OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2015 – I-16 U 168/13

Juni 5, 2021

OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2015 – I-16 U 168/13

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 19, 21 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 54, 56 – 60, 62 – 69, 71 – 78, 80, 82 – 119, 121, 122, 124 – 132, 134 – 138, 140 – 155, 157, 158, 160, 161, 163 – 170, 172, 174 – 187, 189, 190, 192 – 217, 219 – 226, 228, 230 – 232, 234, 236 – 239, 241 – 250, 252 – 254, 256 – 262, 265, 266, 268 – 271, 273 – 279, 283 – 285, 287 – 289, 291 – 294, 296 – 299, 301 – 304 wird das am 25.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 290/11 – teilweise abgeändert und die Klage gegen die Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 19, 21 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 54, 56 – 60, 62 – 69, 71 – 78, 80, 82 – 119, 121, 122, 124 – 132, 134 – 138, 140 – 155, 157, 158, 160, 161, 163 – 170, 172, 174 – 187, 189, 190, 192 – 217, 219 – 226, 228, 230 – 232, 234, 236 – 239, 241 – 250, 252 – 254, 256 – 262, 265, 266, 268 – 271, 273 – 279, 283 – 285, 287 – 289, 291 – 294, 296 – 299, 301 – 304 abgewiesen.

Der Beklagte zu 14) ist des eingelegten Rechtsmittels der Berufung gegen das am 25.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 290/11 – verlustig.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten der ersten Instanz. Sie trägt ihre außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz zu 90% sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 19, 21 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 54, 56 – 60, 62 – 69, 71 – 78, 80, 82 – 119, 121, 122, 124 – 132, 134 – 138, 140 – 155, 157, 158, 160, 161, 163 – 170, 172, 174 – 187, 189, 190, 192 – 217, 219 – 226, 228, 230 – 232, 234, 236 – 239, 241 – 250, 252 – 254, 256 – 262, 265, 266, 268 – 271, 273 – 279, 283 – 285, 287 – 289, 291 – 294, 296 – 299, 301 – 304 der ersten Instanz. Die übrigen Beklagten tragen ihre gesamten außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz sowie 10% der außergerichtlichen Kosten der Klägerin der ersten Instanz.

Die Klägerin trägt die Kosten der zweiten Instanz.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin ist Komplementärin der W… (zunächst firmierend unter U… W…), die am 29.05.2000 gegründet wurde. Es handelt sich um eine Publikumsgesellschaft. Im Handelsregister ist zudem als Komplementärin die Beklagte zu 1.) eingetragen. Die weiteren Beklagten sind die Kommanditisten der Gesellschaft.

Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ist der Gesellschaftsvertrag vom 22.10.2001. § 8 des Gesellschaftsvertrages (GV) sieht vor, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft durch die persönlich haftende Gesellschafterin erfolgt und dass zur Vertretung allein die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt ist. Die Gesellschafter beschließen gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 GV über alle Angelegenheiten der Gesellschaft nach Maßgabe des Vertrages. Gemäß § 8 Abs. 4 GV haben die Gesellschafter je DM 5.000,00 ihres festen Kapitalkontos eine Stimme. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitaleinlage – 480 Stimmen. In § 8 Abs. 5 GV ist geregelt, dass die Gesellschaft ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder dieser Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitserfordernisse vorsieht. Nach § 8 Abs. 6 GV können fehlerhafte Beschlüsse nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage gegen alle Gesellschafter angefochten werden. § 9 GV regelt die Gesellschafterversammlungen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird auf dessen zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung Bezug genommen.

Am 21.06.2010 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Auf der Versammlung wurde u.a. über die Anträge abgestimmt, die Beklagte zu 1) als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufzunehmen und der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen. Die Beschlüsse erhielten eine Mehrheit von über 70%, jedoch unter 75% der Stimmen. Auf das in Kopie zur Gerichtsakte gereichte Protokoll der Gesellschafterversammlung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen

Zur Durchsetzung der Beschlüsse gegenüber der Klägerin strengte die Beklagte zu 1) ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren vor dem Landgericht Stade an. Das Landgericht Stade gewährte durch Urteil vom 23.09.2010 (Az.: 8 O 76/10) den beantragten vorläufigen Rechtsschutz: Der Klägerin wurde u.a. aufgegeben, die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin in das zuständige Handelsregister eintragen zu lassen. Am 19.10.2010 wurde auf Veranlassung der Klägerin die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin lehnte es seit Januar 2011 ab, für die Gesellschaft zu handeln.

Auf Wunsch des Beirats führte die Beklagte zu 1) vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 ein schriftliches Verfahren zur Beschlussfassung unter den Gesellschaftern durch. Gegenstand des Umlaufverfahrens waren u.a. die oben näher bezeichneten Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung vom 21.06.2010, die vorsorglich erneut abgestimmt werden sollten. Mit Schreiben vom 18.02.2011 stellte die Beklagte zu 1) die Beschlüsse gegenüber den anderen Gesellschaftern fest.

