigt worden ist, seien höchst streitig, was auch die umfassende Beweisaufnahme des Gerichts zur Sozialauswahl zeige. Hilfsweise hat sie beantragt, keine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen, da eine solche Verhandlung es ermöglichen würde, dem Gericht das Spektrum der möglichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers und damit die Unbestimmtheit des Weiterbeschäftigungstitels noch weiter zu verdeutlichen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten verwiesen.

II. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 793, 567, 569 ZPO, 62 Abs. 2, 78 ArbGG). Sie ist zulässig und auch begründet.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens sind gegeben (Titel, Klausel, Zustellung).

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der Titel, der die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung des Gläubigers verpflichtet, ausreichend bestimmt und damit vollstreckungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein vollstreckungsfähiger Titel vor, wenn das, was der Schuldner zu leisten hat, aus dem Titel selbst eindeutig bestimmt werden kann (vgl. BAG 28.02.2003 – 1 AZB 53/02 – NZA 2003, 516). Der Inhalt des Titels muss aus sich heraus und jedem Dritten verständlich sein. Dabei ist der Titel grundsätzlich unter Heranziehung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe auslegungsfähig (BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08 – NZA 2009, 917 ff; LAG Hamm 19.04.2010 – 7 Ta 97/10; LAG Hamm 16.07.2009 – 1Ta 209/09; LAG Hamm 09.02.2009 – 1 Ta 64/09). Voraussetzung ist allerdings, das zwischen den Parteien Art und Umfang der Arbeitsbedingungen außer Streit stehen (LAG Hamm 16.07.2009 – 1 Ta 209/09; Göhle-Sander in Festschrift für DüwelI, 2011, S. 268). Besteht nämlich Streit zwischen den Parteien über die Tätigkeit, würde dieser aus dem Erkenntnisverfahren unzulässiger Weise in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert.

3. Nach diesen Maßstäben ist der Titel bestimmt genug.

Zwischen den Parteien besteht zwar Streit darüber, mit welchen Arbeitnehmern der Schuldnerin der Gläubiger vergleichbar ist. Darin liegt aber nicht zugleich ein Streit über die vertraglichen Arbeitsbedingungen des Gläubigers. Im unstreitigen Teil des Tatbestandes des arbeitsgerichtlichen Urteils wird festgehalten, dass der Kläger zumindest in den letzten 6 Monaten in der Abnahme am Fließband „Hängeschrankwand“ eingesetzt war. Seine Eingruppierung folgt aus der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages. Weiter heißt es, dass der Kläger im Rahmen der Personalliste für den Betriebsrat in die sogenannte Kategorie 5, Hilfskraft, angelernter Arbeitnehmerinnen inkl. Staplerfahrer eingestuft wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren eine davon abweichende tatsächliche Tätigkeit verlangt und durchsetzen will. Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass die Schuldnerin die im Urteilstatbestand bezeichnete Art der Tätigkeit des Gläubigers als zuletzt gültige arbeitsvertragliche Bedingung in Abrede stehen will. Würde man demgegenüber strengere Anforderungen stellen, wäre ein bestimmbarer Weiterbeschäftigungstitel im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer entweder gar nicht möglich oder er müsste so eingeengt sein, dass das arbeitgeberseitige Weisungsrecht gemäß § 109 GewO zu stark eingeschränkt würde. Ein Anlass, im Zwangsvollstreckungsverfahren mündlich zu verhandeln, ist daher nicht ersichtlich.

Bei der Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes wurde berücksichtigt, dass die Schuldnerin sich bereits längere Zeit weigert, ihrer Verpflichtung aus dem Titel nachzukommen.

Der angefochtene Beschluss war daher abzuändern und dem Antrag des Gläubigers zu entsprechen. Dass neben der beantragten Zwangsgeldfestsetzung ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit eine Zwangshaft festzusetzen ist, ergibt sich aus dem Gesetz (§ 888 ZPO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 891, 91 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 ArbGG besteht kein Anlass.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach § 3 ff. ZPO. Dabei ist der Wert des durchzusetzenden Anspruchs maßgebend, der hier mit dem zweifachen Monatsverdienst des Gläubigers bemessen wurde.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.