LAG Hamm, Beschluss vom 24.02.2012 – 7 Ta 797/11

Juli 6, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 24.02.2012 – 7 Ta 797/11
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 11.12.2011 – 2 Ca 1522/11 – wird zurückgewiesen.
Der Beschlusstenor wird klarstellend wie folgt neu gefasst:
Der Rechtsstreit wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines gemäß §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1, 5 ArbGG geführten Beschlussverfahrens über die Frage, ob die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses der für den Zeitraum vom 13.05.2008 bis zum 15.06.2009 einschlägigen und zwischen der Beklagten und der CGZP geschlossenen Tarifverträge, nämlich am 30.07.2007, tariffähig war, ausgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 1.878,25 €.
Gründe
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung. Der am 23.12.1978 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 13.05.2008 bis zum 15.06.2009 auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.05.2009 tätig. Er fordert von der Beklagten die Zahlung eines Betrages in Höhe von 9.391,49 Euro brutto.
Arbeitsvertraglich findet das zwischen der Beklagten und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (im Folgenden: CGZP) vereinbarte Tarifwerk in der jeweils gültigen Fassung Anwendung, so u.a. der Entgelttarifvertrag vom 30.07.2007. In Anwendung dieses Tarifvertrages zahlte die Beklagte an den Klägerin einen Grundlohn in Höhe von 7,18 Euro brutto.
Das Arbeitsgericht Berlin befasste sich im Rahmen eines Verfahrens i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG mit der Frage, ob die CGZP tariffähig war und Tarifverträge abschließen konnte. In seiner Entscheidung vom 30.05.2011 – 29 BV 13947/10 – tenorierte das Arbeitsgericht Berlin, bezogen auf die CGZP, u.a. wie folgt:
Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) zu folgenden Zeitpunkten nicht tariffähig war: 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008.
II. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) zu folgenden Zeitpunkten nicht tarifzuständig war für Unternehmen der Zeitarbeitsbranche: 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008.
Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin wurde Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen 24 TaBV 1285/11, 24 TaBV 1338/11, 24 TaBV 1368/11, 24 TaBV 1395/11 (im Folgenden: 24 TaBV 1285/11 u.a.) eingelegt, das am 09.01.2012 unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin u.a. wie folgt beschloss:
Es wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 nicht tariffähig war.
Der Kläger hat die Auffassung geäußert, die CGZP sei auch im Zeitpunkt des Abschlusses des hier einschlägigen Entgelttarifvertrages vom 30.07.2007 nicht tariffähig gewesen. Dies führe dazu, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Höhe des Arbeitsentgelts unverbindlich sei. Für seinen Entgeltanspruch sei daher § 612 BGB maßgeblich. Er sei während seiner Tätigkeit für die Beklagte – insoweit unstreitig – als Tischler und Maschinenführer bei der Fa. F1 B1 GmbH in B3 I1 eingesetzt gewesen. Die dortige übliche Vergütung richte sich nach dem Lohntarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie Niedersachsen. Unter Berücksichtigung einer Eingruppierung in die Lohngruppe 5 stünde ihm ein Bruttostundenlohn von 14,61 Euro zu. Der Differenzbetrag für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Beklagten belaufe sich auf den eingeklagten Betrag in Höhe von 9.391,49 €. Das Verfahren sei nicht nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen.
Die Beklagte hat eine Aussetzung des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG angeregt und dazu die Auffassung geäußert, das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 – 1 ABR 18/10 – nicht geklärt, ob die CGZP auch im Zeitpunkt des Abschlusses des hier einschlägigen Entgelttarifvertrages vom 30.07.2007 tarifunfähig gewesen sei. So habe das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt, dass der behandelte Antrag auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen sei. Die Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts könnten daher nur Wirkung ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung haben. Dies sei der Zeitpunkt, in dem das LAG Berlin-Brandenburg als Tatsacheninstanz am 07.12.2009 – 23 TaBV 1016/09 – entschieden habe. Dabei habe das LAG Berlin-Brandenburg die am 08.10.2009 geänderte Satzung der CGZP zugrunde gelegt. Die Frage der Tariffähigkeit der CGZP sei also nur dann abschließend rechtskräftig geklärt, soweit es auf einen Zeitraum ab dem 07.12.2009 ankomme. Für den Zeitraum davor fehle es an einer rechtkräftigen und damit die Arbeitsgerichte bindenden Entscheidung.
