LAG Hamm, Beschluss vom 24.02.2012 – 10 TaBVGa 1/12

Juli 6, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 24.02.2012 – 10 TaBVGa 1/12
Tenor
Die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.11.2011 – 1 BVGa 11/11 – wird zurückgewiesen
Gründe
Die Beteiligten streiten im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren um die Wahrnehmung der Rechte der Schwerbehindertenvertretung durch ihr erstes stellvertretendes Mitglied.
Die Arbeitgeberin ist eine Einheit der B3 Stationierungsstreitkräfte in G1, in deren Dienststelle ca. 300 bis 400 Zivilarbeitnehmer beschäftigt sind.
Im Juli 2011 wurde in der Dienststelle in G1 eine neue Betriebsvertretung gewählt, nachdem die vorangegangene Betriebsvertretungswahl für unwirksam erklärt worden war. Über die Wirksamkeit der Neuwahl besteht Streit – 2 BV 42/11 Arbeitsgericht Bielefeld -.
Bereits am 30.11.2010 wurde in der Dienststelle die Schwerbehindertenvertretung neu gewählt. Als Vertrauensperson wurde hierbei mit zehn gültigen Stimmen Herr W1, als erstes stellvertretendes Mitglied Herr P1 mit sieben gültigen Stimmen und als zweites stellvertretendes Mitglied Frau F1 mit sechs Stimmen gewählt. Auf die Niederschrift über die Wahlversammlung vom 30.11.2010 (Bl. 23 d. A.) wird Bezug genommen.
Die am 30.11.2010 gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr W1, ist mindestens seit dem 01.01.2011 arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 187 d. A.). Auch im Jahre 2012 ist Herr W1 nach wie vor arbeitsunfähig.
Die Arbeitgeberin übertrug mit Wirkung vom 08.08.2011 sämtliche Handwerkertätigkeiten (F3 M1) auf die Fa. B2 S2 S3 GmbH (im Folgenden: B4). Sämtliche zur Erfüllung der Handwerkertätigkeiten erforderlichen Betriebsmittel wurden auf die B4 übertragen.
Hiervon waren auch sämtliche in der Dienststelle in G1 beschäftigten Handwerker betroffen. Zu den betroffenen Mitarbeitern gehörte auch der erste stellvertretende Schwerbehindertenvertreter, Herr P1, geboren am 06.02.1951 und seit dem 01.08.1999 als Elektriker bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Herr P1 ist zudem Ersatzmitglied der bei der Dienststelle gewählten Betriebsvertretung.
Mit Schreiben vom 17.05.2011 (Bl. 24 ff. d. A.) wurden die betroffenen Mitarbeiter, unter ihnen auch Herr P1, von der Dienststelle und der B4 über den vorliegenden Teilbetriebsübergang informiert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2011 (Bl. 37 f. d. A.) widersprach Herr P1 dem Betriebsübergang.
Daraufhin bot die B4 Herrn P1 mit Schreiben vom 21.07.2011 (Bl. 40 ff. d. A.) an, ihn ab dem Übergangsstichtag für einen Zeitraum, der der Kündigungsfrist zuzüglich weiterer drei Monate entspricht, befristet zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen. In diesem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass Herr P1 im Falle der Nichtannahme des Angebots auf befristete Weiterbeschäftigung seinen Vergütungsanspruch gegen die Arbeitgeberin ab dem 08.08.2011 verlieren würde.
Herr P1 nahm daraufhin am 26.07.2011 das ihm gemachte Angebot der B4 an und schloss mit dieser für die Zeit vom 08.08.2011 befristet bis zum 07.05.2011 einen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Arbeitsbedingungen ab (Bl. 5 d. A.).
Mit Schreiben vom 01.08.2011 (Bl. 42 ff. d. A.) stellte die Arbeitgeberin Herrn P1 mit Wirkung ab 08.08.2011 bis zur rechtlichen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die bereits angekündigte Kündigung von der Pflicht zur Erbringung seiner vertraglichen Arbeitsleistung frei. Die Freistellung erfolgte zunächst unwiderruflich unter Anrechnung auf sämtliche offenen Urlaubs- bzw. Freizeitausgleichsansprüche, im Anschluss daran widerruflich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
Ab 08.08.2011 nahm Herr P1 seine Tätigkeit bei der B4 auf.