Das Oberlandesgericht Celle änderte mit Berufungsurteil vom 04.05.2011 (Az.: 9 U 105/10) das Urteil des Landgerichts Stade vom 23.09.2010 ab und wies den Antrag der Beklagten zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Parallel zum Eilverfahren erhob die Beklagte zu 1) Klage im Hauptsacheverfahren zum Landgericht Stade. Das Landgericht Stade schloss sich der vom Oberlandesgericht im Eilverfahren vertretenen Auffassung an und wies die Klage mit Urteil vom 12.05.2011 (Az.: 8 O 105/10) ab. Die Beklagte zu 1) legte gegen das Urteil des Landgerichts Stade Berufung beim Oberlandesgericht Celle ein. Das Oberlandesgericht Celle wies die Berufung durch Urteil vom 14.12.2011 (Az.: 9 U 73/11) zurück. Gegen die Nichtzulassung der Revision legte die Beklagte zu 1) unter dem 21.12.2011 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.07.2013 zurückwies.

Am 04.08.2011 lud die Beklagte zu 1) die Gesellschafter der Fondsgesellschaft zur ordentlichen Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 ein, die sie sodann auch leitete. Gegenstand der Gesellschafterversammlung waren u.a. die streitgegenständlichen Beschlüsse, die die Beklagte zu 1) feststellte.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, dass die Beklagte zu 1) weder durch die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung am 21.06.2010 noch durch die Beschlüsse im Umlaufverfahren bis zum 17.02.2011 persönlich haftende Gesellschafterin geworden sei. Sie habe daher weder die Gesellschafterversammlung wirksam einberufen noch die Versammlung leiten oder die Beschlüsse feststellen können. Mit Schriftsatz vom 01.11.2011 hat sie gerügt, dass bei sämtlichen Beschlussfassungen ihre 480 Mehrstimmen nicht mitgezählt worden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

folgende in der Gesellschafterversammlung der Windpark Fonds Amesdorf – Wellen GmbH & Co.KG vom 02.09.2011 gefassten Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären:

1. „Die Gesellschafterversammlung beschließt, den von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüften Jahresabschluss per 31.12.2010 in der vorgelegten Fassung festzustellen.“

2. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin W… R… wird für das Geschäftsjahr 2010 Entlastung erteilt.“

3. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin U… A… wird für das Geschäftsjahr 2010 keine Entlastung erteilt.“

4. „Die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Zusammenhang mit den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen der W… R… und der U… A… (abzüglich eventueller Kostenerstattungen der U… A…), soweit sie 10.000,00 € übersteigen, tragen die W… R… und die W… zu jeweils 50 %.“

5. „Dem Beiratsmitglied Herrn H… wird Entlastung erteilt.“

6. „Dem Beiratsmitglied Herrn Prof. H… wird Entlastung erteilt.“

7. „Dem Beiratsmitglied Herrn Dr. K… wird Entlastung erteilt.“

8. „Die Kommanditisten U… M… und L… werden abgemahnt, da sie die W… durch Veranlassung der Beendigung der Betriebshaftpflichtversicherung ohne zeitnahe Information der W… R… und ohne eine Initiative zum Abschluss einer neuen Betriebshaftpflichtversicherung zu ergreifen einem erheblichem Risiko ausgesetzt haben. Für den Fall einer weiteren Pflichtverletzung der vorgenannten Kommanditisten wird diesen der Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht.“

Die Beklagten zu 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 15., 16., 17., 18., 19., 21., 22., 23., 24., 25., 26., 27., 28., 29., 30., 31., 32., 33., 34., 35., 36., 37., 39., 40., 41., 42., 43., 44., 45., 46., 47., 48., 49., 51., 52., 53., 54., 56., 57., 58., 59., 60., 62., 63., 64., 65., 66., 67., 68., 69., 71., 72., 73., 74., 75., 76., 77., 78., 80., 82., 83., 84., 85., 86., 87., 88., 89., 90., 91., 92., 93., 94., 95., 96., 97., 98., 99., 100., 101., 102., 103., 104., 105., 106., 107., 108., 109., 110., 111., 112., 113., 114., 115., 116., 117., 118., 119., 121., 122., 124., 125., 126., 127., 128., 129., 130., 131., 132., 134., 135., 136., 137., 138., 140., 141., 142., 143., 144., 145., 146., 147., 148., 149., 150., 151., 152., 153., 154., 155., 157., 158., 160., 161., 163., 164., 165., 166., 167., 168., 169., 170., 171., 172., 174., 175., 176., 177., 178., 179., 180., 181., 182., 183., 184., 185., 186., 187., 189., 190., 192., 193., 194., 195., 196., 197., 198., 199., 200., 201., 202., 203., 204., 205., 206., 207., 208., 209., 210., 211., 212., 213., 214., 215., 216., 217., 219., 220., 221., 222., 223., 224., 225., 226., 228., 229., 230., 231., 232., 234., 236., 237., 238., 239., 241., 242., 243., 244., 245., 246., 247., 248., 249., 250., 251., 252., 253., 254., 256., 257., 258., 259., 260., 261., 262., 264., 265., 266., 268., 269., 270., 271., 273., 274., 275., 276., 277., 278., 279., 283., 284., 285., 287., 288., 289., 291., 292., 293., 294., 295., 296., 297., 298., 299., 301., 302., 303., 304 haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten 8., 50., 79., 139., 156., 159., 173., 240., 255., 281., 290 haben die Klageforderung anerkannt. Die übrigen Beklagten sind trotz einer ordnungsgemäßen Ladung nicht zum Termin erschienen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage als negative Feststellungsklage auszulegen sei, die nicht verfristet sei. Die Beklagten seien notwendige Streitgenossen. Die Beschlüsse vom 02.09.2011 seien nichtig, da sie nicht in formell wirksamer Weise zustande gekommen seien. Die Beklagte zu 1) sei nicht zur Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung oder Feststellung der Beschlüsse berechtigt gewesen, da sie weder durch die Beschlüsse vom 21.06.2010 noch durch die im Umlaufverfahren bis zum 17.02.2011 gefassten Beschlüsse persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft geworden sei. Hinsichtlich der Beschlüsse vom 21.06.2010 folge dies aus dem rechtskräftig bindenden Urteil des Oberlandesgerichts Celle. Darüber hinaus sei die Beklagte zu 1) auch nicht durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 Komplementärin geworden, da diese Beschlüsse unwirksam seien. Die Beklagte zu 1) sei darüber hinaus nicht aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister oder als faktische Geschäftsführerin zur Durchführung des Umlaufverfahrens im Jahr 2011 berechtigt gewesen. Ihre Berechtigung folge auch nicht aus der Aufforderung des Beirats. Bei der Regelung im Gesellschaftsvertrag über die Berechtigung, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, handele es sich nicht um eine Ordnungsvorschrift.