Das Arbeitsgericht Berlin habe sich im Verfahren 29 BV 12947/10 erneut mit der Frage der Tariffähigkeit der CGZP befassen müssen, allerdings nunmehr auch bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Entgelttarifvertrages vom 30.07.2007. Bis zum rechtkräftigen Abschluss dieses Verfahrens sei das hiesige Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG zwingend auszusetzen.
Mit Beschluss vom 11.12.2011 hat das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zum rechtkräftigen Abschluss des gem. § 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1, 5 ArbGG geführten Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht Berlin ausgesetzt. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen wie folgt begründet:
Mit der Frage der Tariffähigkeit habe sich das Arbeitsgericht Berlin im Rahmen des Verfahrens 29 BV 12947/10 befassen müssen. Für den Ausgang des hiesigen Streitverfahrens sei die dort zu behandelnde Frage der Tariffähigkeit auch entscheidungserheblich. Nur dann, wenn die CGZP im Zeitpunkt des Abschlusses des für den hier streitgegenständlichen Zeitraum einschlägigen Entgelttarifvertrages nicht tariffähig sei, ergebe sich für den Kläger ein Anspruch aus den §§ 9 Nr. 2 i.V.m 10 Abs. 4 AÜG. Der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – sei nicht zu entnehmen, dass die fehlende Tariffähigkeit der CGZP für den Abschluss der für den hier einschlägigen Zeitraum geltenden Tarifverträge feststehe. Das BAG habe ausdrücklich festgehalten, dass die Feststellungen zur fehlenden Tariffähigkeit ausschließlich gegenwartsbezogen seien. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass ohne weiteres von der Tarifunfähigkeit der CGZP auszugehen sei.
Gegen den dem Kläger am 23.12.2011 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 27.12.2011 eingegangene sofortige Beschwerde vom 23.12.2011, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 27.12.2011 nicht abgeholfen hat.
Der Kläger hat seine sofortige Beschwerde zunächst damit begründet, dass das Arbeitsgericht Berlin sich in seiner Entscheidung vom 30.05.2011 nur damit befasst habe, ob die CGZP in den Zeitpunkten des 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 tariffähig gewesen sei, während das Arbeitsgericht Münster hingegen auf den Zeitpunkt des 30.07.2007 abgestellt habe. Nunmehr begründet der Kläger unter Hinweis darauf, dass er sich als weiterer Beteiligter Nr. 98 dem rechtshängigen Verfahren bei dem LAG Berlin-Brandenburg angeschlossen habe, seine sofortige Beschwerde damit, das LAG Berlin-Brandenburg habe inzwischen unter dem 09.01.2012 die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin weitgehend bestätigt und festgestellt, dass die CGZP am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 nicht tariffähig gewesen sei. Damit sei auch das vorliegende Klageverfahren vom Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg erfasst. Es werde daher nunmehr beantragt,
im vorliegenden Rechtsmittelverfahren klarstellend festzustellen, dass durch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 der Aussetzungsgrund entfallen ist.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verweist darauf, dass gegen die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden sei, die nach § 72a Abs. 3 ArbGG aufschiebende Wirkung habe. Die Entscheidung sei damit noch nicht rechtskräftig.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft (vgl. BAG 28.01.2008 – 3 AZB 30/07 – NZA 2008, 489), form- und fristgerecht eingelegt und damit insgesamt zulässig, §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, 46 Abs. 2, 78 S. 1, 97 Abs. 4 ArbGG. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig ist oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zu Erledigung eines solchen Beschlussverfahrens i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nach § 97 Abs. 5 S. 1 ArbGG auszusetzen.