Die B4 bot Herrn P1 inzwischen mit Wirkung zum 01.04.2012 die Weiterbeschäftigung als Elektriker in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis an.
Mit seiner Arbeitgeberin, der Dienststelle der G2, schloss Herr P1 inzwischen einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 28.02.2013.
Mit Schreiben der Arbeitgeberin vom 05.08.2011 teilte die Dienststelle der Betriebsvertretung mit, dass diejenigen Mitarbeiter, die inzwischen einen befristeten Arbeitsvertrag bei der B4 abgeschlossen hätten, ihre Mitgliedschaft in der Betriebsvertretung verloren hätten. Die Betriebsvertretung widersprach dieser Rechtsauffassung mit Schreiben vom 17.08.2011. In einem beim Arbeitsgericht Bielefeld am 02.09.2011 eingeleiteten Beschlussverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung machte die Betriebsvertretung daraufhin die Feststellung geltend, dass Betriebsvertretungsmitglieder sowie Ersatzmitglieder – unter ihnen Herr P1 – weiterhin Mitglieder der Betriebsvertretung seien und zu Sitzungen geladen werden dürften. Durch Beschluss vom 20.09.2011 – 5 BVGa 10/11 Arbeitsgericht Bielefeld – wurden die Anträge der Betriebsvertretung zurückgewiesen. Die hiergegen von der Betriebsvertretung eingelegte Beschwerde zum Landesarbeitsgericht – 10 TaBVGa 13/11 – führte im Anhörungstermin vom 25.11.2011 zur Erledigung des Verfahrens.
Mit Schreiben vom 21.09.2011 erbat Herr P1 von der Arbeitgeberin die Zusage, dass er als stellvertretender Schwerbehindertenvertreter an Sitzungen der Betriebsvertretung teilnehmen könne. Dies wurde seitens der Dienststelle mit Schreiben vom 29.09.2011 (Bl. 6 f. d. A.) abgelehnt.
Die Dienststelle beteiligt seit dem 08.08.2011 in Schwerbehindertenangelegenheiten die weiter bei ihr beschäftigte Frau F1 als zweite stellvertretende Schwerbehindertenvertreterin.
Mit dem am 26.10.2011 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren nimmt die Schwerbehindertenvertretung die Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Duldung der Wahrnehmung der Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung durch Herrn P1 in Anspruch, solange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr W1, verhindert ist. Gleichzeitig leitete die Schwerbehindertenvertretung ein Hauptsacheverfahren beim Arbeitsgericht Bielefeld – 1 BV 71/11 – ein.
Die Schwerbehindertenvertretung hat die Auffassung vertreten, Herr P1 habe seine Stellung als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung durch seine Arbeitsaufnahme bei der B4 nicht verloren. § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG betreffe lediglich die Fälle, in denen ein Personalratsmitglied bei fortbestehendem Dienstverhältnis endgültig aus einer Dienststelle ausscheide. Das Arbeitsverhältnis des stellvertretenden Schwerbehindertenvertreters, Herrn P1, zur Arbeitgeberin bestehe aufgrund seines Widerspruches gegen den Teilbetriebsübergang unverändert weiter. Herr P1 sei auch nicht zu einer anderen Dienststelle versetzt worden. Die Arbeitgeberin könne sich der Mitgliedschaft von Herrn P1 in der Schwerbehindertenvertretung nicht durch einseitige Freistellung entledigen.
Es bestehe auch ein Verfügungsgrund. Die Schwerbehindertenvertretung könne nicht darauf verwiesen werden, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Es müsse sichergestellt werden, dass während der gesamten Wahlperiode die Rechte der Schwerbehindertenvertretung gewahrt würden. Da der gewählte Vertrauensmann der Schwerbehinderten verhindert sei, müsse das erste stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Herr P1, dessen Aufgaben wahrnehmen.
