VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 11.12.2014 – 4 K 777/14.NW

August 2, 2021

VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 11.12.2014 – 4 K 777/14.NW

Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2012 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 6. November 2013 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Abfallgebührenbescheid der Beklagten.

Er ist zu 3/7 Miteigentümer des Grundstücks Flurstück-Nr. … in der Gemarkung Ludwigshafen bzw. Oppau. Das Grundstück ist mit zwei Eigentumswohnungen bebaut, die die Hausnummern A-Straße 10 und 12 tragen. Der Kläger bewohnt das Anwesen A-Straße 10 alleine; in dem Wohngebäude A-Straße 12 wohnt die fünfköpfige Familie B. Seit Beginn der Wohnungseigentümergemeinschaft um das Jahr 2000 entsorgte diese ihre Abfälle über ein Restabfall- und ein Bioabfallbehältnis (Fassungsvermögen jeweils 120 Liter). Zu Abfallentsorgungsgebühren wurde immer nur die Familie B herangezogen, zuletzt mit Bescheid vom 30. Januar 2012 in Höhe von 220,31 € für das Jahr 2012 für das Anwesen „A-Straße 12“. Der Kläger beteiligte sich an diesen Kosten jeweils durch Zahlung an die Familie B.

Am 15. November 2012 stellte die Beklagte dem Kläger gegen dessen Willen ein eigenes Restabfall- und Bioabfallbehältnis zur Verfügung und zog ihn mit Bescheid vom 26. November 2012 unter der Adresse „A-Straße 10“ erstmals zu Abfallentsorgungsgebühren für den Zeitraum vom 1. November – 31. Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 32,94 € heran. Der Gebührenfestsetzung wurden zugrunde gelegt: Eine zeitanteilige Grundgebühr von 12,33 € für 1 Restabfallbehälter mit 80 Liter, 5 Leerungen des Restabfallbehälters zu 2,43 € / Leerung (zeitanteilige Leistungsgebühr), 6 Leerungen des Bioabfallbehälters mit 80 Liter zu 1,41 € / Leerung (Leistungsgebühr; zeitanteilig).

Gegen den genannten Gebührenbescheid legte der Kläger am 28. November 2012 Widerspruch mit der Begründung ein, das Grundstück sei seit Beginn der Eigentümergemeinschaft vor 15 Jahren an die Abfallentsorgung angeschlossen. Die Aufstellung weiterer Abfallbehälter sei von ihm nicht beantragt worden und auch nicht notwendig. Er sei zusammen mit seinem Miteigentümer gemäß § 1 Abs. 3 Abfallgebührenordnung – AGO – Gesamtschuldner und könne nicht als Einzelschuldner von Abfallgebühren herangezogen werden. Der Abfallgebührenbescheid werde daher auch schon seit Jahren an den Wohnungseigentumsverwalter gesandt.

Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit dem Kläger am 9. August 2014 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 6. November 2013 zurück. Zur Begründung führte der Stadtrechtsausschuss aus, die Abfallbeseitigungsgebühr sei zu Recht festgesetzt worden. Nach der Abfallwirtschaftssatzung – AWS – der Beklagten seien die privaten Haushaltungen verpflichtet, ihre Grundstücke an die Abfallentsorgung anzuschließen und die Abfälle von der Stadt entsorgen zu lassen. Nach § 4 Abs. 3 AWS sei ein „Grundstück“ im Sinne der AWS ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung jeder zusammenhängende Grundbesitz, der eine wirtschaftliche Einheit bilde. Als Regelbeispiel für eine wirtschaftliche Einheit sei in dieser Vorschrift der Fall genannt, dass dem „Grundbesitz, der eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet“ eine Hausnummer zugeteilt sei. So liege der Fall hier. Zwar sei der Kläger nur Miteigentümer des Grundstücks Flurstück-Nr. … Diesem Miteigentumsanteil sei jedoch eine eigene Hausnummer zugeteilt, was den Miteigentumsanteil zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne der AWS mache und diese dem Anschluss- und Benutzungszwang der Satzung unterwerfe. Dies sei in der Vergangenheit seitens der Beklagten übersehen und im November 2012 durch Aufstellung je eines 80 Liter-Restabfall- und Bioabfallbehälters korrigiert worden. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 7 AWS sei dies das Mindestvolumen, das vom Anschlusspflichtigen vorzuhalten sei. Die Höhe der Abfallgebühr sei zutreffend berechnet worden.

