Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 17.07.2014 – 1 LB 12/13

August 2, 2021

Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 17.07.2014 – 1 LB 12/13

Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. März 2013 geändert:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 16. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 verpflichtet, den am 16. August 2012 beantragten Bauvorbescheid mit der Maßgabe positiv zu bescheiden, dass die gesamte überbaubare Fläche 289,48 qm beträgt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks … in Westerland (Flurstücke … und …). Sie beabsichtigt, das dort gegenwärtig vorhandene Gebäude zu beseitigen und ein neues Mehrfamilienhaus zu errichten. Das Grundstück liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 37 der Beigeladenen (ehemalige Stadt Westerland jetzt die beigeladene Gemeinde Sylt). Es wird durch eine von Norden nach Süden verlaufende Knotenlinie getrennt. Der westliche, größere Teil des Grundstücks liegt im Gebiet SO-2.1. Dieses Gebiet wird seiner Art nach bezeichnet als „Sondergebiet Dauerwohnen und Touristenbeherbergung Typ 2“. Zum Maß der baulichen Nutzung ist dort festgesetzt: GRZ 0,22, GFZ 0,60, maximal zwei Vollgeschosse, Mindestgrundstücksfläche 1000 qm. Der kleinere, östliche Teil des Grundstücks gehört zum Gebiet SO-1.1. Dieses Gebiet ist als „Sondergebiet Dauerwohnen und Touristenbeherbergung Typ 1“ bezeichnet. Zum Maß der baulichen Nutzung ist dort festgesetzt: GRZ 0,14, GFZ 0,25, maximal ein Vollgeschoss, Mindestgrundstücksfläche 750 qm. Für das Grundstück ist ein Baufenster ausgewiesen; dieses befindet sich ausschließlich in dem Gebiet SO-2.1.

Mit Schreiben vom 16. August 2012 beantragte die Klägerin einen Bauvorbescheid für den Abbruch der bestehenden baulichen Anlage auf ihrem Grundstück bei gleichzeitiger Errichtung eines Mehrfamilienhauses. Die Klägerin errechnete die nach ihrer Auffassung zulässige Grundfläche von 290,88 qm wie folgt.

Bereich SO 2.1 anteilige Grundstücksfläche1.137 m²GRZ erlaubt0,22 überbaute Fläche 1.137 x 0,22 =250,14 m² überbaute FlächeBereich SO 1.1 Restgrundstücksfläche 291 m²GRZ erlaubt0,14 überbaute Fläche 291 x 0,14 =40,74 m² überbaute FlächeGesamt 290,88 m²Hinsichtlich der Einzelheiten des Bauvorbescheidsantrages wird auf Blatt 12 – 15 der Beiakte A Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2013 lehnte der Beklagte den Bauvorbescheidsantrag ab und begründete dies wie folgt: Das Bauvorhaben überschreite die im Bebauungsplan zugelassene GRZ deutlich. Zugelassen sei eine Ausnutzung von 0,22. Die begehrte Ausnutzung betrage 0,255. Die von der Klägerin im Bauvorbeidsantrag vorgenommene Mischung unterschiedlicher Festsetzungen und die Ermittlung eines Durchschnittswertes seien nicht zulässig. Auch eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans könne nicht erteilt werden.

Die Klägerin legte gegen diesen ablehnenden Bescheid mit Schreiben vom 23. Januar 2013 Widerspruch ein. Sie machte im Wesentlichen geltend: Auch der östliche Teil des Grundstücks liege „im Bauland“ und müsse deshalb bei der Berechnung der GRZ berücksichtigt werden. Die unterschiedlichen Regelungen über die Ausnutzung des Grundstücks führten nicht dazu, dass der östliche Grundstücksteil für die Berechnung völlig ausfalle. Dieser Teil sei lediglich mit einem geringeren Maß zu berücksichtigen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Maßgebliche Fläche für die Berechnung der GRZ sei der westlich der Knotenlinie innerhalb des Baugebiets SO-2.1 liegende Grundstücksteil. Bei dieser Beurteilung sei der Wille der Gemeinde zu berücksichtigen. Diese habe mit der Knotenlinie die Bereiche der unterschiedlichen Art und des unterschiedlichen Maßes der baulichen Nutzung voneinander abgegrenzt. Selbst wenn die Gemeinde sich dabei nicht an Grundstücksgrenzen orientiere, führe dies nicht dazu, dass das Baunutzungsmaß eines Teils eines Grundstücks dem anderen Teil, der in einem anderen Baugebiet liege, hinzugerechnet werden könne. Damit entstünde – wie hier – auf einem Grundstücksteil eine größere bauliche Ausnutzung als nach dem Planwillen in den (Teil)Baugebiet des Bebauungsplans vorgesehen.