Die Tariffähigkeit oder -zuständigkeit muss sich als Vorfrage in dem Verfahren stellen, das auszusetzen ist. Davon ist nur dann auszugehen, wenn es auf die Frage der Tariffähigkeit oder -zuständigkeit tatsächlich ankommt (BAG 28.01.2008 3 AZB 30/07 – NZA 2008, 489; LAG Hamm 1 Ta 598/11 – NRW-E; LAG Düsseldorf 11.11.2011 – 2 Ta 501/11 – NRW-E; GMPM-G/Matthes/Schlewing ArbGG 7. Auflage § 97 Rn. 9). Ist eine Vorgreiflichkeit gegeben, so ist das Verfahren ohne eigene Ermessensentscheidung auszusetzen (GMPM-G/Matthes/Schlewing a.a.O. § 97 Rn. 16; ErfK/Koch 11. Auflage § 97 ArbGG Rn. 6). Dabei ist der Überprüfungsmaßstab des Berufungsgerichts begrenzt. Es kann die Rechtsauffassung des aussetzenden Gerichts zur Frage der Vorgreiflichkeit und Entscheidungserheblichkeit nur insoweit überprüfen, als nicht die Klärung von Rechtsfragen, die nach der Systematik der Zivilprozessordnung den Rechtsmitteln der Berufung und Revision vorbehalten ist, in das Beschwerdeverfahren verlagert wird (BAG 28.01.2008 3 AZB 30/07 – NZA 2008, 489; LAG Hamm 1 Ta 598/11 – NRW-E; LAG Düsseldorf 11.11.2011 – 2 Ta 501/11). Uneingeschränkt überprüft das Beschwerdegericht allerdings, ob die materiellrechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch das Arbeitsgericht den angenommenen Aussetzungsgrund rechtfertigt (BAG 26.10.2009 – 3 AZB 24/09 – NZA 2009, 1436).
Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der vorliegende Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des bei dem Arbeitsgericht Berlin anhängigen Beschlussverfahrens zum Aktenzeichen 29 BV 13947/10, das inzwischen einen Abschluss in der Beschwerdeinstanz bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zum dortigen Verfahren 24 TaBV 1285/11 (u.a.) gefunden hat, nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen war.
Das Arbeitsgericht ist erkennbar davon ausgegangen, dass der vom Kläger verfolgte Anspruch nur dann begründet sein kann, wenn die fehlende Tarifzuständigkeit der CGZP für den Abschluss des hier relevanten Entgeltrahmentarifvertrages vom 30.07.2007 feststeht. Nur dann könne der Kläger nach den §§ 9 Ziff. 2 i.V.m. 10 Abs. 4 AÜG das für die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer greifende Arbeitsentgelt beanspruchen, weil rechtswirksame abweichende tarifvertragliche Regelungen, die nach § 9 Ziff. 2 AÜG schlechtere Arbeitsbedingungen zulassen würden, nicht existieren würden.
Darin ist dem Arbeitsgericht zuzustimmen. Nach § 9 Ziff. 2 AÜG können schlechtere Arbeitsbedingungen, als sie für die Arbeitnehmer im Entleihbetrieb gelten, nur dann rechtswirksam mit einem Leiharbeitnehmer vereinbart werden, wenn dies in einem Tarifvertrag zugelassen worden ist oder aber im Anwendungsbereich eines solchen Tarifvertrages derartige Tarifverträge zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien vereinbart worden sind. Hier ist die Arbeitgeberin selbst Tarifvertragspartei der arbeitsvertraglich in § 1 Ziff. 10 des Arbeitsvertrages in Bezug genommenen Tarifverträge. Unabhängig von einer Tarifbindung beider Parteien ist jedenfalls die Anwendung eines einschlägigen Tarifvertrages zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart worden. War die CGZP bei Abschluss der Haustarifverträge tarifunfähig, sind diese Tarifverträge unwirksam und damit nichtig (vgl. BAG 15.11.2006 – 10 AZR 665/05 – NZA 2007, 448).