Dieses Urteil greifen die Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 19, 21 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 54, 56 – 60, 62 – 69, 71 – 78, 80, 82 – 119, 121, 122, 124 – 132, 134 – 138, 140 – 155, 157, 158, 160, 161, 163 – 170, 172, 174 – 187, 189, 190, 192 – 217, 219 – 226, 228, 230 – 232, 234, 236 – 239, 241 – 250, 252 – 254, 256 – 262, 265, 266, 268 – 271, 273 – 279, 283 – 285, 287 – 289, 291 – 294, 296 – 299, 301 – 304mit der Berufung an. Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle entfalte für diesen Rechtsstreit keine Rechtskraftwirkung. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der im schriftlichen Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft geworden. Jedenfalls sei sie als deren faktische Geschäftsführerin befugt gewesen, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, zumal sie als Geschäftsführerin und persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftendem Gesellschafter. Durch ihre Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen und dem Umlaufverfahren habe die Klägerin den Rechtsschein rechtmäßiger Gesellschafterversammlungen und – beschlüsse gesetzt. Mit Blick auf handelsrechtliche und steuerrechtliche Pflichten sei es erforderlich gewesen, die Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 durchzuführen; im Übrigen sehe § 9 Abs. 5 GV vor, dass jährlich eine Gesellschafterversammlung durchgeführt werde. Die Beklagte zu 1) habe die Einleitung der Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren im Namen des Beirats lediglich koordiniert, der dazu seinerseits faktisch nicht in der Lage sei, wobei auch der Weg des Umlaufverfahrens offen gestanden habe. Die Beschlüssen hätten mit einfacher Mehrheit gefasst werden können und zwar auch, soweit eine neue Komplementärin aufgenommen werden sollte.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 25.07.2013 verkündeten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte zu 1) sei weder zur Einberufung noch zur Durchführung der Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 oder zur Feststellung der Beschlussergebnisse befugt gewesen, weil sie weder in der Gesellschaftsversammlung vom 26.10.2010 noch durch die Beschlüsse im Umlaufverfahren als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen worden sei. Zur Aufnahme als Komplementärin hätte es eines einstimmigen Beschlusses bedurft, der nicht zustande gekommen sei. Eine Einberufungs- und Durchführungsbefugnis der Beklagten zu 1) hinsichtlich des Umlaufverfahrens sowie der Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 folge weder aus § 9 Abs. 6 GV noch aus dem Gesichtspunkt einer faktischen Geschäftsführung. Die Beschlüsse vom 02.09.2011 seien jedenfalls deshalb nichtig, weil sie – die Klägerin – rechtsmissbräuchlich von der Stimmabgabe ausgeschlossen worden sei; ein Stimmverbot habe nicht bestanden. Die Einräumung von Mehrstimmen sei zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse festgestellt. Da eine notwendige Streitgenossenschaft nicht besteht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergeht keine einheitliche Entscheidung allen Gesellschaftern gegenüber. Es fehlt auch an einer rechtlichen Grundlage dafür, die Gesellschafter „wie“ notwendige Streitgenossen zu behandeln. Allein der Umstand, dass es sinnvoll sein mag, eine einheitliche Behandlung der Beschlüsse hinsichtlich aller Gesellschafter vorzunehmen, genügt für die Heranziehung der Regelung des § 62 ZPO nicht.

A.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.

1.

Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden muss und den Klageantrag in diesem Sinne ausgelegt. Zwar sieht § 8 Abs. 6 GV vor, dass „fehlerhafte Beschlüsse […] angefochten werden“. Eine Anfechtungsklage ist jedoch nur dem Recht der Kapitalgesellschaften geläufig. Dort wird zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden. Der Mangel eines anfechtbaren Beschlusses kann nur durch eine fristgerechte Anfechtungsklage, die gegen die Gesellschaft zu richten ist, geltend gemacht werden. Die Nichtigkeit dieses Beschlusses wird dann erst durch ein rechtsgestaltendes Urteil herbeigeführt. Dagegen gibt es im Recht der Personengesellschaften keine lediglich anfechtbaren Beschlüsse; infolgedessen ist hier auch die Anfechtungsklage unbekannt. Dementsprechend besteht auch nicht die Möglichkeit, im Bereich der Personengesellschaft eine Anfechtungsklage gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren. Denn Gestaltungsklagen kommen nur in den gesetzlich anerkannten Fällen in Frage und sind der Parteiautonomie der Parteien weitgehend entzogen (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 24.03.2003, II ZR 4/01, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris;).

