OLG Köln, Beschluss vom 06.05.1996 – 2 WX 9/96
Für die Entscheidung über die Beschwerde in einer Handelsregistersache ist die bei dem Landgericht eingerichtete Kammer für Handelssachen funktionell zuständig. Entscheidet über eine in einer Handelsregistersache eingelegte Beschwerde stattdessen die Zivilkammer, so muß die Sache auf die weitere Beschwerde vom Oberlandesgericht an die funktionell zuständige Kammer für Handelssachen verwiesen werden.
2) Wird eine GmbH durch Umwandlungsbeschluß formwechselnd in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, so bedarf die Eintragung einer bestehen bleibenden, bisher in Abteilung B des Handelsregisters eingetragenen Prokura in Abteilung A keiner erneuten Anmeldung nach § 53 Abs. 1 HGB.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, ist durch notariell
beurkundeten Umwandlungsbeschluß der Anteilseigner der vormaligen
Gesellschaft mit beschränkter Haftung gleichen Namens gebildet
worden. Der Formwechsel ist im Handelsregister B vermerkt worden.
Die KG ist inzwischen antragsgemäß im Handelsregister A
eingetragen. Für die GmbH war im Handelsregister B eine Prokura
eingetragen. Unter Hinweis darauf und auf die formwandelnde
Umwandlung bat der antragstellende Notar, die Prokura nunmehr ohne
besonderen Antrag bei der Kommanditgesellschaft einzutragen. Auf
den Hinweis des Rechtspflegers, es sei eine Anmeldung erforderlich,
weil die Zeichnung von neuer Firma und Namensunterschrift nach § 53
Abs. 2 HGB erforderlich und anzumelden sei, überreichte der Notar
die von ihm beglaubigte Zeichnung der neuen Firma durch den
Prokuristen nebst dessen Namensunterschrift und dem die Prokura
andeutenden Zusatz ,ppa“. Daraufhin schrieb der Rechtspfleger an
den Notar, es werde in Ergänzung zu der nunmehr überreichten
Urkunde um Zusendung einer notariell beglaubigten Anmeldung
gebeten. Der Notar hat dem entgegengehalten, durch die
formwechselnde Umwandlung sei die Prokura nicht erloschen, es
bedürfe deshalb keiner neuen Anmeldung; er bitte, sein Schreiben
gegebenenfalls als Beschwerde anzusehen. Der Rechtspfleger hat dies
Begehren als Erinnerung angesehen; er hat der Erinnerung nicht
abgeholfen und sie dem Abteilungsrichter vorgelegt. Dieser hat der
Erinnerung – unter Hinweis auf OLG Hamm OLGZ 1983, 728 – ebenfalls
nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht – Kammer für
Handelssachen – zur Entscheidung vorgelegt. Durch den angefochtenen
Beschluß hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn die
Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere
Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese ihre bereits in den
Vorinstanzen geäußerte Rechtsansicht wiederholt. II.
Die weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 27, 29 FGG zulässig.
Sie hat auch Erfolg.
1) Der angefochtene Beschluß muß schon deshalb aufgehoben
werden, weil die 4. Zivilkammer des Landgerichts funktionell für
die Entscheidung über die Erstbeschwerde unzuständig war.
Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 FGG erfolgt die Entscheidung über eine
Beschwerde in Handelssachen bei dem Landgericht durch die Kammer
für Handelssachen, wenn bei dem Landgericht eine solche Kammer
gebildet ist.
Der zu entscheidende Fall betrifft eine Handelssache.
Handelssachen sind unter anderem die im 7. Abschnitt des FGG
behandelten Angelegenheiten ( vgl. Bassenge / Herbst, FGG / RPflG,
7.Aufl., Vor §§ 125 ff Rn. 2; Bumiller / Winkler, Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 6.Aufl., § 30 Anm. 2 und Vor § 125 Anm. 2 a;
Winkler in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit,
Teil A: FGG, 13. Aufl., § 30 Rn. 4 und Vorb §§ 125 – 158 Rn. 1).
Dazu zählt nach den §§ 125 Abs. 1 FGG, 53 Abs. 1 HGB auch das auf
Eintragung der Prokura in das Handelsregister gerichtete
Ausgangsverfahren.
Bei dem Landgericht Bonn sind Kammern für Handelssachen
gebildet. Der Amtsrichter hat die Sache demgemäß auch zutreffend
der Kammer für Handelssachen zur Entscheidung vorgelegt. Die
Entscheidung durch die 4. Zivilkammer war mithin unzulässig. Der
Senat muß die angefochtene Entscheidung daher aufheben und an die
funktionell zuständige Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht
Bonn verweisen.
2) Für die nunmehr zu treffende Entscheidung weist der Senat auf
folgendes hin:
Der in der angefochtenen Zwischenverfügung und vom Landgericht
vertretenen Auffassung, die Eintragung der Prokura auf dem
Registerblatt der Kommanditgesellschaft bedürfe einer Anmeldung
nach § 53 Abs. 1 HGB, kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt die
Wirkung einer formwandelnden Umwandlung, wie sie hier vorgenommen
wurde.