Das Verfahren ist auszusetzen, wenn die Tariffähigkeit der Gewerkschaft streitig ist oder aber in dieser Hinsicht allgemein bekannt gewordene Bedenken greifen, was hier der Fall ist. Die Bedenken, ob die CGZP für den Abschluss von in der Vergangenheit liegenden Tarifverträgen zuständig war, sind spätestens seit der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – allgemein bekannt, darüber hinaus aber auch konkret Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht Berlin und – nachfolgend – dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
Dem Kläger ist nicht zu folgen, hat er zunächst die Auffassung vertreten, das Verfahren sei deshalb nicht auszusetzen, weil sich das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 30.05.2011 nur damit befasst habe, ob die CGZP in den Zeitpunkten des 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 tariffähig gewesen sei, während das Arbeitsgericht Münster hingegen auf den 30.07.2007 abgestellt habe, also auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Entgelttarifvertrages.
In Übereinstimmung mit der 1. Kammer des Beschwerdegerichts (28.09.2011 – 1 Ta 500/11 – NRW-E) ist dazu Folgendes zu sagen:
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) seine Feststellungen ausschließlich gegenwartsbezogen getroffen. Abgestellt hat es auf die CGZP-Satzung 2009. Die Tariffähigkeit der CGZP steht damit für den Zeitpunkt des Abschlusses der für den Rechtsstreit der Parteien einschlägigen Tarifverträge nicht bereits durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 fest. Dabei kann es unentschieden bleiben, ob der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 07.12.2009 oder etwa derjenige der Entscheidung in der Rechtsbeschwerde ausschlaggebend ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat jedenfalls vor beiden Zeitpunkten sein Ende gefunden, nämlich am 15.06.2009 (vgl. LAG Hamm 28.09.2011 – 1 Ta 500/11, NRW-E). Zwar kann eine rechtskräftige Entscheidung nach den §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG auch mit Rückwirkung erfolgen (BAG 15.11.2006 – 10 AZR 665/05 – NZA 2007, 448). Hier hingegen hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung vom 14.12.2010 ausdrücklich nur gegenwartsbezogen getroffen. Damit ist eine rückwirkende Rechtswirkung gerade ausgeschlossen (LAG Hamm 28.09.2011 – 1 Ta 500/11, NRW-E m.w.N. auch zur gegenteiligen Ansicht).
Von einer Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG ist nicht etwa deshalb abzusehen, weil ohne weiteres von der Tarifunfähigkeit der CGZP auch vor dem 07.12.2009 bzw. 14.12.2010 ausgegangen werden kann. Das Bundesarbeitsgericht hat sich lediglich mit der Tarifzuständigkeit der CGZP für diejenigen Tarifverträge befasst, die die CGZP auf der Basis der Satzung vom 08.12.2009 abgeschlossen hat. Keine Feststellungen enthält das BAG für solche Tarifverträge, die die CGZP in Anwendung einer vorausgegangenen Satzung vereinbart hat, wie sie hier für den Abschluss des Entgelttarifvertrages vom 30.07.2007 einschlägig war.
Es ist nicht bereits deshalb von einer Aussetzung abzusehen, weil das aussetzende Gericht an der Tarifunfähigkeit der Gewerkschaft keinen Zweifel hat (so aber z. B. ArbG Dortmund 16.03.2011 – 8 Ca 18/11; ArbG Bremen-Bremerhaven 12.05.2011 – 5 Ca 5129/10; vgl. auch LAG Hamm 30.06.2011 – 8 Sa 387/11). Denn §97Abs.5 ArbGG will gewährleisten, dass eine Entscheidung zur Tariffähigkeit ergehen kann, die gegenüber jedermann Rechtskraft erlangt. Eine bindende Entscheidung für Tarifverträge, die in den Jahren vor Abschluss der vom BAG betrachteten Satzung vom 08.12.2009 abgeschlossen worden sind, liegt damit nicht vor. Es ist auch ohne Bedeutung, dass die Satzungen der Jahre 2005 und 2009 in wesentlichen Bereichen identisch sind. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 30.05.2011 im Verfahren 29 BV 13947/10 Veranlassung sah, auf einige Besonderheiten im Zusammenhang mit den Satzungen der Jahre 2005 und 2002 einzugehen. Darin dokumentiert sich das Bedürfnis, die Tariffähigkeit im Rahmen eines dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegenden Verfahrens nach den §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG konkret bezogen auf die für die Entscheidung des Falles einschlägigen Tarifverträge und Satzungen zu untersuchen.