Soweit der Kläger auf § 1 Abs. 3 AGO verweise, könne er damit nicht durchdringen. Danach seien Wohnungs- und Teileigentümer einer Eigentümergemeinschaft Gesamtschuldner der auf ihr gemeinschaftliches Grundstück entfallenden Benutzungsgebühren. Wie oben ausgeführt, entfielen die festgesetzten Benutzungsgebühren jedoch gerade nicht auf das gemeinsame Grundstück, sondern auf die jeweiligen selbstständigen, mit einer eigenen Hausnummer versehenen wirtschaftlichen Einheiten.

Der Kläger hat am 2. September 2014 Klage erhoben und verweist auf seine bisherige Begründung.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 26. November 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 6. November 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den ergangenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2012 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses vom 6. November 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).

Die Beklagte kann sich für die Erhebung der Abfallbeseitigungsgebühren nicht auf § 5 Abs. 2 des zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids noch gültigen Landesabfallwirtschaftsgesetzes – LAbfWAG – i.V.m. § 7 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz – KAG – i.V.m. § 1 ff. der Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren in der Abfallentsorgung (Abfallgebührenordnung) – AGO – stützen. Denn die Voraussetzungen für die Erhebung einer gesonderten Abfallbeseitigungsgebühr für das Anwesen A-Straße 10 in Ludwigshafen sind vorliegend nicht gegeben.

Nach den genannten Regelungen erhebt die Beklagte für die Inanspruchnahme ihrer Abfallentsorgungseinrichtung Gebühren durch den Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 AGO ist Gebührenschuldner der Eigentümer des angeschlossenen Grundstücks; bei mehreren Eigentümern sind diese Gebührenschuldner. In Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung – AO – sind nach § 1 Abs. 3 Satz 1 AGO die Wohnungs- und Teileigentümer einer Eigentümergemeinschaft Gesamtschuldner der auf ihr gemeinschaftliches Grundstück entfallenden Benutzungsgebühren.

Die Beklagte ist zwar nicht gehindert, trotz der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (s. § 10 Abs. 6 Wohnungseigentumsgesetz – WEG -) den Kläger als Gesamtschuldner für die Abfallbeseitigungsgebühren auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … in Ludwigshafen in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2005 – 10 B 65/05 -, NJW 2006, 791; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. August 2013 – 9 E 398/13 -, juris). Der Kläger ist nicht nur Eigentümer einer Wohnung in der Wohnungseigentumsanlage auf dem Grundstück Flurstück-Nr. …, sondern gleichzeitig Miteigentümer des genannten Grundstücks. Dies folgt aus § 1 Abs. 2 WEG, wonach Wohnungseigentum das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum ist, zu dem es gehört. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind somit Sondereigentümer der einzelnen Wohnungen und Miteigentümer des gemeinsamen Grundstücks; sie nehmen die benutzungsgebührenpflichtige gemeindliche Einrichtung Abfallentsorgung in Anspruch (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. August 2013 – 9 E 398/13 -, juris ).