Die Schwerbehindertenvertretung hat beantragt,
1. der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, die Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX durch das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herrn H1 P1, zu dulden und das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl H1 P1 in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen der Dienststelle als Gruppe berühren, nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören, so lange die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen K1-H2 W1 durch Abwesenheit von der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Vertrauensperson der Schwerbehinderten verhindert ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Arbeitgeberin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptverfahren verpflichtet ist, die Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX durch das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herrn H1 P1, zu dulden und diesen in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, nach § 95 Satz 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören, so lange die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen K1-H2 W1 durch Abwesenheit verhindert ist;
2. der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben die Teilnahme des stellvertretenden Mitgliedes der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl an den Sitzungen der Betriebsvertretung zu dulden, so lange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten K1-H2 W1 an der Teilnahme durch Abwesenheit verhindert ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herr H1 P1, berechtigt ist, an den Sitzungen der Betriebsvertretung teilzunehmen, so lange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten K1-H2 W1 durch Abwesenheit verhindert ist.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat das vorliegende Verfahren für unzulässig gehalten, weil es an einem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Rechte der Vertrauensperson der Schwerbehinderten würden auch nach dem 08.08.2011 beachtet.
Bei den Anträgen der Schwerbehindertenvertretung handele es sich darüber hinaus um unzulässige Globalanträge, mit denen lediglich abstrakte Rechtsfragen geklärt werden sollten.
Darüber hinaus bestehe auch kein Verfügungsanspruch. Ob Herr P1 für die Teilnahme an Betriebsvertretungssitzungen freigestellt werde, entscheide allein die B4. Selbst wenn diese eine entsprechende Teilnahme duldete, wäre damit nicht die Teilnahme von Herrn P1 an den Sitzungen der Betriebsvertretung gewährleistet.
Im Übrigen sei der Arbeitsplatz des Mitarbeiters P1 in ihrer Dienststelle aufgrund der Übertragung sämtlicher Tätigkeiten im F3 M1 auf die B4 endgültig weggefallen. Eine Übernahme in eine andere Dienststelle sei nicht möglich. Deshalb werde Herrn P1 auch aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Das durchzuführende Beteiligungsverfahren werde demnächst eingeleitet. Aus diesem Grunde sei Herr P1 mit Wirkung vom 08.08.2011 von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt worden.
Durch die Aufnahme seines Arbeitsverhältnisses bei der B4 sei Herr P1 mit Wirkung vom 08.08.2011 endgültig aus der Dienststelle ausgeschieden. Dass das Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin noch nicht beendet sei, stehe einem Ausscheiden aus der Dienststelle im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG nicht entgegen. Ein Ausscheiden aus der Dienststelle liege auch deshalb vor, weil der mit der B4 abgeschlossene Arbeitsvertrag sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstrecke. Dies ergebe sich aus der Wertung der §§ 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 13 Abs. 2 BPersVG.
Die Arbeitgeberin hat weiter die Auffassung vertreten, es fehle auch an einem entsprechenden Verfügungsgrund. Der Betriebsvertretung sei die Situation bei der Dienststelle seit langem bekannt. Die Schwerbehindertenvertretung habe mehr als drei Monate abgewartet, bis sie das vorliegende Verfahren eingeleitet habe. In dieser Zeit hätte sie bereits das Hauptsachverfahren durchführen können.
Durch Beschluss vom 17.11.2011 hat das Arbeitsgericht die Anträge der Schwerbehindertenvertretung abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das vorliegende Verfahren sei bereits im Hinblick auf das Verfahren 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Die gleiche Rechtsfrage sei bereits in jenem Verfahren entschieden. Auch liege eine besondere Eilbedürftigkeit nicht vor, weil der Betriebsteilübergang der Schwerbehindertenvertretung bereits seit Mai 2011 bekannt sei und das vorliegende Beschlussverfahren erst Ende Oktober 2011 eingeleitet worden sei.