2.

Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klage gegen alle Mitgesellschafter zu erheben war. Zwar kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Streit – unter Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems – mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 16.10.2012, II ZR 251/10, juris). Eine entsprechende Bestimmung enthält der vorliegende Gesellschaftsvertrag jedoch nicht. Nach § 8 Abs. 6 GV sind fehlerhafte Beschlüssen durch „Klage gegen alle Gesellschafter“ „anzufechten“. Zwar kann die Verwendung des Wortes „anfechten“ oder „Anfechtung“ ein – nicht zwingender – Anhaltspunkt dafür sein, dass Klagen auf Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft zu erheben sind (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris). Der Regelung in § 8 Abs. 6 GV, die ausdrücklich „alle Gesellschafter“ als Klagegegner benennt, lässt sich entnehmen, ausnahmslos an dem Grundsatz der Austragung von Streitigkeiten unter allen Gesellschaftern festhalten zu wollen (Senat, 10.02.2012, I-16 U 110/11).

B.

Der angegriffene Beschluss ist formell wirksam zustande gekommen. Mit ihren in der Klageschrift aufgeführten und in zweiter Instanz noch geltend gemachten formellen Mängeln dringt die Klägerin nicht durch. Die mit Schriftsatz vom 01.11.2011 geltend gemachte Rüge fehlerhafter Stimmauszählung und Beschlussfeststellung durch die Beklagte zu 1) ist verfristet. Materielle Mängel der Beschlüsse macht die Klägerin nicht geltend.

1.

Die Beklagte zu 1) war zur Ladung zur Gesellschafterversammlung am 02.09.2011, deren Leitung und Feststellung der dort abgestimmten Beschlüsse befugt. Denn sie war durch die Gesellschafterbeschlüsse vom 21.06.2010 als persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen worden, jedenfalls war sie seit dem 19.10.2010 als Komplementärin im Handelsregister eingetragen. Nach § 9 Abs. 1 GV wird die Gesellschafterversammlung von der persönlich haftenden Gesellschafterin einberufen und geleitet (§ 9 Abs. 4 GV). Ebenso war sie zur Beschlussfeststellung befugt. Zwar sieht § 9 Abs. 8 GV lediglich vor, dass der „wesentliche Verlauf der Gesellschafterversammlung nebst der gefassten Gesellschafterbeschlüsse in einem von der persönlich haftenden Gesellschafterin zu unterzeichnenden Protokoll festzuhalten“ ist. Ein durch Satzung, Geschäftsordnung oder Ad hoc-Gesellschafterbeschluss bestellter Versammlungsleiter ist jedoch im Zweifel auch befugt, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung festzustellen, also das rechnerische Abstimmungsergebnis zu verkünden und die Annahme oder Ablehnung des Antrags als rechtliche Folge des Abstimmungsergebnisses mit vorläufiger Verbindlichkeit festzusetzen (Scholz/K. Schmidt § 48 Rn. 53). Dementsprechend stellt die Klägerin die Beschlussfeststellungskompetenz der Beklagten zu 1) auch nur wegen der nach ihrer Ansicht fehlenden Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin in Frage.

a)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht die Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2011 (9 U 73/11; Vorinstanz Landgericht Stade 8 O 105/10) einer abweichenden Beurteilung der Frage, ob die Beklagte zu 1) durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 persönlich haftende Gesellschafterin geworden war, nicht entgegen. Präjudizielle Vorfragen werden nur dann rechtskraftfähig festgestellt, wenn sie im Vorverfahren Streitgegenstand waren. Andernfalls nehmen sie nicht an der materiellen Rechtskraft des Urteils teil und können in einem neuen Prozess zwischen den Parteien abweichend beurteilt werden (Zöller/Vollkommer vor § 322 ZPO, Rn. 33 f.). Streitgegenstand des im Übrigen nur zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geführten Vorprozesses war die Verpflichtung der dortigen Beklagten (Klägerin dieses Verfahrens), Handlungen betreffend die Anmeldung der – dortigen – Klägerin (Beklagte zu 1) dieses Verfahrens) als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin des W…fonds und den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis der dortigen Beklagten (hiesige Klägerin) zum Handelsregister sowie die Herausgabe von Dokumenten und Zahlung. Für die Entscheidung der Frage, ob eine solche Verpflichtung der dortigen Beklagten (hiesige Klägerin) bestand, war die Frage, ob die dortige Klägerin (hiesige Beklagte zu 1)) persönlich haftende Gesellschafterin geworden war, lediglich ein Vorfrage. Eine Bindungswirkung entfaltet das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2011 für die Entscheidung des Senats nicht (vgl. Senat; Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11,).

b)

Die Beklagte zu 1) ist durch den Beschluss vom 21.06.2010, bei dem unstreitig eine Mehrheit von mehr als 50% und weniger als 75% der Stimmen erreicht wurde, Komplementärin des W…fonds geworden. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht bedurfte die Aufnahme der Beklagten zu 1) als Komplementärin keines einstimmigen Beschlusses und auch nicht einer Mehrheit von 75% der Stimmen. Angesichts der gesellschaftsvertraglichen Regelungen genügte eine einfache Mehrheit. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 GV beschließen die Gesellschafter über „alle Angelegenheiten der Gesellschaft“, wobei § 8 Abs. 5 S. 1 GV Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorsieht, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder im Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitsverhältnisse vorgesehen sind.