Als Gesamtschuldner schuldet jeder die gesamte Leistung, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO). Dem Wesen der Gesamtschuld entsprechend steht es im Ermessen des Gläubigers, die Leistung ganz oder auch nur zu einem Teil von dem einen oder dem anderen oder von allen Schuldnern zu fordern. Die Beklagte ist daher grundsätzlich nicht gehindert, die beiden Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe des auf das Grundstück Flurstück-Nr. … in Ludwigshafen entfallenden vollen Gebührenbetrages heranzuziehen. Die Erfüllung des in Anspruch genommenen Mitglieds der Wohnungseigentümergemeinschaft wirkt jedoch schuldbefreiend für den anderen Gesamtschuldner (vgl. Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 44 Rn. 16).

Vorliegend hat die Beklagte den weiteren Miteigentümer des Grundstücks Flurstück-Nr. … in Ludwigshafen, Herrn B, als zustellungsbevollmächtigten Adressaten der Wohnungseigentümergemeinschaft für das Jahr 2012 bereits als Gesamtschuldner in Höhe von 220,31 € herangezogen. Dieser Betrag beinhaltet eine Jahresgrundgebühr in Höhe von 92,45 € für ein 120 Liter Restabfallbehältnis. Dieses Behältnis ist für die insgesamt sechs Bewohner des Grundstücks Flurstück-Nr. … in Ludwigshafen ausreichend bemessen (s. § 14 AWS: Regelvorhaltevolumen 15 Liter/Einwohner/Woche = 90 Liter). Die Zahlungen von Herrn B hatten schuldbefreiende Wirkung für das gemeinschaftliche Grundstück und damit auch für den Kläger.

Da die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahre 2012 bei der Beklagten keine weiteren Abfallbehältnisse angefordert hatte, war die Beklagte nicht befugt, im November 2012 weitere Forderungen für die Monate November und Dezember 2012 für das Anwesen „A-Straße 10“ in Ludwigshafen zu erheben.

Soweit die Beklagte einwendet, Herr B und der Kläger wohnten in zwei eigenständigen Gebäuden mit eigenen Hausnummern und müssten daher abgabenrechtlich so behandelt werden, wie wenn sie auf zwei verschiedenen Grundstücken lebten, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Bei den dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde liegenden Abfallbeseitigungsgebühren handelt es sich um grundstücksbezogene Benutzungsgebühren. Zwar sieht das 1996 in Kraft getretene und hier einschlägige Kommunalabgabengesetz keine eindeutige Regelung zum grundstücksbezogenen oder personenbezogenen Charakter einer Benutzungsgebühr vor (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Juli 2014 – 6 A 10314/14.OVG -, juris). Die Beklagte hat sich in § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 AGO jedoch für die Grundstücksbezogenheit der Abfallbeseitigungsgebühren entschieden, denn danach ist, wie bereits ausgeführt, „der Eigentümer des angeschlossenen Grundstücks“ Gebührenschuldner. Im Falle einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind die Wohnungseigentümer Gesamtschuldner der auf ihr „gemeinschaftliches Grundstück“ entfallenden Benutzungsgebühren. Maßgebend für die Gebührenerhebung ist daher das Grundstück.

Für das Beitrags- und Gebührenrecht nach dem Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz, aufgrund dessen die Abfallgebührenordnung der Beklagten erlassen wurde, ist grundsätzlich im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff im Sinne des Grundbuchrechts, d. h. der formelle Grundstücksbegriff, entscheidend (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. März 2003 – 12 B 10234/03.OVG -, ESOVGRP und Urteil vom 15. März 2011 – 6 C 10959/10 -, LKRZ 2011, 237; VG Trier, Urteil vom 13. November 2001 – 2 K 215/01.TR -, ESOVGRP). Unter einem Grundstück in diesem Sinne ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt (§ 3 Abs. 1 Grundbuchordnung – GBO -) oder einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer (§ 4 GBO i. V. m. § 6 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung – GBV – eingetragen ist. Ein Abweichen von diesem Grundstücksbegriff ist nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn es nach dem Inhalt und Sinn des Gebühren – und Beitragsrechts gröblich unangemessen wäre, den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zugrunde zu legen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. März 2003 – 12 B 10234/03.OVG -, ESOVGRP und Urteil vom 15. März 2011 – 6 C 10959/10 -, LKRZ 2011, 237; VG Trier, Urteil vom 13. November 2001 – 2 K 215/01.TR -, ESOVGRP; Sächs. OVG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 5 A 753/12 -, juris). Unter diesem Blickwinkel ist die Zerlegung eines Buchgrundstücks in mehrere Grundstücke beispielsweise gerechtfertigt, wenn einzelne, genau bestimmbare Grundstücksteile aufgrund der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse nicht einheitlich, sondern nur unterschiedlich genutzt werden können (vgl. VG Trier, Urteil vom 13. November 2001 – 2 K 215/01.TR -, ESOVGRP).