Gegen den der Schwerbehindertenvertretung erst am 19.01.2012 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Schwerbehindertenvertretung bereits am 17.01.2012 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist die Schwerbehindertenvertretung nach wie vor der Auffassung, dass die Rechte der Schwerbehindertenvertretung aufgrund der Verhinderung der gewählten Vertrauensperson, Herrn W1, durch Herrn P1 wahrgenommen werden müssten. Eine anderweitige Rechtshängigkeit liege nicht vor, Herr W1 sei nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt.
Herr P1 sei auch nicht aus der Dienststelle der Arbeitgeberin ausgeschieden. Sein Arbeitsverhältnis zu der Dienststelle bestehe nach wie vor. Allein durch Aufnahme einer Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber scheide man ebenso wenig aus einem Arbeitsverhältnis aus wie durch einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber.
Es bestehe auch nach wie vor ein Verfügungsgrund. Allein durch die Mitteilung der Arbeitgeberin vom 13.05.2011 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang und durch die Mitteilung der Arbeitgeberin vom 05.08.2011 an die Betriebsvertretung sei die vorliegende Meinungsverschiedenheit zwischen den Beteiligten, wer aufgrund der Verhinderung der Vertrauensperson der Schwerbehinderten die Rechte der Schwerbehinderten wahrnehmen müsse, nicht entstanden. Die Betriebsvertretung und die Arbeitgeberin hätten sich seit Jahren in vielfältigen Rechtsstreitigkeiten befunden. Ein vergleichbares zerstrittenes Verhältnis bestehe zwischen der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin nicht. Aus diesem Grunde habe Herr P1 als erstes stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung zunächst die Dienststelle mit Schreiben vom 21.09.2011 um Stellungnahme gebeten. Die Dienststelle habe dann ihre Rechtsauffassung erst mit Schreiben vom 29.09.2011 mitgeteilt. Herr P1 habe sodann erst am 07.10.2011 seine Verfahrensbevollmächtigten beauftragt. Zuvor habe kein Anlass zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens bestanden. Es müsse nunmehr geklärt werden, wer die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung bei Verhinderung der Vertrauensperson wahrnehme.
Die Schwerbehindertenvertretung beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.11.2011 – 1 BVGa 11/11 – abzuändern und
1. der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, die Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX durch das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herrn H1 P1, zu dulden und das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl H1 P1 in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen der Dienststelle als Gruppe berühren, nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören, so lange die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen K1-H2 W1 durch Abwesenheit von der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Vertrauensperson der Schwerbehinderten verhindert ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Arbeitgeberin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptverfahren verpflichtet ist, die Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX durch das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herrn H1 P1, zu dulden und diesen in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, nach § 95 Satz 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören, so lange die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen K1-H2 W1 durch Abwesenheit verhindert ist;
2. der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben die Teilnahme des stellvertretenden Mitgliedes der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl an den Sitzungen der Betriebsvertretung zu dulden, so lange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten K1-H2 W1 an der Teilnahme durch Abwesenheit verhindert ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit der höchsten Stimmenzahl, Herr H1 P1, berechtigt ist, an den Sitzungen der Betriebsvertretung teilzunehmen, so lange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten K1-H2 W1 durch Abwesenheit verhindert ist.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages verteidigt sie den angefochtenen Beschluss und nimmt ferner Bezug auf die im Beschlussverfahren 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld = 10 TaBVGa 13/11 LAG Hamm vertretenen Rechtsauffassungen. Ferner weist sie darauf hin, dass das Arbeitsgericht inzwischen die Anträge der Schwerbehindertenvertretung auch im Hauptsacheverfahren 1 BV 71/11 ArbG Bielefeld durch Beschluss vom 14.02.2012 zurückgewiesen habe.
Die Beschwerdekammer hat die Akten des Beschlussverfahrens 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld = 10 TaBVGa 13/11 LAG Hamm informationshalber beigezogen. Dem Verfahrensbevollmächtigten der Schwerbehindertenvertretung wurde Einsicht gewährt.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens gewechselten Schriftsätze.
Die zulässige Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung ist nicht begründet.