Die Klägerin hat am 15. Februar 2013 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Streitig sei allein, ob für die Berechnung von GRZ und GFZ auch die Teilfläche des Grundstücks, die in das Gebiet SO-1.1 hineinreiche, zu berücksichtigen sei. Sie hat ihre bereits im Widerspruchsverfahren dargelegte Auffassung, dass auch der östliche Grundstücksteil zu berücksichtigen sei, wiederholt und vertieft.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 16. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 den am 16. August 2012 beantragten Bauvorbescheid positiv zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die ablehnenden Bescheide verteidigt und in diesem Zusammenhang die Unterschiede zwischen den beiden Baugebieten betont. Diese Unterschiede ständen der Einbeziehung der im Gebiet SO-1.1 liegenden Teilfläche bei der Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung des im Gebiet SO-2.1 liegenden Bauvorhabens entgegen. Dies werde auch aus einer Gesamtschau der weiteren Festsetzungen, insbesondere der festgesetzten Mindestgrundstücksgrößen deutlich. So sei das nur 237 qm große Grundstück …. nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr vernünftig bebaubar, wenn das vorhandene Gebäude beseitigt werde. Die Gemeinde habe dies erkannt und in der Begründung zum Ausdruck gebracht. Sie habe einerseits in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 37 (Abschnitt 4.2) erläutert, dass das Maß der Nutzung unter anderem auf dem Grundstück … etwas reduziert werden solle. Andererseits seien für die Grundstücke … und … bodenordnende Maßnahmen vorgesehen (vgl. Nr. 5.0 der Begründung des Bebauungsplans). Die Beigeladene wolle ganz offensichtlich auch mit der festgesetzten Knotenlinie erreichen, dass das östlich von dieser Linie befindliche Teilstück des Flurstücks … nicht im Rahmen der Bebauung des westlich der Knotenlinie gelegenen Teils berücksichtigt, sondern gegebenenfalls zusammen mit einem kleineren Teilstück des Grundstückes … dem Grundstück … zugeschlagen werde, um dort unabhängig von dem Schicksal des vorhandenen Gebäudebestandes auch in Zukunft eine vernünftige Bebauung zu ermöglichen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. März 2013 als unbegründet abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 37 zur GRZ. Die Berechnung des Beklagten sei zutreffend. Die von der Klägerin vorgesehene Mittelwertbildung sei unzulässig. Gemäß § 19 Abs. 3 BauNVO sei für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liege. Baugrundstück in diesem Sinne sei grundsätzlich das Buchgrundstück. Ausnahmen seien dort vertretbar, dann allerdings auch geboten, wenn bei Anwendung des grundbuchrechtlichen Begriffs die Gefahr bestünde, dass der Sinn einer bestimmten bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde. Zum Bauland gehörten grundsätzlich bei einem für die Bebauung bestimmten Grundstück auch die nicht überbaubaren Grundstücksflächen gemäß § 23 BauNVO, da durch die Festsetzung der überbaubaren Flächen lediglich der zulässige Standort von Anlagen bestimmt werde. Gemäß § 16 Abs. 5 BauNVO könne im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile oder sogar für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden. Nach diesen Grundsätzen sei es hier gerechtfertigt, für die Bestimmung der GRZ des im Baufenster geplanten Gebäudes nur die westlich der Knotenlinie gelegene Fläche des Grundstücks heranzuziehen. Eine andere Betrachtungsweise würde den Planungsvorstellungen der Gemeinde, wie sie in den Festsetzungen zum Ausdruck gekommen seien, widersprechen. Das Verwaltungsgericht bezieht sich insoweit auf die unterschiedlichen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung in den jeweiligen Baugebieten und auf die in Nr. 5 der Planbegründung vorgesehenen bodenordnenden Maßnahmen. Diese planerischen Vorstellungen könnten nur umgesetzt werden, wenn die in das Gebiet SO 1.1 fallende Fläche nicht in die Berechnung einfließe.