Vorliegend ist ein Abweichen von diesem Grundstücksbegriff nicht angezeigt. Zwar hat die Beklagte in § 4 Abs. 3 AWS den Grundstücksbegriff eigenständig definiert. Danach ist ein Grundstück im Sinne dieser Satzung ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung jeder zusammenhängende Grundbesitz, der eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bildet, insbesondere dann, wenn ihm eine Hausnummer zugeteilt ist. Ohne näher darauf einzugehen, ob diese vom formellen Grundstücksbegriff abweichende Definition in § 4 Abs. 3 AWS rechtlich zulässig ist, gilt sie nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut („im Sinne dieser Satzung“) nur für die Abfallwirtschaftssatzung. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt daraus nicht unweigerlich, dass diese Definition auch im Rahmen der Abfallgebührenordnung Anwendung findet. Jedenfalls trifft die Abfallgebührenordnung in § 1 Abs. 3 Satz 3 in Bezug auf die Gebührenschuldnerschaft für eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine eindeutige (speziellere) Regelung, indem dort ausgeführt wird, dass die Wohnungseigentümer Gesamtschuldner der auf ihr „gemeinschaftliches Grundstück“ entfallenden Benutzungsgebühren sind.

§ 1 Abs. 3 Satz 3 AGO knüpft damit an die Regelungen des § 1 WEG an. Nach dessen Abs. 2 ist Wohnungseigentum das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne des WEG sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (§ 1 Abs. 5 WEG). Aus der Grundstücksbezogenheit der Abfallentsorgung folgt für das Wohnungseigentum, dass nicht dieses in seiner Ausprägung als Sondereigentum an einer Wohnung, sondern der Miteigentumsanteil der einzelnen Wohnungseigentümer am gemeinschaftlichen Eigentum am Grundstück betroffen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. September 2008 – 2 S 1500/06 -, juris m.w.N.). Damit wird sichergestellt, dass die Überlassungspflicht den gesamten auf dem Grundstück anfallenden Abfall erfasst und nicht nur den aus den einzelnen Eigentumswohnungen. Gebührenrechtlich folgt aus der Grundstücksbezogenheit weiter, dass für das Grundstück im Miteigentum der Wohnungseigentümer nur eine einzige Gebühr entsteht, für die die Wohnungseigentümer gesamtschuldnerisch einstehen müssen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. September 2008 – 2 S 1500/06 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – 4 B 99.501 -, NVwZ-RR 2004, 145). Die Wohnungseigentümer bilden mit Blick auf die Gebührenschuld eine rechtliche Zweckgemeinschaft.