Damit bestand – ohne Ermessensspielraum – eine Pflicht zur Aussetzung, (LAG Hamm 28.09.2011 – 1 Ta 500/11, NRW-E m.w.N.).
Diese Pflicht zur Aussetzung hat sich durch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 – 24 TaBV 1285/11 (u.a.) – nicht erledigt. Das LAG Berlin-Brandenburg hat sich ausweislich des Beschlusses mit der Frage befasst, ob die CGZP im Zeitpunkt des Abschlusses der dort relevanten und am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2006 abgeschlossenen Tarifverträge tarifzuständig war. Dazu hat es die Satzung, auf die die CGZP ihre Zuständigkeit für den Abschluss der Tarifverträge gestützt hat, untersucht. Es ist diejenige, die von der Mitgliederversammlung der CGZP am 15.01.2003 angenommen und am 05.12.2005 geändert worden war. Dazu hat das LAG Berlin-Brandenburg festgestellt, dass die CGZP auf der Basis ihrer Satzungen vom 15.01.2003 und 05.12.2005 keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung war. Im Falle der Rechtskraft der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg steht dann zugleich fest, dass der auf der Basis der Satzung in der Fassung vom 05.12.2005 abgeschlossene Entgelttarifvertrag zwischen der Beklagten und der CGZP vom 30.07.2007 mangels vorhandener Tariffähigkeit der CGZP nichtig ist.
Ob diese Entscheidung in Rechtskraft erwächst, steht für das Beschwerdegericht nicht fest. Nach § 72a Abs. 4 S. 1 ArbGG hat die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde aufschiebende Wirkung und hemmt damit den Eintritt der Rechtskraft (GMPM-G/Müller-Glöge, ArbGG 7. Auflage § 72a Rn 41). Die Behauptung der Beklagten, es werde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, blieb unbestritten. Das Beschwerdegericht vermag den Lauf der für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde greifenden Frist nicht festzustellen und kann deshalb nicht von einer Rechtskraft der Entscheidung ausgehen.
Soweit der Beschwerdeführer beantragt hat, im Rechtsmittelverfahren klarstellend festzustellen, dass durch den Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 der Aussetzungsgrund entfallen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach §250 ZPO die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens durch Zustellung eines bei dem Prozessgericht einzureichenden Schriftsatzes zu erfolgen hat. Die Aufnahme ist Prozesshandlung. Mit ihr ist vom Wegfall des den Verfahrensstillstand bedingenden Umstands Anzeige zu machen. Zuständig zur Entgegennahme ist das Prozessgericht (Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 250 Rn. 5), also das Arbeitsgericht und nicht das Beschwerdegericht. Das Prozessgericht mag sodann feststellen, ob der den Verfahrensstillstand bedingende Umstand durch die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 weggefallen ist, oder ob dies angesichts der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde nicht gegeben ist, wie es die Beklagte annimmt.
Für eine klarstellende Feststellung durch das Beschwerdegericht bestand daher keine Veranlassung.
3. Klarstellend war allerdings der Tenor des Arbeitsgerichts insoweit neu zu fassen, als hervorzuheben war, dass es um die Aussetzung in Abhängigkeit der Tariffähigkeit der CGZP bezogen auf die zwischen der Beklagten und der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge geht. Das Arbeitsgericht hatte offensichtlich versehentlich auf die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister (AMP) und der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge abgestellt, wenngleich es hier auf das zwischen der Beklagten und der CGZP vereinbarte Tarifwerk ankam, worauf das Arbeitsgericht in seinen Beschlussgründen auch abgestellt hat.
Die durch den Beschluss entstandenen Kosten sind Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits, über die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens in der Entscheidung zur Hauptsache gemäß den §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden ist. Einer Kostenentscheidung bedurfte es daher nicht.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung war die Rechtsbeschwerde nach den §§ 72 Abs. 2, 78 S. 2 ArbGG zuzulassen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist auf ein Fünftel des Werts der Hauptsache festzusetzen, wie informatorisch im Beschlusstenor festgehalten.

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