Die Umwandlung der Antragstellerin wurde nach dem 1. Januar 1995
in die Wege geleitet. Ihre rechtliche Behandlung richtet sich
mithin nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) vom 28. Oktober 1994 (vgl.
§ 318 UmwG). Nach den § 190 UmwG kann ein Rechtsträger durch
Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten. Nach § 191 Abs. 1 Nr.
2, Abs. 2 Nr. 2 UmwG kann eine Kapitalgesellschaft – wozu nach § 3
Abs. 1 Nr. 2 UmwG Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören –
durch Formwechsel in eine Personenhandelsgesellschaft umgewandelt
werden. Hier ist die Antragstellerin, die ursprünglich in der Form
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestand, in eine
Kommanditgesellschaft umgewandelt worden.
Die §§ 198 ff UmwG enthalten allgemeine Vorschriften über die
vorzunehmende Anmeldung sowie die Eintragungen und ihre Wirkungen.
Eine besondere Vorschrift über die Anmeldung des Formwechsels bei
der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine
Personengesellschaft enthält § 235 UmwG. Sämtliche genannten
Vorschriften tragen der Tatsache Rechnung, daß sich bei der
formwechselnden Umwandlung allein die rechtliche Organisation des
Unternehmensträgers ändert, während dessen wirtschaftliche und
rechtliche Identität gleich bleibt (vgl. Dehmer, UmwG / UmwStG, 2.
Aufl. 1996, § 190 Rn. 5 ff. unter Hinweis auf RegEBegr BR-Drs 75/94
zum Fünften Buch des UmwG). Ob die Identität gesellschaftsrechtlich
dogmatisch zu begründen ist oder ob es sich um eine gesetzliche
Fiktion handelt (zum Streitstand vgl. Dehmer a.a.O. Rn. 10), ist
für die vorliegende Fragestellung ohne Bedeutung, da die
gesetzliche Regelung für das hier allein interessierende
Umwandlungsrecht eindeutig von der Identität des Rechtsträgers vor
und nach dem Formwechsel ausgeht (vgl. insbesondere § 202 Abs. 1
Nr. 1 UmwG, wonach der formwechselnde Rechtsträger in der in dem
Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiterbesteht).
Dementsprechend enthalten die genannten Vorschriften Anmeldungs-
und Eintragungserfordernisse nur insoweit, als diese zur
Herbeiführung der Umwandlungswirkungen und zur Verlautbarung der
Umwandlung in den Registern erforderlich sind. Eine Neuanmeldung
sämtlicher nach Handelsrecht anmeldungspflichtiger Vorgänge sieht
das Gesetz nicht vor. Eine dahingehende Regelung stünde auch im
Widerspruch zu der vom Gesetz bei der formwechselnden Umwandlung
angeordneten Identität des Rechtsträgers.
Die mit der Zwischenverfügung verlangte Neuanmeldung der Prokura
wäre danach nur erforderlich, wenn die von der GmbH erteilte
Prokura aufgrund des Formwechsels erloschen wäre. In diesem Fall
wäre sie neu zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB), die Neuerteilung müßte
sodann zum Handelsregister angemeldet werden (§ 53 Abs. 1 HGB). Ein
Erlöschen wegen des Wegfalls des Rechtsträgers, der die Prokura
erteilt hat, kommt nach den vorstehenden Ausführungen bei der
formwechselnden Umwandlung nicht in Betracht, denn der Rechtsträger
des Unternehmens besteht – wenn auch in anderer Form – fort (vgl.
Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, 2.Aufl., § 52 Rn. 31;
Schlegelberger / Schröder, HGB, 5.Aufl., § 52 Rn. 21; Staub /
Joost, HGB, 4.Aufl., § 52 Rn. 60). Für einen Widerruf der Prokura
(§ 52 Abs. 1 HGB) anläßlich des Formwechsels oder einen sonstigen
Erlöschensgrund (vgl. Baumbach / Hopt, HGB, 29.Aufl., § 52 Rn. 4
ff.; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer a.a.O. § 52 Rn. 18 ff.;
Staub / Joost a.a.O. § 52 Rn. 16, 29 ff.) haben die Vorinstanzen
nichts festgestellt. Die in dem angefochtenen Beschluß zitierte
Entscheidung (BayObLG BB 1971, 238 f) betrifft die vorliegende
Problematik nicht, da es dort nicht um eine formwechselnde
Umwandlung ging, sondern um den Eintritt eines Kommanditisten in
ein Einzelhandelsgeschäft.
Die Eintragung der Prokura auf dem neuen Registerblatt darf
mithin nicht von der Vorlage einer Anmeldung in der Form des § 12
HGB abhängig gemacht werden.
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