aa)

Zwingende gesetzliche Regelungen, die einer Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit entgegenstünden, bestehen nicht. Zwar geht das Gesetz von der Einstimmigkeit der Beschlüsse einer Personengesellschaft aus (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB). Den Gesellschaftern steht es jedoch im Rahmen der Privatautonomie frei, sich dahin zu einigen, ob und in welchem Umfang das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip ersetzt wird (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).

bb)

Der vorliegende Gesellschaftsvertrag sieht auch keine anderen Mehrheitserfordernisse für die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden Gesellschafterin vor. Für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung ist dabei allein entscheidend, ob der Gesellschaftsvertrag dies zulässt, was gegebenenfalls unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze festzustellen ist. Es steht den Gesellschaftern frei, ob sie von dem Einstimmigkeitsprinzip abweichen wollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dem sog. Bestimmtheitsgrundsatz für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung bei Publikumsgesellschaften keine Bedeutung mehr zu. Gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklauseln werden durch den sog. Bestimmtheitsgrundsatz daher nicht auf „gewöhnliche“ Beschlussgegenstände beschränkt, sondern erfassen auch solche Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Beschlussgegenstände beziehen. Bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen ist der Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht in Gestalt einer Auslegungsregel des Inhalts zu berücksichtigen, dass allgemeine Mehrheitsklauseln restriktiv auszulegen sind oder Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Gegenstände beinhalten, jedenfalls von allgemeinen Mehrheitsklauseln, die außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbart wurden, regelmäßig nicht erfasst werden. Eine solche Auslegungsregel findet im Gesetz keine Stütze, insbesondere auch nicht in § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB. Da sich somit die durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags vorzunehmende Feststellung, ob im konkreten Fall für die formelle Legitimation eines Beschlusses eine Mehrheitsentscheidung genügt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet, kann sich die Mehrheitsbefugnis aus jeder Vereinbarung der Gesellschafter ergeben, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist, also von der ausdrücklichen Ausführung über eine umfassende oder auslegungsfähige Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag bis hin zu einer konkludenten Vereinbarung der Mehrheitszuständigkeit. Dabei genügt es, wenn – bei Publikumsgesellschaften – die objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, bei der der objektive Sinn der Vertragsbestimmung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vertragsinhalts zu ermitteln ist, zu dem Ergebnis führt, dass der betreffende Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel erfasst sein soll. Diese Grundsätze gelten dabei für alle Beschlussgegenstände, da das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB), auch für Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, grundsätzlich dispositiv ist (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).

cc)

Auf der Grundlage dieser Grundsätze unterliegt auch die Aufnahme einer neuen Komplementärin dem Mehrheitsprinzip des § 8 Abs. 5 S. 1 GV. Ausgangspunkt ist, dass in § 8 Abs. 2 S. 1 GV den Gesellschaftern zur Beschlussfassung einschränkungslos „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft zugewiesen werden. Diese Beschlussfassung erfolgt nach § 8 Abs. 5 S. 1 GV mit einfacher Mehrheit, ohne dass dieser Bestimmung Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere die Aufnahme einer neuen Komplementärin, entnommen werden könnten, die nicht dem Mehrheitsprinzip unterfallen sollten. Eine Ausnahme dergestalt, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung beschlossen werden könnte, ergibt sich auch nicht aus den in § 8 Abs. 2 S. 2 GV angeführten Beispielen. Die Beispiele in Satz 2 führen exemplarisch („insbesondere“) auf, welche Angelegenheiten den Gesellschaftern zur Beschlussfassung zugewiesen werden, ohne aber die Zuweisung „aller“ Angelegenheiten qualitativ oder quantitativ einzuschränken. Insbesondere fällt nach § 8 Abs. 2 S. 2 lit. f) GV auch die Änderung des Gesellschaftsvertrags darunter, der in § 5 Abs. 1 S. 1 die persönlich haftende Gesellschafterin bestimmt. Dass der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 17 Abs. 3 GV explizit in der Aufzählung des § 8 Abs. 2 S. 2 GV genannt wird, beschränkt den Umfang der der Gesellschaftsversammlung zur Beschlussfassung durch einfache Mehrheit zugewiesenen Gegenstände nicht, insbesondere nicht hinsichtlich der Aufnahme einer neuen Komplementärin. Vor diesem Hintergrund sieht der Gesellschaftsvertrag für die Aufnahme einer neuen Komplementärin auch keine qualifizierte Mehrheit vor. Der Senat hält an seiner Auffassung in der Entscheidung vom 10.02.2012 (I-16 U 110/11), wonach die Änderung des personellen Bestands nicht unter die Abänderungsbefugnis durch einfachen Mehrheitsbeschluss fällt, angesichts der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht fest. Denn § 8 Abs. 2 S. 1 GV nennt „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft und § 8 Abs. 2 S. 2 führt in lit. f) Änderungen des Gesellschaftsvertrags auf, ohne dass § 8 Abs. 5 S. 1 GV hinsichtlich des Mehrheitsprinzip eine gegenständliche Unterscheidung trifft. Hinzu kommt, dass zum einen bei Publikumsgesellschaften die Notwendigkeit, den Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluss ändern zu können, offensichtlich ist. Bei dem großen Kreis von Kommanditisten lässt sich eine geschlossene Beteiligung an den Gesellschafterversammlungen praktisch nicht erreichen. Mit dem Einstimmigkeitsprinzip wären daher nicht einmal Vertragsänderungen durchzubringen, die zweifelsfrei im Interesse aller Gesellschafter liegen und bei denen es überhaupt keinen Grund zum Widerspruch gibt. Zum anderen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein so restriktives Verständnis des vertraglichen Mehrheitsprinzips auch gar nicht erforderlich. Denn es handelt sich, wie der Bundesgerichtshof betont, nur um eine „Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung“, so dass nach der Prüfung, ob nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist, auf einer zweiten Stufe eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung stattfindet. Bei der Prüfung auf der ersten Stufe geht es also nur um die formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel, die als solche eine wertneutrale Verfahrensregel ist, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugutekommen können. Die Wirksamkeit der jeweiligen Mehrheitsentscheidung setzt also sowohl eine Prüfung ihrer formellen Legitimation durch eine Mehrheitsklausel auf der ersten Stufe als auch eine inhaltliche Prüfung auf der zweiten Stufe unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit voraus.