I. Die von der Betriebsvertretung im vorliegenden Verfahren gestellten Anträge sind zulässig.
1. Das Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a Abs. 1 Nr. 3 a, 80 Abs. 1 ArbGG die zutreffende Verfahrensart, Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS i.V.m. Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls (BAG 12.02.1985 – 1 ABR 3/83 – AP NATO-Truppenstatut Art. I Nr. 1; ErfK/Koch, 12. Aufl., § 2 a ArbGG Rn. 4). Die Beteiligten streiten um Rechte der Schwerbehindertenvertretung nach den §§ 94, 95 SGB IX bzw. um Angelegenheiten aus dem Bundespersonalvertretungsgesetz, § 29 Abs. 1 BPersVG.
2. Die Antragsbefugnis der Schwerbehindertenvertretung und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.
3. Das Rechtsschutzinteresse der Schwerbehindertenvertretung für die in der Beschwerdeinstanz verfolgten Anträge entfällt auch nicht dadurch, dass das Arbeitsgericht inzwischen am 14.02.2012 in der Hauptsache – 1 BV 71/11 Arbeitsgericht Bielefeld – die Anträge der Betriebsvertretung zurückgewiesen hat. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 14.02.2012 ist nicht rechtskräftig.
4. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts sind die von der Betriebsvertretung im vorliegenden Verfahren gestellten Anträge auch nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 261 ZPO unzulässig.
Richtig ist zwar, dass Herr P1 als Ersatzmitglied der Betriebsvertretung bereits am Verfahren 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld beteiligt gewesen ist. Richtig ist auch, dass im Verfahren 5 BVGa 10/11 wie im vorliegenden Verfahren identische Rechtsfragen streitentscheidend sind. Hieraus kann jedoch keine doppelte Rechtshängigkeit gemäß § 261 ZPO hergeleitet werden. Antragsteller des Verfahrens 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld war die Betriebsvertretung, Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist die Schwerbehindertenvertretung. Voraussetzung für doppelte Rechtshängigkeit ist aber, dass dieselben Parteien, gleichgültig in welcher Parteirolle, tätig werden. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Verfahren völlig andere Anträge gestellt worden sind als im Verfahren 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld. Dem vorliegenden Verfahren liegt ein anderer Streitgegenstand zugrunde. Während es im vorliegenden Verfahren um die Frage geht, welcher Vertreter der Schwerbehindertenvertretung die Rechte der Vertrauensperson der Schwerbehinderten wegen dessen Verhinderung wahrnimmt, ging es im Verfahren 5 BVGa 10/11 ArbG Bielefeld um die Frage, ob Betriebsvertretungsmitglieder bzw. Ersatzmitglieder noch Mitglied der Betriebsvertretung sind und zu deren Sitzungen geladen werden dürfen. Dies sind unterschiedliche Streitgegenstände. Dass bei der Prüfung der Anträge unter Umständen eine gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist, ist insoweit unerheblich. Aus diesem Grunde geht es auch an der Sache vorbei, wenn das Arbeitsgericht der Betriebsvertretung vorwirft, sie setze ihre Tradition fort, die Arbeitgeberin auch dann mit Verfahren zu überziehen, wenn die Rechtsfrage von den Arbeitsgerichten bereits entschieden worden sei.
5. Den Anträgen der Schwerbehindertenvertretung fehlt es auch nicht an der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es handelt sich nicht um unzulässige Globalanträge.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entsprechende Anwendung findet (BAG 10.03.2009 – 1 ABR 87/7 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 16), muss ein Antrag im Beschlussverfahren die Maßnahme, hinsichtlich derer ein Mitbestimmungsrecht reklamiert oder in Abrede gestellt wird, so präzise bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage zwischen den Beteiligten mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann (BAG 30.05.2006 – 1 ABR 17/5 – AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 80; BAG 21.01.2008 – 1 ABR 74/06 – AP AÜG § 14 Nr. 14; BAG 14.09.2010 – 1 ABR 32/09 – NZA 2011, 364 m.w.N.). Streiten die Beteiligten eines Beschlussverfahrens um ein Mitbestimmungsrecht, muss der Antragsteller des Beschlussverfahrens die Maßnahme des Arbeitgebers oder den betrieblichen Vorgang, hinsichtlich dessen das Mitbestimmungsrecht streitig ist, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist.