Auch die Regelung des § 7 Abs. 7 KAG spricht dafür, dass grundstücksbezogene Abfallbeseitigungsgebühren im Falle von Wohnungseigentum für das gesamte Buchgrundstück zu erheben sind und nicht ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer als selbstständige wirtschaftliche Einheiten abgestellt werden kann. Nach der genannten Vorschrift ruhen grundstücksbezogene Benutzungsgebühren als öffentliche Last auf dem Grundstück. Dies kann nur das Buchgrundstück sein, weil die öffentliche Last im Sinne des § 7 Abs. 7 KAG ein öffentlich-rechtlich begründetes Grundpfandrecht darstellt (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 5 A 753/12 -, juris). Sie verpflichtet auch den Grundstückseigentümer, wegen der Gebührenforderung die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück zu dulden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 1 AO). Eine solche Vollstreckung kann jedoch grundsätzlich nur in das Buchgrundstück als Ganzes, nicht aber in Teilflächen erfolgen. Gemäß § 59 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG – erfolgt die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach den Vorschriften für gerichtliche Zwangsvollstreckungen. Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen jedoch ausschließlich Buchgrundstücke sowie die in § 864 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO – näher bezeichneten grundstücksgleichen Rechte und Gegenstände sowie deren (ideelle) Bruchteile, nicht jedoch reale Grundstücksteile. Unter die grundstücksgleichen Rechte im Sinne des § 864 Abs. 1 ZPO ist auch das Wohnungseigentum einzuordnen (s. Eickmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2012, § 864 Rn. 19).

Für die öffentliche Last gemäß § 7 Abs. 7 KAG gilt nichts anderes als für Grundpfandrechte im Sinne der §§ 1113 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -, die nur für Buchgrundstücke, nicht aber für deren Teilflächen bestellt werden können (Sächs. OVG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 5 A 753/12 -, juris; Bay. VGH, Urteil vom 17. Mai 1996 – 6 B 93.2355 -, NVwZ-RR 1997, 731, 731). Für Grundpfandrechte im Sinne der §§ 1113 ff. BGB ergibt sich dies u. a. aus § 7 Abs. 1 GBO. Danach ist, wenn ein Grundstücksteil mit einem Recht belastet werden soll, diese Teilfläche zunächst abzuschreiben und als selbstständiges Grundstück im Grundbuch einzutragen. Nur bei Dienstbarkeiten ist gemäß § 7 Abs. 2 GBO die Abschreibung nicht zwingend, weil diese Rechte am Rechtsverkehr nicht in dem Maße teilnehmen wie andere dingliche Rechte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17. Februar 2012 – I-2 Wx 19/12, 2 Wx 19/12 -, juris). Zwar ist die öffentliche Last gemäß § 7 Abs. 7 KAG als Grundpfandrecht im Grundbuch nicht eintragungsfähig (§ 54 GBO). Sie begründet aber ebenso wie Grundpfandrechte im Sinne der §§ 1113 ff. BGB die Pflicht des Eigentümers, die Zwangsvollstreckung in sein Buchgrundstück zu dulden (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 5 A 753/12 -, juris und zur Grundschuld BGH, Urteil vom 16. Juli 2010 – V ZR 215/09 -, NJW 2011, 451). So wie Grundpfandrechte im Sinne der §§ 1113 ff. BGB nur für Buchgrundstücke bestellt werden können, kann deshalb die öffentliche Last gemäß § 7 Abs. 7 KAG nur für Buchgrundstücke entstehen.

Die Kammer teilt in diesem Zusammenhang auch nicht die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2014 geäußerte Auffassung, es bestehe die Notwendigkeit, den Grundstücksbegriff in der städtischen Satzung abweichend vom Begriff des Buchgrundstücks zu definieren, um den Besonderheiten in Wohnungseigentumsanlagen zu begegnen. Die Beklagte, die in § 14 AWS Regelungen getroffen hat über das Vorhalten und Benutzen der Abfallbehältnisse, könnte diese Bestimmung modifizieren und die Zuteilung von Abfallbehältervolumen für ein Grundstück an den dort vorhandenen Haushalten orientieren (vgl. z.B. § 4 Abs. 6 der Abfallgebührensatzung des Landkreises Mayen-Koblenz vom 18. Dezember 2002 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 15. November 2013, https://www.kvmyk.de/kv_myk/ Landkreis%20MYK/Kreisrecht/ Satzung_ Gebuehren_Abfallentsorgung_ab_2014.pdf).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 32,94 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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