Die Klägerin wiederholt und vertieft im Berufungsverfahren ihre bereits im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Argumente. Zusammenfassend weist sie insbesondere nochmals auf Folgendes hin: Das Vorhaben überschreite das zulässige Maß der baulichen Nutzung nicht. Auch der östliche Teil ihres Grundstücks liege im Bauland und sei deshalb für die Berechnung der GRZ und der GFZ zu berücksichtigen. Folge der Nutzungstrennung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und des Maßes der baulichen Nutzung sei nicht, dass der östliche Grundstücksteil gänzlich aus der Bebauung herausfalle, sondern nur dessen Berücksichtigung mit einem geringeren Maß. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Nach dieser Rechtsprechung setze der Bebauungsplan keine Grundstücksgrenzen fest und ändere diese auch nicht. Flächenbezogene Maßgrößen bezögen sich auf das durch das Baugesuch definierte Grundstück. Berücksichtigt werde die gesamte im Bauland liegende Fläche. Dies sei das vollständige Baugrundstück. Eine Knotenlinie, mit der einzelne Nutzungen voneinander abgegrenzt werden, wirke sich nicht auf die Qualität eines Grundstücks als Baugrundstück aus. So zählten nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auch Flächen, die Anpflanzungsgebote vorsähen und tatsächlich nicht bebaut werden können, zum Bauland. Durch die Anrechnung des östlichen Teils des Baugrundstücks werde der Sinn der planerischen Festsetzungen auch nicht handgreiflich verfehlt, wie es das Verwaltungsgericht angenommen habe. Seiner Art nach sei das beantragte Vorhaben in beiden Baugebieten allgemein zulässig. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anrechnung des östlichen Grundstücksteils unzulässig sei, weil damit die nach der Planbegründung vorgesehene Veränderung der Grundstücksgrenzen vereitelt werde, überzeuge nicht. Die Begründung eines Bebauungsplanes nehme nicht am Normcharakter des Planes selbst teil, sondern diene lediglich zur Erläuterung der Festsetzungen. Wenn die Gemeinde im Zuge einer städtebaulichen Maßnahme die Eigentumsverhältnisse verändern wolle, so müsse sie zum Instrumentarium der Umlegung oder der Enteignung greifen und die Notwendigkeit dieser Maßnahmen beim Satzungsbeschluss im Rahmen der gerechten Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange besonders begründen. Unterlasse sie dies und entsprechende Maßnahmen (z.B. die Umlegung), könne daraus keine einschränkende Auslegung der für ein bestimmtes Grundstück getroffenen Festsetzungen gefolgert werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. März 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 16.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 den am 16.08.2012 beantragten Bauvorbescheid positiv zu bescheiden mit der Maßgabe, dass die gesamte überbaubare Fläche nur 289,48 qm statt 290,88 qm beträgt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die in den ablehnenden Bescheiden angeführten Argumente. Ergänzend weist er darauf hin, dass der im Gebiet SO 2.1 liegende Grundstücksteil 17,5 qm kleiner sei als im Bauvorbescheidsantrag angegeben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang des Beklagten (Beiakte A) sowie den Planungsvorgang über den Bebauungsplan Nr. 37 der Beigeladenen (Beiakte B) Bezug genommen.

Gründe
Die Berufung ist begründet, denn das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung des – im Berufungsantrag klargestellten – Bauvorbescheidsantrages.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bauvorbescheidsantrag vom 16. August 2012. Dieser Antrag beschränkte sich von Anfang an auf die zulässige Grundfläche des Vorhabens. Diese Frage war auch ausschließlich Thema der angefochtenen Bescheide und des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Klägerin hat auf die im Berufungszulassungsverfahren geäußerte Auffassung des Beklagten, dass der Antrag sich insgesamt auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beziehe, bereits im Berufungszulassungsverfahren und nochmals in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie ausschließlich die Klärung der zulässigen Grundfläche begehre.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheides mit dem Inhalt, dass die gesamte überbaubare Fläche 289,48 qm beträgt.

Für die Berechnung der zulässigen Grundfläche des Vorhabens gemäß § 19 Abs. 1, 2 und 3 BauNVO sind die Flurstücke … und … in vollem Umfang zugrunde zu legen. Gemäß § 19 Abs. 3 BauNVO ist für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Baugrundstück im Sinne dieser Vorschrift ist das Grundstück im grundbuchrechtlichem Sinne (BVerwG, Beschl. v. 30.11.2000 – 4 BN 57.00 – BRS 63 Nr. 94 – Juris Rn. 6 unter Zusammenfassung seiner bisherigen Rspr.). Dies ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis ein Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer oder nach § 3 Abs. 5 GBO gebucht ist (vgl. zum Begriff des Grundstücks im Rechtssinne Palandt/Bassenge, 73. Aufl. 2014 vor § 873 Rn. 1). Im Bauvorbescheidsverfahren können bei der Berechnung allerdings auch Flurstücke berücksichtigt werden, die noch nicht im Grundbuch unter einer Nummer gebucht sind, wenn die Fläche, die dem später zu stellenden Bauantrag zu Grunde liegen soll, im Bauvorbescheidsantrag eindeutig bezeichnet ist. Dies ist hier geschehen.