dd)

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht lässt sich auch § 5 Abs. 3 S. 2 GV nicht entnehmen, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin – abweichend vom Mehrheitsprinzip – nur einstimmig beschlossen werden konnte. Nach dieser Regelung ist „die persönliche haftende Gesellschafterin […] zur Annahme der Beitrittserklärungen namens aller Gesellschafter […] bevollmächtigt“. Bei dieser Bestimmung handelt es sich, anders als das Landgericht meint, nicht um eine Regelung der gesellschaftinternen Willensbildung, sondern im Kern um die organisationsrechtliche Ermächtigung der Komplementärin, Aufnahmeverträge mit neuen Kommanditisten im Namen aller Gesellschafter zu schließen. Einer Personengesellschaft treten nämlich weitere Gesellschafter grundsätzlich dadurch bei, dass sie einen entsprechenden Vertrag mit den vorhandenen Gesellschaftern abschließen. Für die Publikumsgesellschaft ist dieses Verfahren allerdings – angesichts der Vielzahl der vorhandenen Gesellschafter – bereits aus organisatorischen Gründen ungeeignet (K. Schmidt GesR § 57 II.1, MünchHdb.KG/Jaletzke § 62 Rn. 6). Der Gesellschaftsvertrag kann daher die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern, insbesondere die persönlich haftende Gesellschafterin ermächtigen, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren Beitritt zur Gesellschaft zu vereinbaren. Das erforderliche – mehrheitliche – Einverständnis der übrigen Gesellschafter mit dem Eintritt neuer Kommanditisten ist in einem solchen Fall – in zulässiger Weise – im Voraus erteilt worden. Der Abschluss des Aufnahmevertrags mit den übrigen Gesellschaftern kommt dann dadurch zustande, dass sich die persönlich haftende Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit dem neu eintretenden Gesellschafter auch im Namen der übrigen Gesellschafter über die Aufnahme einigt (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 95/76, juris). Es handelt sich also bei § 5 Abs. 3 S. 2 GV um eine gängige, organisationsrechtliche Bestimmung zum Beitritt neuer Kommanditisten. Angesichts der darin enthaltenen, aus Praktikabilitätsgründen vorweggenommenen Zustimmung zur Aufnahme weiterer Kommanditisten lässt sich der Regelung keine Aussage über die interne Willensbildung für den davon zu unterscheidenden Fall der Aufnahme einer neuen Komplementärin entnehmen (a.A. OLG Celle, Urteil vom 14.12.2011, 9 U 73/11; zust. Haas/Mock in: Graf von Westphalen/Haas, § 161 HGB Rn. 144).

ee)

Die Notwendigkeit eines einstimmigen Beschlusses ergibt sich auch nicht daraus, dass durch den Beschlussvorschlag Nr. 6 für die Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert werden sollte, dass mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschaftern beschlossen werden sollte. Selbst wenn die Gesellschafter bei der Vorbereitung der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 irrtümlich davon ausgegangen sein sollten, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch mehrheitlichen Gesellschaftsbeschluss möglich sei, folgt aus diesem Irrtum nicht die Notwendigkeit einer einstimmigen Entscheidung, die der Vertrag nach seinem dargestellten, objektiven Erklärungsbefund nicht vorsieht.

c)