Diesen Anforderungen genügen die von der Betriebsvertretung gestellten Anträge. Insbesondere die Hauptanträge umschreiben diejenigen Maßnahmen, die die Arbeitgeberin im Einzelnen vornehmen soll, nämlich die Unterrichtung und Anhörung des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung, Herrn P1, bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung, so lange die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr W1, verhindert ist. Ferner soll die Arbeitgeberin die Teilnahme des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung, Herrn P1, an den Sitzungen der Betriebsvertretung dulden, solange die Vertrauensperson, Herr W1, verhindert ist. Dies ist für die Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausreichend.
II. Die von der Schwerbehindertenvertretung gestellten Anträge sind unbegründet.
Die Schwerbehindertenvertretung kann von der Arbeitgeberin nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Herrn P1, bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten und anzuhören sowie es zu dulden, dass Herr P1 als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung deren Aufgaben wahrnimmt und an Sitzungen der Betriebsvertretung teilnimmt, solange die Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr W1, an der Teilnahme durch Abwesenheit verhindert ist.
1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach § 85 Abs. 2 ArbGG auch in Angelegenheiten zulässig, über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist. Dabei dient der einstweilige Rechtsschutz vor allem der Sicherung eines Anspruches oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses, §§ 935, 940 ZPO. Darüber hinaus kommt auch der Erlass einer sogenannten Leistungsverfügung in Betracht, durch die der geltend gemachte Anspruch nicht nur gesichert, sondern bereits befriedigt wird. Sie ist immer dann zuzulassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile unumgänglich ist. Dies ist aufgrund einer umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalles festzustellen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, wie gewiss der Bestand des geltend gemachten Anspruchs ist. Zum anderen muss beurteilt werden, ob und gegebenenfalls inwieweit es dem Antragsteller zugemutet werden kann, den Anspruch in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgen (LAG München 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09 – NZA-RR 2010, 189; Schwab/Weth/Walker, ArbGG, 3. Aufl., § 85 Rn. 65 m.w.N.). Es kommt insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen (LAG Hamm 17.03.1987 – 8 Sa 484/87 – LAGE GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 39; LAG Hamm 06.02.2001 – 13 TaBV 132/00 – AiB 2001, 488). Dabei ist auch das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme einerseits für die Arbeitgeberin und andererseits für die Belegschaft angemessen zu berücksichtigen (BAG 03.05.1994 – 1 ABR 24/93 – AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23 – unter B. III. 3. der Gründe). Bei dieser Abwägung können die Anforderungen an den Verfügungsgrund umso geringer sein, desto schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist (LAG Köln 24.11.1998 – 13 Sa 940/98 – NZA 1999, 1008; LAG Hamm 12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Hamm 26.02.2007 – 10 TaBVGa 7/07 -).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte den Hauptanträgen der Schwerbehindertenvertretung nicht stattgegeben werden.
Hieraus ergibt sich auch, dass die Hilfsanträge der Schwerbehindertenvertretung in jedem Fall unbegründet sind, wobei die Beschwerdekammer schon erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit feststellender einstweiligen Verfügungen hat, weil sie weder zur Sicherung der Zwangsvollstreckung noch zur vorläufigen Durchsetzung eines Anspruches noch zur verbindlichen Klärung der Rechtslage geeignet sind (vgl.: LAG Düsseldorf 06.09.1995 – 12 TaBV 69/95 – NZA-RR 1996, 12; LAG Rheinland-Pfalz 18.11.1996 – 9 Sa 725/96 – LAGE § 935 ZPO Nr. 10 = BB 1997, 1643; OLG Celle 09.10.1999 – 9 U 186/89 – ZIP 1989, 1552; Schwab/Weth/Walker, ArbGG, 3. Aufl., § 62 Rn. 107; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 85 Rn. 29; Vossen/GK-ArbGG, § 85 Rn. 40 m.w.N.).
Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Herr H1 P1, derzeit noch Mitglied der Schwerbehindertenvertretung ist und bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung von der Arbeitgeberin zu unterrichten und anzuhören ist sowie darüber hinaus an Sitzungen der Betriebsvertretung teilnehmen darf.
a) Zwar hat der Arbeitgeber nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Nach § 95 Abs. 4 Satz 1 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung auch das Recht, an allen Sitzungen der Betriebsvertretung und deren Ausschüssen beratend teilzunehmen.
Die Beschwerdekammer geht auch davon aus, dass die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr W1, langfristig erkrankt und damit an der Wahrnehmung der Rechte der Schwerbehindertenvertretung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verhindert ist. Damit wird die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten durch ihren ersten Stellvertreter, Herrn P1, vertreten.
b) Das Amt, das Herr P1 durch die Wahl zum stellvertretenden Mitglied der Schwerbehindertenvertretung erworben hat, ist jedoch nach § 94 Abs. 7 Satz 3 SGB IX vorzeitig erloschen.
Hiernach erlischt das Amt vorzeitig, wenn die Vertrauensperson es niederlegt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder die Wählbarkeit verliert.
Zwar hat Herr P1 weder sein Amt als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung niedergelegt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens auch, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Herrn P1 und der Arbeitgeberin bislang nicht beendet worden ist, weil Herr P1 dem Betriebsübergang auf die B4 mit Schreiben vom 08.06.2011 widersprochen hat.
Das Amt des Herrn P1 als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung ist aber erloschen, weil Herr P1 nach § 94 Abs. 7 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 SGB IX i.V.m. dem über Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS anwendbaren § 29 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BPersVG aufgrund Ausscheidens aus der Dienststelle seine Wählbarkeit verloren hat.
aa) Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG erlischt die Mitgliedschaft im Personalrat durch Ausscheiden aus der Dienststelle, nach Nr. 5 des § 29 Abs. 1 BPersVG auch bei Verlust der Wählbarkeit.
Die Zugehörigkeit zur Dienststelle ist neben dem Bestehen eines Dienstverhältnisses Voraussetzung für die Wählbarkeit. Hieraus ergibt sich, dass bereits das Ausscheiden aus der Dienststelle zum Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat bzw. der Betriebsvertretung und der Schwerbehindertenvertretung führt. Der Grund des Ausscheidens ist unerheblich. Ein Ausscheiden aus der Dienststelle kann auch vorliegen, ohne dass das zugrunde liegende Dienst- oder Arbeitsverhältnis beendet wird. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Ausscheiden aus der Dienststelle nach Nr. 4 des § 29 Abs. 1 BPersVG neben der Beendigung des Dienstverhältnisses gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG einen eigenständigen Erlöschungsgrund darstellt (Richardi/Dörner/Weber, PersVR, 3. Aufl., § 29 BPersVG Rn. 37). § 29 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG wie auch § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG stellen der Sache nach nur einen Sonderfall des Verlustes der Wählbarkeit dar, da sowohl der Bestand des Dienstverhältnisses als auch die Eingliederung in die Dienststelle Wählbarkeitsvoraussetzungen sind (Richardi/Schwarze, a.a.O., § 29 Rn. 20 und 37; Fischer/Goeres, PersVR des Bundes und der Länder, § 29 BPersVG Rn. 15; Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, BPersVG, § 29 Rn. 26). So erlischt auch die Mitgliedschaft eines Angestellten im Personalrat mit Beginn der Freistellungsphase des nach dem Blockmodell vereinbarten Teilzeitarbeitsverhältnisses (BVerwG 15.05.2002 – 6 P 8/01 – AP BPersVG § 13 Nr. 1; vgl. auch: BAG 16.04.2003 – 7 ABR 53/02 – AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 7).
bb) Das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Herr P1, ist mit Wirkung zum 08.08.2011 aus der bisherigen Dienststelle ausgeschieden mit der Folge des Erlöschens seiner Mitgliedschaft in der Betriebs- und Schwerbehindertenvertretung.