Die Klägerin hat ihrer Berechnung zu Recht auch den östlich der Knotenlinie liegenden Teil des Flurstücks … zugrunde gelegt. Dieser Bereich ist Teil des Baugrundstücks. Er ist nach seiner Zweckbestimmung für die Bebauung mit baulichen Anlagen vorgesehen, denn er liegt in einem zur Bebauung vorgesehenen Baugebiet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf deshalb keiner weiteren Ausführungen. Die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, dass dieser Bereich für die Berechnung der überbaubaren Grundstücksfläche gleichwohl außer Betracht zu lassen sei, weil er in einem anderen Baugebiet (SO-1.1) als das Baufenster (SO-2.1) liegt, ist nicht richtig. Ist die Grundflächenzahl für ein Baugrundstück nicht einheitlich ausgewiesen, so ist die zulässige Grundfläche nach den für die jeweiligen Grundstücksteile ausgewiesenen Grundflächenzahlen anteilig zu berechnen (so auch VG München, Urt. v. 07.11.2005 – M 8 K 05.1116 – Juris), wie es im Bauvorbescheidsantrag geschehen ist. Die Begrenzung der maßgeblichen Grundfläche auf einen Teil des im Bauland liegenden Grundstücks wäre nur dann zulässig, wenn bei Verwendung des grundbuchlichen Begriffs die Gefahr entstände, dass der Sinn einer bestimmten bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde (BVerwG, a.a.O. – Juris Rn. 7). Eine solche Situation liegt hier nicht vor:

Die Beigeladene mag zwar bei der Planung die Vorstellung gehabt haben, dass der im Gebiet SO 1.1 liegende Teil des Grundstücks der Klägerin mit dem Flurstück … vereinigt und damit eine sinnvolle Neubebauung des Grundstücks … ermöglicht werde. Dies ist, obwohl der Bebauungsplan bereits mehr als 13 Jahre in Kraft ist, jedoch nicht geschehen. Offenbar betreibt der Eigentümer dieses Grundstücks derartiges auch nicht; die Anfrage des Berichterstatters an die Beteiligten hierzu ist jedenfalls ergebnislos geblieben. Dem Bebauungsplan kann dies und die Einhaltung der GRZ von 0,22 im Gebiet SO 2.1 – bezogen auf das Gebiet – auch nicht als unbedingtes Planungsziel entnommen werden. Da die Beigeladene die Änderung der Grundstücksgrenzen ausschließlich der Privatautonomie der Grundstückseigentümer überlassen hat, konnte sie nicht davon ausgehen, dass die in der Planbegründung als sinnvoll bezeichneten bodenordnenden Maßnahmen (Nr. 5.0 der Planbegründung) auch tatsächlich stattfinden. Sie musste deshalb in Rechnung stellen, dass der östlich der Knotenlinie liegende Teil des Grundstücks der Klägerin nicht mit dem Flurstücks … zusammengelegt werde, sondern Bestandteil des bisherigen Grundstücks bleiben werde, wie dies auch tatsächlich geschehen ist. Da die GRZ ein grundstücksbezogenes und kein gebietsbezogenes Nutzungsmaß ist, konnte sie bei dieser Sachlage nicht davon ausgehen, dass die GRZ von 0,22 – bezogen auf das Gebiet – bei voller Ausnutzung des Baugrundstücke eingehalten werde. Selbst wenn die Beigeladene mit der Festsetzung der GRZ und der Knotenlinie eine strikte Begrenzung der überbaubaren Fläche für das Gebiet SO 2.1 beabsichtigt hätte, so würde eine solche planerische Vorstellung nicht handgreiflich verfehlt. Da die anzurechnende Fläche aus dem Gebiet SO 1.1 nur 308,50 qm groß ist (zur Größe der Grundstücksanteile s.u.) und das zulässige Nutzungsmaß hierfür (GRZ 1,14) erheblich geringer als für das Gebiet SO 2.1 (GRZ 2,2) festgesetzt ist, führt die Berücksichtigung der im Gebiet SO 1.1 liegenden Fläche nicht zu einer erheblichem Überschreitung der GRZ in dem Gebiet SO 2.1.

Im Hinblick auf die im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung des Beklagten, dass der im Bereich SO-2.1 liegende Teil des Grundstücks 17,5 qm kleiner sei als von der Klägerin im Bauvorbescheidsbetrag vom 16. August 2012 angegeben, hat die Klägerin die überbaubare Fläche im Bauvorbescheidsantrag auf Anregung des Gerichts auf 289,48 qm reduziert. Dieses Nutzungsmaß ergibt sich aus den im Schriftsatz des Beklagten vom 23. Juni 2014 genannten Maßangaben. Ausgehend von der Behauptung des Beklagten, dass der im Gebiet SO-2.1 liegende Flächenanteil lediglich 1.119,50 qm groß sei, ergibt sich für diesen Bereich eine überbaubare Fläche von 246,29 qm (1.119,50 x 0,22). Da die gesamte Fläche der Flurstücke … und … unstreitig 1428 qm groß ist, ist die Größe des im Bereich SO-1.1 liegenden Flächenanteils um 17,5 qm zu erhöhen. Für diese Fläche sind deshalb 308,50 qm und damit eine überbaubare Fläche von 43,19 qm (308,50 x 0,14) zu Grunde zu legen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs.3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwG() i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

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