Zudem war die Beklagte zu 1) jedenfalls aufgrund ihrer Eintragung als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister seit dem 19.10.2010 zur Ladung und Durchführung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung sowie der Feststellung der dort gefassten Beschlüsse berechtigt. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 121 Abs. 2 S. 2 AktG. Nach dieser Vorschrift gelten bei einer Aktiengesellschaft Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als befugt, die Hauptversammlung einzuberufen. Darin liegt eine gesetzliche Fiktion, die von der Gutgläubigkeit der Aktionäre unabhängig ist. Dadurch sollen zum Zweck der Rechtssicherheit Einberufungsmängel vermieden werden. Entscheidend ist die Eintragung im Zeitpunkt der Einberufung (Hüffer AktG § 121 AktG Rn. 7; MüHdbGesR/Semler § 35 Rn. 8). Die Situation einer Publikumsgesellschaft, die, wie hier, aus mehreren hundert Kommanditisten besteht, ist insofern mit Verhältnissen einer Aktiengesellschaft vergleichbar. Die Kommanditisten können keine zuverlässige Kenntnis haben, ob die Komplementär-GmbH wirksam bestellt worden ist oder noch bestellt ist, insbesondere auch angesichts der im vorliegenden Verfahren um diese Frage geführten Rechtsstreitigkeiten und insoweit vertretenen unterschiedlichen Auffassungen, die im Schreiben vom 04.08.2011 nochmals thematisiert wurden. Die Kommanditisten bedürfen daher des Schutzes, den die Eintragung im Handelsregister bietet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.10.1991, 8 U 36/91, juris). Nach der Auffassung des Senats findet § 121 Abs. 2 S. 2 AktG dabei nicht nur im Verhältnis zu den Kommanditisten analoge Anwendung, sondern auch im Verhältnis zur eingetragenen Komplementärin, vorliegend der Beklagten zu 1). Dies ergibt sich aus dem öffentlichen Glauben des Handelsregisters (§ 15 HGB; vgl. zum öffentlichen Glauben des Genossenschaftsregisters: BGH, Urteil vom 26.10.1955, VI ZR 90/54, juris) und entspricht dem dargestellten Sinn und Zweck der gesetzlichen Fiktion, zum Zwecke der Rechtssicherheit Einberufungsmängel zu vermeiden.

d)

Demgegenüber war die Beklagte zu 1) nicht als faktische Geschäftsführerin zur Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 und Feststellung der dort gefassten Beschlüsse befugt. Geschäftsführendes Leitungs- und gesetzliches Vertretungsorgan der Publikums-KG ist – für den auch hier vorliegenden Regelfall der GmbH & Co. KG – die Komplementär-GmbH; sie handelt ihrerseits durch ihre Geschäftsführer. Auch in der Publikums-KG kann durch Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss ein Dritter in weitem Umfang mit Geschäftsführungsaufgaben betraut und mit umfassender Vollmacht ausgestattet werden (EBJS/Henze/Notz Anhang B nach § 177a HGB Rn. 132). Zwar dürften in diesem Zusammenhang die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung Anwendung finden (vgl. EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Dabei muss der Handelnde nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen haben (EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Zwar dürfte die Beklagte zu 1) im Oktober 2010 jedenfalls faktisch die Geschäftsführung übernommen haben (so Senat, Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11, S. 15). Der Gesellschaftsvertrag weist jedoch in § 9 Abs. 1 S. 2 GV die Einberufung einer Gesellschafterversammlung nicht der Geschäftsführung, sondern der persönlich haftenden Gesellschafterin zu, die nach § 9 Abs. 4 GV die Gesellschafterversammlung leitet. Mit ihrem Einwand, der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftender Gesellschafterin, dringen die Beklagten nicht durch. Vielmehr bestimmt der Gesellschaftsvertrag unter der Überschrift „Gesellschafter“ in § 5 Abs. 1 S. 1 die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur persönlich haftenden Gesellschafterin. Der persönlich haftenden Gesellschafterin werden in § 7 GV unter der Überschrift „Geschäftsführung und Vertretung“ die Geschäftsführung und die Vertretung zugewiesen. Der Gesellschaftsvertrag differenziert also zwischen der organschaftlichen Stellung als Komplementärin und der auch grundsätzlich auf einen Dritten übertragbaren Position als Geschäftsführer. Dementsprechend wird die Beklagte zu 1) durch die Beschlüsse vom 21.06.2010 sowohl als Komplementärin aufgenommen und ihr die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zugewiesen als auch der Klägerin die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen, ohne dass der Klägerin zugleich die Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin entzogen wird. Soweit § 9 Abs. 3 GV die Bestimmung des Ortes für eine Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer zuweist, gibt diese Bestimmung keinen Anlass, § 9 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 GV entgegen ihrem nicht auslegungsbedürftigen Wortlaut dahingehend zu verstehen, dass der Geschäftsführer und nicht die persönlich haftende Gesellschafterin zur Einberufung und Leitung einer Gesellschafterversammlung – und daraus folgend zur Beschlussfeststellung – befugt ist.

e)

Auch kann die Beklagte zu 1) eine Befugnis zur Durchführung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung und Feststellung der dortigen Beschlüsse nicht allein, d.h. unabhängig davon, ob sie zuvor Komplementärin der Fondsgesellschaft geworden oder als solche im Handelsregister eingetragen worden war, aus der entsprechenden Aufforderung des Beirats herleiten. Eine solche Befugnis folgt insbesondere nicht aus § 9 Abs. 6 GV. Nach dieser Bestimmung ist eine außerordentliche Gesellschafterversammlung u.a. einzuberufen, wenn Kommanditisten, die mindestens 20% des Kommanditanteils halten, schriftlich die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen. Die Kommanditisten, die die Einberufung verlangt haben, sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung nicht innerhalb von 14 Tagen nachkommt, berechtigt, die Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen. Folglich sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung der Kommanditisten nicht entspricht, die Kommanditisten, nicht aber eine dritte Person zur Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung befugt. Ausweislich des Schreibens vom 04.08.2011 luden nicht die Kommanditisten zur streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung ein, sondern die Beklagte zu 1), die selbst nicht Kommanditistin war. Darüber hinaus handelte es sich bei der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung auch nicht um eine außerordentliche Gesellschafterversammlung, auf die sich die Befugnis des § 9 Abs. 6 GV bezieht, sondern – ausweislich des Einladungsschreibens – um eine ordentliche Gesellschafterversammlung, die nicht von § 9 Abs. 6 GV erfasst wird.