Ein Ausscheiden aus der Dienststelle ist nämlich auch dann anzunehmen, wenn eine Dienststelle, bei der eine Betriebsvertretung gebildet ist, endgültig aufgelöst worden und damit die Betriebsvertretung weggefallen ist oder wenn durch organisatorische Maßnahmen nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG Teile der Dienststelle ausgegliedert werden, in denen Betriebsvertretungsmitglieder oder Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung beschäftigt sind (VGH Baden-Württemberg 13.11.1984 – 15 S 2525/83 – ZBR 1985, 87; Richardi/Schwarze, a.a.O., § 29 Rn. 41; Lorenzen u.a., a.a.O., § 29 Rn. 30; Fischer/Goeres, a.a.O., § 29 Rn. 15; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 11. Aufl., § 29 Rn. 23; Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 7. Aufl., § 29 Rn. 18 m.j.w.N.).
So liegt der vorliegende Fall. Die Arbeitgeberin hat mit Wirkung zum 01.08.2011 einen Teil der bisherigen Dienststelle, nämlich das F3 M1, vollständig aus ihrer Dienststelle ausgegliedert und auf die B4 übertragen. Dass insoweit ein Betriebsteilübergang vorliegt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Herr P1 ist auch mit Wirkung zum 08.08.2011 bei der B4 in einem befristeten Arbeitsverhältnis tätig. Darauf, dass sein Arbeitsverhältnis noch mit der Arbeitgeberin des vorliegenden Verfahrens fortbesteht, kommt es nicht an. Entscheidend ist auch nicht, dass die Dienststelle Herrn P1 mit Schreiben vom 01.08.2011 mit Wirkung ab 08.08.2011 von seiner Arbeitsleistung freigestellt hat. Richtig ist zwar, dass eine einseitige Freistellung eines Arbeitgebers nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch nicht zum Ausscheiden aus einer Dienststelle i.S.d. § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG führt. Das Ausscheiden des Herrn P1 aus seiner bisherigen Dienststelle ist aber nicht durch die Freistellung vom 01.08.2011 herbeigeführt worden, sondern durch die Ausgliederung eines Dienststellenteils, des F3 Managements, und die Übertragung auf die B4.
cc) Dieses Ergebnis wird durch die Regelung in § 13 Abs. 2 BPersVG bestätigt. Hiernach führt eine Abordnung in eine andere Dienststelle dann zum Ausscheiden aus der Dienststelle und zum Verlust des Wahlrechts in der alten Dienststelle, wenn nicht feststeht, dass der Abgeordnete binnen weiterer sechs Monate in die alte Dienststelle zurückkehrt, § 13 Abs. 2 Satz 3 BPersVG. Durch den Verlust des Wahlrechts endet zugleich die Wählbarkeit, damit erlischt auch die Mitgliedschaft in der alten Dienststelle (Fischer/Goeres, a.a.O., § 29 Rn. 16; Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 29 Rn. 23; Altvater u.a., a.a.O., § 29 Rn. 16 b m.w.N.).
Im vorliegenden Fall kann nicht angenommen werden, dass das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Herr P1, nach Ablauf von insgesamt neun Monaten von der B4 in seine alte Dienststelle zurückkehrt. Der mit der B4 abgeschlossene Arbeitsvertrag ist zwar bis zum 07.05.2012 befristet. Herrn P1 ist inzwischen mit Wirkung zum 01.04.2012 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der B4 angeboten worden. Jedenfalls steht zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Beschwerdekammer nicht fest, dass Herr P1 nach Ablauf des mit der B4 befristet abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses zu der Dienststelle zurückkehrt.
c) Schließlich war bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen auch zu berücksichtigen, dass der Schwerbehindertenvertretung bei einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren auch keine unzumutbaren und irreparablen Nachteile drohen. Zwischen den Beteiligten ist nämlich unstreitig, dass die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX derzeit durch das zweite stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, Frau F2, wahrgenommen werden. Die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung sind danach gewahrt und werden durch die Arbeitgeberin auch nicht beeinträchtigt. Für einige gegenteilige Annahme sind Anhaltspunkte nicht vorgetragen worden.
II. Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

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