f)

Ausgehend von den obigen Ausführungen sind auch die im schriftlichen Umlaufverfahren vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 gefassten Beschlüsse, die u.a. auch die Aufnahme der Beklagten zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin vorsahen, nicht mangels Befugnis der Beklagten zu 1) zu dessen Durchführung und Beschlussfeststellung nichtig. Die Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt vielmehr – bereits – persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft. Jedenfalls war sie aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister zur Einberufung und Durchführung des schriftlichen Umlaufverfahrens vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 befugt. Die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse sind Gegenstand des Verfahrens OLG Düsseldorf, I-16 U 169/13, in dem der Senat mit Urteil vom heutigen Tag das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Feststellungsklage der Klägerin gegen die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse abgewiesen hat.

g)

Bei dieser Sachlage – Einberufungs-, Leitungs- und Beschlussfeststellungsbefugnis der Beklagten zu 1) für die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Stellung als Komplementärin bzw. aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister – bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin diese Rüge mit ihrer am 04.10.2011, den Beklagten ab dem 29.10.2011 zugestellten Klage rechtzeitig innerhalb der in § 8 Abs. 6 GV bestimmten Anfechtungsfrist erhoben hat.

3.

Demgegenüber ist die Klägerin mit ihrer Rüge, die Beklagte zu 1) habe ihre – 480 – Stimmen bei der Abstimmung am 02.09.2011 zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ausgeschlossen, weil sie die Rüge außerhalb der gesellschaftsvertraglichen Anfechtungsfrist erhoben hat. Im Personengesellschaftsrecht gibt es für die Geltendmachung von Beschlussmängeln – anders als im Recht der Kapitalgesellschaften – keine gesetzlichen oder am Leitbild des § 246 Abs. 1 AktG orientierten Klagefristen. Wer sich auf die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen beruft, kann hierzu die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erheben; sie ist an keine Frist gebunden, jedoch kann die Geltendmachung des Mangels nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein. Allerdings steht es den Gesellschaftern auch in einer Personengesellschaft frei, die Berufung auf die Beschlussmängel durch materielle Ausschlussfristen für die Klageerhebung zu beschränken (BGH, Urteil vom 07.06.1999, II ZR 278/98, juris). Dies haben die Gesellschafter vorliegend getan und in § 8 Abs. 6 GV – in Anlehnung an § 246 AktG – vereinbart, dass Beschlüsse „innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung“ angefochten werden müssen. Diese Frist gilt, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur richtigen Klageart, auch für die Beschlussfeststellungsklage, mit der die Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen gegenüber den Gesellschaftern ausschließlich geltend gemacht werden kann. Auf dieser Grundlage erfolgte die Rüge der fehlerhaften Beschlussfeststellung außerhalb der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Klagefrist. Dabei wurde, entgegen der Ansicht der Klägerin, durch ihren Ausschluss von der Abstimmung mangels Mehrstimmen, nicht in ihr Recht zur Teilnahme an der Versammlung der Gesellschafter eingegriffen; die Nichtberücksichtigung von Stimmen, die nur vermeintlich ausgeschlossen sind, ist vielmehr ein Fehler der Beschlussfeststellung (Scholz/K. Schmidt § 45 Rn. 98, § 47 Rn. 175). Die streitgegenständlichen Beschlüsse wurden am 02.09.2011 gefasst. Die Klägerin rügte die fehlerhafte Stimmauszählung aber erstmals mit Schriftsatz vom 01.11.2011, bei Gericht eingegangen am 02.11.2011 und damit zwei Monate nach Beschlussfassung. Eine andere Beurteilung der Klagefrist ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin das Protokoll der Gesellschafterversammlung erst am 12.10.2011 erhalten haben will. Denn die Klägerin war auf der Gesellschafterversammlung und bei den dortigen Beschlussabstimmungen anwesend. Ihr war seit dem 02.09.2011 bekannt, dass ihre Mehrstimmen nicht gezählt wurden. Die Tatsache, dass die Beklagte zu 1) davon ausging, dass der Klägerin keine Mehrstimmen zustünden, war ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 02.09.2011 sogar Gegenstand einer Diskussion zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Im Protokoll heißt es dazu:

„Herr C… vertritt ferner die Auffassung, der U… A… stünden gemäß § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages 480 Mehrstimmrechte (ohne Kapitaleinlage) zu. Herr S… verweist darauf, dass der U… A… die Geschäftsführungsbefugnis entzogen worden sei und sie deshalb über keine Mehrstimmrechte mehr verfüge. Die abweichende Auffassung von Herrn C… werde jedoch zu Protokoll genommen.“

Nach der Darstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 01.11.2011 will Herr Conrad, der für die Klägerin an der Gesellschafterversammlung teilnahm, „vor jedem Beschluss zu Protokoll gegeben [haben], dass seiner Ansicht nach die Klägerin hätte abstimmen dürfen“. Die Klägerin bedurfte also nicht des Protokolls der Gesellschafterversammlung, um von der Außerachtlassung ihrer Mehrstimmen Kenntnis zu erlangen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert beläuft sich auf bis zu 100.000,00 €.

Die Revision wird zugelassen.

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